Dienstag, 9. April 2013

Erinnerung an Kurt Pallmann (1886-1952) und seine Dessauer Ansichten



Es ist doch beschämend wie wenig lokalpatriotisch die meisten Dessauer sind, kein Wunder, denn schon in der Verwaltung der Stadt, dem öffentlichen Dienst, sitzen Leute die zu Dessau kaum eine Beziehung haben, denen das alte Dessau total fremd ist. Auch Politiker der Stadt sind oftmals Fremde, die schon deshalb keine intensive Beziehung zu Dessau haben können. Was in westlichen Bundesländern so gut wie gar nicht der Fall ist, das, sagen wir mal, ein Sachsen-Anhalter in Bayern einen hohes politisches Amt bekommt, so ist das umgekehrt sehr oft der Fall. Viele Wessis haben sich hohe Ämter im Osten unter den Nagel gerissen und dies nimmt kein Ende. Ist es nicht bezeichnend, daß z.B. die Spitzenkandidatin der Piraten-Partei auf der sachsen-anhaltischen Landesliste zur Bundestagswahl, eine Braunschweigerin ist? Da das mittlerweile von der Bevölkerung nicht mehr gern gesehen wird, da hatte sich ja bekanntlich diese Sandra Tiedtke, als gebürtige Sachsen-Anhalterin in Interviews ausgegeben, siehe: http://barrynoa.blogspot.de/2013/03/etikettenschwindel-die-piratenpartei_14.html. Nun, so soll es ja nun auch nicht sein, daß man lügt, nur um Heimatverbundenheit zu heucheln, aber es ist schon so, daß die einheimische Bevölkerung im eigenen Bundesland es satt hat von Wessis regiert zu werden. Als vor Jahren der einheimische parteilose Hans-Georg Otto bei der Dessauer OB-Wahl gegen einen Wessi von der SPD antrat und die Wahl klar gewann, da war das auch dem Umstand zuzurechnen, daß die Dessauer einen echten Dessauer an der Spitze haben wollten, weil da die Verbundenheit mit der Stadt und ihrer Geschichte, Kultur und Eigenart viel mehr gegeben ist, als bei jemanden der aus der Fremde kommt.

Neulich schaute sich ein seit 10 Jahren in Dessau lebender, aus dem Westen stammender, Kunstfreund ein paar Grafiken bei uns an und die Dessauer Ansichten eines Pallmann waren ihm kein Begriff, als er zwei Radierungen anschaute. Das war typisch, denn so gut wie jeder alte Dessauer kennt diese Dessau-Radierungen, wie die vom Alten Dessauer Theater (1. Scan), welches 1922 abbrannte. Auch, daß bei dem Brand die Dessauer Schauspielerin Lily Herking, die Mutter von Ursula Herking, ums Leben kam, dies weiß so gut wie jeder alte Dessauer, da es sich in das kollektive Gedächtnis der Dessauer tief eingeprägt hat. Fremde dagegen wissen dies alles nicht, können es auch nicht wissen, und sie können auch nicht ansatzweise die nostalgischen Gedankengänge alter Dessauer nachvollziehen, die, über ihre Eltern und Großeltern überliefert, das alte Dessau mit den wunderbaren Bauten, so wie es bis zur Zerstörung durch die Engländer am 7. März 1945 war, immer noch in werter Erinnerung halten.

Auf der anderen obigen Radierung von Pallmann (2. Scan) sind die Muldbrückenhäuser abgebildet, wo gerade eine kleine Kapelle die Brücke überqueren will. Auch die haben sich in das Gedächtnis der nachgeborenen alten Dessauer eingeprägt und sie trauern immer noch den alten Zeiten nach, nicht etwa den gesellschaftlichen und politischen Zeiten, sondern denen, als die Stadt noch so architektonisch schön aussah, wo eben solche baulichen Kleinode wie die Muldbrückenhäuser noch standen und wo die Stadt im Gegensatz zu heute einen harmonischen architektonischen Charakter hatte. 

Der Grafiker Kurt Pallmann (1886-1952) war selbst kein Dessauer, er war Berliner. Als Autodidakt zog es ihn aber sehr oft nach Anhalt, wo er ausgedehnte Wanderungen unternahm und wo er seine Motive fand, so Landschaftsbilder am Sieglitzer (Ölbilder). Als Autodidakten muß man ihn bezeichnen, obwohl er Dr. phil. war und er Kunstgeschichte und Architektur studiert hatte, denn er hatte nie eine Kunstakademie als Malschüler besucht. Dennoch sind seine Arbeiten wahre kleine Meisterwerke, siehe die eingescannten Radierungen. In Dessau wurden seine Radierungen von der Buchhandlung Schwalbe und der Kunsthandlung Hundt vertrieben. Obige zwei Radierungen erwarb ich als 14jähriger von eben dieser Buchhandlung Schwalbe, also sogar noch bis in die Mitte der 60er Jahre wurden diese Grafiken dort verkauft. Ob die Buchhandlung damals noch in privater Hand war oder schon zur Volksbuchhandlung umgewandelt war, dies weiß ich  allerdings nicht mehr.   

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