Montag, 14. Januar 2019

Die Idyllen der Marie Stiefel (1879-1962)


In meinem Besitz ist eine wunderbare großformatige Lithografie der Schweizer Künstlerin Marie Stiefel (1879-1962), siehe obiges Foto. „Beschaulichkeit“ heißt das Werk und zeigt eine Schweizer Bauernstube. Die Idylle wird dem Betrachter besonders durch die schwarzweisse Katze, die zusammen gerollt auf der Ofenbank liegt, vermittelt. Diese Katze erinnert mich sehr an unseren lieben Kater, war er doch auch ein Schwarzweisser und lag wie die Katze auf Stiefels Bild auch so anheimelnd da, wenn er ruhte, siehe: 

http://barrynoa.blogspot.de/2009/03/katerchen.html , http://barrynoa.blogspot.de/2008/07/erinnerungen-mutters-tiere.html , http://barrynoa.blogspot.de/2011/08/altes-katerchen-in-farbe.html .

Und ein tiefes Gefühl von Vertrautheit überkommt mich, wenn ich den großen Korb mit den Äpfeln auf dem Bild sehe, denn genau dieselben Körbe gibt es schon immer und bis zum heutigen Tag bei uns zuhause. Im Anhaltischen wird so ein großer Korb mit zwei Henkeln "Bähnert" genannt.

Der Verlag von B.G. Teubner in Leipzig veröffentlichte um 1900 deutsche Künstler-Steinzeichnungen im Großformat, die gerahmt als Wandschmuck in Wohnungen der einfachen Bürger, die sich keine teuren Oelbilder leisten konnten, gedacht waren. 

Über 500 verschiedene Bilder wurden als Lithografien (Steinzeichnungen) gedruckt. Stiefels „Beschaulichkeit“ war die Nummer 264 und erschien in geringer Auflage, ist deshalb auch heute wertvoll. 

Marie Stiefel ist heute noch vielen Kunstfreunden durch ihre Illustrationen zu dem Buch „Das Dorf in Wort und Bild“ bekannt, welches 1906 im Nürnberger Theo Stroefer Kunstverlag erschien und eine große Beliebtheit erlangte. Unten einige Blätter aus diesem Werk. 

Natürlich war ein Dorf um 1900 keine Idylle, die Wirklichkeit war hart und auch auf dem Dorf gab es die Klassengesellschaft, sehr gut gesehen von Ehm Welk in seinen Dorfgeschichten aus Kummerow. Knechte, Mägde und Saisonarbeiter hatten ein entbehrungsreiches Leben und wurden extrem von den reichen Bauern, den Pfaffen und den Großgrundbesitzern ausgebeutet. Als Büttel der Klassengesellschaft, bis heute, die Diener des Staates, wie Lehrer, Polizisten und staatliche Angestellte! Und auch die Tiere hatten es nicht unbedingt besser als heute, da denke man nur an die Hofhunde, in einer Hundehütte vegetierend, an einer Kette angeleint und nicht, wie heute Familienmitglied. Oder Kleinbauern hielten oft nur ein einziges Schwein, eingepfercht in einer winzigen dunklen Bucht. Isolationshaft pur, für diese intelligenten geselligen Tiere. Nein, Tierfreunde waren die Bauern auch damals nicht, sondern rohe Typen.   

Wenn man das weiß, wird man auch die Blätter von Marie Stiefel mit realistischen Augen ansehen und sich trotzdem an ihnen erfreuen können, aber eben nicht unter der irrigen Ansicht, daß früher alles besser gewesen wäre, wobei mit „früher“ die Klassengesellschaft bis 1945 gemeint ist. Daß das Dorfleben nach 1945 in der ehemaligen DDR ein gerechteres war, als das bis 1945 und das ab 1990, das steht außer Frage. Aber diese bessere Zeit ist leider wieder passé! Das dumme Volk wollte es so und die herrschenden Revisionisten in der SED nach 1960 taten ihr übriges um den Sozialismus zu diskreditieren!









 

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