Sonntag, 30. November 2008

In den Mühlen der Hartz-Behörden - Jobkiller - Jobcenter

Steve N. in den Mühlen der Hartz-IV-Behörden

Um den Fall Steve N., wie angekündigt, im Blog darzustellen, gestatten Sie mir, liebe Leser, etwas weiter auszuholen, und ein wenig erst die Vorgeschichte zu dieser Story anschneiden.
Steve N. ist derzeit ein 20jähriger selbständiger Handwerker aus Dessau-Roßlau, der sich im Juli 2008 selbständig gemacht hat, zum gleichen Zeitpunkt umgezogen ist, weil er von zuhause niemals dieses Gewerbe hätte machen können und der durch bestimmte Umstände nach einiger Zeit ohne im Leistungsbezug durch irgendwelche Sozialbehörden zu stehen aufstockendes Alg 2 beantragen mußte, was auch Selbständigen zusteht, so wie es auch unselbständigen Arbeitnehmern zusteht, die durch ihrer Hände Arbeit ihren Lebensunterhalt nicht restlos bestreiten können. Genehmigt wurden ihm vom Dessauer Jobcenter nach etlichem Kampf allerdings nur 80 % des Regelsatzes, aber keinerlei Unterkunftskosten, wie Miete und Heizkosten. Also defakto der finanzielle Ruin, die Obdachlosigkeit, die Verschuldung!

Daß nun so ein Mensch in dieser Lage nicht existieren kann, besonders in Monaten wo er sein Gewerbe z.B. durch Krankheit nicht ausüben kann - Selbständige bekommen ja kein Krankengeld - dies scheint die Bürokraten der „Betreuung von Arbeitslosen oder anderen finanziell dringend Bedürftigen“ nicht zu interessieren, dies hat sich ja nun schon in weiten Kreisen der Bevökerung mittlerweile herum gesprochen. Die Klassengesellschaft in unserem Land kennt eben nicht nur Arme und Reiche, sondern die Reichen werden immer reicher und die Armen die durch alle sozialen Netze fallen werden auch immer mehr.

Wirst Du in einer armen Familie in der Bundesrepublik geboren, dann ist die Chance eventuell den Sprung in die Mittelschicht zu schaffen gleich null, dafür sorgen schon die meisten Behördenmitarbeiter, daß diese „Unterschichten“ nicht den selben Platz an der Sonne bekommen, den sie selbst als finanziell Privilegierte des öffentlichen Dienstes einnehmen. So waren es nur ausbeuterische 1-Euro-Jobs und eine „Maßnahme“, die der Steve N. bisher in seinem „Berufsleben“ von den Behörden aufgedrückt bekam, Sachen die ihn natürlich beruflich nicht weiter brachten und die wenn man sich diese 1-Euro-Jobs genauer unter die Lupe nimmt, die er machen mußte, skandalös waren. So mußte er z.B. auf einem evangelischen Friedhof normale Friedhofsarbeiten machen, wie Gräber ausheben, Grabsteine versetzen, alles Dinge die eigentlich festangestellte Friedhofsarbeiter zu machen hätten, denn 1-Euro-Jobber sollen eigentlich nur zusätzliche Arbeiten machen, damit „eigentlich“ keine festangestellten Arbeitsplätze durch den Einsatz dieser 1-Euro-Jobber gefährdet werden. Ja „eigentlich“! Die Wirklichkeit sah anders aus! Auf diesem Friedhof gab es einen Chef der fest angestellt war und den „Rest“ machten 1-Euro-Jobber oder Strafstundenabzuleistende. Ein profitables Geschäft für den Friedhof, wenn man weiß wie immens hoch Bestattungsgebühren und die Friedhofsgebühren für den Bürger sind, denn wie bekannt lohnt sich der Einsatz von 1-Euro-Jobbern, da man statt Lohn zahlen zu müssen noch ordentlich Geld von den Ämtern bekommt weil man 1-Euro-Jobber einsetzt. Bis zu 500,00 Euro werden mitunter monatlich von den ARGE´n oder Jobcentern überwiesen, die Verwaltungskosten halten sich in Grenzen und die ausgebeuteten 1-Euro-Jobber bekommen in der Regel für einen ganzen Monat oft schwerster Arbeit nur 120,00 Euro. Wer rechnen kann, der sieht was da für ein finanziell einträgliches Geschäft für die Maßnahmeträger zu machen ist.

Noch absurder ging es Steve N. bei einem anderen 1-Euro-Job, da war der Träger ein Verein der ein historisches Gebäude restaurieren sollte. Trotz Bandscheibenschadens, hervorgerufen durch einen schweren Unfall den er als Kind mal hatte, durfte er dort schwere Steine bewegen, dies in einer Zeit wo der Einsatz eines kleinen Greifers diese menschenunwürdige Plackerei hätte machen können. Ich hatte mir diese Schinderei mit den riesigen Wackersteinen mal angesehen, ich fühlte mich in die Zeit des ägyptischen Pyramidenbaus versetzt. Es hätte nur noch die gelbe 1-Euro-Jobber-Kleidung gefehlt, wie man sie in Dessau in Massen bei den 1-Euro-Jobbern sieht, die für die Stadt in den Grünflächen arbeiten müssen. Gelbe Klamotten für den 1-Euro-Jobber, rostrote für Festangestellte, damit man gleich am Äußeren sehen kann wer hier sich für einen Euro abschuften muß und wer hier hoch bezahlten Tariflohn sich einstecken darf. Es fehlt nicht viel und man steckt die 1-Euro-Jobber in Klamotten mit den bekannten breiten Streifen, wie sie in der Feudalzeit in den Armenhäusern (die Arbeitshäuser waren die eher Zuchthäusern glichen) die Zwangskleidung der dortigen Arbeitsskaven waren.
Nun ja, daß Steve N. es bei diesem Verein, der da ein historisches Gebäude nebst Umfeld durch die Arbeit von 1-Euro-Jobbern restaurierte, nicht aushielt und von sich aus nicht mehr hinging, dies war neben der schwersten Arbeit auch darauf zurückzuführen, daß der Vereinschef, entgegen allen Bestimmungen, ihn auch für private Arbeiten einsetzte. Dieser Vereinschef hatte neben seiner ehrenamtlichen Tätigkeit für diesen Verein auch einen Betrieb und da kann man natürlich billige Arbeitskräfte wie 1-Euro-Jobber gebrauchen. Steve N. bekam von der Behörde damals eine Geldsperre, weil er diese unwürdigen Arbeitsverhältnisse nicht mehr mitmachte. Ob nun der Maßnahmeträgerchef eine Abmahnung bekam, weil er 1-Euro-Jobber zweckentfremdet für seine eigene Firma ausnutzte, dies entzieht sich unserer Kenntnis. Auf ein Schreiben an die Hartz-IV-Behörde, wo Steve N. auf diese Mißstände hinwies, bekam er nie eine Antwort!

Um beruflich nun endlich mal Fuß zu fassen, wagte Steve N. den Weg in die Selbständigkeit. Ein kluger Schritt, denn auf ein Wunder auf dem Arbeitsmarkt zu hoffen, oder daß z.B. Leiharbeit in Zukunft normal entlohnt werden würde, auf die Menschen im Osten angewiesen sind, da hier die Arbeit eben nicht auf der Straße liegt, dies wäre weltfremd. So meldete er sich ordnungsgemäß aus dem Leistungsbezug ab und betrieb ein selbständiges Gewerbe. Vorher ließ er telefonisch bei einem leitenden Mitarbeiter der Hartz-IV-Behörde anfragen, ob es später mal Schwierigkeiten geben könnte, wenn er doch wieder auf Sozialleistungen angewiesen wäre. Dies verneinte der Mitarbeiter, eine Genehmigung der Behörde für einen Umzug wäre in dem Falle dieser Aufnahme einer Arbeit (Selbständigkeit) nicht nötig. Ja und nun? Worte sind Schall und Rauch und die mündlichen Aussagen von Mitarbeitern von Behörden sowieso. Das Dessauer Jobcenter negierte die entsprechenden §§ wo es eindeutig heißt:

„Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn 1. der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann, 2. der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder 3. ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt. Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen.“

Daß eine Eingliederung in den Arbeitsmarkt erfolgte, dies ignorierte man geflissentlich, doch dies ist der eigentliche Hauptpunkt. Stattdessen versuchte man das Ganze auf die Schiene der „schwerwiegenden sozialen Gründe“ zu schieben, da man dachte, daß man da besser die berechtigten Ansprüche des Steve N. abwürgen könnte. Aber auch da lagen die Dinge eindeutig, denn auch aus schwerwiegenden sozialen Gründen war ein sofortiger Auszug aus der mütterlichen Wohnung dringend erforderlich, denn noch als 20jähriger bekam Steve N. keinerlei Taschengeld, konnte am normalen gesellschaftlichen Leben nicht teilnehmen. Wieso kein Taschengeld? Dies werden Sie, werte Leser, berechtigt fragen! Bekam Steve N. als damals Arbeitssuchender kein Geld von den Ämtern, wie Kindergeld, Alg 2- Regelsatz? Weit gefehlt, dieses Geld bekam seine Mutter überwiesen, Versuche auch nur einen geringen Teil auf ein eigenes Konto zu bekommen, schlugen fehl. Wie schneckenlangsam bei derartigen Bitten die Behörden arbeiten, dies zeigte sich bei dem Antrag des Steve N. an die Kindergeldstelle Dessau-Roßlau das Kindergeld auf sein eigenes Konto zu überweisen. Der Antrag vom 3. Juli diesen Jahres wurde jetzt Ende November beantwortet - abschlägig! Dies sinnloserweile, da sich Steve N. am 16. Juli selbständig gemacht hatte und er wenige Tage danach der Kindergeldstelle mitgeteilt hatte, daß er ab da nicht mehr kindergeldberechtigt sei und sich dieser Antrag erledigt hätte. Seinen Alg-2-Regelsatz bekam er trotz Bitten auch nicht auf sein eigenes Konto, im Prinzip stand er vollkommen mittellos da solange er bei seiner Mutter wohnte und über die sozialen Zustände dort schweigt des Sängers Höflichkeit und diese Einzelheiten gehören nicht in einen öffentlichen Blog.

Aber auch diese schwerwiegenden Fakten negierte das Jobcenter Dessau, lehnte die dringend notwendigen Unterkunftskosten ab. Nun kann Steve N. nur hoffen, daß das zuständige Sozialgericht sich nach dem Buchstaben des Gesetzes richtet und nicht etwa auch wie das Jobcenter den wichtigsten Aspekt unter den Teppich kehrt, daß Steve N. zum Zeitpunkt seines Umzuges eben nicht im Leistungsbezug stand, sondern einen Tag später umzog und dadurch eben die in meinem vorherigen Posting erwähnte Auslegung gelten muß, die da lautet:

„Auf die "Erforderlichkeit" eines Umzuges im Sinne von § 22 Abs 1 S 2 SGB 2 kommt es nicht an, wenn zum Zeitpunkt des Umzuges keine Hilfebedürftigkeit nach §§ 7 Abs 1 S 1 Nr 3, 9 SGB 2 vorliegt: Zweck der Regelung ist es, die - bei nicht erforderlichen Umzügen missbräuchliche - Steigerung der Hilfebedürftigkeit durch Leistungsempfänger zu verhindern; sie stellt sich damit als Konkretisierung des Leistungsgrundsatzes aus § 2 Abs 1 S 1 SGB 2 dar. Dieser Regelungszweck ist nicht berührt, wenn eine nicht hilfebedürftige Person umzieht, später aber hilfebedürftig wird, denn in diesem Falle fällt der Betroffene zum Zeitpunkt des Umzuges nicht in den Anwendungsbereich des SGB 2 und unterliegt auch nicht dem Leistungsgrundsatz aus § 2 Abs 1 S 1 SGB 2.“

Wir werden sehen! Ich werde die werten Leser des Blogs über den weiteren Fortgang dieses Falles informieren. Geplant ist auch anhand dieses Falles und ähnlicher Fälle in eine breitere Öffentlichkeit zu gehen, unter anderem auch Politikern diese Problematik nahe zu bringen, damit endlich in unserem Land die schlimmsten Auswüchse der Hartz-Gesetze korrigiert werden, wie dies ja auch schon vernünftige Politiker sogar der CDU, wie Heiner Geißler und Norbert Blüm fordern. Als früherer anhaltischer Landesvorsitzender des Demokratischen Aufbruchs hatte ich die Ehre Heiner Geißler persönlich im Wahlkampf zu den Volkskammerwahlen in der DDR kennen zu lernen. Dies war 1990. Geißler trat damals als Gastredner der Allianz für Deutschland (CDU/DSU/DA) auf dem Dessauer Rathausplatz auf. Schon damals imponierte mir dieser kluge Mann. Heiner Geißler werde ich natürlich per Email auf meinen Blog mit dieser Problematik aufmerksam machen, wie auch andere Persönlichkeiten der Öffentlichkeit, so wie ich das schon des öfteren mit anderen Beiträgen gemacht habe.


Wieso steht nun in der Überschrift etwas von Jobcenter- Jobkiller? Ganz einfach, durch die Entscheidung eines Jobcenters zeitweilig keine Unterkunftskosten zu bezahlen, wird eine gerade erst gegründete Existenz mit der guten Perspektive auf langfristige Sicht das eigene Einkommen ohne staatliche Hilfe zu sichern in höchstem Maße gefährdet. Die Konsequenz wäre, wenn das Jobcenter Recht bekommt, daß Steve N. seinen Job aufgeben müßte und zurück müßte, zurück zu den 1-Euro-Jobs ohne Perspektive, zurück zu den sinnlosen Maßnahmen aller Art die nur die Taschen der Bildungsträger füllen und der Heerscharen von Pädagogen, Psychologen etc. die alle von den Milliarden profitieren die bundesweit für angebliche aktive Arbeitsmaßnahmen ausgegeben werden.
Ein Jobcenter hätte dann einen Job gekillt!

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