Dienstag, 22. Dezember 2009

Kindermund und Opportunismus Erwachsener


Wer kennt nicht das Märchen von des Kaisers neuen Kleidern, wo ein einziges Kind die Wahrheit laut rief, daß der Kaiser gar nichts anhätte, die dumpfe Masse der Menschen aber wider besseren Wissens den Kaiser in seinen angeblichen Kleidern bewunderte. Ja, ja der Opportunismus der Menschen! Die Deutschen sind da besonders üble Zeitgenossen und Wendehälse und dies nicht erst seit der Wende von 1989/90. Man muß kein Historiker sein um zu wissen wie schnell der Durchschnittsdeutsche sich neuen gesellschaftlichen Umständen anpaßt und opportunistisch wie das Volk bei des Kaisers neuen Kleidern mit dem Strom schwimmt, da denke man nur an die Begeisterungsstürme für Kaiser Wilhelm II. noch 1914, und 4 Jahre später? Da jubelte man genauso frenetisch als die Nachricht von seiner Abdankung bekannt wurde. Widerlich geradezu die Begeisterungshysterie für Hitler und Konsorten und die Schwüre ihm und seinem nationalistischen Wahn bis in den Tod zu folgen. Kaum aber waren die Besatzer in der Stadt, da tanzten im Westen bis dato fanatische nazistische BDM-Mädel Boogie-Woogie mit amerikanischen Soldaten und im Osten da wurde aus jedem zweiten Hitlerfan auf einmal ein Kommunist, dies aber nur weil ja bekanntlich die russischen Sieger ein kommunistisches System hatten. Mein Großvater erzählte mir z.B., daß eine Tante von uns kurzerhand aus der Hakenkreuzfahne nur das Hakenkreuz herausschnitt, die Enden zusammen nähte und fertig war die rote Fahne des Kommunismus. Typisch deutsch, kann man da nur feststellen, eben die Fahne nach dem Wind hängen um eigener persönlichen Vorteile wegen!

Ein ganz anderes Gebiet, aber was doch zeigt, daß Kindermund oftmals viel ehrlicher ist als der Mund deutscher Erwachsener. Meine Freundin arbeitet stundenweise bei der Kirche, geht deshalb öfter zum Gottesdienst, auch wenn sie bislang noch nicht getauft und Kirchenmitglied ist, ist also noch relativ unverdorben was Dogmen etc. anlangt. Beim letzten Gottesdienst welchen sie besuchte nutzte der Pfarrer ein Bild der heiligen Familie an der Krippe für die Predigt. Das Jesuskind war nackt auf dem Bild und von der Theologie ja so gedeutet, daß Jesu Familie sehr arm war, Anlaß von Künstlern vieler Jahrhunderte lang, den Jesusknaben auch nackt zu malen. Ab und an gab es ja dann das berühmte Feigenblatt in Form eines Tuches um die Scham zu bedecken, denn das Christentum hatte es nie mit der göttlichen Natürlichkeit. Und Nacktheit wurde und wird als etwas sündhaftes und schmutziges angesehen, dies besonders in der heutigen Zeit wo kindliche oder jugendliche Nacktheit juristisch als Kinderpornografie gelten und Maler wie Caravaggio, Mantegna und all die anderen Maler die früher Kathedralen mit nackten Putten und Engeln ausmalten, die könnten heute nicht mehr so freizügig malen – ausgeschlossen!

Nun der Herr Pfarrer predigte über so ein altes noch freizügiges Bild in welchem der Jesusknabe nackt war und fragte weshalb dieser denn nackt wäre, wahrscheinlich die gängige und konforme Antwort erwartend, daß die heilige Familie so arm war, daß das Kind in einer Krippe sein Bettchen fand und statt Kleidern nur mit Stroh und Heu bedeckt werden konnte. Ein kleiner Junge, so ca. 4 Jahre alt, der neben meiner Freundin saß, der antwortete: „Der ist deshalb nackt, weil es Sommer war“! Nun, ob der Herr Pfarrer dieses hörte, dies entzieht sich meiner Kenntnis, aber Kindermund trifft eben oft den wahren Kern, denn Jesus wurde ja tatsächlich nicht in kalter Zeit geboren (auch im heiligen Land ist es im Dezember kalt), sondern im April (im Jahre 6 vor der Zeitenrechnung) und im April ist es im heiligen Land so warm wie bei uns im Sommer.

Wäre es ein amerikanischer 4jähriger Junge gewesen, dann hätte es diese Story von vornherein nicht gegeben, denn kein Ami-Pastor hätte je über ein Bild gepredigt wo der Jesusknabe nackt zu sehen ist, dazu ist die Prüderie in den USA einfach zu groß und der amerikanische 4jährige hätte auch einen noch so heißen Sommer niemals mit Nacktheit in Verbindung gebracht, da dort sogar Kleinkindern „züchtige“ Bekleidung vorgeschrieben ist, von Freikörperkultur beim Baden oder Sonnen ganz zu schweigen, so wie das in unseren Breiten durch die freiheitliche und natürliche Haltung zu diesen Dingen zu DDR-Zeiten noch geläufig ist.

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