Mittwoch, 30. September 2009

B.N. und seine Rockband, die "Yoyo`s"




Was ich nicht mag, das sind Menschen die einseitig in ihrem Leben sich nur einer Sache widmen, die ein Leben lang etwa nur ein einziges Hobby haben, deren Leben schmalspurig verläuft, die z.B. sich ein Leben lang nur für Fußball interessieren, weil sie eventuell in der Jugend mal Fußball gespielt haben. In meiner Jugend habe ich die verschiedensten Hobbys gehabt, so z.B. habe ich neben der Fotografiererei, der Malerei, der Literatur und vielem anderen auch Schlagzeug gespielt. Ein ganzes Leben aber dasselbe machen, jahrzehnte auf der Bühne stehen, durch die Säle tingeln, so wie das etliche andere meiner Musikerkollegen von damals machten, ja die sogar noch heute Musiker sind, dies ist nicht mein Ding.

Trotzdem schaue ich gern auf die 2-3 Jahre zurück wo ich mit den „Yoyos“ Rockmusik machte, in einer Zeit wo man als Liveband enormen Zuspruch des Publikums fand, war doch westliche Rockmusik, die wir vorwiegend spielten, sehr gefragt. Bei Stones-Titeln wie „Satisfaction“, I´m free“ oder „Child of the moon“ da rasten die jugendlichen Fans vor Begeisterung. Jahre später hätte man damit keinen Jugendlichen mehr hinter dem Ofen hervor geholt, weil es nichts neues mehr war. Gern erinnere ich mich auch an unsere Eigenkompositionen, wie unsere Erkennungsmelodie "Yoyo" und an „Other part of town“. Es ist eigenartig, aber noch heute träume ich im Schlaf von unseren Auftritten wie ich ein Schlagzeugsolo auf der Bühne des Kristallpalastes spiele.

Eine tolle und freiheitliche Zeit die Jugendliche in der Freizeit damals erleben durften, also so ganz und gar nicht ins Klischee von tristem FDJ-und Parteispießertum passend was jetzt so im Fernsehen über diese Jahre gezeigt wird. Freilich diese Freiräume mußte man sich selber suchen, auf dem Silbertablett wurden sie einem nicht gebracht. Und reich werden konnte man mit Rockmusik auch nicht werden als kleine Band in der Provinz wie wir. Das Honorar war staatlicherseits festgelegt. Es gab eine Einstufung vom Kreiskabinett für Kulturarbeit und da hatte ich z.B. 6,50 Mark die Stunde zu bekommen, wahrlich nicht viel, was man aber durch gemogelte Transportkosten ein wenig aufstocken konnte. Aber da wir jedes Wochenende - zum Teil Freitag, Samstag, Sonntag - spielten, da lohnte es sich denn doch. Im Prinzip hatte fast jeder Werktätige in der DDR noch einen Zweitjob oder gar mehrere Feierabendjobs, und damit ein zweites Gehalt, denn von einem normalen Angestelltengehalt da konnte man keine großen Sprünge machen, jedenfalls sich keinen Luxus leisten. Aber auch „trübe Tassen“ die zu faul zu einem Nebenjob waren, die kamen dennoch über die Runden und dies ohne Not, denn Lebensmittel, Mieten, Strom und Heizung waren ja spottbillig!

In den Scans ein paar Fotos aus dieser Zeit und ein paar alte Annoncen von den Klubhäusern wo wir regelmäßig auftraten.

Dienstag, 29. September 2009

Kleine Wahlnachlese



Schaut man im B.N.-Blog auf mein Profil, dann sieht man, daß ich interessiert den Blog des Deutsch-Brasilianers Karl Weiss lese. Einen Tag vor der Bundestagswahl in diesem Jahr schrieb Weiss eine resignierende aber treffende Kolumne zum Thema Wahlen. Hier ein kleiner Auszug:

„Man kann dem deutschen Wähler also heute schon sagen: Er wird sich ärgern, was auch immer er am Wahltag macht. Wird er eine der kapitalistischen System-Parteien CDU/CSU, SPD, FDP oder Grüne wählen, wird ihm klar werden, er hat seine eigenen Schlächter gewählt. Wird er Linke wählen, wird er sich über deren Einflusslosigkeit jahrelang ärgern müssen und wenn sie wirklich irgendwo reinkommen, dann darüber, das sie nicht halten, was sie versprechen – man sehe nur den Berliner Senat. Wählt er jemanden, der an der skandalösen 5%-Klausel scheitert, wird man ihm vorhalten, seine Stimme war verloren. Aber verloren für was? Und jene, die gar nicht wählen gehen, werden zu hören bekommen, dann könnten sie auch nicht mitreden. Bleibt die Frage, bei was die anderen mitreden.“

Der ganze Text wie immer unter:
http://karlweiss.twoday.net

Nun in allem kann ich mich der Analyse von Weiss nicht anschließen, so etwa der Schlussfolgerung die MLPD zu wählen. Bei aller Freundschaft, lieber Karl Weiss, aber da bist Du in Brasilien doch etwas weit vom Schuß und hast wahrscheinlich aus der Ferne noch nicht mitbekommen, daß die MLPD mehr einer Politsekte gleicht als einer Partei und in welcher zu allem Ungeist auch noch kleinbürgerliche Spießer den Ton angeben.

Als kleine Wahlnachlese von mir ein kurioses und ein satirisches Foto aus dem Netz, zum ersten eine „CDU“-Wahlwerbung aus Portugal mit Hammer und Sichel (?) und zum zweiten die unsägliche bisherige und wahrscheinlich auch neue Ministerin Ursula von der Leyen treffend auf´s Korn genommen.

Aufklärung der „CDU“-Wahlwerbung mit Hammer und Sichel:

In Portugal heißt das Wahlbündnis zwischen Kommunisten und Grünen „CDU“!

B.N. und der Klub der Werktätigen Dessau-Ziebigk und der Jugendklub Ziebigk







Dieser Tage war ich mal wieder in meiner alten Heimat Dessau-Ziebigk. Wehmut beschlich mich als ich am früheren Klub der Werktätigen und dem Jugendklub vorbei ging. In diesen Klubs verbrachte ich etliche Jahre meiner Jugend (leider wurde ca. 1970 der Jugendklub geschlossen). Als ich mit meinen Eltern von Törten nach Ziebigk zog, da bestand schon am Ende des Knarrbergs der Klub der Nationalen Front aus dem dann später der Klub der Werktätigen Ziebigk wurde. Ich erinnere mich noch sehr gut an die wunderbaren Kindernachmittage dort und an meinen ersten Kinofilm den ich sah, der dort gezeigt wurde - es war der Märchenfilm „Der falsche Prinz“. Anfang der 60er Jahre war das gesamte Haus ein Klubhaus (siehe 2. Foto) und erst später wurde das Haupthaus an Künstler des Landestheaters vermietet und der Klub der Werktätigen mußte sich auf einen einzigen kleinen Raum beschränken (siehe 3. Foto, linkes Kreuz wo sich jetzt eine Garage befindet, rechtes Kreuz deutet den Jugendklub an). In diesem Raum - mit einem Klavier drin - fand dann alles statt was an kulturellen und gesellschaftlichen Dingen in einem Wohnbezirk so stattfand, u.a. auch die Versammlungen der Wohnparteiorganisation der SED, des DFD und der Wohnbezirksausschüsse der Nationalen Front. Da die Jugend in Ziebigk keinen eigenen Raum hatte, so richtete man in einem separaten Gebäude einen Klub ein, den Jugendklub Ziebigk (siehe erstes Foto, man denke sich das jetzige Tor weg).

Offiziell unterstand dieser Jugendklub der Nationalen Front in Ziebigk und der Klubleiterin Frau Gotsch, doch die bekam ihr Gehalt im Schlaf, denn sie ließ sich so gut wie nie sehen, nur eine Reinemachefrau, eine Frau Böttcher, die von der Nationalen Front bezahlt wurde, die mußte unseren Dreck wegmachen und die ließ sich auch mal zu den Öffnungszeiten blicken. Und Dreck wurde genug gemacht, denn es war immer viel los im Jugendklub - im Prinzip wurde jeden Tag und jede Nacht Party gefeiert. Es gab eine kleine Bar die von uns Jugendlichen selbst betrieben wurde. So zogen die Jugendlichen die Bardienst hatten vor Öffnung (so 14.00 Uhr) erst mal mit einem Handwagen zu Getränke-Schneider (die hatten ihren Flaschenbierhandel in einer Wohnung in den ehemaligen Kasernen in der Elballee) und kauften Bier und Hochprozentiges (Jugendschutz kannte man da noch nicht, Alkohol und Zigaretten konnten auch Kinder frei kaufen und konsumieren). Und wer da nun annimmt Partei und Staat hätten sich in das Jugendleben eingemischt, der irrt! In diesem Jugendklub gab es kaum mal Reglementierungen, also freier können Jugendliche in der Freizeit nicht leben! Das ging von der stets und ständig gehörten Westmusik bis hin zur sehr freien und von fast allen mir bekannten Jugendlichen im Alter von 14 bis 18 Jahren ausgelebten Sexualität (die Zeit der 68er lassen grüßen).
Alles in allem war die Freizeit der Jugendlichen damals viel freier und unreglementierter als vergleichbares in heutiger Zeit. Anbei ein paar alte Fotos aus dieser Zeit (der mit dem Kreuz darüber bin ich im Alter von ca. 16 Jahren). Leider habe ich keine Fotos von dem Jugendklub innen und außen aus dieser Zeit. 4 Fotos zeigen mich mit meinen engeren Freunden des Jugendklubs (mit anderen Klubmitgliedern war ich nicht so eng befreundet, da sie echte Rabauken und Säufer waren), aufgenommen auf der dem Jugendklub gegenüber liegenden Wiese und an einem Tisch auf dem Hof des Jugendklubs.

Freuen würde ich mich wenn Leser des Blogs mir mit weiteren alten Fotos des Klubs der Werktätigen Dessau-Ziebigk und des Jugendklubs Ziebigk dienen könnten. Hier noch einmal meine Email-Adresse:
anhaltantik@yahoo.de !

Sonntag, 27. September 2009

Sonntagsausflug zur Elbaue von Brambach (Dessau)


















27. September 2009 – bisher wärmster Tag in diesem Monat und deshalb wie geschaffen einen Ausflug zur Elbaue von Brambach (Ortsteil von Dessau) zu machen. Wie seit Jahrzehnten schon zieht dort das Ausflugslokal „Elbterrassen“ Gäste an. Kein Wunder, liegt es doch landschaftlich sehr reizvoll und die Gäste auf der großen Terrasse haben einen wunderbaren Ausblick auf die Elbe. Wer will kann natürlich wie ich auch einmal mit der Fähre an das gegenüberliegende Ufer fahren. Besonders Fahrradtouristen holt der Fährmann vom anderen Elbufer nach Brambach herüber. Aber auch Wasserwanderer können in Brambach anlegen und sich in der Gaststätte stärken oder dort auch übernachten, denn es werden auch Zimmer vermietet. Heute also einige Fotoimpressionen von diesem Sonntagsausflug im sommerwarmen goldenen Herbstwetter!

Samstag, 26. September 2009

Das Schwedenhaus in Dessau





Auf der Straße von Dessau nach Wörlitz fällt dem Wanderer oder Autofahrer kurz hinter Waldersee gelegen ein markantes Gebäude ins Auge welches dankenswerter Weise seit ein paar Jahren schrittweise wieder aufgebaut wird - das „Schwedenhaus“! Als wichtiges Gebäude des Dessau-Wörlitzer Gartenreiches (von Fürst Franzens Baumeister Hesekiel) war es zu DDR-Zeiten dem Verfall preisgegeben, siehe meine schwarzweissen Fotos die ich Ende der 70er Jahre aufgenommen habe, wo allerdings - wie man sieht - einer meiner Freunde noch auf den Turm klettern konnte. Doch schon nach einem Brand 1981 war dies dann nicht mehr möglich. Das „Schwedenhaus“ bekam seinen Namen nach dem Relief des schwedischen Königs Gustav Adolf zu Pferde, welcher als Führer der protestantischen Partei im 30jährigen Krieg zwar durch seinen Einfall nach Deutschland die katholische Liga zurück drängen konnte und damit sorgte, daß Norddeutschland protestantisch blieb, aber der dadurch mitschuldig wurde, daß dieser Krieg so lange dauerte und daß damit das Leid der Zivilbevölkerung um viele Jahre verlängert wurde. Außerdem trieb ihn ja nicht nur eine hehre religiöse Motivation, sondern er nutzte den Krieg auch um das Staatsgebiet von Schweden zu vergrößern. Von 1630 bis 1903 dauerte ja bekanntlich die schwedische Besetzung eines Teiles von Norddeutschland, siehe dazu einen sehr informativen Link von Ronald Funck (timediver® ):
http://www.timediver.de/schwedisch_deutschland.html

Der Legende nach soll Gustav Adolf 1632, ein Jahr vor seinem Tod, bei einem Angriff der deutschen kaiserlichen Liga Zuflucht unter der Löbben-Brücke gefunden haben. Der Löbben, ein See in der umliegenden Auenlandschaft, ist bekanntermaßen nicht weit vom „Schwedenhaus“ entfernt.

Für die Leser des B.N.-Blogs, neben den beiden alten Fotos, auch ein paar neuere Fotos vom jetzigen Zustand des Gebäudes. Wünschenswert wäre es, wenn dieser wunderbare neugotische Bau wieder gänzlich aufgebaut würde und wie noch bis in die 50er Jahre hinein als Gaststätte dienen könnte.

Freitag, 25. September 2009

Dorfidylle in Altjeßnitz in Anhalt














Eigentlich ist ja Altjeßnitz in Anhalt bekannt wegen seines Irrgartens der Mitte des 18. Jahrhunderts angelegt wurde und eigentlich wollte ich diesen mal wieder besuchen, doch die Anlage machte von außen einen recht abstoßenden kommerziellen Eindruck, wie z.B. ein häßlicher Zaun der den gesamten Park wie einen Hochsicherheitstrakt umschließt, modernistische Drehkreuze die sich nur öffnen wenn man Eintrittsgeld bezahlt hat und ein Parkplatz der eher zu der Zentrale der Deutschen Bank passen würde als zu einem barocken Kleinod ob seiner postmodernen Gelecktheit. Und wie das heute so üblich ist, wo man versucht in kommunaler Wessimanier die Touristen mittels Parkgebühren zu schröpfen.

Ein paar Meter weiter dagegen sympathische unverfälschte anhaltische Dorfidylle. Mehrere Koppeln mit Tieren wechseln sich ab, daß es eine wahre Freude ist. Auch die Tiere freuten sich als wir Besucher kamen, denn ausnahmslos kamen sie alle neugierig an den Zaun gerannt und freuten sich über das von meinem Hausmeister und mir dargereichte Grünzeug, eine willkommene Abwechslung für die Tiere im ansonsten beschaulichen Alltag. Diese Tiere haben das seltene Glück artgerecht gehalten zu werden, schon deshalb gehört dem Halter der Tiere ein dickes Lob. Schnurrig der vorbeifahrende kleine Ponywagen mit einem alten Anhalter und seinem Hund, ebenso die Pferdefiguren im Vorgarten eines Altjeßnitzer Anwohners, die den echten Pferden auf der Koppel sehr ähnelten.

Das Tierschützer-Ehepaar Kuhfeldt


Durch Zufall traf ich sie mal wieder, das Tierschützer-Ehepaar Kuhfeldt - und natürlich Tiere fütternd! Als ich noch aktiv mich im Dessauer Tierheim für den Schäferhund Lenn engagierte (siehe im Blog die diversen Berichte über die skandalösen Zustände im Tierheim dazu, u.a.: http://barrynoa.blogspot.com/2008/01/tierschutzverein-dessau-rolau.html ) da stand ich oft mit Frau Kuhfeldt vor den Toren des Tierheims, darauf wartend, daß einem vom Personal (welches perfiderweise immer noch im Amt ist, denn nur der Vorstand wurde ausgewechselt) aufgemacht würde, um einen der Hunde dort auszuführen. Frau Kuhfeldt machte dies da schon Jahre lang, bei Wind, Regen und Hitze, fast jeden Tag, zum Wohle der Tiere, die ohne die ehrenamtlichen "Gassigeher" ein noch elenderes Leben im Dessauer Tierheim gehabt hätten als so schon. Auch Herr Kuhfeldt arbeitete sehr oft unentgeltlich im Tierheim, so beim Heckeschneiden und ähnlichem. Beide sind immer noch für die notleidenden Tiere tätig wie ich in einem kurzen Gespräch mit ihnen erfuhr und dies immer noch ehrenamtlich. Dank wird es wie früher von Seiten der Stadt wenig geben, die hat schon früher hauptsächlich dafür gesorgt, daß die von der Stadt bezahlten hauptberuflichen Angestellten gute Gehälter bekommen und sich nicht um die Ehrenamtlichen gekümmert. Ein Dankeschön von mir deshalb an das Ehepaar Kuhfeldt für ihr unentgeltliches stetiges Engagement zum Wohle der Dessauer Tierheimtiere.

Mittwoch, 23. September 2009

Wörlitz im Sommer 2009 - Teil 11















Ein Tipp von mir, besuchen Sie unbedingt in der Zeit der Laubfärbung im Wörlitzer Park die Anlagen um das große Walloch herum! Dieser Teil des Parkes ist in der Herbstzeit am schönsten. Allein die Goldfärbung verschiedener Bäume am italienischen Bauernhaus ist berauschend. Da die Fotos meiner Sommertour 2009 ja dieses Farbenspiel noch nicht zeigen, so verweise ich auf ein früheres Posting wo z.B. die Laubfärbung zu sehen ist, siehe:

http://barrynoa.blogspot.com/2008/02/fotos-von-bn-arkadien-vor-der-haustr.html

Da heute meine Sommertour 2009 durch den Wörlitzer Park zu Ende geht, möchte ich für Fotofreunde auch noch auf zwei weitere frühere Postings aufmerksam machen wo diverse Aufnahmen des Wörlitzer Parkes zu sehen waren:

http://barrynoa.blogspot.com/2008/02/fotos-von-bn-wrlitzer-impressionen-teil.html

http://barrynoa.blogspot.com/2008/02/fotos-von-bn-wrlitzer-impressionen-teil_21.html



Heute nun die Anlagen um das große Walloch herum! Eine Tour die ich gern gehe ist die, daß ich vom „Stein“ die schnurgerade Allee, die ja bekanntlich einer römischen Heerstraße nachempfunden ist, bis zum Elbwall laufe. Dort natürlich wieder die fantastische Aussicht über weites Wiesenland bis zum Auenwald an der Elbe hin. Linkerhand auf dem Wall entlang kommen wir zu einem roten Wallwachhaus, wenige Schritte danach sehen wir im großen Walloch die Amalieninsel mit der Amaliengrotte, darauf die Stelen der zwei antiken Dichter Anakreon und Sappho. Es gehörte wohl Mut dazu gerade diesen beiden antiken Dichter/innen große Ehre zuteil werden zu lassen, da sie exemplarisch für antike Homosexualität standen, wie dies ja auch allgemein schon zu Zeiten des Fürsten Franz bekannt war: Sappho die auf Lesbos wirkte und der lesbischen Liebe gar den Namen gab und Anakreon der in seinen Gedichten oft Bekenntnisse seiner Ephebophilie abgab, siehe nachfolgende Gedichte:
Anakreon

Knabe du mit dem Mädchenblick,
Dein verlang ich, doch hörst du nicht,
Merkst nicht, wie du die Seele mir sanft am Zügel dahinlenkst.

Herr, mit Eros, dem jungen Gott, dunkeläugiger Nymphen Schar und der purpurnen Kypris stets verbunden in Spiel und Scherz, wenn du über die Höhen streifst, auf den Knien beschwör ich dich: Gnädig komme zu mir, in Huld meine Bitte zu hören. Kleobulos gewinne du meiner Liebe, Dionysos, dass er gern sie empfange.

Wasser her, Wein her, Bursch!
Bringe von Blumen mir Kränze!
Spute dich; lieg ich doch schwer mit Eros im Kampfe.

An den Schläfen bin ich grau schon,
Und das Haar es wurde weiß mir,
Es ist hin die holde Jugend,
Und die Zähne sind gealtert.
Es verbleibt wenig Zeit noch
Von dem süßen Leben übrig,
Und in Tränen brech ich oft aus,
Vor dem Tartaros geängstigt.
Denn im Aides ist schreckbarder Versteck, und schwer dahin auch
Ist die Straße: wer hinabging,
Ist gewiss des Nichtheraufgehns.

Sappho

Eile doch, Selene, stehe nicht neugierig über Syrakus, als hättest du ewig Zeit. Hier ist er nicht, dein Enymion, du wartest vergebends. Auf den herabblickst, ist nicht er, sondern ist Sappho. Sie bittet dich, nach Lesbos zu eilen und Aphrodites Hain zu melden, dass sie bald heimkehren wird. Eile, eile, sonst bin ich eher da als du.

Abendstern, du bringst alles wieder zusammen, was sich am strahlenden Tag verstreute, bringst das Schaf heim, bringst die Ziege heim. Nur die Tochter, wenn es Abend wird, bringst du nicht mehr zur Mutter.

Wie schön der Apfel,
So rot und reif ganz oben im Baum im höchsten Geäst!
Hat ihn keiner geholt?
Von den Pflückern vergessen?
O nein, o nein! Nicht vergessen!
Nicht erreichen konnte sie ihn, den höchsten.

Eilt ihr, zu der veilchenduftbusigen Musen schönen Gaben, Kinder, und der sangesliebenden, helltönenden Leier!
Mir aber hat nunmehr die einst zarte Haut das Alter ergriffen, weiß aber wurden die Haare, die einst schwarzen;
Schwer ist mir das Herz geworden, die Knie tragen mich nicht mehr,
die einst doch flink genug waren, zu tanzen gleich einem Reh.
Darüber stöhne ich oft; doch was könnte ich tun?
Frei von Alter kann man als Mensch nicht werden.Soll doch auch einst, den Tithonos tragend, mit rosigen Armen Eos, von der Liebe verwirrt, zu der Erde Ränder gegangen sein, ihn, der schön war und jung; gleichwohl doch packte auch ihn mit der Zeit das weißgraue Alter, hatte er auch eine Gattin frei von Tod.



Nach der Amalieninsel wieder eine Insel des Gedenkens, oft auch als „Insel des Totengedenkens“ bezeichnet, diesmal mit einem Gedenkstein für den großen Herder. Ja und dann auf dem Wall das grandiose Pantheon, in seinem Kellergeschoß die ägyptischen Götter ehrend und im oberen Geschoß den Göttern des Altertums geweiht! Auf dem Relief am Giebel, welcher von vier korinthischen Säulen getragen wird, sehen wir die Göttin Minerva die gerade den Streit unter den Sirenen schlichtet. Die wunderbare Inschrift dieser Weihehalle lautet:

------ Den Freunden der Natur und Kunst -----

Dieses Motto kann für das Gesamtkunstwerk Dessau-Wörlitzer Gartenreich stehen. Über eine kleine Holzbrücke, die eigentlich nur ein behauener Baum ist, kommen wir dann zum italienischen Bauernhaus. Dieses Haus ist ein guter Übergang zur römischen Heerstraße und dem roten Wallwachhaus, da es den Eindruck südlicher Landschaft vermittelt.