Dienstag, 1. März 2011

Altes: In SED-Tageszeitungen geblättert (Jahre 1951 - 1964)


Ich finde es interessant in alten Zeitungen zu blättern. Heute nahm ich mir mal Tageszeitungen der SED vor die ich aufgehoben hatte oder, wie z.B. „Neue Deutschlands“ von 1951, später mal erworben habe.

Ja, ja, das „Neue Deutschland“, Zentralorgan der SED, in der von mir eingescannten Ausgabe vom 14. April von 1951 - zu dem Zeitpunkt strampelte ich noch in Mutters Bauch um im August 1951 zur Welt zu kommen. Im April 1951 wetterte das Blatt gegen die Remilitarisierungs-Absichten der Adenauer-Regierung. Da hatte das Blatt allerdings recht, Westdeutschland stand ein paar Jahre später tatsächlich wieder unter Waffen. Interessant der Artikel über Helgoland, da ziemlich nationalistisch. Die SED unterstützte die westdeutschen Aktivisten, die mit gewagten Aktionen damals gegen die britische Besetzung Helgolands protestierten. Wikipedia:„Bis 1952 blieb Helgoland militärisches Sperrgebiet und Bombenabwurfplatz für die britische Luftwaffe. Während dieser Zeit nannten britische Soldaten die Insel zynisch Hell-go-land (das Land, das zur Hölle geht).“

Die „Freiheit“ war das Organ der Bezirksleitung der SED des Bezirkes Halle, zu dem auch Dessau gehörte. Die Ausgabe vom 17. November 1961 brachte auf der Titelseite ein Foto des damals von den Franzosen eingekerkerten Führers der algerischen Befreiungsbewegung Ben Bella. Ben Bella genoß große Sympathien der Ostdeutschen damals, im Gegensatz zu seinem Nachfolger Houari Boumedienne.

Ulkig, daß man für alkoholfreie Getränke am Arbeitsplatz Werbung machte, aber damals war es nicht unüblich, daß Alkohol in den Büros getrunken wurde und dies in den oberen Chefetagen nicht zu knapp. Anlässe dazu gab es jede Menge. Ach ja, das gute alte Howa, das HO-Warenhaus in Dessau, dies war wirklich nicht schlecht, obwohl ja die Versorgungslage immer recht bescheiden war.

Im Lokalteil Dessau der „Freiheit“ vom 28. Mai 1953 wird berichtet, daß Dessau-Süd ein Klubhaus bekommen soll. Dies wurde dann tatsächlich gebaut und viele Bürger halfen unentgeltlich beim Aufbau mit, zum Teil mit hunderten Stunden Aufbauarbeit (NAW). Skandalös, daß dieses wirklich schöne Haus, was noch tiptop in Ordnung war, nach der Wende einfach abgerissen wurde um einem Supermarkt zu weichen. Dessau war in den 50er Jahren eine Hochburg des Autorennsports. Die Zeitung kündigt einen Lauf für den Juni 1953 an. Rot gekennzeichnet habe ich mal einen kleinen Artikel in der gleichen Ausgabe. Da wird unverhohlen gegen die Jungen Gemeinden der evangelischen Kirche gehetzt. Dies mit schärfsten Angriffen, die junge Christen quasi zu Staatsfeinden macht.

In der ersten Hälfte der 60er Jahre da gab es kaum mal einen Tag wo kein Foto von Walter Ulbricht in der SED-Presse zu sehen war. Viele Bürger hatten die „Freiheit“ aber nur wegen der Kleinanzeigen abonniert, sie kostete ja nur 15 Pfennige und wer gerade gestorben war oder wer was zum Verkauf annoncierte, dies interessierte natürlich den DDR-Bürger. Auf meinem eingescannten Ausschnitt so einer Kleinanzeigenseite der „Freiheit“ werden junge Leute nur noch das Abwaschmittel „Fit“ kennen, welches ja immer noch auf dem Markt ist. Aber was sind „Schutzmittel“ (von mir rot gekennzeichnet)? Dies werden sich später Geborene eventuell fragen! Kondome waren es! Die gab es damals in Apotheken zu kaufen, aber die Scham hielt viele Menschen zurück diese dort zu kaufen und da gab es dann den diskreten Versand der Fa. Kästner aus Dresden. Also die Anzeigen von Kästner standen jahrzehntelang in Massen in allen Tageszeitungen der DDR.

Auf meinem letzten Scan kann man lesen, daß man sich in Dessau der Wagner-Pflege sehr verbunden fühlte. Eigentlich merkwürdig, zu DDR-Zeiten, denn Wagner war und ist ja nicht unumstritten wegen seinem Antisemitismus und seiner germanischen Heldenverehrung. Jahrzehntelang schlummert nun diese alte „Freiheit“ in einer Truhe und erst heute las ich den Artikel von Ursula Hörig „Nachricht für Ilona“. Ich wußte gar nicht, daß Ursula Hörig 1964 – die Seite ist vom 9. Mai 1964 – für die „Freiheit“ schrieb. Die spätere Schriftstellerin Ursula Hörig war die Mutter einer guten Freundin von mir, Floriane Hörig. Über Ursula Hörig, siehe:  http://barrynoa.blogspot.com/2009/02/bekanntschaften-mit-dessauer.html .

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