Mittwoch, 30. Juli 2008

Chris Howland wird 80 - Gratulation!


Mein absoluter Lieblings-Entertainer wird 80! Herzlichen Glückwunsch! Von Kindesbeinen an bis heute hat mich Chris Howland erfreut und mir viele schöne Stunden geschenkt, sei es als erster Moderator von "Vorsicht Kamera", als DJ der bekannten Musiksendung aus dem Studio B, als Schauspieler in den verschiedensten deutschen Kinofilmen, die ich mir oft nur deshalb ansah, weil darin Chris Howland mitspielte und natürlich als Sänger seiner Hits, wie etwa"Fraulein". In seiner unnachahmlichen Aussprache machte er viele Schlager erst zu dem was sie jetzt sind - Evergreens! Kann man sich vorstellen, daß ein anderer als Chris Howland einen banalen Text wie "Und dann hau ich mit dem Hämmerchen mein Sparschwein kaputt" zu so einem Erfolg gebracht hätte? Wohl kaum! Dies konnte und kann trotz seiner jetzt 80 Jahre - man glaubt es kaum, daß er schon 80 ist - nur Mister Pumpernickel! Happy Birthday!

(Anmerkung: Ansonsten verwende ich keine Anglizismen und bin ein Gegner des denglischen und der Amerikanisierung der deutschen Sprache und deutschen Kultur, aber da Chris Howland ja nun mal ein Engländer ist, da denke ich, daß dieses Happy Birthday ausnahmsweise mal legitim ist, im Gegensatz zu dem würdelosen Happy Birthday-Gesinge bei Lieschen Müllers Geburtstagen, wenn die urdeutschen Verwandten die oft nicht mal des Deutschen mächtig sind, geschweige denn des Englischen, diese englischen Sätze auswendig gelernt dahersingen.)

Mittwoch, 23. Juli 2008

Die trostlose Kindheit meiner Mutter: Die Schulzeit


Die heutige Geschichtsauffassung tendiert dazu im Hinblick auf die Zeit des Nationalsozialismus die Weimarer Zeit zu idealisieren. Daß aber die Masse der Bevölkerung gerade in den sogenannten goldenen 20igern ein elendes Leben hatte und nur eine kleine Oberschicht von Kriegsgewinnlern und alter Oberschicht, wie Gutsherren und Fabrikanten, ein Leben in Saus und Braus führte, dies wird heutzutage gern ignoriert und man verweist auf die wenigen durch die Sozialdemokratie eingeführten Verbesserungen im Sozialwesen, unterschlägt aber meistens den reaktionären Charakter eben dieser „Demokraten“ deren obrigkeitliche Vertreter wie eben ein SPD-Polizeichef von Berlin namens Noske auf Berliner Arbeiter schiessen ließ. Es war also durchaus legitim und keineswegs ein Irrtum wenn die damalige KPD die Machthaber der Weimarer Republik als Sozialfaschisten bezeichnete.

Meine Mutter Erika wurde in Dessau-Törten eingeschult, da ihr Vater in mühsamer Eigenleistung ein Haus auf dem Sandberg gebaut hatte, dies nach Feierabend, nach einem anstrengenden Arbeitstag, so ziemlich auf sich allein gelassen, denn Hilfe fand er keine in der Verwandtschaft. In die Schule ging meine Mutter sehr gern, es gab dort im Gegensatz zu der grauenvollen Kinderaufbewahrung bei den Diakonissen zwar strenge aber verständnisvolle Lehrer die die Kinder förderten, was bei den Diakonissen all die Jahre nicht der Fall gewesen war. Bald zählte sie zu den besten Schülern der Klasse. Dies zahlte sich aus, wie sie mir erzählte. Eine Schulfreundin von ihr - die war nicht die hellste - hatte aber eine Mutter die sie verwöhnte und jeden Tag bekam dieses Mädchen wunderbare Pausenbrote mit dicker Butter und herrlichem Schinken oder anderen schönen Sachen darauf mit in die Schule, im Gegensatz zu Erika, die überhaupt kein Pausenbrot mitbekam. Erika machte für dieses Mädchen regelmäßig die Schularbeiten und half ihr auch sonst in schulischen Dingen, dafür bekam sie immer eines dieser köstlichen Pausenbrote ab.

Am Elternhaus meiner Mutter war ein großer Garten, nicht wie jetzt parkähnlich angelegt, sondern von Anfang bis Ende Beet an Beet, Obstbaum an Obstbaum und an die 100 Sträucher mit Beeren. Dies bedeutete schwere Arbeit für Erikas Vater, der den Garten bewirtschaftete, aber auch die kleine Erika mußte ab dem 6. Lebensjahr dort tüchtig mithelfen, wie mit einer schwer gehenden Pumpe jeden Tag das Bassin mit Wasser für das abendliche Gießen vollpumpen, Unkraut jäten und vieles andere mehr. Besonders ekelte sie sich als es hieß, sie müsse von den Kohlköpfen die Raupen des Kohlweißlings ablesen, die damals eine wahre Plage in deutschen Gärten waren. Diese mußte Erika in einen Eimer mit Wasser werfen und sie wurden dann zu hunderten den Hühnern zum Fraß vorgeworfen. Rücksicht auf Ekelgefühle eines kleinen Kindes wurde zuhause nicht genommen, jedenfalls nicht bei der Erstgeborenen Erika.

Eine Begebenheit blieb meiner Mutter fest im Gedächtnis haften, als sie im Alter von 6 Jahren von ihrer Mutter zu einer Frau Lüdicke mitgenommen wurde, die einen mehrere zehntausend Quadratmeter großen Garten besaß. In diesen riesigen Garten wurde Erika von ihrer Mutter und dieser Frau Lüdicke geführt. In einer entlegenen Ecke standen hunderte verwilderte Johannisbeersträucher. Da sollte Erika mutterseelenallein Beeren pflücken. Ein großer Spankorb sollte dann mit 10 Pfennigen entlohnt werden. Als Erikas Mutter und diese Frau Lüdicke gegangen waren, pflückte Erika Beeren und bekam dort große Angst nicht mehr aus diesem großen Garten heraus zu finden. Einzige Orientierung war ein großer Turm im Garten der in der Nähe des Eingangs stand. Mutter lief nach kurzer Zeit in panischer Angst mit dem erst halbvollen Korb durch diesen Garten, in purer Verzweiflung nie mehr dort heraus zu kommen. Daß schon 6jährige Kinder in der Weimarer Zeit von ihren Eltern regelrecht an derartige Arbeitgeber vermietet wurden, dies kam zwar bei weitem nicht so oft vor, aber es gab dies eben doch. Besonders Kinder, die ein, zwei Jahre älter waren als damals Erika, die mußten oft schwerste Arbeit leisten.

Da nun Erika sich mit Händen und Füßen wehrte weiterhin diesen gruseligen Garten der Frau Lüdicke zu betreten um dort mutterseelenallein Beeren zu pflücken, ihre Mutter aber der Meinung war, daß ein Kind zum Lebensunterhalt der Familie beitragen müsse – eine Meinung übrigens die sie merkwürdiger Weise bei ihren später geborenen anderen Kindern dann nicht mehr hatte, denn diese mußten als Kinder nicht arbeiten gehen – blieb dann Erika nichts anderes über als mit etlichen anderen Törtener Kindern auf dem Gut des Gutsbesitzers in Priorau, Schierau, Möst - Dörfern in der Nähe von Törten - zu arbeiten. Jeden Tag stand um die Mittagszeit vor der Törtener Schule ein großer von Pferden gezogener Leiterwagen des Gutes und alle Kinder die wollten oder die von zuhause aus gezwungen wurden, die stiegen dort ein. Entweder ging es gleich auf die Felder des großen Gutes, um dort Unkraut zu jäten, Rüben zu verziehen, Garben zu stellen oder Kartoffeln zu langen, oder man fuhr bis zum Hauptsitz nach Priorau wo die Kinder dann für allerlei Arbeiten in Stall und Tenne eingeteilt wurden. Als Stundenlohn gab es 10 Pfennige. Ob nun in glühender Hitze im Sommer auf dem Feld, oder bei Regennässe in der Herbstkälte, die Kinder wurden angetrieben für einen Hungerlohn, den sie auch noch zuhause bei ihren Eltern abgeben mußten. Bei der Feldarbeit wurden Brigaden gebildet und die Kinder angestachelt schneller als die gegnerische Brigade zu sein. Wer faul war oder zurück blieb, der bekam oft eins mit den Peitschen übergezogen, die die erwachsenen Aufseher und Antreiber im Gürtel hatten. Aber auch bei diesen Aufsehern gab es solche und solche, wie meine Mutter erzählte. Ein Mann war z.B. ein sehr verständnisvoller Mensch der die Kinder fair behandelte, aber eine Frau Hetzer z.B. war geradezu wegen ihres Schandmaules und ihres häufigen Gebrauchs der Peitsche mehr als gefürchtet. Was nun allerdings positiv für die dort schwer arbeitenden Kinder war, dies war, daß es Mittagessen gab (Für meine Mutter ein Segen, denn zuhause wurde zu Mittag nicht gekocht). Es wurde eine Suppe gereicht und bei großer Hitze gab es einen großen Kübel mit Essigwasser um die ausgetrockneten Kehlen der Kinder zu befeuchten. Zwei, drei mal sahen die dort schuftenden Kinder, wie auch meine Mutter, die Tochter des Gutsherren auf ihrem weißen Reitpferd vorbeitraben, die Kinder natürlich keines Blickes würdigend. Zu dem Geburtstag dieses asozialen, schmarotzenden Fräuleins bekam jedes Feldarbeitskind eine Schokolade geschenkt. Im Nachhinein betrachtet ändern all diese elenden Brosamen von den Tischen der Reichen natürlich nichts an der Verurteilung dieser schäbigen Ausbeutung. Gerade der Gegensatz dieser so ausgebeuteten Kinder, die mehr oder weniger von ihren Eltern zu dieser Fronarbeit verkauft wurden, und dem märchenhaften Reichtum des Priorauer Gutsbesitzers, der ja all die Jahre kaum mal auf seinen Gütern anwesend war, der an der französischen Riviera wohnte, der den Landarbeitern, den polnischen Saisonarbeitern und eben den Törtener Kindern den Mehrwert abpresste und dort verjubelte, dies macht das Ganze zur Unmoral, gedeckt von dem unsozialen Weimarer Staat, mit seinen die Gutsbesitzer und Fabrikanten bevorteilenden Gesetzen und der Kirche, die dies guthieß, wie Äußerungen und Taten der damaligen Pastoren und Kirchenoberen belegen.

Wenn Erika ausgelaugt von der schweren Arbeit nach Hause kam, dann gab es immer noch kein Ausruhen, denn der Bassin mußte wie jeden Abend voll gepumpt werden und es mußten noch kleinere Arbeiten in Haus und Garten verrichtet werden, wie Abwaschen oder Unkraut jäten. Ausgedörrt wie Erika nach so einem schweren Arbeitstag als Kind war, machte sie sich abends im Sommer dann eine Schüssel mit Pflücksalat mit Zucker und Essig. Anstatt daß ihre Mutter schon mal diesen Salat gepflückt hätte und zubereitet hätte, um dem abgearbeiteten Kind behilflich zu sein, gab es Häme der Familie wenn Erika den Salat aß, weil sie diesen, weil sie so abgespannt war, nicht mehr gründlich nach Ungeziefer absuchen konnte, und man machte sich lustig: „Iiih, Erika ißt wieder Schnecken und Käfer mit Salat, iiiih!“

Ein normales bürgerliches Familienleben hat meine Mutter nie kennengelernt. Zu Feiertagen und in den Ferien wurde sie von ihrer Mutter zu deren Schwester und dem Großvater geschickt, die sehr spartanische Gastgeber waren: Hunger, Hunger, Hunger!
Außer diesem ständigen Hunger dort, gefiel es meiner Mutter dort aber gar nicht mal so schlecht, weil sie am Tage machen durfte was sie wollte, was zuhause nicht der Fall war. Allerdings waren ihr Großvater, ein Denhardt (siehe auch meine Postings zu Wituland und den Denhardts) und ihre Tante sehr wortkarge Menschen. Meine Mutter konnte sich nicht erinnern, daß z.B. ihr Großvater jemals, außer ein paar wenigen Worten, sich mal mit ihr unterhalten hätte. Dies gab es im Hause Denhardt nicht, dafür wurde aber viel gelesen. Der Abend war den Illustrierten und den Büchern vorbehalten, die unter einer hell brennenden Gaslampe die an der Decke hing, konsumiert wurden. Durch diese Literaturbegeisterung dort, kam meine Mutter zu den schöngeistigen Dingen. Auch wurde im Hause Denhardt viel auf Reformhaus-Literatur gehalten. Zwei alte dieser Neuform- und Thalysia-Hefte hatte meine Mutter von dort noch in ihrem Besitz und nun besitze ich sie. Allerdings waren die Denhardts auch ein wenig antibürgerlich. So feierte man Weihnachten oder Ostern z.B. grundsätzlich nicht, ja diese Feste wurden mit keinem Wort erwähnt, geschweige denn gab es z.B. zu Weihnachten eine dementsprechende Dekoration, Geschenke, eine Kerze oder dergleichen. Dies vermisste meine Mutter sehr. Da in ihrem Elternhaus aber z.B. Weihnachten gefeiert wurde, sie aber immer zu den Festen von zuhause weggeschickt wurde, ihre Schwestern aber all dies miterleben durften, wie den geschmückten Weihnachtsbaum, die Stollen, das gute Essen, sie aber erst nach Silvester wieder heimkehren durfte, sie dann gerade noch mitbekam wie der Weihnachtsbaum abgeschmückt wurde, betrübte sie dieses Aschenbrödeldasein sehr. Armut kann eventuell leicht ertragen werden, aber es ist die Ungerechtigkeit die kränken und eine Kinderseele verletzen muß, denn ihre beiden anderen Schwestern wurden nicht so stiefmütterlich von der eigenen Mutter behandelt wie sie. Trotz bester schulischer Leistungen durfte meine Mutter keine weiterführende Schule besuchen. Mit der Empfehlung der Lehrer auf die Mittelschule gehen zu sollen, kam meine Mutter z.B. nach Hause. Ihre Eltern lehnten es ab, sie wollten, daß Erika Geld verdienen solle. Für weitere Jahre auf der Schule oder für eine Lehrausbildung war angeblich kein Geld da, für die beiden Schwestern aber nahmen die Eltern diese Unkosten aber auf - wo eben die Elternliebe hinfällt!

Da Erika ein wenig Geld von der schweren Feldarbeit auf dem Gut in Priorau hatte behalten dürfen, besuchte sie deshalb von dem sauer ersparten Geld eine kleine private Handelsschule für ein paar Monate. Für wenig Honorar lernte sie dort als 13jährige an Nachmittagen nach der noch laufenden regulären Grundschule Schreibmaschine, Stenografie und kaufmännische Grundlagen. Mit diesen Kenntnissen ausgestattet suchte sie sich als 14jähriges Mädchen auf eigene Faust eine Arbeitsstelle - ein Unterfangen was bei der damaligen starken Arbeitslosigkeit nicht leicht war. Für 36 Reichsmark im Monat fing sie als vollwertige Bürokraft bei der kleinen Metallfabrik Krzisowski in der Dessauer Zimmerstraße an zu arbeiten. 20 Reichsmark mußte sie zuhause abgeben, 16 Reichsmark blieben ihr. Davon mußte sie, so verlangte es ihre Mutter, ihre eigene Seife, Zahnpasta, Hygieneartikel und ihre gesamte Kleidung und andere sonstige persönliche Dinge, wie z.B. mal eine Armbanduhr, kaufen. Erikas schlechte Kindheit war zu Ende, die Jugend begann genauso trostlos, aber es sollte für meine Mutter im Alter von 16 Jahren eine glückliche Zeit beginnen. Dies verdankte sie den Dessauer Junkers-Flugzeugwerken, wo sie später von der einfachen Schreibmaschinenkraft im Schreibbüro, wo an die 100 Frauen nur tippten, durch ihre Tüchtigkeit in wenigen Jahren bis zur Chefsekretärin im Entwurfsbüro für Flugzeugneuentwicklungen aufstieg. Aber dies ist ein ein anderes Kapitel und gehört nicht mehr zu dem Abschnitt der Kindheit meiner Mutter.

Das obige Foto zeigt meine Mutter im Alter von ca. 7-8 Jahren, genaueres weiß ich leider nicht. Beim Durchforsten der Fotos war es das einzige was ich fand, was meine Mutter in der Zeit vom 6. bis zum 13. Lebensjahr zeigt. Wie ich von meiner Mutter weiß, wurden ab und an in der Schule Fotos von einem Fotografen angefertigt. Dieser bot dann in der Schule Abzüge zum Verkauf an. Nur zwei Kinder in ihrer Klasse durften keine Fotografie kaufen. Von den zweien dieser Kinder war eine meine Mutter. Erikas Eltern hatten diesen Kauf ihr verboten! Nicht mal diese kleine Erinnerung wurde ihr bewilligt.



Dienstag, 22. Juli 2008

Die trostlose Kindheit meiner Mutter: Das Kleinkindalter


Das letzte Jahr vor ihrem Tod kamen in meiner Mutter verstärkt die Erinnerungen an ihre Kindheit hoch. Diese Zeit stand ihr plastisch stark vor Augen. Es war all das Unbewältigte was sie quälte. Besonders, daß sie zu Lebzeiten ihrer Eltern es nie gewagt hatte diese zu fragen warum sie sie in der Kindheit so ungerecht und lieblos behandelt hatten, besonders ihre Mutter Gertrud.

Meine Mutter Erika kam in der Ziebigker Schulstraße zur Welt, dem Elternhaus ihrer Mutter Gertrud. Diese mußte – die Zeiten waren so, was Moral und Sitte anlangte – den Maurer Gustav heiraten, da ein Kind unterwegs war, obwohl sie eigentlich sich einen Mann bürgerlichen Standes gewünscht hatte und sie Zeit ihres Lebens ihrer Jugendliebe nachtrauerte, einem Freund aus dem Kaufmannsstande.

Die Zeiten waren allgemein schlecht in Deutschland als die kleine Erika zur Welt kam, aber ein ungewolltes Kind zu sein, dies bedeutete zusätzlich nichts gutes. Ihre Mutter hatte gerade als Erika zur Welt kam etliche Jahre eine Cousine vom Babyalter bis zum Schulkind aufgezogen, die Tochter ihrer Schwester, welche als Alleinerziehende in einer Fabrik arbeitete. Dieses fremde Kind war ihr zeitlebens ans Herz gewachsen weil sie tagtäglich mit ihm zusammen war. Anders dann bei Erika, ihrem eigenen Kind, dieses wollte sie merkwürdigerweise nicht selber betreuen, sondern Erika wurde ab dem Alter von 2 ½ Jahren in eine Tagesstätte abgeschoben und ihre Mutter ging in eine Fabrik arbeiten. Nun wäre es ja nicht weiter schlimm gewesen wenn Erika in einen normalen Kindergarten gekommen wäre, so einen der nur ein paar Häuser weiter in der Straße existierte, der einen sehr guten Ruf hatte, wo die Kinder spielen durften, wo es einen Garten gab, wo sie sich an der frischen Luft aufhalten konnten. Nein, ausgerechnet viel weiter weg von zuhause wurde die Tagesstätte für Erika ausgewählt, in die sie bis zum Alter von 6 Jahren jeden Tag gebracht wurde – die Kinderaufbewahrung der Anhaltischen Diakonissenanstalt. Diese Kinderaufbewahrung war eigentlich nur für Kinder gedacht, deren Mütter mal kurze Zeit sich nicht um ihr Kind kümmern konnten, wegen einem Arztbesuch etwa oder der Zeit einer Entbindung im Krankenhaus oder ähnlichem, für Langzeitaufenthalte war diese Einrichtung einfach nicht gedacht. In all den Jahren war es nur meine Mutter Erika und ein Junge die mehrere Jahre dort jeden Tag von früh um 6 Uhr bis abends 18 Uhr ausharren mußten. Das einzig positive an dieser Kinderaufbewahrung war, daß sie absolut kostenlos war, ansonsten war diese Kindheit dort täglich 12 Stunden lang zubringen zu müssen für ein kleines Kind schlimmer als jeder Gefängnisaufenthalt in der damaligen Zeit. Bei Wind und Wetter brachte ihr Vater die kleine Erika auf einem Fahrrad, wo sie auf der kalten Mittelstange sitzen mußte, zu dieser Kinderaufbewahranstalt zu zwei strengen und lieblosen Diakonissen die all die Kinder beaufsichtigten die dort abgegeben wurden. Der Raum in dem die Kinder sich aufhielten enthielt außer Tischen und Stühlen nichts, kein einziges Spielzeug, weder Puppen noch Bauklötzer, noch irgend etwas kindgerechtes. Essen bekam Erika von zuhause nicht mit, dies wurde von der Diakonissenanstalt gestellt. Doch wie sah dieses „Essen“ aus? Da in den 20er Jahren Deutschland in einer Wirtschaftskrise war und weite Teile der Bevölkerung nur schwer über die Runden kamen, hatte natürlich auch die Kirche nichts zu verschenken. Für eben diese Kinderaufbewahranstalt hatten all die Jahre als meine Mutter dort zubringen mußte amerikanische Quäker (eine Religionsgemeinschaft) die Patenschaft, was das Essen anbelangte, übernommen. Es gab all die Jahre tagtäglich nur Haferflockensuppe, nichts anderes! Für Kinder die nur mal ein paar Tage dort untergebracht waren, war dies akzeptabel weil ja Haferflocken eigentlich eine gesunde Nahrung sind, aber wer nun Jahr für Jahr jeden Tag nur Haferflocken vorgesetzt bekommt, der muß eine gesunde Abneigung gegen diese einseitige Kost entwickeln und es muß zwangsläufig zu Vitaminmangelerscheinungen kommen, wie dies der Schularzt bei meiner Mutter bei der Einschulungsuntersuchung konstatierte. All diese Kleinkindjahre kam Erika in der Woche über nie an die frische Luft, nur am Sonntag wo sie zuhause war, kam sie mal raus. Spaziergänge mit den Kindern gab es nicht, stattdessen stundenlanges „artigsein“, stundenlanges Sitzen auf dem Stuhl ohne zu sprechen, stundenlanges beten und singen „frommer“ Lieder und stundenlanges Sitzen vor dem nicht abgegessenen Teller mit der Haferflockensuppe, die schon Brechreiz auslöste wenn sie auf den Tisch kam. Aber die kaltherzigen Diakonissen kannten kein Erbarmen, sie verlangten, daß abgegessen wurde, auf Biegen und Brechen und auch wenn Erbrochenes schon auf dem Teller gelandet war – es war der Kleinkindhorror pur. Nun gab es in dieser Anstalt auch feste Regeln für das Austretengehen, wer da nicht „konnte“ hatte Pech gehabt, Austreten wenn man mußte, gab es nicht, dies duldeten die strengen Diakonissen nicht. So passierte es meiner Mutter regelmäßig, daß sie in die Hosen machen mußte, weil sie auf Befehl eben nicht austreten konnte. Abends als sie vom Vater abgeholt wurde waren oft die Hosen nass oder gar voll. Zuhause angekommen hatte ihre Mutter nichts weiter zu tun als dem armen Kind die Hosen auszuziehen und ihr erbarmungslos den Hintern zu versohlen. Ihr Vater, eigentlich ein kinderlieber Mann mit einem guten Herzen, konnte sich zuhause bei diesen rüden Erziehungsmethoden nicht durchsetzen. Dies war auch dem Zeitgeist geschuldet, Erziehung kleiner Kinder war damals Domäne der Frauen, Väter mischten sich da selten ein, erst wenn die Kinder größer waren.

Ja und dann war da noch der Sonntag, ein Tag wo endlich ein Kleinkind wie Erika von der Mutter betreut werden hätte können, doch auch da wurde sie weggegeben in die Obhut der halbwüchsigen Cousine, für die die Betreuung eines kleinen Kindes nur eine Last bedeutete, die lieber mit Gleichaltrigen rumstromern wollte, der aber dieses kleine Kind nun wie ein Klotz am Bein hing. Pfiffig wie diese Cousine war, nahm sie die kleine Erika mit zum Spielen und in Absprache mit ihrer Freundin ließen sie das Kind einfach stehen, rannten weg und ließen Erika allein. Die suchte nun ihre große Cousine, weil ihr das eingebleut worden war, und irrte dadurch nicht selten manchen Sonntag in fremder Umgebung herum und suchte Schutz bei Frauen die sie dann nach ausfragen wo sie wohnen würde oft nachhause brachten. Resultat: Wieder gab es unbarmherzig Schläge, weil ihre Mutter der Cousine glaubte und nicht ihrem eigenen Kind. Die Cousine log das Blaue vom Himmel, daß die kleine Erika einfach mal wieder abgehauen wäre und sie sie nicht mehr eingeholt hätten. Unlogisch hoch drei, da die Cousine und ihre Freundin mehr als doppelt so alt war wie Erika und sehr sportlich war, Erika dagegen war durch die Mangelernährung sehr schwächlich und sie hätten selbstverständlich das Kind schnell einholen können, aber die ungerechte Mutter interessierte diese Logik nicht und nicht ein einziges Mal glaubte sie ihrem eigenen Kind was es erzählte, sondern immer nur der großen Cousine.

Erikas Vater Gustav, der selber eine schwere Kindheit gehabt hatte, schlug Erika nie, er war im Grunde ein sehr guter Mensch, aber eben willensschwach sich in Fragen der Kindererziehung gegen seine Frau durchzusetzen. Freitag war Geldtag, da kaufte er Erika immer eine Tafel Vollmilchschokolade, mit der „Muhtschekuh“ drauf. Glücklich hielt Erika diese in Händen als es am Abend von der Kinderaufbewahrung nach Hause ging, an den wilden Wiesen vorbei die damals noch zwischen Diakonissenanstalt und der Schulstraße in Ziebigk standen und die zur Blütezeit von tausenden roten Mohnblüten übersäht waren, die meine Mutter mit großer Freude pflückte. Zu Hause angekommen, bekam sie die Schokolade von der Mutter abgenommen, ein Kind „solle nicht verwöhnt werden“. An all dies konnte sich meine Mutter nach den vielen Lebensjahren genauestens erinnern als wenn es gestern gewesen wäre und all diese Kleinkinderinnerungen verließen sie als schwere Bürde ihr ganzes Leben lang nicht, sowohl die wenigen positiven Ereignisse nicht wie auch die vielen negativen nicht, wie die Zeiten der zeitweiligen Blindheit durch Scharlach oder die anderen schlimmen Krankheiten, wie einem Eiterabszeß am Hals, wo sie tagelang hohes Fieber gehabt hatte und starke Schmerzen, wo der Abszeß dann glücklicherweise nach außen durchbrach und sie dadurch am Leben blieb und wo die Eltern sträflicherweise keinen Arzt konsultiert hatten, obwohl es für einen Chirurgen ein leichtes gewesen wäre mit einem simplen Schnitt den Abszeß zu öffnen.

Erikas Kleinkindjahre gingen zu Ende mit der Geburt ihrer zweiten Schwester, eine weitere Schwester sollte etliche Jahre später noch nachfolgen. Ihre Mutter ging zur Entbindung dieser Schwester ins Krankenhaus nach Wolfen, da ihr Ehemann zu dieser Zeit in der Farbenfabrik Wolfen arbeitete, in der „Giftbude“ wie er noch später immer zu sagen pflegte. Vater Gustav hatte sich für diese Zeit Urlaub genommen und versorgte zuhause die kleine Erika, die endlich mal nicht in diese furchtbare Kinderaufbewahrung gehen mußte. Diese wenigen Tage sind ihr in glücklicher Erinnerung geblieben, weil sich ihr Vater wirklich liebevoll um seine Tochter kümmern konnte, ohne seine Frau im Hause. Erikas Mutter war gut im Schneidern, schneiderte auch für sich und andere die schönsten Kleider, nur ihre Tochter Erika mußte herum laufen wie ein Bettlerkind um 1850, mit lieblos zusammen geflickten Sachen, ohne richtige Schuhe, nur mit selbst zusammen geschusterten Stoffschuhen. All dies tat ihrem Vater schon lange leid und er faßte sich ein Herz und ging in der Zeit wo seine Frau im Krankenhaus weilte mit Erika in die Stadt in ein Bekleidungsgeschäft und ließ sich da von einer Verkäuferin beraten. Erika wurde von Kopf bis Fuß zum ersten Mal in ihrem Leben komplett schön eingekleidet: hübsche Lackschuhe, feine Kniestrümpfe, ein Kleidchen, ein wunderbares Mäntelchen und als Krönung ein Hütchen in der Mode der Zeit. Nur wenige Tage dauerte diese Freude an. Als Erikas Mutter vom Krankenhaus nachhause kam mit dem zweiten Kind im Kinderwagen, da bekam sie einen regelrechten Wutanfall als sie Erika in diesen hübschen Sachen sah. Noch jahrelang machte sie ihrem Mann Vorwürfe, daß er ein Verschwender gewesen wäre indem er Erika diese Sachen gekauft hätte. In ihrem Zorn griff sie einen Tag nach ihrer Ankunft zuhause zu einer Schere und zerschnitt all die wunderhübschen Kleidungsstücke und warf sie samt den neuen Lackschuhchen in den Müll!

Die zwei Fotos sind die einzigen mir bekannten Aufnahmen von meiner Mutter im Kleinkindalter. Obiges Foto zeigt meine Großeltern und meine Mutter, das untere Foto zeigt meine Mutter in ihrem „Sonntagsstaat“. Eine traurige Kindheit, fürwahr!



Montag, 14. Juli 2008

Nachtrag zur Danksagung


Als Nachtrag zur Danksagung möchte ich mich recht herzlich für die einfühlsamen Kondolationen von Christel Volkmar und Lise Lotte Tuentsch bedanken. Gefreut habe ich mich auch über die Anteilnahme von meinen früheren Chefinnen Frau Krause und Frau Hiller von der Bahnhofsmission Dessau, wo ich Mitte der 90er Jahre ein Jahr lang beschäftigt war. Ein besonderer Dank gilt dem Bestattungsunternehmen von Renate Elze, Dessau, welches in sehr korrekter Weise handelte. Was mir besonders bei diesem Unternehmen gefallen hat, dies war, daß bei Frau Elze man einen genauen Kostenvoranschlag bekommt (dies ist leider nicht bei allen Bestattern so) in welchem alle Positionen genauestens aufgeführt wurden und zu jeder Position wurde eine ausführliche Erläuterung gegeben und man konnte zwischen den verschiedensten Preisvarianten wählen. Ich fand, daß das Bestattungsunternehmen preiswert und trotzdem sehr gut in allen Dingen war, wenn ich diese Beerdigung mit der meines Vaters vergleiche, allein die Erledigung der Formalitäten wurden von Renate Elze um fast 80 % preiswerter angeboten. Auch hielt Frau Elze eine sehr einfühlsame Rede am Grabe meiner Mutter ohne diese in Rechnung zu stellen. Da ich diesbezüglich schon andere negative Erfahrungen gemacht habe, berührte mich dieses Geschäftsgebahren von Renate Elze sehr, da in der heutigen Zeit diese Seriosität, wo der Trauernde im Mittelpunkt steht und nicht das Geldverdienen auf Biegen und Brechen, keine Selbstverständlichkeit ist.
Obiges Foto zeigt noch einmal das Grab meiner lieben Eltern nach der Bepflanzung. Die kleine Vogeltränke war im Sinne meiner Mutter die sehr tierlieb war und die sich zeitlebens auch um die Vögel in unserem Garten kümmerte, sei es im Winter beim Füttern, als in unserem Garten auf dem Knarrberg in schneereichen Wintern ganze Heerscharen von Vögeln sich an den Futterstellen tummelten, bis hin zu den Vögeln die im Sommer an unseren Vogeltränken ihren Durst löschten.

Dienstag, 8. Juli 2008

Heimgekehrt von der Urnenbeisetzung meiner lieben Mutter





Prediger Salomo 7, 2 AT:
Es ist besser, in ein Haus zu gehen, wo man trauert, als in ein Haus, wo man feiert; denn da zeigt sich das Ende aller Menschen, und der Lebende nehme es zu Herzen!

Montag, 7. Juli 2008

Erinnerungen: Mutters Tiere





Mutters erste Haustiere waren 3 kleine weiße Hühnchen, die schaffte sie sich 1945 an. Aus ihren Erzählungen weiß ich, daß diese Hühnchen ein wahres Hühnerparadies auf Erden hatten. Alle drei hatten Namen, eine hieß Schneeweißchen, wie die anderen hießen, dies kann ich nicht sagen und meine Mutter danach fragen, dies kann ich leider nun auch nicht mehr. Schneeweißchen soll sehr zutraulich gewesen sein und sie hatte es gern wie eine Katze oder ein Hund auf dem Arm gehalten zu werden und gestreichelt zu werden. Eier legten die Hühnchen nur sehr wenige, jeder ökonomisch denkende Hühnerhalter hätte derartige Hühner nach kurzer Zeit geschlachtet, anders bei meiner Mutter, der waren die Hühnchen ans Herz gewachsen und sie starben nicht unter dem Beil sondern einen natürlichen Tod, wobei allerdings eines spurlos verschwand. Es mußte wohl mal eine Lücke im Zaun entdeckt haben und beim Nachbarn gelandet sein, war höchstwahrscheinlich im Suppentopf geendet, in den ersten Nachkriegsjahren mit dem Hunger allenthalben, ist dies durchaus anzunehmen.

Ich selbst bin ja in dem Haus in Törten auf dem Sandberg, wo ich jetzt wohne, geboren worden, d.h. eigentlich in der Klinik, aber als ich 5 Jahre alt war zogen meine Eltern aus dem Haus der Großeltern weg in eine kleines gemietetes Haus nach Dessau-Ziebigk auf den Knarrberg. Dies war unvermeidlich, weil Mutters jüngste Schwester in dem Haus auf dem Sandberg regierte und die Großeltern nach deren Pfeife tanzten. Diese meine Tante wollte meine Eltern und mich gern aus dem Haus haben und da war ihr jedes Mittel recht. Als im Haus Wasser gelegt wurde, bestimmte sie wie die Leitungen verlegt wurden und dies so, daß man in unserer Küche nichts mehr an Möbeln stellen konnte. Dies brachte das Fass zum Überlaufen und wir zogen nach Ziebigk wo wir bis zur Wende wohnten, danach zogen wir wieder zurück ins Sandberg-Haus. In Ziebigk auf dem Knarrberg war es damals üblich, daß in den Ställen und Garagen die Knarrberg-Bewohner Rauchschwalben Unterkunft gewährten. Nun sind zwar Rauchschwalben keine Haustiere, aber eigentlich doch, denn sie lebten ja unter unserem Dach. Es war für meine Mutter, meinen Vater und mich immer eine schöne Sache auf die Ankunft der Schwalben zu warten, sie beim Nestbau zu beobachten, die Jungen aufziehen zu sehen und der Abschied im Herbst als die Schwalben gen Süden flogen, dies war immer eine wehmütige Angelegenheit.

Und dann gab es natürlich noch unsere geliebte Fanny, eine Langhaardackeline, die Mutter als Leitfigur ansah, wohingegen Vater und ich nur ihre „Rudelgenossen“ waren. 13 Jahre hatten wir die liebe Fanny und all die Jahre kümmerte sich hauptsächlich Mutter liebevoll um sie.

Nur ein paar Jahre hatten wir einen kleinen Kater. Eigentlich waren wir immer mehr für Hunde, aber wie es im Leben manchmal so ist, man kommt zu einem Tier dadurch, daß es einen leid tut wie andere Tiere behandeln. So hatten Nachbarn von uns sich eben diesen Kater angeschafft und ihn nur in der Garage eingesperrt gehalten. Dies tat uns leid, Mutter ging dann zu diesen Leuten und stellte sie zur Rede. Die Antwort war: „Dann nehmen sie ihn doch, wir sind den Kater eh über“! Ja und dann war es unser Katerchen von einer Minute zur anderen.

Ähnlich war es auch mit den Katzen die Mutter einige Jahre auf einem verwilderten Grundstück Richtung Kornhaus fütterte. Dieses Grundstück gehörte dem Sägeunternehmer Exner, der mit seiner transportablen Säge von Haus zu Haus zog und den Leuten gegen Entgelt Holz sägte. Exner trank gern einen und da war für Futter für seine Katzen auf seinem Grundstück auf dem er nicht mal wohnte kein Geld über, so daß sich einige Tierfreunde sich der Tiere erbarmten. Auf diesem Grundstück lebten so an die 10-15 Katzen und Mutti wechselte sich mit 2 anderen Frauen mit der Fütterung derselben ab. Dies ging ein paar Jahre so, bis zu dem Tag wo sie hinkam und keine einzige Katze mehr dort war. Die Stadt hatte es veranlaßt, daß die Katzen alle getötet wurden, wegen Verwahrlosung des Grundstücks. Dies war noch zu DDR-Zeiten, da wurde so rigoros vorgegangen, weil das Dessauer Tierheim gar nicht alle Tiere aufnehmen konnte mit seinen nur 2 Mitarbeitern die dort arbeiteten.

Ja und auch eine Art Findeltier war unsere Schildkröte, eine griechische Landschildkröte. Nachbarn hatten diese von einem Urlaub aus Bulgarien mitgebracht und sie nicht artgerecht in einem kleinen dunklen Schuppen gehalten. Da büxte sie mal aus und als wir sie den Leuten wieder bringen wollten, meinten diese, ob wir sie nicht haben wollten, sie hätten keine Zeit für das Tier. Nun auch Schildkrötenliebhaber waren wir eigentlich nicht, aber Mutter tat das Tier leid und wir nahmen sie. 15 Jahre lebte sie bei uns und es war immer ein kritischer Moment wenn sie aus dem Winterschlaf erwachte, ob sie die langen Monate der Starre auch gut überstanden hätte. Aber es ging immer gut. Das Lieblingsessen von Kröti war gekochtes Ei, da konnte sie nie genug von kriegen, aber auch in Kuhblumen haute sie gewaltig rein. Kröti gaben wir allerdings nach 15 Jahren an eine Dresdner Schildkrötenliebhaberin ab, die schon an die 10 Schildkröten hatte, weil wir meinten, daß es an der Zeit wäre, daß unsere Kröti nicht ihr ganzes Leben solo leben sollte und diese Schildkrötenliebhaberin hatte unserer Meinung nach beste Voraussetzungen unserer Schildkröte ein artgerechtes Leben zu ermöglichen, jedenfalls nach den Fotos ihrer Innen-und Außenanlagen zu urteilen.

Alles in allem hatte meine Mutter zwar viel Arbeit mit ihren Tieren, aber die Freude an den Tieren war denn doch eine schöne Sache für sie und die Gewißheit etwas Gutes getan zu haben, besonders bei den Tieren die so unfreiwillig in ihr Leben kamen.

Samstag, 5. Juli 2008

Trauer! Danksagung!


Die werten Leser meines Blogs bitte ich, es mir nachzusehen, daß ich lange Zeit keine Kolumnen geschrieben habe und verweise auf meinen letzten Eintrag zum Tode meiner lieben Mutti. Es ist mir auch ein Herzensbedürfnis in nächster Zeit statt kultureller oder gesellschaftskritischer Beiträge jetzt einige mehr persönliche Artikel zum Leben meiner Mutter zu schreiben. Die Gesamtkonzeption des B.N.-Blogs war ja so angelegt, daß ich eine Mischung von allgemeinen Themen und persönlichen Erinnerungen anbieten wollte und bisher kam dies bei den Lesern ja im Großen und Ganzen auch an. Daß nun diese oder jene Kolumne mitunter Widerspruch erzeugte, dies liegt in der Natur der Sache, aber es waren erstaunlicherweise bisher gerade die sehr persönlichen Themen, z.B. über meinen Garten, die sehr viel Anklang fanden, obwohl diese Beiträge ja nun ganz und gar nicht spektakulär waren wie manch anderer Beitrag. Also von kritischen Stimmen, die privates nicht im Blog haben möchten, konnte ich bisher bei den Email-Eingängen nichts vernehmen, eher Zustimmung, so daß ich auf dem Weg dieser Mischung fortfahren möchte. Was ich aber klarstellen möchte ist dies, daß ich mir vorbehalte, in welchen Abständen ich im Blog einen Beitrag schreibe. Wenn früher fast jeden Tag eine Kolumne erschien, bedeutet das nicht, daß dies immer so sein wird. Neue Beiträge schreibe ich nur, wenn ich dazu Zeit habe und wenn keine außergewöhnlichen Umstände mich am Schreiben hindern. Dieser Blog kann kostenfrei aufgerufen werden und da müssen es auch Stammleser leider hinnehmen, daß sie eventuell einige Zeit mal keinen neuen Eintrag vorfinden. Eine Garantie für den Blog gibt es sowieso nicht, kann es auch nicht geben, zumal ja auch jederzeit Google das großzügige Angebot für Blogger wie mich, die ja doch beachtliche Datenmengen auf deren Servern veröffentlichen dürfen, dazu noch bestens auf vorderen Seiten der Suchmaschine positioniert werden, zurück nehmen kann – eine Sicherheit gibt es schon aus diesem Grunde nicht. Dies wollte ich nur mal den einigen Email-Schreibern gesagt haben, die manchmal doch recht unwirsche Emails sandten, warum es denn zu diesen oder jenen Themenbereichen keine neuen Beiträge mehr gäbe. Es ist ja auch so, daß der Blog eigentlich nur eine Nebenbeschäftigung meinerseits ist, mit der Zielsetzung im Net bekannter zu werden wegen der späteren Publikationen des Tanatra-Kunst-Verlages, deren Inhaber ich ja bekanntermaßen seit 1.5.2008 bin. Werbung ist teuer und die kann sich ein kleiner Verlag nicht leisten und da ist natürlich ein Blog bei Google eine feine Sache. Diese letztere Erläuterung nun auch noch in öffentlicher Beantwortung der Frage der Motivation meines Bloggens die mir gestern am Telefon gestellt wurde.

Desweiteren möchte ich all den Lesern des Blogs danken, die mir zum Ableben meiner lieben Mutti kondolierten. Mein herzlicher Dank gilt Dieter Krüger, Claudia Bergt, Frank Fritz, Wilfried Schwichtenhövel, Klaus Schauer, Christa Möbes, Bärbel und Sven Barycza, Hannelore und Gerhard Becker und ganz besonders meiner früheren Lehrerin Edith Krause für die lieben und mitfühlenden Worte. Vielen Dank auch für die praktische Hilfe in Haus und Garten in den ersten Tagen an Steve Neumann. Herzlichen Dank für die edle Geldspende von Marianne Fänder und an die Damen und Herren der Weltloge Tanatra, die durch eine kleine Sammlung den Kauf eines sehr schönen Grabsteines für meine Eltern ermöglichen wollen. Vielen, vielen Dank! Angenehm berührt war ich auch über die sehr herzliche Kondolation von Lutz Lange. Dies ist deshalb besonders beachtlich, da ich und Herr Lange ja bekanntermaßen lange Zeit in einem ziemlich heftigen publizistischen Clinch lagen (siehe Beiträge hier im Blog über den Dessauer Tierschutzverein und die Diskussionen auf den Seiten der Weltloge Tanatra auf deren Gästebuch und den dortigen Tierschutzseiten und den Tierschutzseiten von Herrn Lange). Da muß man sagen: Herr Lange, Sie haben menschliche Größe, wenn Sie trotz dieser bisherigen harten Auseinandersetzungen mir in der Stunde meiner großen Trauer mir Ihre aufrichtige Anteilnahme so herzlich bekundeten! Mein Respekt
!