Wienke Zitzlaff, geb. Meinhof, Tochter von Dr. Werner Meinhof und Schwester von Ulrike Meinhof (RAF)
Am 7.6.08 erhielt ich eine Email von Wienke Zitzlaff, der bekannten deutschen Feministin und Pazifistin und Mitbegründerin der Sappho-Stiftung (siehe:
Datum:
Sat, 07 Jun 2008 20:25:21 +0200
Von:
"Wienke"
An:
"Bernd Nowack"
Betreff:
Verbrannt.
Ich habe meine Suche fortgesetzt und schicke Ihnen, wie es mir ergangen ist.vielleicht interessiert es SieGrüße Wienke Zitzlaff-- Wienke Zitzlaff Walter Ballhause Str. 5 30451 Hannover Telefon: 0511 - 4484 60 wienke-hannover@web.de
Verbrannt
von Wienke Zitzlaff
Spurensuche.
Ich suchte die Patentante meiner Schwester.
Alles was ich von ihr weiß, sind Kindheits-Erinnerungen:
Sie hieß Grete Ulrich. Sie war Jüdin. Sie wurde in Auschwitz
vergast.
Sie war verheiratet mit Hermann Ulrich, einem Freund meines Vaters.
Meine Mutter erzählte, sie sei promoviert gewesen und habe als Lektorin bei einem Verlag in Leipzig gearbeitet später sei sie Putzfrau in Kaufhäusern gewesen. /Unsere Mutter war sauer auf Hermann Ulrich. Warum, wusste ich nicht. Er starb 1944 bei einem Bombenangriff.
1940 - ich war 9 Jahre alt, unser Vater war schon an Krebs gestorben -hat Grete Ulrich uns noch mal in Jena besucht – ich erinnere mich: wir haben sie am Bahnhof abgeholt.
Unsere Mutter starb 1949 – ich war 17.
Im Nachlass meiner Eltern fand ich ein Foto.
Als ich selber 70 wurde, ließ es mir keine Ruhe: ich wollte mehr über diese Frau wissen.
Ich fand das Adressbuch meiner Eltern, das sie 1936 angelegt haben müssen, als sie von Oldenburg nach Jena zogen: Hermann Ulrich gibt es da nicht mehr –warum? - wohl aber Grete Ulrich mit 3 Adressen in Erfurt, eine ihrer Schwestern auch in Erfurt und eine Schwester – Barbara – in Berlin.
Ich frage bei der Hessischen Renitenz nach: in ihr wurde meine Schwester zusammen mit Maria Schwarz am 18.Nov. 1934 in Oldenburg getauft von Pfarrer Lic. Carl Wicke aus Sand in Hessen. Ich weiß alle Taufpaten und möchte nur die Anschrift oder die Berufsbezeichnung der Taufpatin Grete Ulrich wissen. Ich bitte also, im Taufregister nachzusehen.
Die Hessische Renitenz hat sich 1952 aufgelöst, hat sich der lutherischen Kirche wieder angeschlossen. Ob sie ein Archiv hat? Ich bitte um Auskunft, ich will gerne kommen, das Archiv einsehen.
Die Antwort: es gibt nichts.
Mich beschäftigt die Frage, ob sie nichts mit dem Täufling Ulrike Meinhof zu tun haben wollen oder die Jüdin verleugnen? Seit 1941 wurden auch die Kirchen – welche? – gezwungen, jüdische Mitglieder auszuschließen.
2007 versichert mir Bischof Roth, inzwischen pensionierter Bischoff der lutherischen Kirche Niedersachsen, dass es in der Renitenz bislang kein Archiv gibt.
Schließlich lande ich bei Wikipedia – so machen wir das doch heute. Was ist daran glaubhaft? Da lese ich:
Diese Personen bildeten den Kern der späteren Gruppe Meinhof/Timmling/Ulrich, die sich aus wertkonservativer Sicht gegen das NS-Regime wandte. Bekannt wurde die Gruppe durch den Streit mit Joseph Goebbels aufgrund der Veröffentlichung des Buches „Kunst, Kitsch, Film und Propaganda“, erschienen 1933 in der Reihe „Der Damm“ (Hrsg. Werner Meinhof) in der Schulzeschen Verlagsanstalt Oldenburg. In dem Buch bezeichneten die Autoren Hermann Ulrich und Walter Timmling Propaganda als „Werk des Teufels“. Goebbels griff darauf die Autoren in einem Zeitungsartikel an.
Von alle dem weiß ich nichts. Ich finde das Buch im Antiquariat, finde den Verlag – aber niemand kennt die Geschichte.
Auch Walter Timmling kenne ich aus meiner Kinderzeit. Ich kann mich auch an ihn und seine Ehefrau Lotte erinnern. Auch er war ein wichtiger Freund meines Vaters. Er war Maler – ich habe noch Bilder von ihm. Er war schwul und wurde 1938 in Jena gefasst und zu Zuchthaus – nicht KZ – verurteilt.
Also suche ich Walter Timmling. Auch er ist für mich verschollen.
Ob ich über ihn eine Spur zu Grete Ulrich finde?
Ich werde – diesmal über Ebay - fündig: Es wird eine Publikation mit Bildern von Timmling versteigert – der Versteigerungstermin ist längst vorbei – ich maile den Verkäufer (Anmerkung Admin: Dies war ich, meine Wenigkeit Bernd Nowack) an: Verkaufen Sie mir ein Exemplar? Seine Antwort: Sind sie Wienke Meinhof – und er meinte: die Tochter von Werner Meinhof – dann bekommen sie ein Exemplar (Anmerkung Admin: meine damalige Monografie über Walter Timmling, seit langem vergriffen, aber bei mir in Restexemplaren noch vorhanden).
Ich bekam die Monografie – und geriet mit dem Verkäufer in einen intensiven Briefwechsel.
Er war zu DDR Zeiten der Privatsekretär von Lotte Timmling. (Anmerkung Admin: siehe dazu mein Posting hier im Blog über meine Zeit als Privatsekretär von Charlotte Timmling)
Er wusste, dass Timmlings mit Ulrichs befreundet waren.
Und von ihm erfuhr ich, dass Grete Ulrich Margarete Ulrich ist, geborene Westphahl, am 26. Oktober 1896 geboren wurde und 1925 in Beuthen – heute Polen -…. eine Tochter geboren hat, Christa. Hermann Ulrich ließ sich 1936 aus rassischen Gründen von ihr scheiden.
Die Tochter Christa heiratete 1948 (?) einen Engländer. Der Privatsekretär wusste den Namen des Ehegatten und die Namen und Geburtsdaten aller 3 Kinder – aber eine Adresse wusste er nicht.
Ich lebe mit einer Schottin hier im Haus. Ich erzählte ihr und fragte sie, ob sie mir helfen könnte. Sie wollte gerne helfen. Ich zögerte: Ob die Tochter einer Jüdin,,, und außerdem sei sie erst 1948 ausgewandert… ( so meine Gedanken). Meine Freundin, Schottin, erklärte mir, dass vor 1948 Juden aus Deutschland in Groß-Britannien gar nicht aufgenommen wurden – sie hätte gar nicht früher kommen können.
Sie bestärkte mich, nicht aufzugeben.
Es dauerte ein Jahr, dass sie über Internet – eine Adresse von einem Ehepaar fand, das dem ähnelte, das ich suchte.
Sie half mir einen vorsichtigen Brief an diese Menschen zu schreiben, dass ich eben die Tochter von Grete Ulrich suche. Über mich selbst sagte ich nichts, auch nichts über meine Schwester.
Ich bekam eine Antwort, handschriftlich:
ich bin die Frau die sie suchen.
Ich war nur noch verwirrt.
Und antwortete vorsichtig und beglückt.
Ich zeigte mich als Schwester von Ulrike, deren Patentante Grete Ulrich war.
Christa – ich rede sie heute noch mit ihrem Ehenamen an, aber das tut hier nichts zur Sache – schrieb…
Sie sei nicht die Tochter von Grete Ulrich, sondern die Tochter von Margarete. Hermann Ulrich und Margarete wären ihre Eltern. Sie wäre mit beiden Frauen aufgewachsen: Sie wäre im Internat gewesen und habe alle Ferien mit beiden Frauen zusammen verbracht. – ob ich jetzt noch was von ihr wissen wolle?
Über meine Schwester schrieb sie sinngemäß. Dass Grete total unglücklich sein würde über diese Terroristin.
Auf das letzte ging ich nicht ein, schrieb ansonsten was von Patchwork Familie, dass es dies in meiner Familie auch gäbe, dass dies in meinen Augen normal sei – und ich sie unbedingt sehen wolle. Ob ich sie besuchen dürfe?
Sie stimmte zu!!!
Ich fuhr nach Wales.
Eine gute Freundin von mir fuhr mit.
Ich war sehr froh, dass ich nicht alles alleine können muß.
Fliegen – über Amsterdam – umsteigen „city hopper“ heißen die Teile, Meine Freundin glaubte, es heiße „City shopper“
Wir wurden sorgfältig empfangen: Der Tisch war für drei gedeckt,
Wir aßen in Ruhe.
Die lebendige, eigentlich pfiffige alte Dame, sagte zu mir:“ ich habe nur Kindheits- Erinnerungen.“
Sie Jahrgang 1925, ich Jahrgang 1931 – wir im Oktober 2007 -
suchen Kindheitserinnerungen.
Dass es mich gab, war ihr neu. Die Geschichte des Patenkindes von Grete Ulrich hat sie aufmerksam in den Zeitungen verfolgt.
Ich schenkte ihr meine Monografie von Bernd Nowack über Walter Timmling.
Sie erinnert sich, dass Timmlings, Ulrichs – ihr Vater und Tante Grete – und noch viele andere, deren Namen auch ich z.T. erinnerte, sehr eng befreundet waren. Ich fragte, ob da nicht einige homosexuell gewesen wären. Sie, ganz entschieden: „Nein, nur Onkel Walter.“
Gretes Familie ist 1938 nach Südafrika ausgewandert. Christas Mutter hat nach 1945 versucht die Familie zu finden. Vergeblich.
Ich frage, warum ist Grete nicht, nun geschieden, mit ihrer Familie gegangen?
„weil sie Christin war, hat die jüdische Familie sie nicht einbezogen“.
Meine Mutter beschreibt sie 1940 sehr resigniert.
Ich frage sie, ob sie Briefe von Grete Ulrich hat.
Sie hat zwei Postkarten aus Auschwitz, findet sie aber nicht.
Sie hat drei Briefe von 1937 an Lotte Timmling. Ich darf sie mir kopieren.
Grete schreibt: „Werner hat ein Foto von den Kindern geschickt“ – die Kinder sind Ulrike und ich. -
Vor allem aber beschreibt sie die vergnügte und anregende kleine Christa – damals 10,11 Jahre alte – heute 82.
Sie selbst arbeitet in Halle in einem Kaufhaus in der Abteilung für Damenwäsche, hofft, dass sie diese Arbeit nicht so schnell wieder verliert. Freut sich, dass sie in dieser merkwürdigen Umgebung Menschen findet, die Timmling kennen.
Christa erzählt, dass Grete und ihre Mutter enge Freundinnen waren.
Wann ist Grete deportiert worden?
1942 aus Essen. Sylvester haben wir noch zusammen verbracht.
Wer ist „wir“? –
Meine Mutter, Grete und ich.
Meine Freundin fragt: „ Es muß doch sehr schwer für Ihre Mutter gewesen sein, die Freundin so zu verlieren.“
- „Dazu möchte ich nichts sagen.“
Gibt es da keine Briefe?
Die gab es, aber sie sind beim Bombenangriff in Berlin 1945 verbrannt.
"Bernd Nowack"
Betreff:
Ich habe meine Suche fortgesetzt und schicke Ihnen, wie es mir ergangen ist.vielleicht interessiert es SieGrüße Wienke Zitzlaff-- Wienke Zitzlaff Walter Ballhause Str. 5 30451 Hannover Telefon: 0511 - 4484 60 wienke-hannover@web.de
Verbrannt
von Wienke Zitzlaff
Spurensuche.
Ich suchte die Patentante meiner Schwester.
Alles was ich von ihr weiß, sind Kindheits-Erinnerungen:
Sie hieß Grete Ulrich. Sie war Jüdin. Sie wurde in Auschwitz
vergast.
Sie war verheiratet mit Hermann Ulrich, einem Freund meines Vaters.
Meine Mutter erzählte, sie sei promoviert gewesen und habe als Lektorin bei einem Verlag in Leipzig gearbeitet später sei sie Putzfrau in Kaufhäusern gewesen. /Unsere Mutter war sauer auf Hermann Ulrich. Warum, wusste ich nicht. Er starb 1944 bei einem Bombenangriff.
1940 - ich war 9 Jahre alt, unser Vater war schon an Krebs gestorben -hat Grete Ulrich uns noch mal in Jena besucht – ich erinnere mich: wir haben sie am Bahnhof abgeholt.
Unsere Mutter starb 1949 – ich war 17.
Im Nachlass meiner Eltern fand ich ein Foto.
Als ich selber 70 wurde, ließ es mir keine Ruhe: ich wollte mehr über diese Frau wissen.
Ich fand das Adressbuch meiner Eltern, das sie 1936 angelegt haben müssen, als sie von Oldenburg nach Jena zogen: Hermann Ulrich gibt es da nicht mehr –warum? - wohl aber Grete Ulrich mit 3 Adressen in Erfurt, eine ihrer Schwestern auch in Erfurt und eine Schwester – Barbara – in Berlin.
Ich frage bei der Hessischen Renitenz nach: in ihr wurde meine Schwester zusammen mit Maria Schwarz am 18.Nov. 1934 in Oldenburg getauft von Pfarrer Lic. Carl Wicke aus Sand in Hessen. Ich weiß alle Taufpaten und möchte nur die Anschrift oder die Berufsbezeichnung der Taufpatin Grete Ulrich wissen. Ich bitte also, im Taufregister nachzusehen.
Die Hessische Renitenz hat sich 1952 aufgelöst, hat sich der lutherischen Kirche wieder angeschlossen. Ob sie ein Archiv hat? Ich bitte um Auskunft, ich will gerne kommen, das Archiv einsehen.
Die Antwort: es gibt nichts.
Mich beschäftigt die Frage, ob sie nichts mit dem Täufling Ulrike Meinhof zu tun haben wollen oder die Jüdin verleugnen? Seit 1941 wurden auch die Kirchen – welche? – gezwungen, jüdische Mitglieder auszuschließen.
2007 versichert mir Bischof Roth, inzwischen pensionierter Bischoff der lutherischen Kirche Niedersachsen, dass es in der Renitenz bislang kein Archiv gibt.
Schließlich lande ich bei Wikipedia – so machen wir das doch heute. Was ist daran glaubhaft? Da lese ich:
Diese Personen bildeten den Kern der späteren Gruppe Meinhof/Timmling/Ulrich, die sich aus wertkonservativer Sicht gegen das NS-Regime wandte. Bekannt wurde die Gruppe durch den Streit mit Joseph Goebbels aufgrund der Veröffentlichung des Buches „Kunst, Kitsch, Film und Propaganda“, erschienen 1933 in der Reihe „Der Damm“ (Hrsg. Werner Meinhof) in der Schulzeschen Verlagsanstalt Oldenburg. In dem Buch bezeichneten die Autoren Hermann Ulrich und Walter Timmling Propaganda als „Werk des Teufels“. Goebbels griff darauf die Autoren in einem Zeitungsartikel an.
Von alle dem weiß ich nichts. Ich finde das Buch im Antiquariat, finde den Verlag – aber niemand kennt die Geschichte.
Auch Walter Timmling kenne ich aus meiner Kinderzeit. Ich kann mich auch an ihn und seine Ehefrau Lotte erinnern. Auch er war ein wichtiger Freund meines Vaters. Er war Maler – ich habe noch Bilder von ihm. Er war schwul und wurde 1938 in Jena gefasst und zu Zuchthaus – nicht KZ – verurteilt.
Also suche ich Walter Timmling. Auch er ist für mich verschollen.
Ob ich über ihn eine Spur zu Grete Ulrich finde?
Ich werde – diesmal über Ebay - fündig: Es wird eine Publikation mit Bildern von Timmling versteigert – der Versteigerungstermin ist längst vorbei – ich maile den Verkäufer (Anmerkung Admin: Dies war ich, meine Wenigkeit Bernd Nowack) an: Verkaufen Sie mir ein Exemplar? Seine Antwort: Sind sie Wienke Meinhof – und er meinte: die Tochter von Werner Meinhof – dann bekommen sie ein Exemplar (Anmerkung Admin: meine damalige Monografie über Walter Timmling, seit langem vergriffen, aber bei mir in Restexemplaren noch vorhanden).
Ich bekam die Monografie – und geriet mit dem Verkäufer in einen intensiven Briefwechsel.
Er war zu DDR Zeiten der Privatsekretär von Lotte Timmling. (Anmerkung Admin: siehe dazu mein Posting hier im Blog über meine Zeit als Privatsekretär von Charlotte Timmling)
Er wusste, dass Timmlings mit Ulrichs befreundet waren.
Und von ihm erfuhr ich, dass Grete Ulrich Margarete Ulrich ist, geborene Westphahl, am 26. Oktober 1896 geboren wurde und 1925 in Beuthen – heute Polen -…. eine Tochter geboren hat, Christa. Hermann Ulrich ließ sich 1936 aus rassischen Gründen von ihr scheiden.
Die Tochter Christa heiratete 1948 (?) einen Engländer. Der Privatsekretär wusste den Namen des Ehegatten und die Namen und Geburtsdaten aller 3 Kinder – aber eine Adresse wusste er nicht.
Ich lebe mit einer Schottin hier im Haus. Ich erzählte ihr und fragte sie, ob sie mir helfen könnte. Sie wollte gerne helfen. Ich zögerte: Ob die Tochter einer Jüdin,,, und außerdem sei sie erst 1948 ausgewandert… ( so meine Gedanken). Meine Freundin, Schottin, erklärte mir, dass vor 1948 Juden aus Deutschland in Groß-Britannien gar nicht aufgenommen wurden – sie hätte gar nicht früher kommen können.
Sie bestärkte mich, nicht aufzugeben.
Es dauerte ein Jahr, dass sie über Internet – eine Adresse von einem Ehepaar fand, das dem ähnelte, das ich suchte.
Sie half mir einen vorsichtigen Brief an diese Menschen zu schreiben, dass ich eben die Tochter von Grete Ulrich suche. Über mich selbst sagte ich nichts, auch nichts über meine Schwester.
Ich bekam eine Antwort, handschriftlich:
ich bin die Frau die sie suchen.
Ich war nur noch verwirrt.
Und antwortete vorsichtig und beglückt.
Ich zeigte mich als Schwester von Ulrike, deren Patentante Grete Ulrich war.
Christa – ich rede sie heute noch mit ihrem Ehenamen an, aber das tut hier nichts zur Sache – schrieb…
Sie sei nicht die Tochter von Grete Ulrich, sondern die Tochter von Margarete. Hermann Ulrich und Margarete wären ihre Eltern. Sie wäre mit beiden Frauen aufgewachsen: Sie wäre im Internat gewesen und habe alle Ferien mit beiden Frauen zusammen verbracht. – ob ich jetzt noch was von ihr wissen wolle?
Über meine Schwester schrieb sie sinngemäß. Dass Grete total unglücklich sein würde über diese Terroristin.
Auf das letzte ging ich nicht ein, schrieb ansonsten was von Patchwork Familie, dass es dies in meiner Familie auch gäbe, dass dies in meinen Augen normal sei – und ich sie unbedingt sehen wolle. Ob ich sie besuchen dürfe?
Sie stimmte zu!!!
Ich fuhr nach Wales.
Eine gute Freundin von mir fuhr mit.
Ich war sehr froh, dass ich nicht alles alleine können muß.
Fliegen – über Amsterdam – umsteigen „city hopper“ heißen die Teile, Meine Freundin glaubte, es heiße „City shopper“
Wir wurden sorgfältig empfangen: Der Tisch war für drei gedeckt,
Wir aßen in Ruhe.
Die lebendige, eigentlich pfiffige alte Dame, sagte zu mir:“ ich habe nur Kindheits- Erinnerungen.“
Sie Jahrgang 1925, ich Jahrgang 1931 – wir im Oktober 2007 -
suchen Kindheitserinnerungen.
Dass es mich gab, war ihr neu. Die Geschichte des Patenkindes von Grete Ulrich hat sie aufmerksam in den Zeitungen verfolgt.
Ich schenkte ihr meine Monografie von Bernd Nowack über Walter Timmling.
Sie erinnert sich, dass Timmlings, Ulrichs – ihr Vater und Tante Grete – und noch viele andere, deren Namen auch ich z.T. erinnerte, sehr eng befreundet waren. Ich fragte, ob da nicht einige homosexuell gewesen wären. Sie, ganz entschieden: „Nein, nur Onkel Walter.“
Gretes Familie ist 1938 nach Südafrika ausgewandert. Christas Mutter hat nach 1945 versucht die Familie zu finden. Vergeblich.
Ich frage, warum ist Grete nicht, nun geschieden, mit ihrer Familie gegangen?
„weil sie Christin war, hat die jüdische Familie sie nicht einbezogen“.
Meine Mutter beschreibt sie 1940 sehr resigniert.
Ich frage sie, ob sie Briefe von Grete Ulrich hat.
Sie hat zwei Postkarten aus Auschwitz, findet sie aber nicht.
Sie hat drei Briefe von 1937 an Lotte Timmling. Ich darf sie mir kopieren.
Grete schreibt: „Werner hat ein Foto von den Kindern geschickt“ – die Kinder sind Ulrike und ich. -
Vor allem aber beschreibt sie die vergnügte und anregende kleine Christa – damals 10,11 Jahre alte – heute 82.
Sie selbst arbeitet in Halle in einem Kaufhaus in der Abteilung für Damenwäsche, hofft, dass sie diese Arbeit nicht so schnell wieder verliert. Freut sich, dass sie in dieser merkwürdigen Umgebung Menschen findet, die Timmling kennen.
Christa erzählt, dass Grete und ihre Mutter enge Freundinnen waren.
Wann ist Grete deportiert worden?
1942 aus Essen. Sylvester haben wir noch zusammen verbracht.
Wer ist „wir“? –
Meine Mutter, Grete und ich.
Meine Freundin fragt: „ Es muß doch sehr schwer für Ihre Mutter gewesen sein, die Freundin so zu verlieren.“
- „Dazu möchte ich nichts sagen.“
Gibt es da keine Briefe?
Die gab es, aber sie sind beim Bombenangriff in Berlin 1945 verbrannt.
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