Wohl jede alteingesessene deutsche Familie, wenn sie denn nicht im Krieg ausgebombt wurde, was in Dessau zu 85 % der Fall war, oder wenn es nicht Familien aus den deutschen Ostgebieten waren, die fliehen mußten oder vertrieben wurden, die hat irgendwo noch ein paar der alten WHW-Kleinigkeiten (WHW=Winterhilfswerk) in irgendeiner Ecke rumliegen und viele wissen gar nicht um was es sich bei diesen Abzeichen, Holzfigürchen, Porzellanansteckern überhaupt handelt, denn viele dieser Sachen sind auf den ersten Blick nicht als WHW-Abzeichen zu erkennen, da unpolitisch.
So erging es mir mit den auf meiner Hand (1. Foto) ausgebreiteten zwei kleinen Holzfigürchen und der Anstecknadel eines Eisvogels aus Porzellan. Eine sehr informative Seite über die Abzeichen des WHW ist diese, wo auch meine Figürchen beschrieben sind: http://www.sammlerecke.at/whw/whwstart.html. Mehr den gesellschaftspolitischen Hintergrund des WHW beleuchtet der Wikipedia-Eintrag (http://de.wikipedia.org/wiki/Winterhilfswerk_des_Deutschen_Volkes), wobei er allerdings auf die Abzeichen so gut wie nicht eingeht.
Auf meiner Hand sieht man links das Holzabzeichen des Däumlings aus der Serie „Deutsche Märchen und Sagen“ von der Sammelaktion des 17. bis 19. Dezember 1937, wohingegen die kleine Holzfigur rechts davon aus der Serie „Die Monate des Jahres“ stammt, die bei der Sammelaktion des 17. und 18. Dezember 1938 vertrieben wurde. Es ist dies die Figur des Monats Juli, ein Knabe mit Spieleimer. 12 Holzabzeichen umfaßt diese Serie:
Januar - Knabe mit Wollmütze und fliegendem Schal
Februar - Knabe mit Schellenkleid
März - Knabe als Sämann
April - Mädchen mit Regenschirm
Mai - Mädchen im gelben Kleid, laufend
Juni - Mädchen mit Viehfutter
Juli - Knabe mit Spieleimer
August - Mädchen mit gelber Ährengabe
September - Knabe mit Apfel
Oktober - Mädchen auf einem Blatt sitzend
November - Mädchen mit Kapuzenmäntelchen
Dezember - Mädchen mit Tannenbaum
Der Eisvogel aus Porzellan mit rückwärtiger Anstecknadel stammt aus der Serie „Vögel unserer Heimat“ von der Sammelaktion vom 28. Februar und 1. März 1942.
Wie man sieht, sind die kleinen Holzfiguren handbemalt. Wenn man bedenkt, daß Unmengen davon in Umlauf kamen, da die Bürger mehr oder weniger genötigt wurden zu spenden, da ist es einleuchtend, daß an der Herstellung dieser Abzeichen sehr viele Menschen beteiligt waren. Die Holzfigürchen aus den Serien „Deutsche Märchen und Sagen“ und „Die Monate des Jahres“ fanden übrigens Verwendung als Weihnachtsbaumschmuck, wie man auf den nachfolgenden Fotos sehen kann. Letzteres Foto zeigt übrigens eine WHW-Weihnachtstüte aus dem damaligen Gau Magdeburg-Anhalt.
Mit den Figürchen und anderen Kleinuntensilien hatte es folgende Bewandnis: Heerscharen an WHW-Sammlern - man spricht von bis zu 1,5 Millionen Menschen - sammelten auf der Straße oder gingen von Haus zu Haus und sammelten für das WHW. Als Dank für eine Spende bekam der Spender eine dieser Kleinigkeiten. Der Erlös wurde in Form von Geld oder Sachspenden (Kohlen oder Lebensmittel z.B. zu Weihnachten in so einer Weihnachtstüte verpackt) an Bedürftige ausgegeben. Das WHW sollte der Schaffung einer „Volksgemeinschaft“ dienen und die staatliche Wohlfahrt entlasten. Die Holzfigur des Däumlings auf meiner Hand schien eine beliebte Figur gewesen zu sein, denn sowohl auf dem Foto der Anleitung für Weihnachtsbaumschmuck, wie auch auf der Weihnachtstüte, finde ich diesen Däumling abgebildet.
Kramen Sie doch mal zuhause in alten Kistchen und Kästchen, vielleicht findet sich noch dieses und jenes alte WHW-Abzeichen und Sie wußten bisher gar nicht, daß es sich um solches handelt.
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