Montag, 17. Januar 2011

Erinnerung an Hermann Klemm (1904-1983), Theologe und Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus

Am 8. September 2006 bat Herr von Bodenhausen (Weltloge Tanatra) im Forum der sächsischen lutherisch-evangelischen Landeskirche um Auskünfte zu dem Weesensteiner Pfarrer Hermann Klemm. Fehlanzeige! Die sächsische lutherisch-evangelische Landeskirche hielt es nicht für nötig einen Pfarrer ihrer Kirche zu würdigen, der als Mitglied der Bekennenden Kirche einer der wenigen sächsischen Pfarrer war der ein Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus war. Wie rückschrittlich die sächsische Landeskirche in der Gegenwart ist, dies sehen Leser des Forums seit Jahren, da denke ich nur an den damaligen Fall Schlingensief, dem bekannten antifaschistischen Künstler, dessen Ausstellung von einem Mitarbeiter der Kirche in Mißkredit gebracht wurde und dem Schweigen der Kirchenleitung dazu, siehe: http://evlks.de/forum/index.php?topic=67.0 .

Der Spruch des Forumsschreibers Fritz7, einem sächsischen Christen, der weit über 500 Beiträge im Forum der sächsischen lutherisch-evangelischen Landeskirche schrieb, der trifft meines Erachtens für die meisten evangelischen Kirchen in Deutschland zu: Wer will, dass Kirche SO bleibt - will nicht, dass sie bleibt!

Um so erfreuter war ich, daß seit September 2008 Hermann Klemm bei Wikipedia gewürdigt wird, siehe: http://de.wikipedia.org/wiki/Hermann_Klemm . Da Hermann Klemm als Pfarrer in Weesenstein ein enger Freund Walter Timmlings war, schrieb er nach dem Tode Timmlings auch einen vielbeachteten Nachruf in der Zeitschrift „Unterwegs“. Hier sein Text:


Der Künstler in der Wüste

Am 14. Juni ist der Maler Walter Timmling nach schwerem Leiden in Weesenstein heimgegangen. Er war ein Mann mit vielseitige Gaben, der manchmal nicht wußte, ob er lieber dichten, schreiben, Kunstgeschichte erforschen oder schaffender Künstler sein sollte. Er wußte freilich auch von der Gefährdung und Versuchung durch solche reichen Gaben und wurde darum zugleich ein lebendiger Zeuge der freien Gnade. Hinterlassen hat uns dieser "theologische" Maler vor allem zahlreiche Landschaften, Blumenbilder, und Kinderbildnisse. Religiöse Themen hat er bewußt nie gemalt bis auf die wenigen eigenartigen Engel, die er als Schwerleidender im letzten Winter schuf.

Seinen Auftrag als Künstler hat er mehrmals zu umschreiben versucht. "Kunst ist Kenntlichmachung von Gottes Spur. Kunst schließt Wissen um Gottes Spur ein." "Es gibt eine kranke, verlogene, entartete Kunst, die ein Frevel ist, die sich bewußt gegen Gott auflehnt.. aber auch diese Kunst ist immer von ihrem Verhalten zu Gottes Spur bestimmt, immer wendet sie sich an das Publikum mit dem Gewicht einer Predigt.. Die echte Kunst steht im Kampf mit allerlei Gegnern, mit einer widergöttlichen Kunst, die nur bestrebt ist, ein hohes Geschmacksniveau zu erreichen, und mit dem offenbaren Kitsch."

Aber selbst dem Kitsch gegenüber stellt er sich nicht auf die Seite der Pharisäer. Er weiß um seine Notwendigkeit. Gewiß ist ihm der Rundfunk der "tönende Zauberwall, dessen Aufgabe es ist, die Seele in der Gedankenlosigkeit zu erhalten, daß sie nicht in die Verzweiflung abgleitet, welche die Stille birgt (eine völlige Verkehrung des bei seiner Arbeit Singenden, den es heute nicht mehr gibt)". Doch schon der Kriminalroman ist eine "indirekte theologische Äußerung einer Zeit, die direkten theologischen Äußerungen wesentlich ausweicht". Er weiß daß die Welt, wie sie ist, nicht in Ordnung ist. Er ist aber in dieser Welt gefangen und sucht Gnade und Erlösung im Raum der ungeordneten Welt, weil er aus eigenen Kräften nirgends anders hingelangen kann. "Soweit die Wüste Kraft über einen Menschen in ihr erreicht hat, soweit bedarf er des Kitsches. Wir sind alle von dieser Verwüstung betroffen" Es gibt nur zwei Wege: Entweder die Wüste erlangt Macht über einen Menschen, dann geht er in der Masse auf; oder er kann sich aus geistiger Entscheidung gegen die Wüste bewahren, dann ist er von der Masse isoliert und auf geistige Gemeinschaft angewiesen". Beides ist gefährlich, denn "das Individuum wird von der Masse, wie von der Gemeinschaft negiert; von der Gemeinschaft, indem sie den Einzelnen nur in seiner Verantwortung vor den materiellen Bedürfnissen und deren Regelung erkennt". Ein Christ kann jedoch weder Idealist noch Materialist sein, und das Ergebnis dieser Überlegungen: "Der Künstler unserer Zeit kämpft auf verlorenem Posten. Aber es kommt darauf an, daß er aushält auf diesem Posten, daß er bewahrt, bewahrt wegen der Zukunft. In die Zeit hinein bilden kann er heute nicht. Er schleppt.. das in der Wüste ganz unnütze Kunstwerk durch die Wüste hindurch; er gehört zu denen die den Glauben bewahrt haben, daß die Wüste eine Schuld und eine Prüfung sein, solch Unnützes mit durch die Wüste zu schleppen, sondern ein Dienst und eine Last".

Er selbst hat seine Last treulich bis zu Ende getragen, in aller Demut. Seine letzte Zeit wurde eine Abrechnung mit vielem, was ihn jahrelang von außen, aus dem Nichtwesentlichen, bedrängt hatte...

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