Neben vielem Fortschrittlichen in der DDR, da gab es auch viel reaktionäres und besonders spießbürgerliches in der Politik und Kultur. Der kleinbürgerlichen Denkweise verhaftete Politiker und Kulturschaffende bestimmten weitgehend was z.B. gedruckt wurde, so das Machwerk „Lebe dich gesund“ des DDR-Jugendarztes Dr. Siegfried Peikert, welches 1960 im Kinderbuchverlag erschien, siehe obiger Scan.
Ich kaufte mir dieses Buch (3,80 Mark), bei 10 Mark Taschengeld im Monat, als damals 9jähriger, weil ich ein großer Fan von Cartoons und Comics aller Art war und dieses Gesundheitsbuch für Kinder war von Erich Schmitt illustriert und Erich Schmitts Cartoons, die fand ich toll! Den Inhalt des Buches selbst, den fand ich uninteressant, mit den vielen moralischen Zeigefingern darin.
Besonders die Seiten, wo Dr. Peikert über Comics herzog (Peikert: „Die Comic-Industrie ist die größte Verderberin des kindlichen Gemütes, die es je gab.“), die fand ich schon damals idiotisch, als begeisterter Mosaik-und Micky-Maus-Leser (http://barrynoa.blogspot.de/2008/03/altes-beste-freunde-von-bn-comics.html).
Aber so war und ist es oft noch heute, das reaktionäre und spießbürgerliche Pack, versteckt sich hinter hohlen pseudofortschrittlichen Phrasen, damals typisch für die SED-Sozialfaschisten! Comics ordnete Peikert ganz klar in die Rubrik „Schundliteratur“ ein, die es angeblich in Westdeutschland wegen der Profitinteressen der Herausgeber gäbe, obwohl sie den „armen“ Kindern so großen geistigen Schaden zufügen würde. Dann erwähnte er noch, daß es aber in Westdeutschland auch „vernünftige“ Menschen geben würde, die vor derartigem „Schund“ warnen würden. Ja, die gab es tatsächlich! Was der Pseudosozialist Peikert verschwieg: Es handelte sich um die reaktionären moralinsauren Kirchen, die nicht müde wurden vor angeblicher Schundliteratur zu warnen, so wie sie auch vor sündiger Nacktheit in der Kunst warnten, da denke man nur an die infamen Kampagnen der Kirchen gegen den Film „Die Sünderin“, wo Hildegard Knef ein paar Sekunden lang nackt zu sehen war, allerdings die Schamgegend züchtig verdeckt. Aber die Kirchen waren empört! Widerlich, das Ganze!
Makaber auch, daß ausgerechnet Erich Schmitt vom Kinderbuchverlag als Illustrator des Buches von Peikert gewonnen wurde, denn dieser Schmitt produzierte bekanntlich auch fleißig Comics, da denke man nur an seinen Sprechblasen-Comic „Die Reise zu den Proximanen“. Und Sprechblasen waren ja für die Sittenwächter das Allerschlimmste unter den Comics, siehe dazu auch diesen Blogbeitrag:
http://barrynoa.blogspot.de/2013/11/ein-leserbrief-das-mosaik-und-der.html
Hetze Dr. Peikerts in seinem Buch gegen angebliche Schundliteratur und Comics (von mir rot unterstrichen):
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