Als ich mit meinen Eltern Ende der 50er Jahre auf den Knarrberg zog, da war noch einiges von dieser Wohnidee Fischers in der Siedlung vorhanden, wenngleich ein paar Jahre später die Siedlung immer mehr ihres Charakter beraubt wurde, indem die Eigentümer anfingen die Häuser umzubauen. Aus den kleinen Abstellräumen neben dem Eingangstritt, wo bei allen Häusern Einflugslöcher für Rauchschwalben vorhanden waren, die dort brüteten (http://barrynoa.blogspot.de/2012/07/geliebte-schwalben-des-hauses-knarrberg.html), wurden Garagen gemacht und die Einflugslöcher zugemauert. Statt Trockenklos baute man WC´s. Die überall vorhandenen Hühnerställe wurden abgerissen. Auf die Flachdächer wurden Schrägen aufgesetzt, was eigentlich eine gute Maßnahme war, denn wir hatten noch so ein Flachdach und die Entwässerung des Regenwassers geschah durch ein Innenrohr in den sich im Garten befindenden Siedlungskanal, was eindeutig ein Fehler war, denn oft passierte es, daß der Kanal zu war und das Wasser sich staute und wir hatten mitten im Haus eine mächtige Überschwemmung, was etliche Male passierte. In diesen Situationen stand man hilflos da, denn Hilfe von Firmen, der Stadt oder Nachbarn gab es damals nicht. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie der Chef der dort ansässigen Klempner-PGH nach langen Bitten von uns vorbei kam, wo wir mit den Wassermassen im Haus nicht Herr wurden und er abdrehte und vorgab keine Zeit zu haben. Nicht umsonst hieß dieser Mann Lügen-(sein Name). Diese Innenentwässerung war schon ein mächtiger Mangel an diesen Häusern, wie auch die extrem steile Treppe ins Obergeschoß, allgemein nur Hühnerleiter genannt.
Daß die in den 30er Jahren noch eng zusammen haltenden Siedler zu DDR-Zeiten keine Solidarität mehr untereinander kannten, lag daran, daß viele der alten Siedler schon gar nicht mehr dort wohnten und diejenigen welche die Häuser kaufen durften, zu den kleinbürgerlichen Cliquen an der Macht des DDR-Systems gehörten, denn andere bekamen so ein Haus gar nicht, da Verkäufe über den Staat abgewickelt werden mußten. Meinen Eltern gelang es jedenfalls nicht dort ein Haus zu kaufen, trotz großer Bemühungen blieben wir dort nur Mieter. Manch Stasi-Mensch dagegen konnte sich ohne Mühe in die damals sehr begehrte Siedlung einkaufen und hatte auch das nötige Kleingeld sein Haus umzubauen.
Daß dieser Umbau von Häusern durch die Eigentümer, außer dem Anbringen eines Überdaches, der Siedlung nicht gut tat, dies zeigte sich später sehr deutlich. Die schönen Weißdornhecken, die vor jedem Haus standen, hatten nun uneinheitliche Höhe, der wunderbare wilde Wein, der jedes Haus von oben bis unten bedeckte, der ein wahres Vogelparadies war und im Sommer die Hitze abhielt, der war zuletzt nur noch an ganz wenigen Häusern. Sehr schön sahen auch die Trauerweiden aus, die in jedem Vorgarten standen, auch die wurden gefällt, kleinbürgerlicher Individualismus hielt Einzug bis hin zu übelstem Kitsch, wo neureiche Hausbesitzer ihre Häuser mit einer Riemchen-Fassade „verschönerten“.
Aus historischen und Nostalgiegründen habe ich einige alte Fotos vom Knarrberg eingescannt, so u.a. ein Foto welches mich bei der Einschulung 1958 auf dem Tritt des Hause zeigte. Neben der Eingangstür zum Haus befand sich ein kleines Fenster. Das war sehr praktisch, denn klingelte es, so konnte man erst mal das Fenster öffnen und z.B. ein Paket der Postfrau gleich entgegen nehmen.
Über den Architekten Leopold Fischer und die Knarrberg-Siedlung, siehe hier: http://bauhausverein.de/uploads/files/180310_Publikation%20Leopold%20Fischer.pdf
Knarrberg 34 Anfang der 70er Jahre. Die Trauerweide mußte leider wegen Morschheit gefällt werden.
Der Tritt an der Eingangstür und dem kleinen "Schau"-Fenster (1958 zu meiner Einschulung)
Rückseite des Hauses noch im Original der Bauzeit, ca. 1960 (Mein Vater und ich)
Mittlerer Teil der Rückseite des Hauses mit der Veranda (Ende der 60er Jahre, meine Mutter mit unserer Dackelhündin Fanny)
Linker Teil der Rückseite des Hauses mit der Hühnervoliere (ca. 1960 mit mir auf dem Foto)
Blick von der Rückseite des Hauses in den Garten auf den Holzschuppen. Diese Holzschuppen hatten eine Besonderheit, da sie nicht mit den Grundstücksgrenzen übereinstimmten, ein Teil des Nachbarn ragte bei uns rein und so weiter. Die Schuppen waren um Niemandsland gebaut in welchem jeweils 2 Birken standen Dies war in der gesamten Siedlung der Fall.
Am Haus Knarrberg 34 war bis zu unserem zwangsweisen Auszug nach der Wende (der westdeutsche Erbe des Alteigentümers vermachte das Haus unsere 18jährigen Nachbarin) rings herum der wilde Wein (meine Mutter mit unserem Dackel, Ende der 60er Jahre)
Der Knarrberg im Jahre 1976, fast alle Häuser schon ohne wilden Wein (Ich ganz links mit Musikerkollegen meiner Band Yo-Yos)
Blick zum Nachbarhaus schräg gegenüber 1976 (Ich mit Schlagzeugteil bei Abfahrt zu einem Auftritt)
Blick auf das Haus von uns gegenüber, wo der Dentist Sanitätsrat Walter Schilling seine Praxis unten hatte und oben wohnte (Foto Ende der 60er Jahre).
Blick in unser Wohnzimmer, ca. 1970 (Dackel Fanny auf der Couch). Das längliche Fenster war erhöht angebracht.
Blick in die andere Ecke des Wohnzimmers mit dem kleinen Fenster aus dem man heraus schauen konnte (1963).
Blick in das Wohnzimmer 1963 auf die Decke, welche nur aus Balken und Dielen bestand (Originalzustand der Bauzeit der Häuser).
Blick in die Ecke des Wohnzimmers zur Küche hin im Jahre 1976, Original waren die alten Heizkörper in der Ecke, die Küchentür war nicht mehr original, da von uns mit Glas versehen.
Schlafzimmer meiner Eltern, welches ich immer noch habe und nutze (Foto von 1963).
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