Dienstag, 22. April 2008

Mit Bildern leben



Schon immer lebte unsere Familie mit Bildern, wahrscheinlich auch ein Grund, daß ich mich der Kunst zuwandte. Bei meinem Großvater mütterlicherseits hing ein großformatiges Oelbild von Luise Thiersch, nun ist es im Besitz meiner Mutter. Luise Thiersch, geborene Patzki, war in den 30er Jahren eine anerkannte Malerin, davon künden Ausstellungen von 1936 und 1939. Am 3.3.1870 in Hayman geboren, verstarb sie am 2.1.1937 in Leipzig. Das Bild zeigt eine Meereslandschaft, fast nur in blauen Farben gehalten, es heißt "Vor der englischen Küste". Trotz der Kargheit des dargestellten, eigentlich nur das Meer und der Himmel, die Felsen der Insel, ein verloren wirkendes Schiff und eine einsame Möve, ist es ein interessantes Bild, welches angenehm wirkt und meisterlich gemalt ist und welches trotz der großen Abmaße keineswegs ein "Schinken" ist, welches oft bei sehr großen Bildern der Fall ist.
Das zweite Bild, was ich heute vorstellen möchte, ist ebenfalls von einer Malerin, die in frühen Jahren spätimpressionistisch arbeitete und die später sich allerdings ganz der ungegenständlichen Malerei widmete. Sieht man sich gegenwärtliche Arbeiten von ihr an, kann man sich kaum noch vorstellen, daß dieses Bild, ein wunderbares Stilleben mit einem Herbstasternstrauß in einer Vase, von der gleichen Malerin ist. Dieses Bild erwarben meine Eltern nach dem Krieg in den Jahren 1948/49. Es ist natürlich noch bei uns, wie alles was uns lieb ist und wo Erinnerungen dranhängen.
Lisa Beyer-Jatzlau
1923
in Lengerich (Westfalen) geboren
1941 - 44
Studium an der Akademie der Bildenden Künste Dresden, Meisterschülerin bei Prof. Schramm-Zittau, einem Maler, der nicht den Richtlinien der NS-Kunst entsprach (Spätimpressionismus)
1944
freischaffend in Liegnitz (Schlesien)
1945
im Januar, kriegsbedingte Flucht nach Zeulenroda (Thüringen), Verlust früher Arbeiten, freischaffend in Zeulenroda und Ernährer der Familie
1951
Aufträge für Glasfenster in Profanbauten und Kirchen, zunehmende Auseinandersetzung mit den SED-Funktionären des VBKD (Verband Bildender Künstler Deutschlands), da Anschauung und Arbeitsweise nicht dem geforderten "sozialistischen Realismus" entsprachen. Drohung mit Ausstellungsverbot und Verbandsausschluß
1957
Unumgängliche Flucht aus der DDR nach Berlin-West, weiterer Verlust wichtiger Arbeiten
1958
Neubeginn auf allen Gebieten, endlich freies Arbeiten nach jahrzehntelanger Gängelung
1963
Hinwendung zur ungegenständlichen Malerei
1979
Bildhauerin und Meisterin im Keramikhandwerk
seit 1951
zahlreiche Einzelausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen
seit 1972
Lebt und arbeitet in Ulm

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