Samstag, 8. Juni 2013
Gemeinsam gegen die Flut?
Die Deiche in Dessau-Törten haben scheinbar gehalten, davon konnte ich mich eben überzeugen. Die Mulde fließt ja nicht direkt an Törten vorbei, sondern zwischen ihr und dem Ort gibt es einen breiten Streifen Muldaue der tiefer als Törten gelegen ist. So sollte es ja auch sein, daß einem Fluß genügend Raum bei Hochwasser gegeben wird. Beim Muldehochwasser 1954 war es bisher für Törten am kritischsten. Da stand am sogenannten "Hang" das Wasser bis zum Rand und alle Törtener halfen mit Sandsackbarrikaden zu stapeln. Da war ich 3 Jahre alt, bekam natürlich nicht viel mit, weiß dies aber aus späteren Erzählungen.
Die Überschwemmung der Muldaue in Törten ist im Vergleich zu den Tagen davor sehr zurück gegangen - zum Glück, dies kann man deutlich an zwei Stellen sehen, einmal auf der Anhöhe der Törtener Kirche (1. Foto), wo sich auch der Törtener Kirchenfriedhof befindet und auf dem Törtener Schuttberg, seit vielen Jahrzehnten auch Rodelberg genannt, da im Winter dort gerodelt wird, siehe: http://barrynoa.blogspot.de/2009/01/wintereinbruch-januar-2009.html. Das 2. Foto ist von der Anhöhe der Törtener Kirche aus aufgenommen und deutlich sieht man bei der überschwemmten Fläche im Vordergrund schon das Buschwerk und die hohen Gräser hervor schauen, was vor ein paar Tagen noch nicht der Fall war. Über die Überschwemmungen dort freuen sich die Törtener Störche mit ihren Jungen (3. und 4. Foto). Lang war sie ja, die mehr als kritische Zeit der Kälte und des unaufhörlichen Regens, die besonders für Jungstörche oft tödlich endet.
Auf dem Törtener Schuttberg machte ich dann noch die beiden letzten Fotos in die Muldaue, man hat ja von dort oben einen schönen Ausblick, aber auch da: Entwarnung! Der Törtener Schuttberg entstand nach den Bombardements der Angloamerikaner 1945, wo die Törtener, deren Häuser in Schutt und Asche lagen, ihren Schutt mit Handwagen dort hin karrten. Die Zerstörung Törtens war ja nicht flächendeckend, da dort viele Luftminen abgeschmissen wurden, konnte es passieren, daß, bedingt durch den Luftdruck, ein Haus bis auf den Keller zerstört war und das Nachbarhaus kaum Schäden hatte. Die deutsche "Volksgemeinschaft" war schon damals nicht vorhanden, ganz im Gegensatz zur Propaganda der Nazis, die eine solche den Deutschen andichten wollten. Wie ich von meinen Großeltern weiß, gab es auch auf dem Sandberg, unserer Straße, nicht einen Funken von Solidarität. Deutsche sind eben, im Gegensatz zu vielen anderen Völkern, kein solidarisches Volk, sondern Egoisten.
Auf dem Sandberg war es 1945 so, daß es Familien gab, deren Haus total kaputt war, die bei Kälte mit vielen Personen zusammen gedrängt im Keller wohnen mußten, wo es durchregnete, wo die Kellerfenster natürlich auch nicht mehr vorhanden waren und wenige Häuser weiter, standen die Häuser die nicht zerstört waren, wo teilweise nur 1-2 Personen wohnten, in großen Wohnungen, die aber die Ausgebombten nicht aufnahmen oder diese unterstützten. Jeder war sich bei der deutschen "Volksgemeinschaft" der Nächste. Das änderte sich erst als die amerikanischen und russischen Besatzer kamen, die zwangsweise Ausgebombte in solche Häuser einquartierten. Mehr als unwillig nahmen die unversehrt gebliebenen Hausbesitzer solche Einquartierten auf und schikanierten diese oft, wie ich aus Erzählungen weiß.
Die Deutschen brauchen sich bis heute nichts auf ihre Mentalität einbilden, denn viel geändert hat sich nicht. Beispiele sieht man jetzt wieder beim Hochwasser. Während Bernburg tausende Menschen evakuieren mußte, diese Menschen in Turnhallen ausharren müssen, da feiert man in Gröbzig, nicht weit von Bernburg entfernt, das ganze Wochenende ein großes Parkfest, mit Showbühnen, Trallala und Feuerwerk: http://www.parkfest.de/index.php. Solidarisch? Oder: In Rathmannsdorf, gleich neben Bernburg gelegen, aber hochwasserfrei, befindet sich das Rathmannsdorfer Schloß, welches als berufliche Ausbildungsstätte dient (Berufliches Bildungs- und Rehabilitationszentrum e.V.: http://www.bbrz.de/index.php?id=10), wo sich sehr schöne Herbergszimmer befinden. Anstatt die alten und kranken Evakuierten zur Verfügung zu stellen, damit die nicht in Massenunterkünften sein müssen, da belegt man diese mit jungen Lehrlingen (Landschaftsgärtner), die nächste Woche dort einen Lehrgang haben und die da wie in der Sommerfrische pensionsmäßig schöne Tage verbringen können (Information von Bloglesern die als Lehrlinge dort hin müssen), während die Evakuierten in Turnhallen ausharren müssen. Soweit zur Solidarität heutzutage, von wegen "Gemeinsam gegen die Flut"!
Nachtrag: Eben (9.6.13, 18.00 Uhr) bekam ich die Nachricht, daß im Schloß Rathmannsdorf nun doch Evakuierte untergebracht sind. Allerdings könnten dort noch mehr Evakuierte gut untergebracht werden, wenn man darauf verzichtet hätte die Lehrgänge der Landschaftsgärtner-Lehrlinge ausfallen zu lassen. Da mußten nun heute aus dem Landkreis Wittenberg unter widrigen Anfahrtsbedingungen Lehrlinge dorthin anreisen, die nun unnötig Zimmer belegen, dies obwohl der Katastrophen-Einsatzstab des Landkreises Wittenberg festgelegt hat, daß morgen Schüler und Berufsschüler wegen der schlechten Anfahrtsbedingungen nicht in die Schulen und Berufsschulen kommen brauchen, die im Landkreis Wittenberg morgen alle geschlossen sind.
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