Mittwoch, 11. März 2009

Freiheit statt "Sozialismus" á la Margot Honecker

„Freiheit statt Sozialismus“, unter dieser Parole traten wir als Demokratischer Aufbruch in der „Allianz für Deutschland“ an die Volkskammerwahlen im März 1990 zu gewinnen. Als wir als ein kleiner Kreis von Gleichgesinnten in der Wendezeit den Demokratischen Aufbruch in Dessau gründeten, da ging es uns neben vielen anderen Themen auch um die Überwindung der „sozialistischen“ Erziehung. Das DDR-Erziehungssystem war ja besonders perfide, benutzte es doch wehrlose Kleinkinder schon für seine Interessen. Von der Wiege bis zur Bahre sollten die Menschen dem sozialfaschistischen System gefügig gemacht werden - Kollektivismus statt individueller Freiheit war das Ziel der herrschenden Cliquen von SED und Stasi. Ganz besonders übel war es, dass man die Krippenerziehung von Kleinkindern propagierte. So war die DDR an der Spitze in der Welt was die Zahl der Krippenplätze im Verhältnis zur Anzahl der Bürger betraf. In den 40 Jahren des Bestehens der DDR mussten hunderttausende Kinder diese Einrichtungen ertragen, die Spätfolgen zeigen sich noch jetzt. So ist im Durchschnitt der normale westdeutsche 50jährige Bürger psychisch ein viel freierer Mensch als der Ostdeutsche welcher die ersten 3 Lebensjahre in einer DDR-Krippe leben musste. Die kollektivistischen Grundhaltungen lassen sich nicht so leicht abschütteln, denn gerade die ersten 3 Lebensjahre sind die prägendsten im Leben und die tägliche Trennung von der Mutter hinterlässt natürlich Spätschäden. Dass ein Baby und Kleinkind zur Mutter gehört und nicht in fremde Hände, dies ist dem hinterwäldlerischsten Stamm auf Papua-Neuguinea bewusst. Schlimm genug, dass das Schicksal manchmal erbarmungslos zuschlägt und Kinder zu Waisen macht oder dass es Eltern hat, die das Kind vernachlässigen und es in ein Heim muss, aber aus freien Stücken ohne Not in einer Krippe abgegeben zu werden, dies war in der DDR Staatsdoktrin. Dieses unmoralische Denken war weit verbreitet in der DDR. Kamen auch sonstige Parolen der SED-Sozialfaschisten nicht bei den Bürgern an, so war gerade dies ein akzeptiertes Modell, ebenso wie die Akzeptanz der Abtreibung die in der DDR massenweise angewandt wurde und wo ebenso kaum moralische Skrupel vorhanden waren. So wiesen die meisten DDR-Bürger die berechtigten Bedenken der Kirchen zur Abtreibung weit von sich. Die Erkenntnis, dass die Tötung ungeborenen Lebens eben auch eine Tötung war, die war nicht vorhanden, eine Folge der Verrohung und der Verproletarisierung durch die Politik der SED. Dies kann auch damit erklärt werden, dass bis 1961 ein Großteil der geistigen Eliten und das ethisch geprägte Bildungsbürgertum die DDR in Richtung Westen verlassen hatte, zurück blieben sehr oft die Opportunisten, das Proletariat und dass in kleinbürgerlichen Denkweisen verhaftete Restbürgertum.

Es war ja durchaus nicht so, dass die DDR die Familien zwang ihre Kinder in Krippen zu geben, wer da nicht mitmachte, der musste keine Repressalien erdulden, aber gefördert wurde eben nur die werktätige Bürgerin die dann zwangsläufig ihre Kinder in einer Krippe abgeben musste, weil andere Möglichkeiten nicht vorhanden waren. Ein existentiell finanzieller Druck war nicht vorhanden, man konnte auch gut von einem einzigen Einkommen in der DDR leben, also z.B. von dem des Mannes, aber eben in Bescheidenheit. Diese Bescheidenheit war selten vorhanden, der „sozialistische“ Mensch in der DDR war eben nicht der Idealist frei von kleinbürgerlichem Konsumdenken, sondern eher das Gegenteil. Der Hang war groß sich persönlichen Besitz zuzulegen wie ein Auto, eine Datsche, moderne Möbel und dergleichen mehr. Für diese materiellen Dinge opferte man das Wohl des Kindes und gab es in eine Krippe. Eine gute Bekannte von mir erzählte mir dieser Tage, dass sie ihr Kind sogar in eine Wochenkrippe gegeben hatte, einer Krippenform die es nur in der DDR gab und was schon fast keinen Unterschied mehr zu einem Kinderheim darstellte. Dass nun aber Heimkinder immer einen schweren seelischen Schaden durch ihr Leben im Heim bekamen, dies wussten sogar die DDR-Bürger. Da war ich doch schon sehr entsetzt weil ich ihr diese Handlungsweise nicht zugetraut hatte. Ein Kind gar in einer Wochenkrippe abzugeben, dies war auch in der DDR nicht die Regel und wurde mit Recht als unmoralisch verworfen. Mussten Frauen tatsächlich arbeiten gehen weil sie alleinstehend waren, so bekamen sie jederzeit ohne Probleme eine solche Arbeit die es ermöglicht hätte ihr Kind zumindestens jeden Abend selbst zu haben. Es war für mich schon befremdlich zu hören, dass meine Bekannte ihr Kind auch schon da in eine Wochenkrippe gegeben hatte, als sie noch verheiratet war und ihr Mann verdiente, aber man sparte auf ein teures Auto!!! Diese Denkweise wird leider seit einiger Zeit auch in der Bundesrepublik wieder salonfähig. Immer mehr steuern wir auf die unselige Kinderbetreuungsideologie einer Margot Honecker zu. Die Kampagne der Schaffung von mehr Kitas, die Propagierung der Ganztagsschule sogar durch christliche Politiker, lässt nichts gutes ahnen für die Zukunft. Personen die sich mit Recht gegen diese verhängnisvolle Entwicklung stemmen werden verunglimpft, so wie dass das staatskonforme öffentliche rechtliche Fernsehen mit der Autorin Eva Herman tat. Deren Buch „Das Prinzip Eva“ legte die Finger in die Wunde des heutigen Rollbacks in Zeiten der unseligen DDR-Kinderbetreung. Ich möchte den werten Lesern meines Blogs den Link auf die Seiten dieser so mutigen Publizistin empfehlen und natürlich ihre Bücher als Lektüre empfehlen:
http://www.eva-herman.de/

Dass schon bald die alte DDR-Mentalität sogar in ganz Deutschland Einzug hält, dies kann man jetzt schon konstatieren, bestes Beispiel die Tochter meiner Bekannten, gutsituiert, ein Ehemann der überdurchschnittlich verdient, sie geht trotzdem arbeiten! Zwangslage? Keine Spur! Auslandsreisen, ein neues Eigenheim, zwei Autos, alles dies kostet natürlich und da leistet man sich den „Luxus“ seine Kinder selbst zu betreuen eben nicht und man gibt sie in die Krippe. Überflüssiger Luxus auf Kosten der Kinder!

Wie Kinder unter den Trennungsängsten leiden und welche Traumata sie quälen, dies wird ignoriert, der Egoismus mit seiner scheinbaren Verwirklichung eigener oberflächlicher Interessen, die meistens nur in schnöden materiellen Dingen gipfeln, dies geht vor! Wie Kinder dass damalige DDR-System der Kinderbetreung empfanden und zu dem jetzt bestimmte Kreise in der Gesellschaft ebenfalls hin wollen, dies zeigt ein Auszug aus einem Artikel in der Schweizer sehr empfehlenswerten Zeitschrift (ich lese sie seit langem) „Die Weltwoche“, den ich den werten Lesern meines Blogs zur Kenntnis bringen möchte:

"Kerstin Götze, vierfache Mutter, besuchte eine Krippe in der DDR. Eine traumatische Erfahrung. Heute bestünden sogar Arbeitslose darauf, ihre Kinder in der «Einrichtung» abzugeben. Sie fragt sich: Lieben Eltern ihre Kinder nicht mehr?
Von Daniela Niederberger

Frau Götze, Sie kamen in der DDR zur Welt und wurden als Kleinkind in eine Krippe gebracht. Wie sah die aus? Wir wohnten in einem Industrieballungsraum. Die Krippe war in einem hochmodernen Gebäude mit grossen Fenstern. Baulich und vom Lichteinfall her gute Bedingungen. Doch die Einrichtungs-Bedingungen sind einem Kind völlig egal. Weshalb brachten Ihre Eltern Sie in die Krippe? Wie viele in der DDR waren sie relativ knapp dran, obwohl mein Vater Hochschulabschluss hatte. Er unterrichtete an einem Gymnasium Latein und Griechisch. Meine Mutter hatte sich schon mit Händen und Füssen gewehrt, mich eher wegzugeben. Doch meine Eltern mussten jeden Pfennig zweimal umdrehen. Ich war fünf oder sechs Tage die Woche in der Krippe, für jeweils sieben Stunden. Das war noch gut. Normalerweise wurden die Kinder in der DDR-Zeit früh um sechs abgegeben und abends um fünf geholt. Die nächste Stufe war die Wochenkrippe für Schichtarbeiter und Künstler. Da waren die Kinder nur am Wochenende zu Hause. Ich sprach mit Erzieherinnen, die da gearbeitet haben und den Job aufgeben mussten, weil sie es nicht ertrugen. Die Kinder schrien die ersten drei Tage und lagen dann nur noch apathisch da. Als Mutter würde mir das Herz brechen. Da funktioniert Ihr Herz offensichtlich noch. Nach der zweiten oder dritten Krippengeneration funktioniert es tendenziell nicht mehr. Wir sind weit weg vom Normalen. Wenn man mit Westdeutschen spricht, die ihr Kind in die Krippe bringen, sagen die oft, sie hätten zu kämpfen mit ihrem Gewissen. Diese innere Stimme ist hier beinahe verlorengegangen. Das ist das «normale» Leben, dass ein Kind in die Krippe gehört, egal, ob die Eltern zu Hause sind oder nicht. Es bringen auch Arbeitslose ihr Kind weg, die bestehen drauf. Die wollen die Kinder nicht bei sich? Nein. Ich kenne eine junge Krippenerzieherin. Sie sagt, es sei so weit, dass Mütter ihre kranken Kinder abgeben wollten. Mit der Bemerkung: Das Gequengel würden sie nicht den ganzen Tag ertragen. Es ist ihr inzwischen egal, ob sie ihren Arbeitsplatz verliert, sie tut ihren Mund auf. In der Elternversammlung sagt sie: Sie sind verantwortlich für Ihr Kind. Wenn Ihr Kind krank ist, braucht es Sie. Das getraut man den Eltern sonst nicht zu sagen. Das hören die nicht gern.Die Betreuerinnen beschönigen die Sache? Ja. Weint das Kind am Morgen beim Hinbringen, wird den Eltern gesagt: Ach, sobald Sie rausgehen, wird das schon. Je schneller sich das Kind dran gewöhnt, desto besser. Wenn eine Mutter sich nun fragt, ob es vielleicht doch nicht so gut ist, was sie tut, wird sie nie die Bestätigung kriegen, dass ihr mütterliches Empfinden richtig ist. Es ist uns abgewöhnt worden. Über Jahre wurde gesagt, Mütter seien nicht nötig fürs Kind. Frauen seien wichtig in der Produktion. Im Laufe der DDR-Zeit wurde die Mutter hinsichtlich der Betreuung ihrer Kinder zunehmend zur Randfigur. Sie war kaum noch für ihr kleines Kind greifbar. Ihre Verantwortung und Kompetenz wurden ihr qua-si an der Krippentür abgenommen. So bestimmte man die Art und Weise, wie die Kinder gekleidet sein sollten, damit das Umziehen mühelos ging. Der Tagesablauf war streng geregelt, mit festen Schlaf- und Essenszeiten. Aber auch ärztliche Untersuchungen fanden ohne die Eltern statt.Hat die Entmündigung der Eltern Auswirkungen? Ja. Das ganz persönliche Verantwortungsgefühl für das eigene Kind ist im Niedergang. Manche Eltern fordern die Einrichtungen sogar selber ein, weil sie diese Art aufzuwachsen für normal halten. Die sagen: Was, jetzt soll ich selber zum Arzt gehen mit meinem Kind? Selbst Arbeitslose, die eigentlich zu Hause sind, lassen die Kinder ganztätig in der Einrichtung. Sie fühlen sich nicht gerufen, ihm ein Mittagessen zu kochen. Nein, das Kind kann ich nicht den ganzen Nachmittag ertragen! Unglaublich. Und dann wird gesagt: Die Eltern sind unfähig, wir brauchen mehr Einrichtungen, so nennt man Krippen bei uns. Doch je mehr Einrichtungen wir haben, desto mehr verlieren wir in der nächsten Generation die Fähigkeit und den Willen, unsere eigenen Kinder zu versorgen. Bringt eine Mehrheit die Kinder in die Krippe? Ja. Ist das kostenlos? Nein, aber Geringverdiener zahlen wenig, Arbeitslose zum Teil gar nichts. Die sind zu Hause, geben ihr Kind weg und kriegen die grossen Subventionen des Staates. Frauen wie ich, die freiwillig mit ihren Kindern zu Hause bleiben, sind eine Seltenheit und gehen finanziell leer aus. Wie alt waren Sie, als Sie in die Krippe gebracht wurden?Knapp zweieinhalbjährig. In dem Moment setzt mein Erinnerungsvermögen ein. Es war ein Trauma. Können Sie das näher beschreiben? Ich sage es erst wissenschaftlich: Der Mensch ist in seinem frühen Dasein auf Bindung angelegt. Die Trennung ist ein schwerwiegendes Trauma, das ist in der Bindungsforschung heute erkannt. Wenn meine Mutter mich morgens abgab und ging, hatte ich das Gefühl, ich falle ins Bodenlose. Es ist so eine Existenzangst, dass ich heute weiss, wie wohl Todesangst sein muss. Die Mutter geht, und als kleines Kind weiss man nicht, wohin sie geht und ob sie wiederkommt. Man denkt, sie ist für immer weg. Ich schrie bis zur Besinnungslosigkeit. Dann setzte ich mich stundenlang in einen engen Leiterwagen. Die Waden schmerzten von den Holzstangen, aber diese Enge tat irgendwie gut. Wie ging es weiter?Ich wurde immer wieder sehr stark krank, hatte mehrmals Lungenentzündungen und musste wochenlang zu Hause bleiben. Zum Schluss hatte ich eine schwere Lungenentzündung mit einer Komplikation. Meine Eltern riefen nachts den Notarzt, und der sagte, wenn Ihr Kind nicht sofort Penizillin bekommt, garantiere ich für nichts. Mein Vater ging, da sie weder Auto noch Telefon hatten, zu Fuss von einem Ende einer mittleren Kreisstadt ans andere, in eine Apotheke. Da beschloss er, mit der Krippe aufzuhören. Meine Mutter dachte zu Hause dasselbe. Unser Kind stirbt uns sonst noch unter den Händen weg. Ihren Eltern war klar, dass die Krankheiten durch die Krippe ausgelöst wurden? Meine Mutter sagt, vorher sei ich überhaupt nie krank gewesen.Und dann gab sie den Beruf auf? Ja. Es kam ihr der Umstand zu Hilfe, dass mein Grossvater starb. Da konnte sie bei der Arbeit vorgeben, sie müsse sich um die Schwiegermutter kümmern. Wie reagierte die Umgebung darauf, dass Ihre Mutter mit Ihnen zu Hause blieb?Es gab hässliche Äusserungen. Na, Ihr Kind ist doch gross, das kann doch nun weg. Bekannte und Nachbarinnen sagten meiner Mutter, na, die wird Ihnen immer am Rockzipfel hängen. Sie werden dann schon sehen, was Sie davon haben, dass Sie so ein Aufhebens machen um dieses Kind. Das ist schwer zu ertragen. Ich weiss, wie das ist, weil es heute vielfach immer noch so ist. Es kann den Leuten doch egal sein, wenn eine Familie die Kinder nicht in eine Krippe bringen möchte. Jedes totalitäre Regime muss versuchen, die Bindung zwischen Eltern und Kindern zu kappen, damit man die Kinder besser in die Hand bekommt. Die Bindung lässt sich am besten an der Wurzel zerstören. So dass sich die Kinder nicht mehr an den Eltern orientieren. Bei mir waren es insgesamt zwar nur einige Monate, die ich in der Krippe war. Da ich davon immer vier Wochen krank und eine Woche gesund war, war ich eigentlich nur wenige Wochen dort. Aber ich spüre heute noch Narbenschmerzen. Narbenschmerzen? Ja. Zum Beispiel, wenn alle Welt Krippen für toll hält. Jede meiner Fasern gerät dann in Stress. Oder wenn ich miterleben muss, wie Kinder von Bekannten weggebracht werden. Oder wenn ich Kleinkinder sehe, die keine normalen Regungen zeigen, die mit gesenktem Kopf rumlaufen. Es merkt keiner mehr, dass das nicht normal ist. Mir flattert das Herz, wenn ich mit jemandem über Krippen rede und die Leute mit ihren Schutzbehauptungen kommen: Uns hat das auch nicht geschadet. Ich habe Angst vor der Lieblosigkeit, die hier grassiert. Wie man mit verlogenen Argumenten jetzt in ganz Deutschland, auch im Westen, den Bau neuer Krippen vorantreiben will. Wenn wir in unserer Gesellschaft noch genug Liebe hätten, dann würden wir das von vornherein nicht ins Auge fassen: Ein kleines Kind aus seiner Familie rauszuziehen, es von seiner Mutter zu trennen. Wenn wir noch genug Liebe hätten, würden wir in unserem Herzen wissen, dass das nicht gut ist.Manche Leute sagen, Krippen seien die moderne Form der Grossfamilie. Früher hätten sich auch mehrere Leute um ein Kind gekümmert, Tanten und Grosseltern. Die Kinder seien nicht so ausschliesslich mit der Mutter zusammengewesen, wie das heute der Fall ist.Das sind völlig unterschiedliche Dinge. Ein Kind kann sehr wohl zwischen seinen Leuten und Fremden unterscheiden. Sowohl in einer frühmenschheitlichen Horde als auch in einer Grossfamilie hatte die Mutter eine exponierte Stellung für das Kind. Es wusste ganz genau, wann es sich an die Mutter wenden konnte. Die Mutter war vorhanden. In der Krippe ist das nicht der Fall. Das kleine Kind braucht Nähe, das Wohlgefühl des Mutterleibs muss immer wieder hergestellt werden. Das Gehirn braucht das für die Entwicklung. Liebe erhalten, umfangen sein vom Körper der Mutter, das ist unser Naturprogramm. Erst wenn wir gediehen sind und innere Sicherheit haben, wird unser Aktionsradius grösser. Als Sie Mutter wurden, war da der Druck noch gross, die Kinder wegzugeben, um zu arbeiten? Na sicherlich. Mein erstes Kind wurde noch zu DDR-Zeiten geboren. Ich wusste nicht, was tun. Ich wollte es nicht in eine Krippe schicken. Damals arbeitete ich als Diplo m-Bibliothekarin. Normalerweise blieben Mütter fünf Monate bezahlt zu Hause. Wer aber keinen Krippenplatz nachweisen konnte, durfte drei Jahre zu Hause bleiben, und der Betrieb musste einen wiederaufnehmen. Ich hatte damals wenig Mut und getraute mich nicht zu sagen, ich kündige und bleibe zu Hause. Ich ging zu dem Amt in unserem kleinen Ort und schickte Stossgebete zum Himmel, dass mir geholfen werde. Und sie werden es nicht glauben: Die Frau auf dem Amt sagt, ich sehe, dass Sie Ihr Kind ungern weggeben. Ich habe sowieso nicht genug Krippenplätze, ich mache das deshalb so, wie jeder will. Wenn Sie mir sagen, ich will drei Jahre zuhause bleiben, dann mach ich das so. Als mein zweites Kind geboren wurde, genau zur Wende, musste ich mich nirgendwo mehr verpflichten. Ich kündigte und bin seither Hausfrau. Ich klinkte mich aus diesem System von Arbeiten-Gehen oder Arbeitsamt aus. Hat die grossflächige Fremdbetreuung über Generationen hinweg Spuren hinterlassen in der ostdeutschen Gesellschaft? Durch die gesamte Kindheit zieht sich Ungeborgenheit. Die Eltern-Kind-Beziehungen sind vielerorts gestört. Ich beobachte eine Gefühlsarmut und -kälte. Eine junge Frau, die zu mir in die Stillgruppe kommt, sagt von sich, dass sie Schwierigkeiten hat, etwas zu empfinden. Mit Therapien lernt sie, ihre Gefühle wahrzunehmen. Sie war als Kind immer in Krippen und hatte später grosse Beziehungsschwierigkeiten. Mittlerweile hat sie ein Kind und tastet sich zäh in eine liebende Mütterlichkeit hinein. Wir haben hier im Osten auch grosse Probleme mit Alkohol und Drogen. Jugendheime schiessen wie Pilze aus dem Boden. Da sehen Sie einen direkten Zusammenhang zur Fremdbetreuung? Ja. Die Basis aller seelischen und geistigen Fähigkeiten wird in den ersten drei Jahren gelegt. In dieser Zeit wird das Gehirn entwickelt. Das Gehirn eines Neugeborenen kann mit einem Rosenbusch verglichen werden. Die geschlossenen Rosenknospen sind die Synapsen. Wenn der Rosenbusch keine optimalen Entfaltungsbedingungen hat, verkümmern die Synapsen, das heisst, die Knospen gehen nicht auf. Kinder, die nicht gestillt wurden und die zu wenig gut gebunden sind, haben später eher Suchtprobleme, aber auch Verhaltensprobleme und Lernschwierigkeiten, es fehlt eher die Anstrengungsbereitschaft. Weshalb?Das Saugen an der Mutterbrust ist für das Baby anstrengend. Die Milch fliesst nicht automatisch. Doch die Mühe wird belohnt, es kommt die süsse Milch. Spreche ich mit Lehrern, höre ich immer dies: Es fehlt der Wille zur Anstrengung und die Fähigkeit, sich auf eine Person zu konzentrieren. Wenn ich mich als Kind auf das Gesicht der Mutter konzentrieren durfte, bin ich später besser in der Lage, mich auf eine Person zu konzentrieren, die mir etwas sagen will.Woher nehmen Sie Ihr Wissen? Ich lese sehr viel. Seit der Wende, seit man an Literatur rankommt, bin ich ständig mit einem Sachbuch beschäftigt. Ausserdem sehe und höre ich als Still-Beraterin vieles. Aber die eigentlichen Dinge haben mich meine Kinder gelehrt. Bemerken Sie einen Unterschied zwischen Ihren Kindern, die Sie zu Hause grosszogen, und Krippenkindern?Ich kann nur sagen, dass ich regelmässig von fremden Leuten auf der Strasse, von Verkäuferinnen oder Sprechstundenhilfen angesprochen wurde: Was das für strahlende, ausgeglichene Kinder seien. Ähnlich später in der Schule. Die Lehrer sagten, so ausgeglichene, selbständig und konzentriert arbeitende Kinder, das gäbe es nur noch selten. Davon könnte man fünfzig in einer Klasse unterrichten. In der Schule fallen Ihre Kinder auf? Die Lehrer fragen mich jeweils: Wie haben Sie das mit Ihren Kindern gemacht? Da sage ich immer: Ich lebte sehr unmodern. Ich stillte sie lange, war da, nährte sie. Es ist nicht die Frage, dass wir Mütter daheim am Herd stehen. Sondern, dass wir das Gemüt des Kindes ernähren und schützen. Da sagen die Lehrer: Warum sagt das einem eigentlich keiner? Wieso hört man davon nichts? Wenn ich im Zeugnis meines Fünfzehnjährigen lese, er falle auf durch seine freundliche und höfliche Art, dann fühle ich mich ein bisschen rehabilitiert. Viele hier sehnen sich im Grunde nach einem intakten Familienleben. Junge Frauen schlittern von einer Beziehung in die nächste. Da war einmal eine junge Verkäuferin, die guckte ganz entzückt auf mein schlafendes Kind und sagte zu mir: Ach, ist das schön. Ich fragte: Haben Sie schon Kinder? Sie: Nein, ich will auch keine. Ich sagte: Darf ich fragen, weshalb nicht? Ach, das kann ich Ihnen sagen. Ich habe nur Freundinnen rundum, die haben ein Kind und keinen Mann mehr. Weil die Männer taugen hier alle nichts. Und machen sich fort, wenn es um die Verantwortung geht. Das will ich nicht. Müssen nicht viele Frauen in Ostdeutschland arbeiten? Aus finanziellen Gründen?Der finanzielle Druck ist schon allgegenwärtig. Doch viele haben auch grundsätzlich das Gefühl, nichts wert zu sein, wenn sie nicht arbeiten gehen. Die Idee, dass einem in der Ehe sowieso alles gehört, dieses Gedankengut ist unterrepräsentiert. Die Frauen wollen ihr eigenes Geld. Wahrscheinlich weil sie wissen, dass sie sich auf den Partner nicht verlassen können. Wir haben einen Liebesnotstand noch viel mehr als einen Arbeitslosennotstand."
Erschienen in der Weltwoche Ausgabe 50/07

http://www.weltwoche.ch/


Als Sympathisant der deutschen Krätzä-Bewegung erlaube ich mir auch noch deren Thesen zur weiteren Erziehung von Kindern hier auszugsweise zu bringen. Da geht es aber nun hauptsächlich um Kindererziehung und Schule für Kinder und Jugendliche die das Kleinkindalter hinter sich gelassen haben. Auch da tut Veränderung not, dies aber nicht im Sinne der Ideologien der sogenannten PISA-Fanatiker und Propagandisten der Ganztagsschule, sondern hin zu einer Schule der Freiheit und freien Selbstentfaltung individueller Persönlichkeiten:


„Lernzwang
Nicht das lernen, was man will
Der Glaube, daß der deutsche Lehrplan für's Leben notwendig ist, ist unbegründet + falsch. Die meisten Sachen lernt man aus eigener Erfahrung und eigenem freien Willen. Zum Beispiel lernen auch Kinder, die noch nicht in die Schule gehen, lesen und schreiben, wenn sie es wollen. In der Schule können Kinder nicht das lernen, wofür sie sich gerade interessieren oder was ihnen gerade wichtig erscheint, da die meisten Lehrer den Stoff straff und planmäßig durchziehen, ohne auf Lust und Interessen der Kinder zu achten. So wird ihre freie Entfaltung (s. Grundgesetz) und Erfahrungssammlung behindert. Das macht das Lernen uneffektiv.




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Massenhaltung
Zuviele Kinder in einer Klasse
In der Schule müssen zu viele Kinder fast ohne Bewegung täglich mehrere Stunden gemeinsam in einem Raum durchhalten. Es ist bewiesen, daß man dadurch mit der Zeit aggressiv wird. So kann man nicht lernen! Zum Lernen ist es außerdem nötig, daß man eigene Erfahrungen sammelt und das ist kaum möglich, da man sich nicht zurückziehen oder allein sein kann.




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Schülersortierung
Nur Gleichaltrige
Es ist langweilig, wenn in einer Klasse nur Kinder gleichen Alters sind. So lernt man andere Lebensarten und -unarten und Altersstufen nicht kennen. Verschiedenaltrige könnten voneinander lernen und sich unterstützen.




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45-Minuten-Takt
Verkrampft-sture Zeiteinteilung
Wie lange Schüler brauchen, um neuen Stoff zu kapieren, ist sehr verschieden und kaum planbar. Ein festgefahrener Stundenplan stört so bei vielen den Lernprozeß. Für die meisten ist es belastend, daß sie nicht ausschlafen können.



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Einzelherrscher
Der Lehrer sitzt am längeren Hebel
Im Falle eines Streits haben die Schüler selten eine Chance sich durchzusetzen. Gegen LehrerInnen, die schlechten Unterricht geben und ungerecht sind oder einen nicht leiden können, kann man sich kaum wehren. Der Lehrer kann durch schlechte Noten * schlechtes Zeugnis * kein Schulabschluß * Kack-Berufschancen großen Druck ausüben. Fehlende Gleichberechtigung erschwert das Lernen ungemein.




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Gedankensteuerung
So sein, wie andere es sich wünschen
Die Schule ist nicht nur zum Lernen da, sondern will den Schülern jetzt schon vermitteln (antrainieren), wie sie sich zu verhalten haben, was richtig / falsch / gut / böse ist. Sie will aus den Schülern angepaßte Staatsbürger machen. Nicht nur die Meinungs-, sondern sogar die Gedankenfreiheit wird bedroht, denn die Kinder sollen nicht nur sagen, was die Lehrer hören wollen, sondern auch noch glauben, daß es richtig ist.



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Langeweile
Uninteressanter Unterricht
In den meisten Fächern sollen die Kinder nur mit ihrem Denkvermögen und Gedächtnis Unterrichtsstoff kapieren, der sie häufig nicht mal interessiert. In der Regel steht der Lehrer vorne und redet und redet. Aus einer Unzahl von Kopien und Büchern muß der Stoff erarbeitet werden. Träumen, spielen, die Dinge der Welt erkunden - das ist in der Schule
nicht möglich.




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Scheinwelt
Lernen hinter Mauern
Die Schule will die Kinder auf das Leben vorbereiten (als würde es erst viele Jahre nach der Geburt beginnen). Aber anstatt im praktischen Leben Erfahrungen zu sammeln und zu lernen, sitzt man in meist langweiligen Schulgebäuden und es werden einem Videos und Kopien und fachliche Experimente vorgesetzt... Wo lernt man, wie man miteinander klarkommt, wie man am besten Probleme löst usw.? Das alles wird höchstens theoretisch besprochen.




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Schulversagen?
Eigentlich versagt die Schule
Das oft von Staat und Schule beschworene Ziel, freundliche, friedliche und gut gebildete Schüler aus der Schule zu entlassen, wird nicht erreicht. Viele Schulabgänger sind weder gebildet noch friedlich. Die Zufriedenheit und Friedfertigkeit lassen zu wünschen übrig. Nicht mal Industrie und Wirtschaft sind mit den Schulabgängern zufrieden. Damit fehlen die Gründe, warum man das Zur-Schule-gehen in Kauf nehmen muß. Die Schule erfüllt ihren Zweck nicht.




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Alptraum Schule
Tägliches Leid durch Angst und Frust
Nach Schätzungen geht


1/3 der Schüler gerne und ohne Probleme zur Schule,

1/3 der Schüler langweilt sich in der Schule, paßt sich an, und kommt ohne großen Schaden durch.
Dem dritten Drittel der Schüler geht es in der Schule mies - und das tagtäglich! Ein Grund für viele, Medikamente zu nehmen, Alk zu trinken oder krank zu werden. Einige werden von der Schule in den Selbstmord getrieben. Wo bleibt bei einer so vermiesten Kindheit das "Wohl des Kindes", das im Grundgesetz gefordert wird.



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Nix Chancengleichheit
Viele bleiben auf der Strecke
Das Argument, daß das jetzige Schulsystem wegen seiner Chancengleichheit so gut ist, stimmt nicht. Die Möglichkeiten, die Schüler in der Schule haben, hängen unter anderem sehr stark von den Eltern (Zeiteinteilung, Geld, Ansichten, ...) oder der Sympathie der Lehrer zu den Schülern ab.




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Zensurenterror
Alle müssen dasselbe lernen
Die Menschen sind verschieden, sollen aber alle das gleiche lernen und zum selben Ziel kommen. Sie werden durch Noten in gut und schlecht eingeteilt. Man lernt nur noch für die Noten. Mit ihnen wir man erpreßt und zum Lernen gezwungen (entweder ... oder 6). Das macht Angst und nimmt die Freude. Lernen wird dadurch erschwert.




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Teilzeitgefängnis
Der Zwang anwesend zu sein
Der Schüler wird gesetzlich gezwungen, in die Schule zu kommen: Ob es ihm dort gut oder schlecht geht, ob er Probleme hat oder ob er gerne woanders wäre, um z.B. dort zu lernen, ist egal! Zwang auf Menschen auszuüben ist Gewalt. Sogar im außerschulischen Leben werden Hausaufgaben angeordnet. Die deutsche Schulpflicht bricht das Grundgesetz (schon wieder).



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Lehrerfrust
Lehrer sind auch Menschen
Auch viele LehrerInnen sind mit dem Schulsystem unzufriedenund leiden darunter. Sie gehen selbst nicht gerne in die Schule. Manche geben sich kaum noch Mühe. Viele schaffen es nicht, die vielen Probleme, die durch die Schule entstehen, zu bewältigen. Oft sind die Schüler die Opfer dieses Frustes.

Schulnoten abschaffen!
Wir wissen, daß wir nicht die Ersten sind, die die Forderung nach der Abschaffung von Schulnoten erheben. Und wir wissen auch, daß die Abschaffungs-Befürworter bisher nicht die öffentliche Meinung für sich gewinnen konnten. Unserer Auffassung nach liegt das auch daran, daß sie sich in ihrer Argumentation meist zu sehr auf den Auslese-Aspekt von Zensuren konzentrieren, die anderen Mängel aber kaum beachten und so den Bedenken der Zensuren-Befürworter nicht genug entgegenzusetzen haben.

Mit diesem Text wollen wir die Frage nach Zensuren und Bewertungen neu aufwerfen und grundlegend diskutieren. Wir hoffen, mit unseren Argumenten auch diejenigen erreichen zu können, die Zensuren und Zeugnisse bisher befürwortet und verteidigt haben, all jene - egal welcher politischer oder gesellschaftlicher Richtung -, die für eine ehrliche Auseinandersetzung offen sind.

Warum also halten wir Schulnoten für unnötig und unsinnig?

Zensuren behindern das Lernen.
Zensuren sagen so gut wie nichts darüber aus, was jemand kann oder weiß.
Zensuren dienen der Machterhaltung des Lehrers.
Zensuren haben eine Auslesefunktion.
1. Zensuren als Lernbehinderung
Zensuren behindern das Lernen. Sie ersetzen im Laufe der Zeit die natürliche Motivation (im Leben zurecht kommen wollen, Neugier) durch eine künstliche Motivation (gute Zensuren, Vermeidung von Bestrafung). Die meisten Schüler lernen dann, weil sie eine gute Zensur bekommen wollen, aber nicht, weil sie sich für das Thema interessieren oder die Fähigkeit bzw. das Wissen gebrauchen könnten. Um gute Zensuren zu bekommen, lernen sie, was andere ihnen vorsetzen. Und wenn sie ihre Zensur haben, vergessen sie den "Stoff" meist ganz schnell wieder. Und: Da ihr Ziel nicht Wissen, sondern gute Zensuren heißt, lernen viele - wobei "lernen" hier nur im engeren Sinne verwendet wird - auch nur dann, wenn sie dafür eine Zensur bekommen. Dinge, für die es keine Zensur gibt, werden schon nicht so wichtig sein. Das eigene Nachdenken unterbleibt, denn andere sagen ihnen schließlich, womit sie sich beschäftigen sollen.

Zensuren, die es ja in Form der "mündlichen Note" auch zwischen den Leistungskontrollen gibt, erzeugen einen permanenten Druck. Dieser Druck erzeugt Angst, Angst zu "versagen". Durch Zensuren werden Fehler bestraft. Schüler, die an Zensuren glauben, fühlen sich oft als Versager, wenn sie viele Fehler machen und als "schlecht" eingestuft wurden, und führen ihren Mißerfolg nicht selten auf "eigene Dummheit" zurück, die ihnen von manchen Lehrern auch immer wieder eingeredet wird. Fehler sind jedoch ein wichtiger Bestandteil des Lernens. Wer neue Wege geht, macht Fehler. Fehler helfen, Zusammenhänge besser zu verstehen. Aber auf die Idee, daß die jetzige Schule Lernen be- und verhindert, kommen die meisten Schüler nicht. Indem sich Fehler oder auch nur Nachfragen, die Verständnislücken offenbaren, negativ in der Bewertung niederschlagen, wird begreifendes Lernen bestraft! Also lieber nicht neugierig sein, sondern brav auswendig lernen.

Ob die Motivation, sich mit dem vorgegebenen Thema zu befassen, durch schlechte Zensuren steigt, darf zumindest bezweifelt werden. Wenn man eine innere Motivation hat, läßt man sich durch Fehlschläge nur selten von seinem Ziel abbringen. Wenn einem Zensuren jedoch etwas bedeuten, fühlt man sich eher entmutigt. Angesichts der Versetzungsfrage geht von schlechten Zensuren trotzdem eine gewisse "Motivation" aus; diese entspricht jedoch der, die von einem Messer an der Kehle ausgeht. Unter Angst kann man nicht lernen. Angst lähmt. Man kann sich nicht auf das Lernen konzentrieren, man kann nicht kreativ sein, man ist viel zu sehr durch die ständige Bedrohung, zu versagen, abgelenkt.

Die von der Schule weiterhin standhaft ignorierten Erkenntnisse der Lerntheorie der letzten Jahrzehnte belegen zudem, daß das Gehirn kein Gefäß ist, in dem Wissen zusammenhangslos abgelegt werden könnte. Wenn man etwas lernt und später wieder an ein Thema denkt, erinnert man sich nicht nur an das Wissen, sondern auch an die Begleitumstände, unter denen man mit dem Thema zu tun hatte, also z.B. an bestimmte Unterrichtssituationen. Wenn der Druck der Zensuren einen also doch dazu bringt, mühsam, lustlos und gegen den eigenen Willen eine bestimmte Sache zu lernen, wird man diese Sache stets mit der unangenehmen Zwangslernsituation assoziieren. Um sich diese unangenehmen Gefühle zu ersparen, versucht man, solchen Themen möglichst selten über den Weg zu laufen, ihnen auszuweichen. Allein das Stichwort "Mathe" oder "Latein" genügt dann, um einen zusammenzucken und auf sichere Distanz gehen zu lassen. Die vor allem durch Zensuren erzwungene Zwangsbeschäftigung mit einem Thema führt also gerade nicht dazu, daß man sich damit beschäftigen will.

Zensuren begleiten und bewerten den Schüler also nicht passiv wie eine Studie (die Gegebenheiten feststellt, ohne sie dadurch zu beeinflussen) einfach bei dem, was er ohnehin tut und lernt, sondern verändern sein Lernverhalten - sie schaden ihm.

2. Zensuren - Bewertung ohne Aussagekraft
Im Folgenden wird versucht, den Entstehungsweg und die spätere Brauchbarkeit von Zensuren zu untersuchen.

Wie kommt eine Zensur zustande?
von Objektivität keine Spur
Zensuren haben nach allgemeinem Verständnis den Anspruch, den Kenntnisstand von Schülern objektiv zu beurteilen. Sie sollen Auskunft darüber geben, wie gut jemand ein Themengebiet verstanden hat und Fähigkeiten anwenden kann. Diesem Anspruch können sie aber prinzipiell nicht gerecht werden.

Um Schüler letztendlich auf einer Skala von 1 bis 6 (oder auch 0 bis 15 - wie beim Punktesystem in der 12. und 13. Klasse) bewerten zu können, muß der Lehrer (bzw. die Schulbehörde) zunächst festlegen, wann das Wissen und Können eines Schülers in einem Fach als "sehr gut" und wann es als "ungenügend" gilt. Ob jemand also "gut" oder "schlecht" ist, ist keine objektive Gegebenheit, sondern reine Definitionssache. Und diese Definitionen können recht unterschiedlich ausfallen.

Da der Lehrer nun nicht in den Kopf des Schülers hineingucken kann, kann er sich nur auf indirektem Weg ein Bild davon verschaffen, was der Schüler weiß, nämlich durch das, was der Schüler von sich gibt. Diesen Eindruck kann der Lehrer dann vergleichen mit seiner Auffassung davon, worauf es bei dem jeweiligen Thema ankommt. Also stellt der Lehrer verschiedene Tests (Lernerfolgskontrollen, Klassenarbeiten bzw. Klausuren) zusammen und läßt Vorträge halten, um so an Äußerungen des Schülers zu dem Thema zu gelangen, und beobachtet das Verhalten im Unterricht.

Wenn der Schüler genau all das schreibt bzw. sagt, was der Lehrer hören will, fällt die Bewertung nicht schwer. Aber in den meisten Fällen ist ein Teil der Antworten unvollständig oder fehlerhaft. Wo auf der 1-bis-6-Skala ist das Testergebnis dann einzuordnen, falls nicht völlig nach Gefühl entschieden werden soll? Schauen wir uns also an, was im Zensurenfindungsprozeß weiter geschieht.

Wenn ein Lehrer also z.B. eine Physik-Klausur zusammenstellt, muß er, um zumindest den Anschein von Objektivität zu wahren, zahlreiche Entscheidungen treffen, die dazu führen, daß - wenn letztendlich eine Zensur ermittelt wird - das ganze praktisch keine Aussagekraft mehr hat: Welche Themen kommen überhaupt in dem Test vor? In welcher Ausführlichkeit kommen die einzelnen Themen in der Klausur vor und wieviel Raum nimmt ein konkretes Thema im Verhältnis zu anderen Themen ein? Welche Arten von Aufgabenstellung sind enthalten (Definition hinschreiben, Vorgänge erklären, Sachaufgaben lösen, Gleichungen lösen)? Wie kompliziert sind die Aufgaben? Wie umfangreich ist der Test insgesamt? Wieviel Zeit steht dafür zur Verfügung? Das allein zu den gestellten Aufgaben.

Dann kommt noch die Bewertung. Wieviele Punkte sind maximal zu vergeben? Es ist schließlich ein Unterschied, ob man für einen Fehler einen von 20 zu erreichenden Punkten abgezogen bekommt oder einen von 100. (Darüber hinaus besteht offenbar keine einheitliche Regelung, ab wieviel erreichten Prozenten welche Zensur zu erteilen ist. Teilweise gibt es schon bei 90% eine Eins, teilweise erst ab 96%. Oder eine Fünf bis 20% oder bis 12%.) Wie werden Rechenergebnisse gewertet, die auf der richtigen Weiterverarbeitung von falschen Zwischenergebnissen basieren? Reichen als Antwort Stichpunkte und Rechenergebnisse, oder müssen ganze Sätze bzw. der komplette Lösungsweg aufgeschrieben werden?

Außerdem ist die konkrete Formulierung der Fragestellung von Bedeutung. Weiß der Getestete überhaupt, worauf er antworten soll? In Fächern wie Geschichte oder Erdkunde kommt es ständig vor, daß Schüler zwar bestimmte Sachen wissen, aber nicht wissen, daß sie sie auch aufschreiben sollen bzw. wie detailliert ihre Antwort sein soll.

Jeder Lehrer, der eine Klausur zusammenstellt, hat bei jeder dieser Fragen einigen Spielraum. Kein Lehrer trifft exakt die gleichen Entscheidungen wie ein anderer. Alle wollen "Leistung" messen, aber alle an unterschiedlichen Stellen und mit unterschiedlichen Maßstäben! Und jeder vergibt dann an jeden Schüler eine Zahl. Und diese Zahl soll nun etwas aussagen!

Bei schlichten Lernerfolgskontrollen und Protokollen spielt auch eine Rolle, ob der Lehrer sie angekündigt hat. Wurde der Schüler überrascht oder konnte er sich auf das Ereignis einstellen und sich entsprechend gezielt vorbereiten?

Um überhaupt Bewertungen vornehmen zu können, muß man - unabhängig von der Zusammenstellung von Tests - erst einmal festlegen, was richtig und was falsch ist. Bei Mathe, Physik, Chemie und Bio mag das weitgehend unproblematisch sein, also überall dort, wo es um überprüfbare Fakten geht. Bei bestimmten historischen Ereignissen ist das schon schwieriger. Bei Kunst, Musik und Literatur dürfte es praktisch unmöglich sein, so eine "wahre" Sichtweise festzulegen. Überall, wo es um Geschmacksfragen oder persönliche Einschätzungen geht, gibt es schließlich kein richtig und falsch, sondern eben nur die subjektive Sichtweise jedes Einzelnen.

Und so gehen wohl die Auffassungen darüber, was denn eine gute Gedichtinterpretation, eine gute Erörterung über das Thema "Geht Schule auch ohne Zwang?", ein gelungenes Kunstobjekt oder eine gute Beteiligung am Unterrichtsgeschehen ist, noch weiter auseinander als das bereits bei der Physik-Klausur der Fall war.

Und wieviel richtiges kann oder will der Lehrer noch in einem falschen (oder nicht seiner Auffassung entsprechenden) Ansatz erkennen? Versteht der Lehrer, was der Schüler gemeint hat? Viele Schüler lernen, wo es ihnen möglich ist, lieber die Formulierungen auswendig, als den Inhalt zwar verstanden zu haben, vom Lehrer aber mißverstanden zu werden. Noch schwerer hat es, wer deutsch nicht als Muttersprache gelernt hat. Er mag zwar vieles wissen, aber wenn er es nicht ausdrücken kann, zählt es nicht.

Beim Erstellen von Tests und bei der Bewertung hängt soviel vom jeweiligen Lehrer ab. Und im Falle eines Lehrerwechsels ist es keine Seltenheit, daß ein Schüler, der zuvor "befriedigend" war, nun als "mangelhaft" eingestuft wird - oder auch umgekehrt. Untersuchungen zeigen sogar, daß es ohne weiteres möglich ist, daß ein Lehrer ein und die selbe Arbeit zu unterschiedlichen Zeitpunkten unterschiedlich bewertet. Zensuren sind ganz offensichtlich nicht objektiv.

Unrealistische Testbedingungen
So weit, so schlecht. Leider sagt auch das durch den Test zu Tage geförderte Wissen nicht unbedingt sehr viel darüber aus, was der Prüfling wirklich weiß. Eine Klausur ist eine sehr ungewöhnliche Situation. Im wirklichen Leben außerhalb der Schule, auf das diese angeblich vorbereiten soll, kann man diverse Hilfsmittel benutzen, wenn man ein Problem lösen will. Man kann in den eigenen Notizen, in Lexika oder Handbüchern nachgucken, oder andere Leute fragen und ist nicht auf sich allein gestellt. An welche Dinge man sich erinnert, hängt zudem von der Umgebung ab. Viele Dinge fallen einem nur in der Situation ein, in der man sie in der Praxis anwenden muß, aber nicht in einem sterilen Klassenzimmer. In einem schriftlichen Sporttest einen verinnerlichten Bewegungsablauf zu beschreiben ist schwierig, da man ihn nicht ausprobieren und beobachten kann.

Für Tests steht außerdem immer nur eine begrenzte Zeit zur Verfügung. Das führt dazu, daß Dinge, von denen man überhaupt keine Ahnung hat, als genauso "gut" zählen, wie Dinge, die man zwar weiß, aber nicht innerhalb des Zeitlimits hingeschrieben hat. Zwar gibt es im wirklichen Leben auch Situationen, in denen es auf Schnelligkeit ankommt, häufig ist das aber nicht der Fall. Zeitdruck, wie er bei Leistungsüberprüfungen in Schulen besteht, führt dazu, daß oftmals die erstbeste Idee hingeschrieben, weil keine Zeit bleibt, die Sache wirklich zu durchdenken, und eine nur geratene Lösung erfahrungsgemäß mehr Punkte einbringt, als wenn zum Abgabezeitpunkt noch gar kein Ergebnis vorliegt.

Leistungskontrollen sind Streßsituationen, in denen man zwar einerseits zu Leistungen im Stande ist, über die man sich später selbst wundert, die andererseits, wenn man wegen der Kontrolle Angst hat, aber auch zu kompletten Denkblockaden ("black outs") führen können. Und was nicht auf dem Klausurblatt steht, zählt nicht.

Was kann man mit einer Zensur anfangen?
Als Feedback ungeeignet
Als Orientierung für den Schüler sind Zensuren ziemlich unbrauchbar - selbst wenn sie freiwillig wären. In den meisten Fällen kann ein Schüler doch selbst einschätzen, was er kann und was nicht, und ob das seinen Ansprüchen genügt. Sich auf eine Zensur zu verlassen, ist Selbstbetrug. Schüler, die ein Feedback haben wollen, könnten auch Lehrer oder Mitschüler um eine Einschätzung bitten. Diese wäre natürlich zwangsläufig ebenfalls subjektiv, aber man selbst muß ja die Ansprüche der anderen Person nicht teilen. Die Äußerung des anderen ist nicht mehr als eine Meinung! Wenn Schüler kein Feedback wollen, sollten sie in Ruhe gelassen werden.

Natürlich können sie auch freiwillig an Tests teilnehmen, wenn sie sich davon etwas versprechen; nur sollten sie nicht glauben, daß sie damit tatsächlich feststellen könnten, ob sie die Thematik gut oder schlecht beherrschen.

Die Gründe für die Notengebung bleiben unbekannt
Noch weniger als der Schüler können andere (z.B. Arbeitgeber) etwas mit Zeugnisnoten anfangen, da sie ja nicht wissen, auf welches Wissen sich denn die Bewertung überhaupt bezieht, also was insgesamt alles getestet wurde. Eine Mathe-5 auf dem Abi-Zeugnis sagt nichts darüber aus, ob sich jemand gut mit Prozentrechnung, linearen Gleichungssystemen oder anderen tatsächlich mitunter nützlichen Dingen auskennt. In Fremdsprachen sollen die Schüler in der Oberstufe oft literarische Texte analysieren und interpretieren - etwas, das man nicht mal bei der Übersetzung englischsprachiger Bücher braucht. Außenstehende können den Zensuren weder die im Unterricht behandelten Themen entnehmen, noch wie der Lehrer vorgegangen ist, als er aus den Ergebnissen eine Zensur interpretiert hat.

Mit einer Bewertung kann man nur etwas anfangen, wenn man die Grundlage der Bewertung kennt. Was sich hinter einer Zensur verbirgt, weiß also nur derjenige, der sie vergibt. Und das macht sie ziemlich überflüssig.

Und selbst wenn genau bekannt ist, was Gegenstand des Tests war und wie die Aufgaben lauteten (weil es sich z.B. um eine im Nachhinein veröffentlichte Zentralabiturprüfung handelt), sagt die dafür vergebene Zensur nichts darüber aus, welche der dort gefragten Sachen ein Schüler wußte und wo er Fehler gemacht hat, und ob Fehler auf grundsätzliche Unwissenheit oder auf Flüchtigkeitsfehler zurückzuführen sind oder nur die Zeit nicht gereicht hat.

Geringe Haltbarkeitsdauer
Selbst wenn alle obengenannten Punkte irrelevant wären, bleibt immer noch das Problem, daß Zeugnisse nur das (vermeintliche) Wissen der Vergangenheit beschreiben. Also selbst, wenn man glaubt, daß Zensuren doch etwas aussagen, tun sie das um so weniger, je älter ein Zeugnis ist. Der Schüler kann nach der Leistungskontrolle all das, was er aufgeschrieben hat, wieder vergessen haben. Und das ist ein durchaus sehr übliches Phänomen. Er kann sich aber auch mit Dingen, die er damals tatsächlich nicht gewußt oder verstanden hatte, mittlerweile sehr gut auskennen. Er mag durch die Französisch-Prüfung gefallen sein, aber er war danach vielleicht ein Jahr als Au pair in Frankreich. Und in Gebieten wie Informatik sind heute ganz andere Dinge gefragt als vor 10 Jahren.

Was also sollen Unternehmen oder Unis mit Zeugnissen anfangen? Was soll sich der Bearbeiter unter Deutsch "3" oder Mathe "4" denn vorstellen?

Zwischenbilanz
Die Auswahl der Testaufgaben ist subjektiv, die Bewertungsmaßstäbe sind subjektiv und die Interpretation des Zeugnisses durch einen Dritten ist auch subjektiv. Wenn es Arbeitgebern um die fachliche Eignung eines Bewerbers geht, können sie mit Zeugnissen nichts anfangen, und die Schüler können das ebensowenig, genauso wie ihre Eltern oder sonst wer.

3. Lehrermacht
Zensuren dienen der Machterhaltung des Lehrers. Da Zensuren alles andere als objektiv sind, kann der Lehrer sie benutzen, um ihm unliebsame Schüler zu bestrafen, ohne daß der Schüler dem Lehrer die Benachteiligung nachweisen kann. Das gilt vor allem, wenn es um sogenannte mündliche Leistungen wie die Beteiligung am Unterrichtsgeschehen geht. Irgendwie begründen kann der Lehrer immer, warum er genau diese Note geben "mußte". Der Deckmantel der Objektivität ermöglicht also Willkür. Das muß nicht einmal böswillig geschehen. Aber bei seinen Lieblingsschülern ist ein Lehrer einfach großzügiger als bei den ihm verhaßten.

Da von den Zensuren die weitere Schullaufbahn und die späteren Berufschancen abhängen, versuchen die meisten Schüler, gute Zensuren zu bekommen. Und dafür dürfen sie möglichst nicht schlecht auffallen. Sie ordnen sich dem Willen des Lehrers unter, und sagen und schreiben das, was er von ihnen erwartet, passen sich vorsichtshalber an seine Ansichten an. Und vor allem lernen die Schüler auch Dinge auswendig, die sie nicht im geringsten interessieren, spucken sie auf Befehl wieder aus, und heucheln ggf. nebenbei noch Interesse am Thema. Die Schüler stellen ihre eigenen Interessen zurück.

Kommen zu den "normalen" Zensuren dann noch Kopfnoten hinzu - bei deren Vergabe noch größere Willkür herrscht -, wird der Anpassungsdruck noch größer. Die Schüler müssen dann nicht nur sagen und schreiben, was der Lehrer hören und lesen will, sondern sich auch noch "gut benehmen".

Durch Zensuren lernen Schüler, nur noch auf Anordnung tätig zu sein und sich weitgehend von der Bewertung durch andere abhängig zu machen. Ihr eigenes Denken wird zurückgedrängt, Selbständigkeit kommt abhanden.

Bewertung setzt unweigerlich Kontrolle voraus. Und die ist in jedem Fall ein Eingriff in die Privatsphäre des Schülers. Wenn die Bewertung den Anspruch hat, objektiv bzw. irgendwie vergleichbar zu sein, reichen zufällige Eindrücke nicht aus. Dafür muß der Schüler dauerhaft bzw. in regelmäßigen Abständen kontrolliert werden - und zwar unabhängig davon, ob er sich dadurch gestört fühlt.

Gleichberechtigung zwischen Schülern und Lehrern ist mit Zensuren oder sonstiger Bewertung nicht möglich. Zensuren passen nicht in eine freiheitliche und demokratische Schule.

4. Auslese
Zensuren haben eine Auslesefunktion. Der Lehrer ist angehalten, darauf achten, daß sich eine "Normalverteilung" der Zensuren einstellt.

Es darf nicht nur "gute Schüler" geben. Eine Klassenarbeit, in der es nur Einsen und Zweien gibt, war "zu leicht". Die Eins ist dann nichts mehr wert. Es bleibt nichts mehr zum Wegselektieren. Es muß in diesem System immer auch "schlechte Schüler" geben.

Da also nicht alle "gut" sein dürfen, entsteht ein Konkurrenzverhältnis der Schüler untereinander, was eine Entsolidarisierung unter den Schülern fördert. Wer sich anpaßt, verbessert seine Chancen, zu den Gewinnern zu gehören. Ausgewählt wird letztendlich also auch nach der Bereitschaft, Dinge zu tun, deren Sinn einem nicht bekannt ist.

Alternativen
Innerhalb der Schule kann nicht nur auf Zensuren, sondern auf jegliche nicht durch den Schüler in Auftrag gegebene Bewertung verzichtet werden, da sie schlicht überflüssig ist. Ob, wann und in welcher Form bewertet werden soll, soll deshalb nur jeder Schüler selbst entscheiden.

Universitäten und Unternehmen könnten - sofern überhaupt nötig - Einstellungs- bzw. Zugangstests durchführen. Da diese immer aktueller als Zeugnisse sind, wäre damit auch das Problem des Veraltens gelöst. Solche Tests sind auch insofern brauchbar, als derjenige, der über eine Anstellung oder Zulassung entscheidet, die tatsächlichen Testergebnisse vor Augen hat, und nicht eine Zahl von 1 bis 6. Natürlich stellt sich auch dann noch die Frage, welche Themen überhaupt relevant sind.

Letztendlich sind Zensuren Ausdruck von Willkür.

Die Abschaffung von Zensuren kann allerdings nur der Anfang für ein gerechtes Bildungswesen sein - eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung sozusagen. Die Erkenntnisse der letzten Jahrzehnte darüber, wie Menschen lernen, dürfen von der Schule nicht länger übergangen werden. Niemand darf mehr zum Lernen gezwungen werden.

Lernen ohne Druck und Zwang
Viele Menschen wollen an Schulpflicht und Lernzwang festhalten, weil sie befürchten, daß Kinder sonst nichts mehr lernen würden.

Freie und Demokratische Schulen, in denen die Schüler selbst entscheiden, was, wann und wie sie lernen, zeigen, daß Kinder zum Lernen nicht gezwungen, gedrängt oder überredet werden müssen. Menschen haben ein natürliches, angeborenes Lernbedürfnis. Kinder sind neugierig und wollen lernen. Sie wollen die Welt, die sie umgibt, begreifen.

Lesen und Schreiben
Die zentrale Sorge der Skeptiker der Lernfreiheit gilt meist der Frage, ob Kinder denn von sich aus Lesen, Schreiben und Rechnen lernen werden. Diese Grundfertigkeiten werden – zurecht – überall in der Gesellschaft für so wichtig gehalten, weil sie aus dem Lebensalltag kaum wegzudenken sind. Doch gerade deshalb sind auch Kinder z.B. ständig mit Geschriebenem konfrontiert: Wenn man als junger, neugieriger Mensch überall Zeichen sieht, die für einen wie Unsinn aussehen, die aber jeder um einen herum versteht – würde man es dann nicht auch können wollen? Schließlich kann man dann Comics, Hinweisschilder, Briefe und Bücher selbst lesen und ist weniger abhängig von lese- und schreibkundigen Menschen. Außerdem ermöglicht einem das Lesen-Können, Dinge, die einen interessieren, selbständiger zu lernen. Auch wer das Internet benutzen will, ist auf das Lesen angewiesen. Selbst in Computer- und Videospielen kommt Schrift vor. Es ist nahezu unvorstellbar, daß ein Kind in so einer Umgebung nicht früher oder später den praktischen Nutzen des Lesens und Schreibens erkennt.

Der Wunsch, lesen zu können, tritt aber nicht bei jedem Menschen mit genau 6 Jahren auf, sondern bei manchen vielleicht erst mit 9 oder 10 Jahren, bei anderen hingegen schon mit 4 Jahren. Aber sobald Kinder von sich aus Lesen und Schreiben gelernt haben, merkt man ihnen nicht an, in welchem Alter sie es gelernt haben.

Wir finden es ungerechtfertigt, daß gerade Lernen ohne Zwang so häufig mit Analphabetismus assoziiert wird, obwohl es doch das staatliche Pflichtschulwesen ist, das eine beträchtliche Zahl von Analphabeten hervorbringt. In Deutschland können etwa 4 000 000 Menschen über 14 Jahren nicht oder kaum lesen und schreiben. Der weitaus größte Teil dieser funktionalen Analphabeten hat eine staatliche Schule besucht, hatte aber andere Dinge im Kopf, als dort Lesen und Schreiben unterrichtet wurde. Die Erwartung, daß alle zum gleichen Zeitpunkt lesen können sollen, machte es ihnen schwer, später um Unterstützung beim Lesen- und Schreibenlernen zu bitten, so daß sie es vorzogen, ihre Wissenslücke zu verstecken.

Rechnen
Ebenso wie das Lesen und Schreiben kommen im Alltagsleben häufig Situationen vor, in denen mathematische Grundkenntnisse – Grundrechenarten, Bruch- und Prozentrechnung – von Nutzen sind, insbesondere im Zusammenhang mit Geld. Ähnlich wie beim Lesen und Schreiben wollen Kinder auch früher oder später eigenständig mit Geld umgehen können.

Lernmotivation
Was auch immer Menschen lernen – am effektivsten lernen sie, wenn ihnen das zu Lernende bedeutend erscheint. Dinge, die sie nicht interessieren, vergessen sie schnell wieder. Entscheidend für erfolgreiches und langanhaltendes Lernen ist eine eigene, innere Motivation. Sie beschleunigt das Lernen erheblich: sobald jemand sich entschlossen hat, eine Sache zu lernen, benötigt er dafür oft nur einen Bruchteil der in der Schule üblichen Zeit. Es lohnt sich, den Kindern die Entscheidung zu überlassen, wann sie was lernen. Die Bereitschaft, eine Sache zu lernen, läßt sich nicht verordnen.

Lerninhalte nicht verbindlich festlegen
Darüber, daß man Lesen, Schreiben und Rechnen können sollte, mag noch weitgehende Einigkeit bestehen. Doch was Menschen darüber hinaus wissen sollten, ist umstritten und hängt wesentlich davon ab, in welchen Kreisen man verkehrt. Im Grunde gibt es keine Lerninhalte, die tatsächlich absolut notwendig sind; Wissen und Fähigkeiten sind stets nur bedingt notwendig. Wenn jemand eine bestimmte Sache erreichen will, muß er dazu dieses oder jenes können oder wissen – wenn nicht, dann nicht.

Es erscheint uns weder nötig noch sinnvoll, von allen zu verlangen, das gleiche zu lernen. Trotz verbindlicher Lerninhalte in der Schule wissen Erwachsene nicht alle das gleiche. Die meisten Menschen beherrschen nur das, wofür sie sich interessieren, während sie den Rest wieder vergessen (oder erst gar nicht gelernt) haben. Doch obwohl sie über einen Großteil des vermeintlich wichtigen Fachwissens, das alle in der Schule lernen mußten, kaum Bescheid wissen, bereitet ihnen das im alltäglichen Leben fast nie Probleme.

Häufig wird gegen völlige Lernfreiheit eingewandt, daß Kinder noch nicht wissen könnten, welches Wissen bzw. welche Fähigkeiten sie einmal brauchen werden. In unserer sich immer schneller verändernden Welt kann jedoch auch kein Erwachsener sagen, welches Wissen heutige Kinder in Zukunft als Erwachsene brauchen werden.

Es lohnt sich nicht, alles mögliche auf Vorrat zu lernen. Bei der riesigen und immer größer werdenden Menge an weltweit verfügbarem Wissen wäre das auch gar nicht möglich. Man kann Dinge dann lernen, wenn absehbar ist, daß man sie braucht. Wenn man etwas Konkretes wissen will, kann man es in einem Lexikon nachschlagen, im Internet danach suchen oder jemanden fragen. Viele Fakten, Zahlen und Zusammenhänge wird jeder im Laufe der Zeit ganz nebenbei hier und da aufschnappen.

Wichtiger als das Auswendiglernen von Faktenwissen ist die Fähigkeit, sich in neuen Situationen zurechtzufinden und mit neuen Informationen umzugehen. Vor allem kommt es darauf an, die bei jedem Menschen anfangs vorhandene Freude am Lernen zu erhalten.

Lernen, wann man will
Viele Leute glauben, wenn man aufhört, Kindern vorzuschreiben, was sie zu welchem Zeitpunkt lernen sollten, müßten sich die Kinder bereits mit 6 Jahren festlegen, welche Themen sie in ein paar Jahren lernen werden: Wenn sie nicht mit 6 Jahren anfingen, Mathematik zu lernen, hätten sie keine Möglichkeit mehr, mit 13 Jahren Physik zu lernen. Diese Vorstellung geht jedoch von einem äußerst starren Schulsystem (wie etwa unserem heutigen) aus, in dem es jeweils nur einen Punkt gibt, an dem man anfangen kann, sich mit bestimmten Themengebieten zu beschäftigen, weil später „der Zug abgefahren“ sei.

Da man zum einen die für das Lernen so wichtige von innen kommende Motivation nicht verordnen kann und zum anderen Menschen jeden Alters bei vorhandener Motivation erheblich schneller und mit dauerhafterem Erfolg lernen, muß das Bildungswesen so konzipiert werden, daß ein Schüler im wesentlichen jederzeit anfangen kann, sich mit bestimmten Themen zu beschäftigen.

Orientierung an der Außenwelt
Junge Menschen, die in Freiheit aufwachsen, wollen im Leben zurechtkommen. Sie lernen deshalb nicht nur die Dinge, die sie unmittelbar interessieren, sondern lassen sich auch auf unangenehme Aktivitäten ein, wenn sie die Grundlage für etwas sind, das sie interessiert, oder wenn sie ihnen helfen, andere Dinge zu erreichen, z.B. den gewünschten Beruf zu bekommen oder die Zugangsvoraussetzung für eine Universität zu erfüllen.

Gerade in einer Umgebung, die frei von Lernzwang ist und in der Kinder selbst die Verantwortung für ihr Lernen tragen, statt blind den Vorgaben anderer zu folgen, nehmen sie aufmerksam Notiz davon, womit andere Kinder und Jugendliche gleichen, höheren oder auch niedrigeren Alters sich beschäftigen. Den Schülern ist also auch bewußt, womit sie sich noch nicht gut auskennen. Und wenn dieses Wissen oder diese Fähigkeiten für sie von Bedeutung sind, werden sie sich auch darum kümmern.

Lernzwang schadet
Lernzwang ist nicht nur einfach unnötig; er richtet auch erheblichen Schaden an. Zwang geht mit einer Bedrohung einher: Wer sich dem Zwang nicht beugt, muß Konsequenzen wie schlechte Zensuren, Sitzenbleiben, Machtdemonstrationen des Lehrers, schulische Ordnungsmaßnahmen und ggf. Ärger mit den Eltern ertragen. Unter einer solchen Bedrohungssituation kann man jedoch kaum lernen, weil man seine Aufmerksamkeit viel mehr auf die Bedrohung als auf das eigentlich zu Lernende richtet. Wer Angst hat und sich bedroht fühlt, kann seine Kreativität nicht entfalten.

Wenn Menschen lernen, tun sie das mit allen Sinnen. Wissen wird im Gehirn nicht einfach zusammenhangslos abgelegt. Wenn man das erworbene Wissen später wieder aufruft, erinnert man sich meist auch an die Umstände, unter denen man mit dem Thema zu tun hatte, also z.B. an bestimmte Unterrichtssituationen und Gefühle. Wenn in der traditionellen Schule der Zwang die Schüler dazu bringt, mühsam, lustlos und gegen den eigenen Willen eine bestimmte Sache zu lernen, werden sie diese Sache stets mit der unangenehmen Zwangslernsituation assoziieren. Um sich diese unangenehmen Gefühle zu ersparen, versuchen sie dann, mit solchen Themen möglichst selten zu tun zu haben. Allein das Stichwort „Mathe“ oder „Latein“ genügt dann, um sie auf sichere Distanz gehen zu lassen.

Das Ausüben von Druck und Zwang senkt also die Wahrscheinlichkeit, daß jemand sich mit dem jeweiligen Thema später wieder beschäftigen will. Wenn jemand etwas nicht lernen wollte, aber dennoch gezwungen wurde, wird er es später – wenn nicht gerade eine Gehirnwäsche dazwischen kommt – entweder nie wieder benutzen oder wenn doch, darunter leiden. Daher bringt die Qual noch nicht mal etwas.

Lernen ist immer situationsbezogen. Deshalb können viele Schüler das Gelernte zwar in einer Leistungsüberprüfung wiedergeben, können es aber nicht in außerschulischen Situationen anwenden. Daher läßt sich auch die Behauptung, Schüler würden in herkömmlichen Schulen „lernen, wie man lernt“, nicht aufrechterhalten.

Lernfreiheit für Menschen jeden Alters
Viele Menschen glauben, daß am ehesten Jugendliche mit der Lernfreiheit zurechtkämen, während kleine Kinder damit überfordert wären. Die Erfahrung von Demokratischen Schulen zeigt jedoch das Gegenteil. Kleine Kinder bringen so viel Energie und Neugier mit. Für sie gibt es noch so viele spannende Dinge zu entdecken. Wohingegen es Jugendlichen, die über eine lange Zeit zum Lernen gezwungen worden sind, wesentlich schwerer fällt, aus eigenem Antrieb zu lernen. Aber nur weil sich Jugendliche erst auf ein selbstgesteuertes Lernen umstellen müßten, heißt das nicht, daß man sie ruhig weiter zwingen kann. Eine Erholung von den Schäden, die das Zwangslernen angerichtet hat, ist nur in Freiheit möglich.

Die in einer freien Lernumgebung entstehende Spontanität, Lebendigkeit und Kreativität läßt sich durch keinen Lehrplan festlegen. Tiefgründiges und über die Schulzeit hinaus anhaltendes Lernen läßt sich nicht erzwingen – aber es kann in Freiheit wachsen.


Grundüberlegung

Eine freiheitlich-demokratische, also eine auf den Prinzipien von Selbstbestimmung und Mitbestimmung aufbauende Gesellschaft muß logischerweise auch ihr Bildungssystem auf diese Grundlage stellen. Kinder und Jugendliche müssen folglich im Rahmen des organisatorisch Möglichen selbstbestimmt entscheiden dürfen, was sie lernen und wo, wann, wie und von wem sie es lernen.

Das derzeitige Schulsystem wird diesem freiheitlich-demokratischen Anspruch nicht gerecht.

Bestandsaufnahme

Dem jetzigen Schulsystem liegt ein Menschenbild zugrunde, das davon ausgeht, daß Kinder und Jugendliche noch keine vollwertigen Menschen sind, daß sie unfähig seien, über ihr Leben selbst zu bestimmen und deshalb durch Zwang zu ihrem (angeblichen) Glück gebracht werden müßten. Es wird davon ausgegangen, daß junge Menschen ohne Zwang nicht – oder nur Unnützes – lernen würden und sich somit für immer ihre Zukunft verbauen oder gar zu asozialen oder kriminellen Wesen verkommen würden.

Entsprechend ist das jetzige Schulsystem von Fremdbestimmung und Bevormundung geprägt. Kinder und Jugendliche müssen zur Schule gehen, egal ob sie wollen oder nicht – es besteht Schulpflicht. Sie müssen das lernen, was andere für wichtig und richtig halten, unabhängig davon, ob sie sich dafür interessieren. Langweiliger Unterricht ist das übliche, spannender Unterricht eher die Ausnahme. In der jetzigen Schule müssen junge Menschen stillsitzen und den Mund halten, es sei denn, sie werden zum Reden aufgefordert. Und sie müssen von Menschen lernen, die sie vielleicht nicht mögen. Lernen heißt in deutschen Schulen meist nicht Begreifen und Erfahren, sondern überwiegend stur Auswendiglernen.

Das Verhältnis zwischen Lehrern und Schülern ist von einem großen Machtgefälle geprägt. Lehrer dürfen Befehle erteilen, und die Schüler müssen gehorchen. Möglichkeiten, sich gegen Ungerechtigkeiten zu wehren, gibt es kaum. Mangels schulinterner Gewaltenteilung – Beschluß, Durchführung und Kontrolle liegen in einer Hand – bekommt der Lehrer (fast) immer recht.

Die Bewertung durch Zensuren ist nur scheinbar objektiv. Schüler werden in "gut" und "schlecht" eingeteilt, in "klug" und "dumm". Zensuren erzeugen Druck und machen vielen Schülern Angst. "Schlechte" Schüler fühlen sich oft minderwertig. Außerdem dienen Zensuren der Machterhaltung des Lehrers – immerhin hat er damit ein nicht zu unterschätzendes Instrumentarium, um Schüler zur Unterordnung zu bewegen. Weiterhin dienen Zensuren der Auslese. "Gute Schüler" gibt es im Zensurensystem nur, wenn es auch "schlechte" gibt. Wenn alle eine "1" haben, ist sie nichts wert. Daher ist es kein Zufall, daß sich bei mündlichen und schriftlichen Leistungskontrollen, Klassenarbeiten und Klausuren fast immer eine "Normalverteilung" der Zensuren einstellt, bei der immer ein gewisser Anteil der Schüler durchfällt. Ist der Durchschnitt deutlich besser als 3, war die Arbeit "zu leicht", d.h. eine vernünftige Selektion war nicht möglich.

Daß Schüler dem Lehrer ständig Sachen erzählen sollen, die dieser längst weiß, gehört auch zur absurden Schulrealität. Unterricht wird meist zu einer Art Profilierungsshow, bei der jeder Schüler zeigen soll, was er kann und daß er besser ist als alle anderen. Gegenseitige Hilfe unter Schülern ist im Unterricht daher vielfach unerwünscht, wenn nicht sogar verboten.

Wer nicht bereit ist, sich den undemokratischen Regeln der Schule zu unterwerfen, muß mit teilweise drastischen Konsequenzen rechnen. Tendentiell führen diese Maßnahmen nicht dazu, das Ziel der Schule zu erfüllen, nämlich selbstbestimmte, kreative, weltoffene, tolerante, friedliche und soziale Mitmenschen "heranzubilden", sondern faktisches Ergebnis der heutigen Schulen ist überwiegend entweder der sich fügende, im schlechten Sinn angepaßte, unkreative Kleinbürger, oder der egoistische, rücksichtslose intolerante Macht- und Ellenbogenmensch.

Im jetzigen Schulsystem kommen junge Menschen praktisch nicht als Subjekte vor, sondern nur als Objekte staatlichen Handelns. Menschenrechte wie physische Freiheit, Versammlungsfreiheit, Freizügigkeit, Recht auf freie Berufswahl, freie Teilnahme am kulturellen Leben, Religionsfreiheit, Schutz vor Eingriffen ins Privatleben und sogar Gedankenfreiheit werden nicht geachtet und für verzichtbar erklärt; sie passen nicht in das übliche Menschenbild, das Schule von jungen Menschen hat.

Schule ist derzeit ein Ort, an dem sich die meisten Kinder und Jugendlichen nicht wohlfühlen.

Viele Menschen glauben, daß das “leider” so sein muß. Diese Menschen sind größtenteils nicht böswillig, sondern einfach uninformiert. Es geht nämlich grundlegend anders.

Über das Lernen

Druck und Zwang beim Lernen bewirken insgesamt weitaus mehr Nachteile als Vorteile.

Alle Menschen haben ein angeborenes Lernbedürfnis. Dieses Bedürfnis zu lernen ist genauso fundamental wie z.B. das Bedürfnis eines jedes Menschen zu essen und zu trinken. Solange genug Essen vorrätig ist, wird kein Mensch verhungern, auch wenn man ihn nicht zum Essen zwingt. Auch kann die Nahrungsaufnahme etwas sehr Angenehmes sein – unter Zwang und bei Androhung harter Strafen schmeckt jedoch selbst das leckerste Essen nicht. Ähnlich ist es mit dem Lernen. Kinder sind neugierig und zunächst aufgeschlossen für alles Neue – man könnte auch sagen, sie sind lernhungrig und wissensdurstig. Gerade kleine Kinder lernen unheimlich viel und zwar ohne Zwang. Schon Säuglinge erkunden aktiv ihre Umwelt. Innerhalb relativ kurzer Zeit lernen sie laufen und ihre Muttersprache sprechen. Sie lernen Spiele, technische Geräte bedienen, Fahrrad fahren oder auch ein Musikinstrument zu spielen. Kinder lernen ständig – ob es ihnen bewußt ist oder nicht. Bei ihnen findet Lernen mitten im Leben statt.

Im Alter von sechs Jahren kommen sie dann in die Schule. Bis dahin haben sie so viele Sachen gelernt – ohne staatlichen Schulzwang. Und je weniger sie von ihren Eltern unter Druck gesetzt wurden, desto mehr haben sie freiwillig und aus eigenem Antrieb gelernt. Fast alle Kinder freuen sich darauf, in die Schule zu kommen, weil sie wissen, daß sie dort neue Sachen lernen können, die sie bisher nicht kannten. Doch spätestens jetzt wird Lernen mit meist subtilem Zwang verbunden. Auch vielen Erwachsenen ist dieser Zwang gar nicht bewußt, da er so alltäglich ist und als so selbstverständlich gilt, daß man nicht darüber nachdenkt.

Vor allem, wenn sich die Kinder für bestimmte Sachen nicht interessieren oder zeitweilig oder vorläufig nicht dafür interessieren, kommen sie immer wieder mit diesem Zwang in Berührung. Dieser führt nicht nur unmittelbar zu Denkblockaden, sondern auch zur langanhaltenden Schäden. Der Zwang stellt für den Schüler eine Bedrohung oder Gefahr dar, die Angst auslöst und seinem Organismus Aufmerksamkeit abverlangt. Die für Lernerfolg so wichtige Konzentration auf das zu Lernende wird also zerstört. Außerdem wird beim Lernen nicht nur das eigentliche Wissen abgespeichert, sondern auch die Umstände, unter denen man lernt, die Gefühle, die man dabei hat. Wenn man zu einem späteren Zeitpunkt dieses unter Angst verursachendem Zwang mühsam gelernte Wissen wieder hervorholt, kommt das negative Gefühl von Angst auch wieder hervor. Je stärker und langanhaltender dieser Zwang ist, desto mehr wendet man sich ab, um nicht an die erlebte Angst und den Zwang denken zu müssen. Meist ist diese Abwendung auf bestimmte Themengebiete oder Personen begrenzt, manchmal betrifft es auch das Lernen allgemein, so daß man geistig “zu” macht, sofern man das Stichwort Lernen hört, auch wenn Lernen noch ganz anders geht als heute in der Schule üblich. Es ist der Zwang, der Kindern (und auch Erwachsenen) die Freude am Lernen austreibt. Durch Aufklärung über diese Auswirkungen des Lernzwangs und durch ausreichend gute Erfahrungen bei selbstbestimmtem Lernen können diese Schäden und erworbenen Vorurteile jedoch wieder ausgeglichen werden.

Lernzwang kann auch nicht damit verteidigt werden, daß Kinder noch nicht wissen würden, welches Wissen sie einmal brauchen werden. Auch Erwachsene wissen vorher nicht, was sie selbst mal brauchen. Bei der Fülle an Wissen, die es gibt – und die Menge des Wissens verdoppelt (!) sich ca. alle sechs Jahre – ist es gar nicht möglich, alles auf Vorrat zu lernen. Viele Informationen sind ohnehin schon nach kurzer Zeit völlig veraltet. Es ist viel sinnvoller, wenn Menschen das lernen, was sie wichtig finden bzw. wovon sie denken, daß sie persönlich es brauchen werden. Und wenn absehbar wird, daß dieses oder jenes Wissen (zum Beispiel Umgang mit neuer Technik) in Zukunft eine Rolle spielen wird, so kann man dies dann immer noch lernen, wenn man will. Und so wie Menschen z.B. über gesunde Ernährung informiert werden, kann man ihnen auch Hinweise auf allgemein wichtiges Wissen geben, ohne daß dabei irgendein Zwang ausgeübt würde.

Lernen geschieht sehr erfolgreich und schnell, wenn man aus eigenem Antrieb lernt. Selbst sehr schwierige und aufwendige Angelegenheiten bewältigt man dann mit relativer Leichtigkeit und meist mit großer Effizienz. In heutigen Staatsschulen läßt sich beobachten, wie langsam und mühselig Schüler Sachen lernen, die sie nicht aus Interesse, sondern aus Angst vor schlechten Zensuren und Strafandrohungen lernen. Und nach der Klassenarbeit oder Klausur vergessen sie den allergrößten Teil wieder.

Die negativen Folgen des Zwangslernens können nicht mit dem Hinweis auf den Teil des Wissens, der dabei am Ende – trotzdem – hängengeblieben ist, geleugnet werden. Auch wenn jemand sich selbst strenge Regeln setzt (z.B. beim zeitaufwendigen Fremdsprachen-Lernen) sind diese nicht mit dem hier kritisierten Zwang in der Schule vergleichbar.

Menschen, die nicht zum Lernen gezwungen werden, lernen nicht wegen künstlicher Motivation, sondern aufgrund ihrer natürlichen Neugier (die noch gut erhalten oder wieder hergestellt ist) oder weil sie es als Grundlage für eine andere Sache brauchen.

Die Behauptung, daß Menschen, die nicht zum Lernen gezwungen werden, “nur faul rumhängen” und weitgehend dumm bleiben, ist in der Praxis längst widerlegt. In Freiheit lernende Menschen sind sogar aktiver und engagierter als der Durchschnitt. Sie haben nicht alle das selbe gelernt, und ein Teil weiß sicher genauso wenig über Atommodelle, den 30jährigen Krieg, die lateinische Grammatik, Kurvendiskussionen und über Zellteilung wie der heutige Durchschnittsschüler, aber von den wichtigen Sachen, die in ihrem Leben eine Rolle spielen, haben sie Ahnung. (Offenbar findet jeder einzelne, der vor die freie Entscheidung gestellt wird, diese Sachen so einleuchtend wichtig, daß er sich damit beschäftigt.) Bisher ist z.B. kein einziger Fall bekannt, in dem ein Kind, das nicht gezwungen wurde, nicht früher oder später Lesen und Schreiben gelernt hätte. Demgegenüber gibt es in Deutschland mit Schulpflicht vier Millionen Menschen über 14 Jahren, die nicht Lesen und Schreiben können.

Ein Argument gegen selbstbestimmtes Lernen besagt, daß ohne Lernzwang qualifiziertes Personal für die verschiedenen technischen, wissenschaftlichen und sozialen Aufgaben fehlen würde. Es ist gar nicht notwendig – und auch heutzutage nicht der Fall –, daß jeder Mensch von allen Themengebieten Ahnung hat. Es reicht immer, wenn sich ein gewisser Anteil damit auskennt. Dieser Anteil wird unter den Bedingungen von Lernfreiheit immer ausreichend groß sein. (Es sei nur einmal auf das Computerwissen hingewiesen, zu dem ja niemand in der Schule gezwungen wurde.) Das heißt natürlich nicht, daß jeweils nur so viele das entsprechende Wissen lernen sollen, wie Wissenschaft, Technik und Wirtschaft brauchen; sondern es soll nur gezeigt werden, daß es auch gesellschaftlich nichts schadet, wenn sich nicht alle mit allem auskennen, was so unter “Allgemeinwissen” geführt wird.

Schlußfolgerung: Es ist wenig aussichtsreich, jemandem etwas beibringen zu wollen, für das er sich nicht interessiert. Da es nicht möglich ist, das Interesse durch Ausüben von Druck nachhaltig zu steigern, und Druck im Normalfall sogar das Gegenteil des Gewünschten bewirkt, sollte auf Druck von vornherein verzichtet werden.

Grundlagen eines freiheitlich-demokratischen Bildungssystems

Ein freiheitlich-demokratisches Bildungswesen muß auf diesen Erkenntnissen über das Lernen aufbauen, und es darf die freie Entfaltung der Persönlichkeit der jungen Menschen nicht behindern. Außerdem muß selbstverständlich sein, daß niemand benachteiligt wird, sei es wegen einer Behinderung, seiner wirtschaftlich schlechten Lage oder anderen Gründen, für die er nichts kann.

Innerhalb der Strukturen des jetzigen Schulsystems lassen sich diese Ansprüche nicht verwirklichen. Vor allem das Ziel, daß jeder Schüler auf die Weise lernen kann, die ihm am besten gefällt, kann in einem zentralistischen Bildungswesen kaum erreicht werden. Schließlich gibt es ganz unterschiedliche Vorstellungen davon, wie eine perfekte Bildungseinrichtung/Schule aussieht. Um allen gerecht werden zu können, muß es deshalb ein vielfältiges Bildungssystem geben.

Ein Bildungswesen, das die Interessen der Hauptbeteiligten – also der Kinder und Jugendlichen – in den Mittelpunkt stellt, muß nachfrageorientiert arbeiten. Nur so kann erreicht werden, daß Kinder und Jugendliche selbst bestimmen, was sie lernen, wie, wo, wann und von wem sie es lernen. Das staatliche Schulmonopol muß deshalb abgeschafft werden.

In einem pluralistischen Bildungssystem kann es die verschiedensten Einrichtungen und Veranstaltungen geben – auch Schulen, die nach dem jetzigen Prinzip funktionieren. Es muß nur der Grundsatz gelten, daß niemand gezwungen werden darf, eine bestimmte Einrichtung oder Veranstaltung zu besuchen, mit anderen Worten: Die Schulpflicht muß wieder aufgehoben werden. Stattdessen muß jeder junge Mensch ein einklagbares Recht auf Bildung haben. Der Wegfall der Schulpflicht ist nicht als gesellschaftlicher Rückschritt zu deuten, sondern als Korrektur einer Entscheidungen, die erstens auf falschen Annahmen über das Lernen beruht und zweitens aus einer Zeit stammt, in der Persönlichkeitsentfaltung und Freiheitsrechte ein Fremdwort waren.

Auch die zur Zeit sehr weitreichenden Kompetenzen des Staates einfach auf die Eltern zu übertragen – wie es in einigen europäischen Staaten der Fall ist –, kommt für eine wirklich freiheitliche Gesellschaft nicht in Frage. Denn Fremdbestimmung bleibt Fremdbestimmung, egal von wem sie ausgeübt wird. Wenn die Eltern entscheiden würden, käme es in einigen Fällen dazu, daß die Kinder gegen ihren Willen in Schulen landen, die die jetzigen Staatsschulen an Leistungsdruck und Unterdrückung noch um einiges übertreffen. Verhindert werden kann dies in einer vielfältigen Bildungslandschaft nur, wenn die tatsächlich Betroffenen – die Schüler – sich ihre Schule/Bildungsstätte selbst aussuchen dürfen. Wenn es Schulen gibt, die intern undemokratisch organisiert sind, so müssen die Schüler doch wenigstens frei entscheiden dürfen, ob sie sich dem aussetzen. Es kann schließlich nicht sein, daß die jungen Menschen von der Willkür bzw. Gnade ihrer Eltern abhängig sind.

Aufgabe der Eltern wäre es, ihre Kinder bei der Wahl der Bildungsangebote zu beraten, ihnen mögliche Folgen zu erklären. Wenn Eltern die Entscheidung ihres Kindes für falsch halten, können sie versuchen, es zu überzeugen. Zwang ausüben dürften sie nicht mehr.

Die Aufgabe aller Bildungseinrichtungen wäre es vor allem, die natürliche Lernfreude nicht zu zerstören, sondern zu erhalten. Entsprechend den obigen lerntheoretischen Erkenntnissen muß die grundsätzliche Abwesenheit von Zwang für Kinder jeden Alters gleichermaßen gelten. Ein wichtiges Merkmal eines solchen Bildungssystems ist die Aufhebung der Alterstrennung. Kinder ganz verschiedenen Alters sollen die Möglichkeit haben, mit- und voneinander zu lernen, wenn sie dies wollen.

Aufgaben des Staates

Die Aufhebung des staatlichen Schulmonopols entläßt den Staat übrigens nicht aus der Verantwortung. Das Recht auf Bildung zu garantieren und also auch finanziell abzusichern, bleibt Aufgabe des Staates. Träger von Bildungseinrichtungen können aber neben dem Staat verstärkt auch Initiativen und Vereine sein. Diese arbeiten dann als non-profit-organisations, dürfen also durch den Betrieb einer Bildungseinrichtung keinen Gewinn machen.

Zur Dezentralisierung des Bildungswesens gehört natürlich auch, daß die Bildungseinrichtungen ihre eigenen Angelegenheiten selbst regeln. Dazu zählen unter anderem die Einstellung von Lehrern und sonstigem Personal sowie die Anschaffung neuer Ausstattung und die sonstige Verwendung der Gelder.

Eine weitere Aufgabe des Staates oder eines gewählten “Bildungskontrollrates” wäre es, den Überblick über die aktuell bestehenden Bildungsangebote zu haben. Eine Liste dieser Bildungsangebote kann so auch Schülern helfen, sich für eine Einrichtung zu entscheiden. Zudem können Schulen/Bildungs­einrichtungen sich dadurch untereinander einfacher vernetzen.

Auf der Grundlage dieser Listen kann die Kontrollinstitution feststellen, ob die Angebote der Nachfrage entsprechen. Sollten einzelne Gegenden oder Themengebiete unterversorgt sein, wird der Staat verpflichtet, solche Angebote in hinreichender Anzahl einzurichten bzw. entsprechende Förderungen vorzunehmen.

Existenzberechtigung staatlicher Schulen

Die Aufhebung des staatlichen Schulmonopols muß nicht bedeuten, daß es keine staatlichen Schulen mehr gibt, sondern nur, daß nicht-staatliche Schulen keine Besonderheit mehr sind. Wenn die staatlichen Schulen daran nicht zugrunde gehen wollen, müssen sie sich grundlegend ändern. Und es spricht wenig dafür, auf Änderungen an Staatsschulen zu verzichten und zu warten, bis sich jeder Schüler Alternativen gesucht hat.

Für die Beibehaltung von (reformierten) Staatsschulen spricht auch, daß die neugebildeten Bildungseinrichtungen zunächst von ihrer Anzahl her nicht in der Lage sein werden, sämtliche staatlichen Schulen zu ersetzen. Und auch wenn es insgesamt genug nicht-staatliche Schulen geben sollte, ist fraglich, wieviele davon tatsächlich selbstbestimmtes Lernen ermöglichen. Es wäre z.B. vorstellbar, daß zwar zahlreiche Eltern und bisherige Lehrer aus allgemeinem Engagement Schulen gründen, dort aber nur ihre eigenen pädagogischen Vorstellungen durchsetzen wollen, statt die Interessen der Kinder und Jugendlichen zu achten, so daß das Interesse der Schüler an freiheitlich-demokratischen Bildungseinrichtungen insgesamt nicht abgedeckt wäre.

Im Laufe der Zeit wird sich ein sinnvolles Verhältnis von staatlichen und nicht-staatlichen Schulen einstellen. Wie groß der Anteil staatlicher Einrichtungen am Ende sein wird, wird man ja sehen.

Darüber, wie reformierte Staatsschulen aussehen können, gibt es verschiedene Ansichten. Die beiden nachfolgend beschriebenen Schultypen zumindest, die sich gegenseitig ergänzen und zeitgleich in Anspruch genommen werden können, scheinen die Anforderungen von Demokratie und selbstbestimmtem Lernen besonders gut zu erfüllen.

Im ersten Typ Schule findet Lernen in einer sehr lebensnahen Umgebung und ohne Lehrplan statt. Der zweite Typ wird von einem umfassenden Angebot von Kursen, Vorlesungen und Veranstaltungen geprägt.

Wenn sich diese Schultypen in einer Versuchsphase als sinnvoll erweisen, wird der Staat eine der Nachfrage entsprechende Anzahl einrichten.

Konkrete Bildungsmöglichkeiten

Schultyp 1: Sudbury Schools

Vor allem der erste Schultyp, der hier im folgenden beschrieben werden soll, klingt utopisch, aber er ist es nicht. Weltweit, auf vier Kontinenten, gibt es bereits Schulen, die so funktionieren. Die älteste dieser Schulen, die Sudbury Valley School in Framingham (Massachusetts, USA), existiert schon seit über 30 Jahren. Und immer wieder aufs Neue zeigt sich, daß Lernen so tatsächlich funktioniert und effektiv ist. Die Sudbury Valley School ist ein wahres “Erfolgsmodell”, das nun hier als staatliches Bildungsangebot in Serie gehen könnte.

ALLGEMEINES

Diese Schule umfaßt etwa 40 bis 80 Schüler und drei bis sechs Lehrer. Die jüngsten Schüler sind etwa vier Jahre alt, die ältesten ungefähr 20. Das “Eintrittsalter” variiert von Person zu Person, aber grundsätzlich ist es nie zu spät, Schüler dieser Schule zu werden, und aufhören kann man natürlich auch zu jeder Zeit.

Die Schüler können den ganzen Tag über tun und lassen, was sie wollen, sofern sie dabei niemand anderes stören. Sie können die Schule und das Schulgelände jederzeit verlassen, da es keine Anwesenheitspflicht gibt. Es gibt keine Pflichtveranstaltungen, höchstens gegenseitige freiwillige Vereinbarungen zwischen Lehrern und Schülern, auch untereinander.

Schüler und Lehrer sind völlig gleichberechtigt. Die Schüler duzen die Lehrer und reden sie mit dem Vornamen an, und umgekehrt ist es natürlich genauso. Die Beziehungen zwischen den Schülern und den Lehrern unterscheiden sich kaum von den Beziehungen der Schüler untereinander. Die Atmosphäre in der Schule ist locker und familiär.

Die Schüler werden nicht nach dem Alter getrennt. Klassen gibt es nicht. Freundschaften und Interessengemeinschaften wie Lerngruppen entstehen über Altersunterschiede hinweg.

LERNFORMEN

Unterricht im herkömmlichen Sinne ist die Ausnahme und kommt nur zustande, wenn Schüler dies ausdrücklich wünschen. Lernen ist voll im Leben integriert. Daß die Schule ein Lebensort ist, zeigt sich auch daran, daß sie ähnlich wie eine große Wohnung eingerichtet ist. Klassenräume gibt es nicht.

Einige sitzen still irgendwo in der Gegend und lesen ein Buch, andere unterhalten sich oder diskutieren über irgend etwas und noch andere spielen, machen Sport, surfen im Internet, lesen Zeitung, zeichnen, machen Musik, träumen, usw. Lernen ist einfach nicht vom sonstigen Leben getrennt. Irgendeine Sache klappt nicht so, wie man es sich gedacht hatte, also überlegt man, wie man das Problem lösen kann. Man will irgendwas wissen, also versucht man, es herauszufinden. Manche Sachen probiert man einfach aus, andere läßt man sich von jemandem erklären. Einen Teil lernt man dadurch, daß man Erwachsenen zusieht, wie sie eine Sache tun, oder dadurch, daß man es mit ihnen zusammen tut. Aber das meiste, was man lernt, lernt man von anderen Kindern; und es hat mit dem Leben zu tun – wie man lebt und wie Sachen passieren. Das meiste kommt vom Herumsitzen und Reden: ein Gedanke kommt auf und entwickelt sich von sich aus weiter. Oft ist einem gar nicht bewußt, daß man lernt. Lernen passiert ganz natürlich, wie atmen auch. Hier wird nicht Zeit abgesessen, sondern hier findet aktives Leben statt.

Daß es in so einer Schule keinen Lehrplan gibt, ist klar. Jeder beschäftigt sich damit, wofür er sich interessiert. Niemand kann einen anderen zum Lernen zwingen.

Die Lehrer drängen sich nicht auf, sondern stehen zur Verfügung. Falls gerade kein Schüler ihre Mitarbeit benötigt, kümmern sie sich z.B. um Verwaltungsarbeit oder gehen ihren eigenen Interessen nach.

Zensuren oder andere vergleichbare Bewertungen gibt es natürlich nicht. Wer eine Rückmeldung über seine Fähigkeiten haben will, kann einen Lehrer oder andere Schüler um eine Einschätzung bitten. Wer will, kann sich auch freiwilligen Tests unterziehen, die dann nur dem Schüler zur Information dienen, zu mehr nicht.

Im Laufe der Zeit entwickeln die Schüler spezielle Interessen, denen sie sehr ausgiebig nachgehen, zum Beispiel Musikinstrumente spielen, Computer programmieren, Latein lernen, Philosophie, höhere Mathematik, Quantenphysik, Chemie, Genetik, usw. Meistens beschäftigen sie sich mit diesen Sachen nicht deshalb, weil sie in ihrem Leben eine Rolle spielen würden, sondern weil sie sich selbst herausfordern wollen. Die Schüler tun überwiegend nicht die Sachen, die ihnen leicht fallen, sondern gerade die, die ihnen schwer fallen. Sie sind sich ihrer Stärken und Schwächen sehr bewußt und arbeiten hart an Letzteren. Und wenn sie etwas nicht auf Anhieb schaffen, versuchen sie es eben nochmal und nochmal, bis sie ihr Ziel erreicht haben. Sie erreichen Höchstleistungen, die nicht durch Drill und Zwang, sondern nur durch Freiwilligkeit erreicht werden können.

ORGANISATION

Auch an einer mit 40 bis 80 Schülern eher kleinen Schule gibt es Entscheidungen zu fällen. Und in einer demokratischen Schule werden Entscheidungen nicht von “von oben” gefällt, sondern auf demokratische Weise getroffen. Alle Angelegenheiten werden auf der wöchentlichen Vollversammlung (VV) geregelt, bei der jeder Schüler und jeder Lehrer eine Stimme hat (Schülervertretung im klassischen Sinne ist innerhalb dieser Schule damit weitgehend überflüssig). Auf der VV werden neben Alltagssachen auch Entscheidungen getroffen über Anschaffungen und andere Geldausgaben, über die Einstellung von Lehrern, die Benutzung von technischen Geräten, die Hausordnung und die Zuständigkeiten für Verwaltungssachen. VVs, auf denen über Angelegenheiten großer Tragweite diskutiert und entschieden werden soll, werden besonders angekündigt. Die Teilnahme an den VVs ist keine Pflicht, aber wer fehlt, kann weder seine Ansichten einbringen noch mitbestimmen.

Die VV kann sich darauf einigen, daß für bestimmte Angelegenheiten gesonderte Arbeitsgruppen eingerichtet werden, die z.B. Vorschläge für die Verwendung des Geldes erarbeiten und diese dann der VV zur Abstimmung vorlegen.

Eltern können sich mit ihren Ideen einbringen und der Schule als Berater zur Seite stehen. Unmittelbare Mitbestimmung ist für die Eltern nicht vorgesehen, da sie nicht direkt von den Entscheidungen betroffen sind.

Eine faire Justiz gehört nicht nur zu einem freiheitlich-demokratischen Staat, sondern auch zu einer ebenso verfaßten Schule. Beschwerden über die Verletzung von Regeln werden von einem Justizkomitee untersucht, das manchmal auch Strafen ausspricht. Das Justizkomitee besteht z.B. aus acht Leuten; zu zwei direkt gewählten Leuten kommen fünf zufällig ausgewählte Schüler und ein Lehrer. Die Besetzung des Justizkomitees kann z.B. monatlich neu bestimmt werden und wird grundsätzlich auf der VV beschlossen.

Wenn das Justizkommittee jemanden für schuldig hält und er sich nicht schuldig bekennt, gibt es eine Verhandlung. Wenn sich eine Person schuldig bekennt oder ihre Schuld nachgewiesen wurde, wird diese Person vom Justizkommittee verurteilt. Urteile, die von dem Beklagten (oder anderen) als unfair empfunden werden, können auf der VV eingebracht werden. Diese Regeln gelten für Schüler und Lehrer gleichermaßen, so daß nicht nur Schüler, sondern auch Lehrer sich vor den anderen verantworten müssen.

AUSSTATTUNG

Damit eine Bildungseinrichtung vernünftig funktioniert, muß sie auch sinnvoll ausgestattet sein. Dazu zählt z.B. genügend Platz für alle Leute, so daß man sich bei Bedarf aus dem Weg gehen und sich zurückziehen kann. Zu einer sinnvollen Ausstattung zählen vor allem auch vielfältige Materialien, mit denen die Schüler die Sachen, die sie wissen wollen, herausfinden können. Solche Materialien sind nicht nur Bücher und Kopiervorlagen, sondern auch Videos, CD-ROMs und genügend Internetzugänge. Zudem braucht man Computer mit aktueller Software, Möglichkeiten selbst Musik zu machen, verschiedenste Spiele und praktische Werkstätten für z.B. Holz- und Keramikarbeiten, Möglichkeiten für sportliche Betätigung, Chemie- und Biolabor, Dunkelkammer, usw. Da wahrscheinlich nicht jede Schule alle dieser Ausstattungsbestandteile hat, entsteht eine Kooperation mit anderen Einrichtungen.

SONSTIGES

Die Schule und ihre Infrastruktur können den Schülern und Lehrern auch weit über die Öffnungszeiten von derzeitigen Staatsschulen hinaus zur Verfügung stehen, z.B. von 7 – 20 Uhr oder auch am Wochenende und in der Ferienzeit. Da es keinen Unterricht im klassischen Sinne gibt, kann man auch keinen Unterrichtsstoff verpassen, wenn man nicht die gesamte Zeit in der Schule verbringt. Es ist also auch überhaupt kein Problem, wenn Schüler außerhalb der eigentlichen Ferienzeiten, die nur in anderen Schulen eine Rolle spielen, verreisen oder vormittags private Erledigungen machen, einkaufen gehen oder einfach nur ausschlafen.

Da diese Schulen nur relativ wenige Schüler umfassen, entstehen einfacher soziale Bindungen, weil sich fast alle untereinander kennen und wesentlich mehr miteinander machen als in heutigen Staatsschulen.

Eine weitere Folge der geringen Schülerzahl pro Schule ist, daß es viel mehr einzelne Schulen gibt, die entsprechend dezentral verteilt sind, was einen kürzeren Schulweg mit sich bringt.

Wie oben schon erwähnt, gibt es solche Schulen wirklich, an denen keinerlei Druck ausgeübt wird und an der Schüler tatsächlich tun und lassen können, was sie wollen – und die Schüler sind in jeder Hinsicht außerordentlich erfolgreich. (Wer’s nicht glaubt, kann alles unter www.sudval.org nachlesen.)

Schultyp 2

Der zweite Typ staatlicher Schulen erinnert durchaus an Schulen im üblichen Sinne, mehr jedoch an Universitäten. Im wesentlichen besteht er aus einem System projekt- bzw. themenbezogener Kurse.

Auch an diesem Typ Schule gilt die grundsätzliche Abwesenheit von Zwang. Es gibt keinen einzigen Kurs, den ein Kind oder Jugendlicher gezwungen wäre zu besuchen. Die Kurse verstehen sich also lediglich als Angebot.

In diesen Kursen wird so ziemlich alles angeboten, was von Interesse sein könnte, von Lesen und Schreiben lernen über Funktionsweise eines Kernkraftwerkes bis hinzu Japanisch und Integration von gebrochenrationalen Funktionen. Auch in der herkömmlichen Schule eher unübliche Themen wie z.B. Recht, Philosophie, Meteorologie, Astronomie, Ökologie, Landwirtschaft, Tischlern, Psychologie, Wirtschaft, Telekommunikationswesen, Journalismus und Fotografie werden angeboten. Diese Kurse müssen nicht alle tatsächlich stattfinden, aber eingerichtet werden können, wenn Leute etwas darüber wissen wollen. Da fast zwangsläufig nicht alle Sachen, wofür sich die Schüler interessieren, im Grundangebot der Schule enthalten sind, können die Schüler weitere Kurse vorschlagen, für die dann jemand gesucht wird, der sie anbietet. Und andersherum kann jeder selbst Kurse anbieten, wenn er glaubt, daß es Interessenten dafür gibt.

Da die Kurse oftmals nur ein bestimmtes Thema umfassen, dauern sie oft nur wenige Wochen. Andere Kurse, z.B. Sprachen werden, halbjahresweise angeboten.

Hat man sich für einen Kurs eingeschrieben, so ist man – falls nicht anders vereinbart – verpflichtet, tatsächlich teilzunehmen, damit man nach mehrmaligem Fehlen nicht durch ständiges Nachfragen andere beim Lernen stört. Es kann vereinbart werden, daß Kurs­teilnehmer, die häufig ohne wichtigen Grund fehlen und dadurch die anderen beeinträchtigen, aus diesem konkreten Kurs ausgeschlossen werden können. In Einzelfällen kann sich ein Schüler natürlich mit Mitschülern und Lehrer darauf einigen, hin und wieder nicht anwesend zu sein, um andere für ihn wichtige Sachen zu tun.

Grundsätzlich hat jeder Schüler das Recht, jeden Kurs abzubrechen, ihn also nicht weiter zu besuchen. Er kann den Kurs dann in einem späteren Halbjahr erneut belegen, wenn er möchte.

Dadurch, daß sich immer nur einigermaßen Interessierte in einen Kurs einschreiben, gibt es kaum Störer und es herrscht eine produktivere Arbeits- und Lernatmosphäre.

Auch an diesem Typ Schule gibt es keine Trennung der Schüler nach ihrem Alter. Das ist auch deshalb notwendig, weil es sich ja um freiwillige, nachfrageorientierte Lerngruppen handelt und das Interesse für ein bestimmtes Thema nicht bei jedem zum gleichen Lebenszeitpunkt aufkommt.

Bei zahlreichen Kursen muß man, um teilnehmen zu können, nachweisen, daß man über die dafür notwendigen Grundlagen verfügt. Wer z.B. einen der Physikkurse wählen will, muß von gewissen mathematischen Grundlagen eine Ahnung haben. Daß heißt nicht, daß er zuvor einen Mathekurs besucht haben muß, sondern nur, daß er sich damit hinreichend auskennen muß. Wann, wo, wie und von wem er sich geeignete Grundlagen aneignet, entscheidet jeder selbst.

Informationen darüber, welches diese notwendigen Grundlagen sind, müssen allen Schülern ohne nennenswerte Hürden zugänglich sein. Zudem muß es von möglichst allen Kursen Inhaltsbeschreibungen geben, damit Interessierte im Voraus wissen, was sie etwa erwartet. Auch Unentschlossenen kann so die Entscheidung einfacher gemacht werden.

Die konkreten Arbeitsweisen dürften in den meisten Kursen erheblich von heutigen Formen (Lehrer steht vorne und erteilt Anweisungen) abweichen. Darüber, wie diese Arbeitsweisen dann konkret aussehen, einigen sich Schüler und Lehrer innerhalb ihres Kurses.

Zensuren gibt es nicht. So etwas wie Sitzenbleiben gibt es auch nicht. Es kann aber sein, daß ein Schüler die Anforderungen für einen weiterführenden Kurs nicht erfüllt und sich deshalb entscheidet, den Vorgängerkurs noch einmal zu besuchen. In diesem Fall wiederholt er nur diesen einen Kurs – und nicht alle Kurse des letzten Jahres.

Natürlich gilt auch in diesem Typ Schule, daß die Lehrer keine Machtmittel haben, mit denen sie die Kinder erpressen könnten. Unabhängig von ihrem Alter sind alle an der Schule beteiligten Personen gleichberechtigt. So muß es auch keine große Ausnahme sein, daß sich die üblichen Rollenverhältnisse vertauschen, daß es also Kinder und Jugendliche gibt, die Kurse leiten und daß es Lehrer gibt, die sich in solchen von jungen Menschen geleiteten Kursen weiterbilden, beispielsweise über neue Computerprogramme oder Fremdsprachen.

Es kann übrigens auch Kurse geben, die aus losen Vortrags- oder Veranstaltungsreihen bestehen. Bei Bedarf sind Honorarkräfte oder Referenten anzufragen.

Um den Schulablauf organisatorisch einfacher und übersichtlicher zu machen, wird das Prinzip der jetzigen Stundenpläne grundlegend umgestaltet. Man hat am Tag nicht mehr bis zu sieben verschiedene Kurse, sondern im Normalfall höchstens zwei. Der eine Kurs findet am Vormittag, der andere am frühen Nachmittag statt. Auf diese Weise muß man sich auch nicht alle 45 Minuten auf ein anderes Thema einstellen, was die Sache sowohl für Schüler als auch für Lehrer erleichtert. Darüber, wie lange eine Unterrichtseinheit genau dauert und ob es zwischendurch eine Pause gibt, einigen sich die Kursteilnehmer untereinander – entweder einmal grundsätzlich oder jede Woche neu. Da es bestimmte Kurse (zu wenig nachgefragten Themen) nicht an allen Schulen geben kann, ist eine Abstimmung der Kurszeiten unter den Schulen notwendig, so daß Interessierte auch Angebote anderer Schulen wahrnehmen können. Der Vormittagskurs könnte pauschal innerhalb der Zeit von z.B. 9.30 bis 12.30 Uhr stattfinden, der Nachmittagskurs zwischen 13 und 16 Uhr. Denkbar sind auch Kurse und Veranstaltungen am Abend. Wieviele junge Menschen an Abendveranstaltungen interessiert sind, wird sich zeigen.

Analog zu dem als erstes beschriebenen Schultyp werden Entscheidungen auch hier in Vollversammlungen gefällt, in denen jeder Schüler und jeder Lehrer eine Stimme hat. Auch das Justizsystem wird vom ersten Schultyp übernommen.

Insgesamt erfüllt dieser Schultyp in vollem Maße die Anforderung, daß die Menschenrechte der Kinder und Jugendlichen geachtet werden und Lernen selbstbestimmt ist.

Die Schule ist zwar insgesamt so organisiert, daß man seine Bildung im Prinzip fast ausschließlich von dort beziehen kann, aber die meisten Schüler werden diese Schule nur teilweise nutzen und ihr restliches Wissen und Können aus anderen Quellen beziehen. Es ist vor allem wahrscheinlich, daß Schüler von Sudbury Schools einzelne Angebote der kursorientierten Schulen in Anspruch nehmen.

andere Schulen

Neben diesen staatlichen Angeboten wird noch eine mehr oder weniger große Anzahl an nicht-staatlichen Schulen entstehen. Das können Schulen sein, die z.B. eine Mischung aus den beiden beschriebenen Schultypen sind, aber auch Schulen, die wie jetzige Staatsschulen funktionieren, katholische Internate, autoritäre Eliteanstalten, jetzige und sonstige Alternativschulen. Auch die kritikwürdigsten Schulen kann es geben, solange sichergestellt werden kann, daß es die freie Entscheidung des Kindes bzw. Jugendlichen ist, sich dem auszusetzen. Dauerhaft wird es letztendlich nur Schulen geben, die den Schülern auch gefallen, sonst würden sie ja nicht mehr hingehen und diese Schulen würden schließen.

weitere Bildungsmöglichkeiten

Schulen sind bei weitem nicht die einzigen Möglichkeiten, zu Bildung zu kommen. Eine meist sehr angenehme Variante ist Verreisen. Fahrten kann es aus ganz verschiedenen Anlässen und mit ganz verschiedenen Zielstellungen geben. Man kann sowohl zu einer Computermesse fahren, als auch Vulkane und Geysire in Island kennenlernen, Ausgrabungsstätten besuchen, Bergsteigen, mit anderen Kulturen zu tun haben und Fremdsprachen sprechen, z.B. wenn man in Gastfamilien wohnt. Solche Fahrten können sich auf ein bestimmtes Thema konzentrieren oder auf mehrere Themen oder auf gar keines. Einfach Spaß zu haben und etwas zu unternehmen, ist auch ein Motiv. Jedenfalls lernt man bei so einer Fahrt zahlreiche Sachen, die mit dem Leben zu tun haben. Eine gewisse Grund­unordnung, Organisationsschwierigkeiten, Bahnstreiks usw. machen die Angelegenheit noch spannender.

Grundsätzlich sollte jedes Bildungssystem den Anspruch haben, Kinder und Jugendliche dabei zu unterstützen, sich in der Erwachsenenwelt zurechtzufinden. Auf einen der wichtigsten Aspekte des Erwachsenenlebens, sollten sich junge Menschen besser als bisher vorbereiten können: auf das Erwerbsarbeiten. Dazu gehört nicht nur, ihnen das Wirtschaftssystem samt Ursachen und Folgen zu erklären, sondern auch, ihnen entsprechende praktische Erfahrungen zu ermöglichen. Junge Menschen sollten (auf selbstverständlich freiwilliger Basis) Betriebspraktika machen, aber auch selbst unternehmerisch aktiv werden können. Bei all den Angelegenheiten, die beim Aufbau und Betrieb eines kleinen Unternehmens zu beachten sind, können junge Menschen viel lernen und Erfahrungen machen, die an Schulen bisher nicht möglich sind.

Weitere Möglichkeiten für Bildungsangebote sind die verschiedenen Medien.

So gibt es schon seit langem (neben Nachrichtensendungen und Reportagen) Bildungsfernsehen und seriöse Wissensvermittlungssendungen. Diese Angebote sollten inhaltlich verbessert und thematisch ausgeweitet werden. Ein gesonderter Bildungskanal kann entstehen.

Besonders geeignet für Informationsbeschaffungen ist das Internet. Zu praktisch allen Themen findet man dort etwas. Als Ergänzung kann es noch ein umfassendes staatliches Bildungsangebot geben. So können auch Informationen zu Themen angeboten werden, für die sich jeweils nur ein sehr kleiner Teil interessiert, so daß an kaum einer Schule ein Kurs dazu zustandekommt.

Ähnliches wie für das Internet gilt für Zeitschriften. Es könnte vom Bildungsministerium (oder in dessen Auftrag) herausgegebene Allgemeinbildungs- und Fachzeitschriften oder -magazine geben. Diese wären eine Alternative zu herkömmlichen Lehrbüchern, vor allem wären sie immer ziemlich aktuell.

Zu guter Letzt findet Lernen auch ohne staatliche Organisation und außerhalb von Bildungseinrichtungen statt. Bei einer besonderen Variante, dem Homeschooling (Hausunterricht), werden die Kinder zu Hause von Eltern oder Verwandten nach eigenen (oder früheren, vom Staat abgeguckten) Lehrplänen unterrichtet. Dabei muß sichergestellt werden können, daß niemand zum Unterricht gezwungen wird.

Außerdem gibt es noch unschooling, was bedeutet, daß die betreffenden Kinder gar keine Bildungseinrichtung besuchen und auch nicht gezielt von den Eltern unterrichtet werden, sondern einfach so vor sich hin leben und aus dem Leben heraus lernen. Diese Variante ist in Deutschland zur Zeit ausschließlich bei kleineren Kindern anzutreffen, ist aber dann sehr effektiv, wenn die Kinder tatsächlich ihren Interessen folgen dürfen. Unschooling hat viel Ähnlichkeit mit dem Sudbury-Schultyp, allerdings kommt man evtl. weniger mit anderen Kindern und Jugendlichen in Kontakt.

Viele Sachen lernt man tatsächlich in Alltagssituationen und ohne, daß man sie konkret vorhersehen könnte. Und wenn man sich anguckt, wieviel man von dem in Zwangsschulen Gelernten letztendlich wieder vergißt, stellt man fest, daß man gerade auch heutzutage das meiste außerhalb der Schule lernt.

Es ist anzunehmen, daß die wenigsten Kinder oder Jugendlichen ausschließlich eine der genannten Möglichkeiten nutzen werden. Selbstverständlich können all diese Bildungsformen in die oben beschriebenen Schulen eingebaut bzw. durch sie unterstützt werden.

Damit wären die konkreten Bildungsmöglichkeiten im Überblick dargestellt; bleiben noch einige organisatorische Angelegenheiten zu klären.

Organisatorische Fragen

Abschlüsse

Wenn es keine Zensuren gibt, stellt sich die Frage nach den Schulabschlüssen. Heutzutage sind Schulabschlüsse sowohl bedeutsam, wenn es um Bewerbungen um Arbeitsplätze geht, als auch wenn es um den Zugang zur Universität geht.

Schulabschlüsse spiegeln – und auch das nur im Idealfall – einen abrufbaren Wissensstand zum Ende der Schullaufbahn wieder. Damit verlieren sie im Laufe der Zeit aber immer mehr an Aussagekraft, da Wissen von damals bereits in Vergessenheit geraten sein kann und neu erworbenes Wissen unberücksichtigt bleibt. Ein pauschaler Schulabschluß sagt kaum etwas darüber aus, ob man bestimmtes Wissen bzw. bestimmte Fähigkeiten hat. Genauso wenig sagt das Fehlen eines konkreten Schulabschlusses aus.

Eine Alternative zu Schulabschlüssen und Abschlußprüfungen wären Aufnahmeprüfungen. Mit diesen können auch Arbeitgeber besser herausfinden, ob das tatsächlich benötigte Wissen für eine bestimmte Angelegenheit vorhanden ist. Aufnahme-, Zugangs- oder Eignungsprüfungen sind immer aktueller und bedarfsgerechter als Schulzeugnisse. Schon heute spielt das Zeugnis in den Augen vieler Chefs kaum noch eine Rolle.

Und auch für ein normales Universitätsstudium macht das Abitur als Bedingung kaum einen Sinn. Jemand, der nicht weiß, wie man die Fläche unter einer Cosinus-Funktion berechnet, ist doch nicht automatisch unfähig zu studieren. Statt des Abiturs sollte es nach Studienrichtungen differenzierte Zugangsprüfungen geben. Durch diese Zugangsprüfungen sollen nur wichtige Grundlagen garantiert werden. Über die Zugangsbedingungen müssen sich Interessierte ohne großen Aufwand informieren können (wie auch bei den kursorientierten Schulen). Wenn sich jemand selbst überschätzt und mit dem Studium nicht klarkommt, kann er ja immer noch damit aufhören. Durch diese Art der Regelung könnten Menschen unabhängig von Schulabschlüssen studieren.

Da nicht davon auszugehen ist, daß diese Regelung in allen Bundesländern gleichzeitig eingeführt wird, muß es Übergangsregeln geben. Wer in einem anderen Bundesland studieren will, wird dazu also vorerst weiterhin das Abitur brauchen. Deshalb besteht für die interessierten Schüler die Möglichkeit, besondere Kurse zu belegen, die zum Abitur führen. Welche Anforderungen erfüllt werden müssen, damit das Abitur in allen anderen Bundesländern anerkannt wird, hängt von diesen anderen Bundesländern ab.

Durchlässigkeit

Des weiteren stellt sich die Frage der Durchlässigkeit, also inwieweit es möglich ist, von einem Schultyp auf einen anderen zu wechseln. Wie schon oben beschrieben, ist ja ohnehin eine enge Kooperation der beiden Staatsschultypen vorgesehen. Daher sind sie in sehr hohem Maße durchlässig. Schüler, die von einer nicht-staatlichen Bildungseinrichtung kommen, können sich ebenfalls in die staatlichen Schulen integrieren, da keine prinzipiellen Voraussetzungen seitens der Schüler notwendig sind. Inwieweit es Probleme gibt, wenn Schüler von staatlichen auf private Schulen wechseln wollen, hängt im wesentlichen von den Kriterien der privaten Schulen ab. Wenn solch ein Wechsel etwas längerfristiger geplant wird, hat der Schüler genügend Zeit, um sich auf die Anforderungen seiner zukünftigen Schule, also z.B. das Bestehen einer Aufnahmeprüfung, vorzubereiten.

Ländliche Gegenden

In ländlichen Gegenden ist die Auswahl wegen der geringen Besiedlungsdichte geringer als in Städten. Wenn sich der Trend zu kleinen Schulen bestätigt, besteht aber auch auf dem Land eine Chance für Vielfalt. Schlimmer als bisher wird es zumindest nicht werden. Um die strukturellen Nachteile von Dorfschulen zu vermindern, könnte das Land besondere Zuschüsse oder Zusatzförderungen vergeben.

Ferienzeiten

An den Ferienzeiten muß eigentlich nicht viel geändert werden. Sie erhalten aber mehr den Charakter von Empfehlungen, um z.B. den Urlaub besser planen zu können. Man kann darüber nachdenken, ob die Sommerferien auf zwei Monate ausgeweitet werden sollten, die Winterferien nicht Anfang sondern Mitte Februar beginnen und ob es auch in Berlin Pfingstferien geben sollte. Man könnte noch überlegen, wie man mit der Tatsache umgeht, daß mehrere Ferien an christlichen Festen orientiert sind, aber ein Teil der Schüler z.B. moslemischen oder jüdischen Glaubens ist. Die Ferienzeiten sind ohnehin nur in den kursorientierten Staatsschulen und einem Teil der nicht-staatlichen Schulen von Bedeutung.

Mitbestimmung

Neben der Mitbestimmung innerhalb der jeweiligen Schule ist die demokratische Beeinflussung des Bildungssystems auch auf höherer Ebene vorzusehen. Üblicherweise sind dies die kommunale und die Landesebene. Die kommunale Ebene muß dabei nicht den Kommunen, Landkreisen oder Stadtbezirken entsprechen, wenn deren Größe nicht sinnvoll erscheint. In Berlin z.B. könnte sich diese kommunale Ebene an den Landtagswahlkreisen orientieren, die ca. 6 000 Schüler umfassen.

Anders als bisher würden die Vertretungen direkt von den Schülern gewählt. Schüler mit ähnlichen Vorstellungen schließen sich in Listen zusammen. Gewählt wird nach dem Verhältniswahlrecht. Die Vertretungen bestehen aus ca. 20 Schülern. Mitglieder der Landesschülervertretung müssen nicht mehr gleichzeitig auch Mitglieder der kommunalen Schülervertretung sein. Damit die Schüler auch wissen, was sie wählen, erhalten die Kandidaten umfassend die Möglichkeit, sich und ihre Ideen vorzustellen.

Die Vertretungen sind verpflichtet, Informationen (auch über ihre Arbeit) an die einzelnen Schulen weiterzugeben und sie allen Schülern zugänglich zu machen. Kommunale und Landesvertretung stehen in engem Kontakt und informieren sich gegenseitig. Für ihre Arbeit ist den Schülervertretungen genügend Geld zur Verfügung zu stellen.

Schulinterne Vollversammlungen und überschulische Schülervertretungen haben ein allgemeinpolitisches Mandat, d.h. sie dürfen sich auch zu allen Angelegenheiten äußern, die nicht bildungsspezifisch sind.

Wechselwirkungen mit der Gesellschaft

Das Bildungssystem ist natürlich nicht losgelöst von der Gesellschaft, sondern ein Bestandteil dieser. Deshalb stellt sich die Frage, welche Anforderungen ein freiheitlich-demokratisches Bildungssystem an die Gesellschaft stellt. Es ist offensichtlich, daß solch ein Bildungssystem am besten in eine ebenso freiheitlich-demokratische Gesellschaft paßt, die frei von Fremdbestimmung, Selektion und vermeidbarem Leistungsdruck ist. Aber auch in einer Gesellschaft, in der wirtschaftliche Verwertbarkeit und “Leistung” von großer Bedeutung sind, kann solch ein Bildungssystem existieren. Die bereits heute existierenden Schulen nach dem Sudbury-Modell beweisen, daß freiheitliche Schulen dauerhaft in einem wirtschaftsliberalen Gesellschaftssystem existieren können und daß die Schüler dort sogar erfolgreicher als Schüler traditioneller Staatsschulen sind: 80% gehen auf die Uni; fast alle bekommen den gewünschten Beruf. Wenn Sudbury Schools derart erfolgreich sind, ist es naheliegend zu vermuten, daß die (prinzipiell ähnlich strukturierten) kursorientierten Schulen ähnlich erfolgreich sind.

Natürlich hat auch die Schule einen Einfluß auf gesellschaftliche Bedingungen. Es ist z.B. nicht unwahrscheinlich, daß eine Schule ohne Leistungsdruck zu Veränderungen auch in der Arbeitswelt führen wird. Eine vongrundauf demokratische Schule färbt auf die Gesellschaft ab. Die Kinder erfahren Demokratie als etwas für sie Sinnvolles und als etwas von Anfang an Selbstverständliches. Sie erleben, daß sie geachtet und akzeptiert werden und daß ihnen vertraut wird. Sie sind nicht eingeschüchtert, sondern selbstbewußt und selbstsicher. Die Kinder und Jugendlichen wissen, daß sie selbst für ihre Bildung verantwortlich sind. Und sie lernen, mit dieser Verantwortung umzugehen. Sie lernen allgemein, Verantwortung zu übernehmen. Sie befinden sich in einer natürlichen Umgebung von Toleranz, Friedfertigkeit und Gerechtigkeit. An heutigen Staatsschulen werden all diese Werte durch Erziehung zu vermitteln versucht; und der Erfolg ist gering, wie die allgegenwärtigen Kampagnen und immer wieder neuen Initiativen zur “Werte-Erziehung” beweisen. In einem freiheitlich-demokratischen Bildungssystem brauchen die obengenannten Werte nicht künstlich vermittelt werden, sie sind einfach erlebbar.

Wer diese Werte von Anfang an als etwas Positives und Selbstverständliches erlebt, wird sie später auch mit größerer Wahrscheinlichkeit verteidigen. Dies wird sich auch auf den Umgang mit Kindern und Jugendlichen in der Gesellschaft auswirken. Auch in anderen Gesellschaftsbereichen sowie in den Familien wird die Subjektstellung des Kindes anerkannt werden. Sehr wahrscheinlich wird auch der Umgang mit Ausländern und behinderten Menschen, die von diesem Schulsystem selbstverständlich nicht ausgegrenzt werden, würdiger und menschlicher werden. Außerdem ist davon auszugehen, daß sich friedliche Konfliktlösungsmechanismen stärker durchsetzen werden. Das alles wird sicher nicht sofort geschehen, aber im Laufe der Zeit.

Andererseits wird man nicht auf Hochleistung verzichten müssen. Diese wird von hochmotivierten und interessierten Menschen auf freiwilliger Basis erbracht; und dazu sind keine Selektion und kein Drill erforderlich.

Die Chancengleichheit ist wahrscheinlich besser gesichert als heutzutage; zumindest berichten dies Lehrer von Schulen des Sudbury-Typs, obwohl sie es ungleich schwerer haben, indem sie prinzipiell darauf angewiesen waren, Schulgelder zu erheben.

Das, was man “zukunftsfähig” nennt, ist am ehesten von einem derartiges Bildungssystem zu erwarten. So haben die Abgänger freiheitlich-demokratischer Schulen meist zahlreiche Eigenschaften, die Schülern autoritärer Schulen oftmals fehlen: Sie sind gut gebildet, offen für Neues, bereit, Herausforderungen anzunehmen und in der Lage, selbständig zu denken und Probleme zu lösen – jedenfalls überwiegend.

Bei aller Zukunftsfähigkeit darf man aber nicht vergessen, daß Kinder nicht nur eine Zukunft haben, sondern vor allem eine Gegenwart; und diese gilt es gänzlich neu zu gestalten.

Finanzierung

Zu einem seriösen Konzept gehört auch, daß man sagt, wie das alles finanziert werden soll. Es dürfte für viele überraschend sein, daß sich solch ein Bildungssystem mit den derzeit zur Verfügung stehenden Geldern bequem finanzieren läßt. Derzeit werden pro Schüler grob geschätzt 10 000 DM pro Jahr vom Staat ausgegeben. Nach eigenen Angaben kommt die Sudbury Valley School in Framingham (Massachusetts, USA) mit weniger als der Hälfte des Geldes aus, das staatlichen Schulen pro Schüler zur Verfügung steht! Kursorientierte Schulen sind aufgrund des höheren Bedarfs an Lehrern etwas teurer als Sudbury Schools. Da wesentlich weniger Verwaltung und Bürokratie notwendig ist, lassen sich zusätzlich Gelder aus diesem Bereich innerhalb des Bildungssektors umschichten und sinnvoller verwenden. So kann die Lernmittelfreiheit vollständig wiederhergestellt werden und Schulen können angemessen ausgestattet werden.

Grundsätzlich soll gelten, daß Bildung die Nachfragenden nichts kostet. Um die freie Wahl der Bildungsangebote nicht zu beeinträchtigen und Kinder ärmerer Eltern nicht zu benachteiligen, ist es notwendig, nicht-staatliche Schulen finanziell genauso bedarfsgerecht zu fördern wie staatliche Schulen. Bildungseinrichtungen müssen finanziell so ausgestattet sein, daß sie nicht auf sonstige Einnahmen (z.B. durch Werbung oder Schulgeld) angewiesen sind.

Durch Schülerfirmen eventuell erzielbare Einnahmen dürfen kein Vorwand für Kürzungen des Bildungsetats sein. Solange es dem Land (unter verantwortbarem Aufwand und bei Berücksichtigung seiner sonstigen Pflichten) weiterhin möglich ist, in gleichbleibendem Maße Geld für Bildung zur Verfügung zu stellen, sind Kürzungen, die die vollständige Unentgeltlichkeit von Bildung gefährden könnten, zu vermeiden. Ob das in Zukunft auch dann noch möglich ist, wenn sich die Haushaltslage weiter verschlechtert, ist vor allem eine Frage der Prioritätensetzung. Wenn sich im Landeshaushalt Geld für teure, aber unnütze Großprojekte finden läßt, wäre auch genug für Bildung da.

Von den staatlichen Bildungsausgaben ließen sich auch die oben beschriebenen Reisen finanzieren, sofern sie einen gewissen Gesamtbetrag nicht übersteigen. Die erwähnten Medienangebote würden ebenfalls aus dem Bildungshaushalt bezahlt werden. Insgesamt läßt sich in einem pluralistischen Bildungssystem mit den gleichen ca. 10 000 DM pro Jahr und Schüler weitaus mehr machen als im heutigen zentralistischen Schulsystem, wo vielfach Geld für Sachen ausgegeben wird, die kaum einer haben will. Wie die Verfahrensweise für die Finanzierung der verschiedenen Bildungsangebote genau aussehen soll, kann an anderer Stelle diskutiert werden.

Juristisches

Juristisch gesehen ist ein freiheitlich-demokratisches Bildungssystem nicht nur möglich, sondern sogar notwendig.

Bildung ist nach gegenwärtigem Recht eine Angelegenheit der Bundesländer. In einigen Bundesländern, darunter Berlin, sind die Schulpflicht und sonstige Grundlagen der Bildungspolitik nicht in der Landesverfassung geregelt, so daß sich alle notwendigen Änderungen durch einfache Gesetze regeln lassen. In einigen anderen Bundesländern ist die Schulpflicht in der Landesverfassung festgeschrieben, so daß Verfassungsänderungen notwendig sind. Zu untersuchen bleibt die Vereinbarkeit mit den einzelnen Artikeln der jeweiligen Landesverfassung und mit dem Grundgesetz (GG).

Einige bildungspolitische Rahmenbedingungen legt das Grundgesetz in Artikel 7 fest. Absatz 1 besagt, daß “das gesamte Schulwesen (...) unter der Aufsicht des Staates” steht. Es wird nicht gesagt, wie diese staatliche Aufsicht aussehen soll. Sinnvoll wäre ein demokratisch gewähltes Gremium – auch aus juristischer Sicht; denn die Schulaufsicht ist Teil der Staatsgewalt, welche laut Artikel 20 (2) “vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe (...) der vollziehenden Gewalt (...) ausgeübt” wird. Dieser “Bildungskontrollrat” wäre dann eines der “besonderen Organe”.

Laut Absatz 3 ist Religionsunterricht “in den öffentlichen (=staatlichen) Schulen (...) ordentliches Lehrfach” – “mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen”. Ein freiheitlich-demokratisches Bildungssystem ist in der Religionsfrage neutral. Deshalb sind dann alle staatlichen Schulen “bekenntnisfrei”.

Absatz 2 besagt zwar, daß die Eltern bestimmen, ob ihr Kind am Religionsunterricht teilnimmt; aber dieses Elternrecht steht im Widerspruch zum Grundrecht des Kindes auf Religionsfreiheit (s. Artikel 4 GG). Nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes von 1968 ist das Elternrecht (Artikel 6 (2) GG) ein “treuhänderisches Recht”, das nicht gegen das Interesse des Kindes ausgeübt werden darf und insbesondere nicht die Grundrechte des Kindes verletzen darf. Entsprechend wird Artikel 7 (2) GG nicht umgesetzt. Kinder zur Teilnahme an einem Religionsunterricht zu zwingen, wird nicht möglich sein.

Absatz 4 sichert das Recht zu, private (=nicht-staatliche) Schulen einzurichten. Die Anforderung, daß die privaten Schulen “in ihren Lehrzielen (...) nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen”, ist automatisch erfüllt, weil es in staatlichen Schulen gar keine Lehrziele mehr gibt (weil ein verbindlicher Lehrplan nicht mehr existiert). Über die geforderte Gleichwertigkeit der Ausbildung der Lehrer könnte der Bildungskontrollrat wachen. Die Bedingung, daß “eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird”, kann sogar nur durch die volle finanzielle Gleichstellung “privater” Schulen erfüllt werden.

Absatz 5 fordert: “Eine private Volksschule ist nur zuzulassen, wenn die Unterrichtsverwaltung ein besonderes pädagogisches Interesse anerkennt”. In einem pluralistischen Bildungswesen besteht solch ein Interesse automatisch. Freie Schulen sind nicht mehr nur Versuche oder Ausnahmen, sondern wichtiger dauerhafter Bestandteil der Bildungslandschaft.

Artikel 7 GG ist also nicht optimal, schließt aber ein freiheitlich-demokratisches Bildungssystem auch nicht aus. Außerdem steht das jetzige Schulsystem im Konflikt mit zahlreichen Passagen des Grundgesetzes: “Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.” “Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.” “Die Freiheit der Person ist unverletzlich.” “Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.” “Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.” “Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.” “Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.” “Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit (wird) gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.” “Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.” “Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzlich.” “Alle Deutschen genießen Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet.” “Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen.” “Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.” “Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.” “In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.”

Die Berliner Verfassung wiederholt nochmal einige Grundrechte und fügt all dem noch hinzu: “Jeder Mensch hat das Recht auf Bildung. Das Land ermöglicht und fördert nach Maßgabe der Gesetze den Zugang eines jeden Menschen zu den öffentlichen Bildungseinrichtungen (...)”.

Die Alltagspraxis muß endlich in Übereinstimmung mit diesen Verfassungsgrundsätzen gebracht werden, Gesetze und Verordnungen müssen daran angepaßt werden.

Recht auf Bildung durchsetzen

Allgemein ergibt sich die Frage, wie das Recht auf Bildung durchgesetzt werden kann.

Im derzeitigen Schulsystem wird davon ausgegangen, daß das Recht auf Bildung und die Schulpflicht zwei Seiten einer Medaille sind. Wer in der Schule anwesend ist, dessen Recht auf Bildung gilt als gesichert; und wer nicht anwesend ist, dessen Bildungsrecht werde verletzt. In einem freiheitlich-demokratischen Bildungssystem gibt es keine Schulpflicht mehr, und das Recht auf Bildung beinhaltet ebenso das Recht, den Schulbesuch zu verweigern bzw. sich Wissen auf andere Weise zu beschaffen. Daher ist es schwieriger herauszufinden, in welchen Fällen das Recht des Kindes auf Bildung nicht eingehalten wird.

Gerade kleinere Kinder sind nicht immer in der Lage, ihre berechtigten Ansprüche (in diesem Fall also das Recht auf Bildung) ohne fremde Hilfe gegenüber ihren Eltern durchzusetzen. Deshalb müssen Regelungen getroffen werden, die die Stellung des Kindes stärken, seine Rechtslage verbessern. Im Gesetz muß eindeutig festgelegt sein, daß das Recht auf Bildung ein Recht des Kindes ist und nicht ein Recht der Eltern. Ähnlich wie es das Wahlgesetz jedem verbietet, einen Wahlberechtigten vom Wählen abzuhalten oder ihn zu zwingen, eine bestimmte Partei zu wählen, so kann auch Eltern, Verwandten und Bekannten verboten werden, das Kind vom Besuch einer Bildungseinrichtung abzuhalten oder ihm vorzuschreiben, welche Angebote es anzunehmen hat.

Das heißt nicht, daß sich das Kind nicht mit Eltern und anderen Leuten über die Angebote austauschen dürfte. Gerade kleine Kinder werden sich mit ihren Eltern beraten, oder die Eltern schlagen etwas vor, und wenn das Kind nichts dagegen hat, dann wird es so gemacht. Die Regelung stellt nur klar, daß es letztenendes tatsächlich das Kind ist, das die Entscheidung trifft, daß also nichts gegen seinen ausdrücklichen Willen geschehen kann.

Des weiteren müssen Eltern und Kinder über die Rechtslage informiert werden. Dies kann durch Rundschreiben an alle Eltern, durch Zeitungsanzeigen, TV-Spots, Plakatwerbung und öffentlichkeitswirksame Aktionen geschehen. Jedenfalls dürfte es dann nicht mehr vorkommen, daß Eltern nichts davon wissen, daß das Kind ein unverletzliches Recht auf Bildung hat. Auch die meisten Kinder werden auf die eine oder andere Weise davon erfahren. Außerdem wären Eltern verpflichtet, die Kinder über ihre Möglichkeiten zu informieren.

Grundsätzlich hätten alle Kinder und Jugendlichen die Möglichkeit, sich über Übergriffe ihrer Eltern bei öffentlichen Stellen zu beschweren. Diese öffentlichen Stellen würden den Kindern dann unbürokratisch bei der Durchsetzung ihres Rechtes helfen. Es wird letztendlich sehr schwierig sein, einem informierten Kind sein Recht auf selbstbestimmte Bildung vorzuenthalten, da es sich ja notfalls auch ohne Hilfe der Eltern an einer Bildungseinrichtung anmelden kann. Auch den Eltern wäre klar, daß Übergriffe auch später noch vom Kind selbst aufgedeckt werden können. Wahrscheinlich wird sich aber schon allein durch die Einführung des Bildungsrechtes als tatsächliches Recht des Kindes die Sichtweise auf Kinder so ändern, daß immer weniger Eltern überhaupt vorhätten, ihrem Kind sein Recht vorzuenthalten.

Probleme bei der Umstellung

Es gibt mehrere Schwierigkeiten vom jetzigen Schulsystem zu einem freiheitlich-demokratischen zu kommen. Ein Problem bei der Umstellung zu einem liberalen Schulsystem sind die Lehrer. Viele Lehrer identifizieren sich mit dem jetzigen System; aber Lehrer, die Unfreiheit verteidigen bzw. praktizieren, passen nicht in ein freies System. Da zumindest in den staatlichen Schulen die Vollversammlung entscheidet, welche Lehrer eingestellt werden, würden zahlreiche von ihnen keine Anstellung mehr finden. Andererseits hätten diese Lehrer wahrscheinlich auch selbst wenig Interesse daran, in einem demokratischen Bildungssystem tätig zu sein. Zumindest den älteren Lehrern könnte man anbieten, in Vorruhestand zu gehen. Den umstellungsbereiten Lehrern wird eine besondere Schulung angeboten, die ihnen hilft, sich auf die neuen Anforderungen einzustellen. In jedem Fall wird es notwendig sein, Lehrer nicht mehr zu verbeamten.

In einem pluralistischen Bildungssystem kann nicht (bzw. genauso wenig wie jetzt) ausgeschlossen werden, daß einzelne Lehrer Unsinn erzählen bzw. sogar bewußt Unwahrheiten verbreiten. Um dies gegebenenfalls aufzudecken, kann es eine unabhängige Instanz geben, die ähnlich wie z.B. Stiftung Warentest die Angebote (stichprobenartig oder auf konkreten Verdacht) qualitativ untersucht. Der beanstandete Lehrer bzw. die Bildungsanstalt wird dann auf die Unstimmigkeiten hingewiesen. Sollte der “Anbieter” entgegen besseren Wissens die Schüler weiterhin falsch informieren, kann der Bildungskontrollrat, der die Schulaufsicht ausübt, beschließen, daß die Schule keine staatlichen Gelder mehr erhält und daß nötigenfalls ein Verfahren wegen Betruges eingeleitet wird.

Ein weiteres Problem, das die Dezentralisierung mit sich bringt, sind die Räumlichkeiten. Nur wenige Schulen werden derart viele Kinder und Jugendliche umfassen, wie jetzige Schulen. Die kursorientierten Schulen wären (mit Ausnahme weniger nicht-staatlicher Schulen) die einzigen, die in ihren Schülerzahlen mit jetzigen Schulen konkurrieren könnten, da es bei diesem Schultyp reicht, wenn die einzelnen Kurse überschaubare Größen haben. Einige bisherige Schulgebäude können also durchaus von kursorientierten Schulen übernommen werden. Zumindest bei größeren bisherigen Schulgebäuden wird nur ein Teil des Gebäudes als Schule verwendet werden; die anderen Teile sowie die übrigen Schulen können als Verwaltungs- oder Bürogebäude verwendet werden, obwohl es davon ja schon mehr als genug gibt. Ein weiterer Teil kann in Bibliotheken, Jugendclubs und Vereinsräume umgewandelt werden.

Die vielen neuen kleinen Schulen können in neu anzumietenden Büroräumen, in frei werdenden und umzubauenden Lager- und Fabrikhallen, in zusammenzulegenden Privatwohnungen oder Villen am Stadtrand entstehen.

Erste Schritte

Ein derartiges freiheitlich-demokratisches Bildungssystem läßt sich nicht von einem Tag auf den anderen durchsetzen. Man kann aber überlegen, wie der Weg zu solch einem System aussehen kann.

Ersteinmal muß überhaupt die Bereitschaft bestehen, etwas an den bisherigen Verhältnissen zu ändern. Diese Veränderungsbereitschaft entsteht nur, wenn den Leuten die Schwächen des aktuellen Systems bewußt werden bzw. wenn sie erkennen, daß Alternativen tatsächlich möglich und erfolgreich sind.

Entsprechend muß man erstmal auf die Widersprüche des bestehenden Schulsystems aufmerksam machen und plausibel erklären, warum der gewünschte Erfolg bisher ausbleibt. Des weiteren muß man versuchen, die weitverbreiteten Vorurteile abzubauen und darüber aufklären, wie Lernen tatsächlich funktioniert.

Gleichzeitig kann man auf die Erfolge zahlreicher Freier Alternativschulen hinweisen und somit die Befürchtungen vieler Leute auch praktisch widerlegen.

Für viele Einzelheiten, die sich erst nach und nach als regelungsbedürftig erweisen, werden erst während dieser Umstellungsphase Lösungen entwickelt. Zu den ersten praktischen Veränderungen können Modellversuche gehören, in denen in drei oder vier verschiedenen Gegenden des Bundeslandes jeweils eine Sudbury School eingerichtet wird. In direkter Nähe sollte jeweils eine kursorientierte Schule entstehen, so daß auch die Wechselwirkungen zwischen beiden Schultypen zustande kommen können. Innerhalb von schätzungsweise drei bis sechs Jahren liegen dann brauchbare Beobachtungsergebnisse vor. Aller Voraussicht nach werden diese Schulen genauso erfolgreich sein, wie die bereits existierenden Schulen gleichen Typs. Nachdem nochmal etwas Zeit für die Auswertung vergangen ist, wird mit der flächendeckenden Einführung begonnen. Die kursorientierten Schulen lassen sich aus den bestehenden Staatsschulen entwickeln.

Während man (un-)geduldig auf den Ausgang der Schulversuche wartet, kann man schon mal mit einigen Veränderungen an den übrigen gut 99% der Schulen beginnen. Zu den ersten Schritten gehört die beschleunigte Anerkennung von nicht-staatlichen Schulen, sowie deren finanzielle Förderung in voller Höhe ab dem ersten statt ab dem siebten Jahr. Ebenfalls gleich zu Anfang wird damit begonnen, in allen staatlichen Schulen die Vollversammlung zunächst als beratendes Gremium einzuführen. Ein oder zwei Jahre später wird sie beschließendes Gremium. Die kommunale und die Landesschülervertretung werden ebenfalls in den ersten zwei Jahren eingerichtet. Schulverweigerer werden zunächst nicht mehr polizeilich verfolgt und laufende Bußgeldverfahren werden eingestellt, sofern der Schüler deutlich machen kann, daß es seine eigene Entscheidung war, die Schule nicht mehr zu besuchen. Für sehr dringend ausstiegswillige Schüler wird nach individuellen Lösungen gesucht. Freistellungen und Beurlaubungen werden großzügig erteilt. Die Vergabe von Zensuren wird auch gleich zu Anfang eingestellt. Zwar gibt es anfangs noch Lernerfolgskontrollen und Klassenarbeiten und diese werden auch ausgewertet, aber es gibt eben keine Zensuren mehr und es kann kaum noch Druck ausgeübt werden. Die Machtunterschiede zwischen Lehrern und Schülern werden geringer und das Verhältnis zum Lehrer meist deutlich besser. Verstärkt finden Projektwochen und schulische Freizeitveranstaltungen statt, bei denen auch die Aufhebung der Alterstrennung praktiziert wird. Im Unterricht, in den Medien und in der Gesellschaft wird ausführlich über die Änderungen diskutiert. Mit der flächendeckenden Einführung der Sudbury Schools und der kursorientierten Schulen tritt die bereits verwässerte Schulpflicht endgültig außer Kraft. Nach deutlich weniger als 10 Jahren ist das freiheitlich-demokratische Bildungssystem endlich Wirklichkeit geworden.

Welche Fragen sind noch offengeblieben? Was klingt unlogisch?“

Auch hier wieder der Link zu der Krätzä-Bewegung: http://www.kraetzae.de/


Zum Schluß noch ein Auszug aus Wikipedia über die Summerhill-Schulbewegung die sich wohltuend von unserem bisherigen preussischen Schulmodell abhebt:

"Im Gegensatz zu traditionellen Schulen steht in Summerhill die Freiheit der Schüler im Vordergrund. Die Teilnahme am Unterricht in Summerhill ist völlig freiwillig. Neill ging davon aus, dass Kinder lernen wollen und dann auch fleißig sind. Da nur interessierte Schüler am Unterricht teilnehmen, ist dieser damit effektiver. Das Lernklima ist angenehmer. In der deutschen Übersetzung von Matthew Appletons „Summerhill – Kindern ihre Kindheit zurückgeben“ wird diese Lernform als selbstregulatives Lernen bezeichnet.
Schüler, die von einer traditionellen Schule kommen, nutzen in der ersten Zeit meist die Möglichkeit, nicht zum Unterricht gehen zu müssen. Es kann mehrere Monate dauern, bis diese Phase überwunden ist – je nach Qualität und Quantität der negativen Vorerfahrungen.
Eine strikte Einteilung in Klassenstufen nach dem Alter der Schüler findet nicht statt: Es gibt eine Gruppe für die bis 10-jährigen, eine für die 10- bis 12-jährigen sowie thematische Kurse für die älteren Schüler."

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