Donnerstag, 15. März 2012

Dessauer Familiengeschichten - ein Gastbeitrag von Dr. Günther Medicus

Es ist doch erfreulich, daß durch die unterschiedlichsten Themen in meinem Blog sich die unterschiedlichsten Leser angesprochen fühlen und daß sich auch unterschiedlichste Kontakte ergeben. Ab und an gelingt es mir auch Leser zu bewegen Gastbeiträge hier zu schreiben. Besonders freue ich mich über den netten Kontakt zu dem Leser Herrn Dr. Medicus, dies deshalb, weil er als direkter Nachkomme unseres früheren Oberbürgermeisters Franz Medicus neue interessante Dinge über seine Vorfahren berichten kann. Es ist erstaunlich wie viele Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens von Dessau in der Familie Medicus vorkommen und besonders die Dessauer Heimatfreunde werden sich über den Beitrag von Dr. Günther Medicus genau so freuen wie ich selbst.
B. N.



Dr. Günther Medicus, Torgau, den 07. März 2012


Vorwort

1943 hat meine Mutter Else Medicus, geb. Hinze, (1917-2003) Dessau wegen des menschenverachtenden Bombenterrors verlassen müssen, damals nicht ahnend, dass es für immer sein würde. Sie hat später gern an Dessau zurückgedacht, denn schließlich hatte sie hier eine schöne kulturvolle Kindheit[1] und Jugend verlebt, gute Freunde, eine interessante Tätigkeit in den Junkerswerken und in dem jungen Offizier Franz Medicus ihre große Liebe gefunden. Ich selbst war zum Zeitpunkt der Evakuierung zwei Jahre alt und hatte später keine Zeit und Gelegenheit, meine Vaterstadt näher kennen zu lernen. Erst im Alter von 66 Jahren und im Ruhestand ist mir bewusst geworden, dass ich das Versäumte nachholen musste. Das war nun aber schwierig, weil vom schönen alten Dessau infolge der gewaltigen Kriegsschäden der alte Eindruck fast vollkommen verloren gegangen war.

Etwa 85% der Stadt waren nach dem letzten verheerenden Angriff am 7.März 1945 so schwer zerstört, dass unter den schwierigen Nachkriegsverhältnissen die Ruinen nicht wieder repariert, sondern durch Neubauten ersetzt wurden. Hinzu kam wohl auch, dass die DDR nur wenig Interesse an der Restauration der durch Fürsten geprägten Bausubstanz hatte.

Über unsere früher in Dessau beheimateten Familienzweige hat die im April 1945 verwitwete Else Medicus viele Dokumente gesammelt, selbst erstellt und uns wohl geordnet, aber in zunächst schwer überschaubarer Fülle, hinterlassen. Ich beschloss, das Material für mich selbst noch einmal aufzubereiten und mir die alten Verhältnisse so gut wie möglich zu veranschaulichen. Letzten Endes ist ein privates Video entstanden, das mir selbst, meinen Kinder und interessierten Verwandten die Geschichte der Familie und deren Umfeld wieder näher bringen sollte.

Der im Folgenden zusammengestellte Text zur Familie Medicus ist nun für die eventuell interessierte Öffentlichkeit bestimmt.


Der Oberbürgermeister Franz Medicus
(Teil 1 der Familiengeschichten)

Der erste Vertreter der Familie Medicus in Dessau war Anton Medicus (1744-1806) aus Wetzlar, welcher 1765 für ein Jahr als Schuhknecht beim Meister Schönemann in der Rathausgasse 6 eintrat. Nach Jahresfrist beantragte er, dass er Meister werden wolle und die Tochter Dorothee Sophie Agnes (1741-1828) des Braumeisters Matthias in der Breiten Straße Nr.59 zu ehelichen gedenke. Er wandte sich an den Fürsten Franz mit der Bitte um Erlaubnis zur Niederlassung und um ein Freimeisterjahr. Sein Vermögen in Wetzlar bestehe aus liegenden Gründen, die er zu Geld machen wolle. Der Fürst genehmigte seinen Antrag, kam doch dadurch Geld ins Land. 1766 wurde geheiratet. 1805 erwarb der inzwischen gut situierte und kinderreiche Schuhmachermeister Anton Medicus das Grundstück Breite Str.18 für seinen Sohn Gottfried Heinrich Leopold, der das 7. Kind von insgesamt 9 Kindern war.

Gottfried Heinrich Leopold Medicus, (08.01.1779, + 06.01.1836), erlernte wie sein Vater das Schuhmacherhandwerk. Als er sich in Dessau als Meister selbständig machen und heiraten wollte, bezog er sein Haus in der Breiten Straße 18 und heiratete am 24.04.1814 Johanna Maria Rebecca Schaller (1791-1846), die Tochter des Weißbäckers August Schaller in Oranienbaum.

1816 zog Gottfried Heinrich Leopold Medicus in das Haus Schloßstraße 8 um, das ihm sein Schwiegervater überlassen hatte. Das Grundstück hatte Backgerechtigkeit. 1809 hatte der Weißbäckermeister Gottlieb Urban das Haus gekauft, war jedoch nicht eingezogen, sondern hatte es 1811 an August Schaller weitergegeben.
Medicus war inzwischen schon Ratskämmerer und Viertelsmeister geworden und war Mitglied der Anhaltischen Landschaft.
In der Ehe wuchsen 2 Kinder auf. Tochter Dorothee Auguste heiratete 1834 den königlich-preußischen Kammermusikus Gottlieb Gareis in Berlin.
Das Haus blieb nach dem Tode des Vaters 1836 im Besitz der Witwe Marie, geb.Schaller, die es mit ihrem Sohn bewohnte.



Bild 1 Johanna Maria Rebecca Medicus, geb. Schaller (1791-1846) / Ölgemälde 1844


Der Sohn, der spätere Oberbürgermeister Franz Georg Leopold Medicus (25.11.1820 - 27.5.1884), besuchte das Friedrichsgymnasium in Dessau. Nach dem Abitur studierte er Jura in Berlin. Eine Zeit lang arbeitete er als Sekretär bei der Mecklenburgischen Gesandtschaft in Berlin. Der Beruf des Sekretärs entsprach dem Beamtenstand und erforderte ein Jurastudium. In Berlin hat er seine Frau Marie Josephine Dückers kennengelernt, die aus Romsee bei Lüttich in Belgien stammte und katholischen Glaubens war (08.05.1824 - 13.07.1902). Das Aufgebot wurde in Berlin zunächst in der katholischen Hedwigskirche bestellt, aber das junge Paar heiratete dann schließlich am 27.12.1846 in einer evangelischen Kirche. Franz Medicus blieb evangelisch und alle seine späteren Kinder wurden evangelisch getauft und erzogen.

Aus einer im Jahr 1882 erfolgten Erbauseinandersetzung geht hervor, dass Marie Dückers 5 Geschwister hatte. Die Brüder Jean und Pierre waren Kaufleute in Cavaillon bei Avignon, die Schwestern Titine und Agnes waren mit Kaufherren in Köln verheiratet. Eine Schwester, verehelichte Delchambre, war verstorben. Bei der Verteilung der Erbmasse von Peter Egidius Dückers erhielten die Erben einen erheblichen Betrag.

Als Anfang 1846 Marie Medicus, geb. Schaller verstorben war, wurde es Zeit, dass der Sohn Franz das Haus übernahm. Er wurde Kreisgerichtssekretär in Dessau und das junge Paar zog ins elterliche Haus.
Im Zuge der Neuordnung der Stadtverwaltungen wurde am 25.10.1852 von den vorher gewählten 24 Stadtverordneten unter wohlwollendem Druck der herzoglichen Regierung der Kreisgerichtssekretär Franz Medicus zum Bürgermeister gewählt. Die neue Gemeindeordnung bestimmte, dass die Bürgerschaft aus Gemeindeangehörigen, die das Bürgerrecht erworben hatten, gebildet wird. Nur Männer konnten Bürger werden. Voraussetzung war, dass sie ein "reines Einkommen" von mindestens 200 Thalern im Jahr hatten.

1854 wurde vom Herzog Leopold Friedrich von Anhalt Dessau-Köthen die "Goldene Ehrenkette für pflichtgetreue Bürgermeister des Landes Anhalt" gestiftet und an Franz Medicus erstmalig verliehen. Die Verleihung war eigentlich an den Titel "Oberbürgermeister" durch den jeweils regierenden Herzog gebunden worden. 1858 wurde Franz Medicus auf Lebzeiten im Bürgermeisteramt bestätigt und 1863 zum Oberbürgermeister ernannt. Bis zu seinem Tode am 27.5.1884 blieb er im Amt.


Bild 2 Oberbürgermeister Franz Georg Leopold Medicus (25.11.1820 - 27.05.1884)


Da das Wohnhaus in der Schloßstraße schon 1547/49 erbaut worden war, wollte Franz Medicus 1852 an die Stelle des alten Hauses einen Neubau setzen. Er bekam die Erlaubnis zur Anlegung einer Ziegelei in den Kreuzbergen zur Beschaffung der notwendigen Mauersteine. Im folgenden Jahr verkaufte er das Haus auf Abbruch.


Bild 3 Das alte Wohnhaus des OB Medicus Schloßstraße Nr.8 von 1547/49


Schon 1852 hatte sich Franz Medicus um einen Baukostenzuschuss von 1000 Talern an die Regierung gewandt, weil er das Haus nicht in der alten bescheidenen Form aufbauen, sondern den Neubau mit einer zierlichen, der sogenannten "Berliner Fassade" nachgebildeten Form ausführen wolle. Das Haus ohne diese Fassade verursache ihm gerade noch tragbare Kosten von 8400 Talern. Da durch den Neubau eine weitere Verschönerung der Schloßstraße zu erwarten war, wurden ihm 1500 Taler bewilligt.


Bild 4 Das neue Wohnhaus des OB Medicus von 1852 in de Schloßstraße


Im Zuge des Neubaus hatte sich Medicus verpflichtet, in der Mitteletage einen Saal einzurichten, den er an den Anhaltischen Landtag für die Dauer von 30 Jahren für jährlich 160 Taler vermietete. Bis April 1875 tagte der Landtag dort, danach konnte der neue Sitzungssaal im Behördenhaus genutzt werden.

In der Gründerzeit betrieb der Oberbürgermeister Medicus neben seinem Amt noch eine Ziegelei. 1870 erwarb er die sogenannte "Neue herzogliche Amtsziegelei" im Nordosten der Stadt zum Preis von 18.500 Talern von der Regierung. Sie wurde später verpachtet und blieb bis 1903 im Besitz der Familie. Dann musste sie wegen zunehmender Bebauung im Norden der Stadt stillgelegt werden. Mit einem Erlös von 40.000 Mark wurde sie an die Stadt verkauft.


Bild 5 Die Ziegelei des OB Medicus, die ehemalige "neue herzogliche Amtsziegelei“



Bild 6 Alter Ziegelstein, gefunden nach 1990 in der Jonitzer Mühle


Während der Amtszeit des Oberbürgermeisters wurden wichtige Neuerungen in Dessau eingeführt:

· ein Leihamt wurde eingerichtet .
· 1865 wurde die städtische Kreissparkasse in Dessau mit Sitz im Stadthaus eingerichtet als Nachfolgerin der Landessparkasse von 1833-1865, die der Herzog Leopold Friedrich gegründet hatte. Damals wurde noch mit Talern und Groschen gerechnet. Erst 1873 wurde die „Markwährung" im Reich eingeführt. Auch während der Kriegsjahre 1866 und 1870 gedieh die Sparkasse unter der Oberleitung des Oberbürgermeisters stetig. Manch gemeinnütziger städtischer Zweck konnte aus den Hilfsmitteln, die aus der Sparkasse flossen, erreicht werden.1872 konnte der Vertrag der Auseinandersetzung der Stadt mit dem Staat als wichtiger Punkt erreicht werden, nachdem 1865 bereits der sog. "Rezess" stattgefunden hatte, in dem eindeutige Berichtigungen der Ländereien des Herzogs mit denen des Staates und Abgrenzungen vorgenommen waren.
· Nach Gründung der Deutschen Continental-Gas-Gesellschaft 1855 in Dessau wurde die mit Gas betriebene Straßenbeleuchtung eingeführt.
· 1873/74 wurde das erste Wasserwerk in Dessau errichtet. Allerdings wurde die Technik den Anforderungen nicht gerecht, das Wasser war so eisenhaltig und stank, dass es nur zur Spülung der Gossen genutzt werden konnte. Die Kanalisation wurde erst später eingeführt.
· 1882/83 wurde das Rathaus aufgestockt

Während der Amtszeit von Franz Medicus fand 1866 der Krieg gegen Österreich statt, an dem die Anhaltiner auch teilnahmen, jedoch nicht an Gefechtshandlungen. Im Frankreichkrieg, der am 16.07.1870 ausbrach, zog auch die Dessauer Garnison aus. Es wurden 4 Lazarette eingerichtet, wo die deutschen und französischen Verwundeten ge-pflegt wurden. Nach dem Sieg bei Sedan am 03.09.1870 fand ein Fackelumzug statt. Nach 11 Monaten kehrten die Truppen nach Dessau zurück und wurden feierlich vom Oberbürgermeister begrüßt.

Ein besonderer Tag ist noch zu erwähnen. Anlässlich einer Hofjagd in Biendorf traf am 12.12.1871 Kaiser Wilhelm I. mit dem Kronprinzen und anderen Prinzen und Gefolge mit einem Sonderzug auf dem Dessauer Bahnhof ein (bereits 1841 war die Berliner-Anhaltische Eisenbahn eröffnet worden). Nach beendeter Jagd fand im Schloss Dessau ein großes Mahl mit großem Empfang in der Stadt mit Illumination und Fackelträgern statt. Der Kaiser beauftragte Oberbürgermeister Medicus, der Stadt seinen Dank abzustatten.
Am 25.10.1877 feierte Franz Medicus sein 25-jähriges Amtsjubiläum. Am Abend vorher veranstaltete die Feuerwehr einen Fackelumzug, der Tag selbst wurde mit einem Festessen im Eisenbahnhotel gefeiert.

Am 27. Mai 1884 starb Franz Medicus, erst 63 Jahre alt. Aus dem Nachruf im Staatsanzeiger:
„Er besaß einen seltenen Scharfblick in der Beurteilung herantretender Bedürfnisse und wies manches zurück, wenn er es nicht für dringend erkannte. Ein Verwaltungsbeamter von Umsicht und Rücksicht auf die Steuerkraft der Bürger. Ein edler Mann, ein hilfsbereiter Freund der Armen und ein mild und freundlich denkender Mensch. Er verband "Bonhomie" und gerade Offenherzigkeit, ein überall geehrter Mann."


Die Abkömmlinge von Oberbürgermeister Franz Medicus:

Aus der Ehe entstammten 12 Kinder, davon 5 Söhne. Mehrere Kinder verstarben schon im Kindesalter, der 1851 als Zwilling mit Franz geborene Leopold starb mit 11 Jahren an Scharlach. Sohn Paul verstarb im 12. Lebensjahr an Blinddarmentzündung und Darmverschlingung. Die kleine Anna überstand in ihrem 2.Lebensjahr einen Brechdurchfall nicht. Sohn Otto, das neunte Kind, wurde Abenteurer in China, von ihm wurde nie wieder etwas gehört.



Bild 7 Die Kinder des Oberbürgermeisters Franz Medicus


Der jüngste Bürgermeistersohn Carl Friedrich Medicus (1863-1896) wanderte nach Amerika aus und heiratete dort Balwine Osmer. Doch schon 1896 starb der erst Dreiunddreißigjährige und hinterließ Frau und zwei kleine Töchter (Alwine, 3 Jahre, und Elisabeth, 2 Jahre alt). Als 1903 auch die Mutter der Kinder starb, holte die jüngste Schwester Bertha Medicus (1862-1943) die Kinder ihres Bruders Carl Friedrich nach Deutschland zurück und betreute sie vorbildlich. Sie hatte vorher mit ihrer Mutter bis zu deren Tod 1902 noch im elterlichen Haushalt gelebt. Sie blieb nun dort mit ihren amerikanischen Nichten wohnen, auch als das Haus 1923 an die Theaterstiftung verkauft wurde. Nach ihrem Tod 1943 blieb Nichte Else Medicus, deren Verlobter im ersten Weltkrieg gefallen war, unverheiratet in der Wohnung, bis das Haus im März 1945 dem Bombenterror zum Opfer fiel.

Die Enkelin des Oberbürgermeisters Elisabeth Medicus, unsere Großtante „Else“, (geboren am 19.04.1894 in Hoboken/USA) wohnte dann nach dem zweiten Weltkrieg für viele Jahre in der Medicus-Straße in Dessau, worauf sie immer sehr stolz war.
Bis zu ihrem Tode am 15.08.1971 soll sie immer noch von dem ererbten Medicus-Vermögen gelebt und auch noch die US-amerikanische Staatsbürgerschaft besessen haben. Dies erleichterte ihr nach dem Krieg die enge Verbindung mit ihrer nach Westdeutschland verzogenen Nichte Maria Alwine, welche mit dem Apotheker Dr. Friedrich Scheermesser aus der Zerbster Straße verheiratet war.

Es ist leider eine sehr traurige Tatsache, dass durch den verheerenden Bombenterror und die sonstigen Kriegsfolgen sehr viele Ur-Dessauer ihre Heimat verloren haben, auch der Schreiber dieser Zeilen, ein Ur-Ur-Enkel des Oberbürgermeisters.


Johann Franz Medicus, der zweitälteste Sohn des OB (24.9.1851 - 19.12.1916) studierte nach dem Abitur 1870 am Friedrichsgymnasium Dessau Jura in Heidelberg. Danach ließ er sich als Rechtsanwalt und Notar in Dessau nieder und hatte eine Anwaltskanzlei in der Zerbster Straße. Am 22.4.1880 heiratete er in Dessau Adeline Sophie Johanna Bachmann, Tochter des Rentiers in Dessau und früherem Mühlenbesitzers Heinrich August Bachmann aus Leubingen und seiner Ehefrau Johanna Sophie, geb. Müller.

Wann er in die herzogliche Regierung überwechselte, ist nicht bekannt; es muss etwa 1885-90 gewesen ein. Um diese Zeit kaufte er das Grundstück Akazienwäldchen 4, das 1779 vom Herzog "Vater Franz" als Philantropingarten angelegt worden war und den Schülern zu nützlichen Arbeiten diente. Doch schon 1785 wurde die Schule "Philantropin" wieder aufgelöst und das Grundstück an Privatleute verkauft. Die Schüler hatten eine Anhöhe aufgeworfen und ein Wohnhaus darauf erbaut. 1828 kaufte der Hofkapellmeister Friedrich Schneider das Haus und ließ es nach seinen Wünschen umbauen.

Nach dem Tod des Hofkapellmeisters 1853 ging das Grundstück an den Rentier Sommer über. Dieser überließ einen Teil des großen Grundstücks mit dem Wohnhaus dem Geheimrat Medicus. Das lt. Foto eigenartige Haus bewohnte der Geheime Regierungsrat Medicus bis zu seinem Tode 1916, danach diente es dem Sohn Dr. jur. Franz Medicus als Familienwohnsitz.



Bild 8 Das Haus der Familie Medicus im Akazienwäldchen Nr.4


Nach 1930 bewohnte die Witwe Luise Medicus, geb. Isendahl, mit ihrem Sohn Franz. (1914-1945) das Haus im Akazienwäldchen. Im letzten Kriegsjahr wurde das schöne Wohnhaus am 07.03.1945 durch Bomben total zerstört. Bis 1979 war das Trümmergrundstück, das etwa 0,29 ha groß war, noch verpachtet. Die Stadt Dessau machte von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch, um dort eine neue Schule zu errichten. Die Erben mussten das Grundstück zum DDR üblichen Billigstpreis abgeben. Der Einheitsvertrag schloss eine nachträgliche Entschädigung der beiden noch lebenden Söhne[2] des Franz Medicus aus. Die Verbundenheit mit der Stadt und ihrer interessanten Geschichte und Kultur ist dadurch aber nicht beschädigt worden.

Quellen:

1. Aufzeichnungen von Else Medicus, geb.Hinze (1917-2003), Witwe von Major Franz Medicus (1914-1945), einst Metallographie-Assistentin in den Junkerswerken Dessau.
2. Fotoarchiv der Familie Franz Günther Medicus in TorgauEmpfehlenswerte Lektüre: Dr. Franz Brückner, Dessauer Häuserbuch, erstmals 1975 herausgegeben vom Rat der Stadt Dessau (mehrere Neuauflagen folgten, im Stadtarchiv vorhanden)
[1] „Der gebildete Dessauer“ war infolge der in Anhalt von Fürst Franz eingeleiteten vorbildlichen Aufklärungs- und Bildungspolitik im 18./19. Jahrhundert zu einem Begriff in Deutschland geworden. Auch im 20. Jahrhundert wirkte diese positive Entwicklung in Dessau noch fort, bis sie durch Bombenterror und enormen Bevölkerungs- und Substanzverlust brutal beendet wurde.

[2] Der Autor des Beitrages, Dipl.-Chem. Dr.rer.nat. Günther Medicus, geb.1941 in Dessau, wohnt heute in Torgau, und sein Bruder, der Bau-Ing. Werner Medicus, geb. Febr. 1945 in Wittenberg, lebt in Trebitz/Elbe.

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