Samstag, 11. Oktober 2014

Justus Franz Wittkop: Frevel der Venus



Ein Buch welches ich gern las, ist „Frevel der Venus“ von Justus Franz Wittkop, erschienen 1943 im Zinnen-Verlag München, Wien, Leipzig, mit Zeichnungen von Hans Kuhn.

Über den Autor (1899-1986) ist wenig bekannt, verheiratet mit der Autorin Gabrielle Wittkop, siehe: http://de.wikipedia.org/wiki/Gabrielle_Wittkop. Mich erstaunt allerdings, daß sein Roman „Piratenschiffe“ 1941 im reichsdeutschen Zinnen-Verlag erscheinen durfte und noch erstaunlicher, daß sein Roman „Frevel der Venus“ 1943 ebenfalls im Zinnen-Verlag erscheinen durfte, war er doch auf der Flucht vor den Nazis und lebte, versteckt von seiner Frau, im Untergrund in Paris. Beide Romane erschienen nicht unter einem Pseudonym, was üblich gewesen wäre, für einen aus Deutschland geflüchteten, sondern unter seinem vollen Namen.

Frank Böhmert beschreibt Wittkop als „skeptischen Anarchisten“ („Die schmalen Biografie-Bändchen von Rowohlt liegen mir sehr, Wittkops Art zu schreiben und sein Blickwinkel auch. Er war wohl so etwas wie ein skeptischer Anarchist.), dies allerdings nach Lektüre von Wittkops Buch „Bakunin“ (rororo 1974). Ob sich da nun der Eindruck fälschlicherweise einprägte, daß Wittkop selbst ein skeptischer Anarchist gewesen sei, oder ob nicht durch die vielleicht zu sehr sympathisierende Haltung des Autors zu Bakunin Böhmert zu dieser Einschätzung kommen ließ, das vermag ich nicht zu sagen, jedenfalls war Wittkop eigentlich alles andere als ein Autor den die Nazis mögen konnten.


1943 Werbung des Zinnen-Verlags für weitere Bücher Wittkops


Weshalb er dennoch im Reich noch 1943 erscheinen durfte, dies ist mehr als mysteriös und harrt der Aufklärung. Ein weiteres Mysterium ist, daß der Künstler Hans Kuhn (1905-1991) das Buch mit seinen wunderbaren Bildern illustrieren durfte, siehe untere Scans, hatte er doch schon ab 1937 Ausstellungsverbot. Oder gibt es gar keine aufzuklärenden Mysterien, war man im 3. Reich doch in künstlerischen Dingen großzügiger und liberaler, als wir es heute wahrhaben wollen?

Weitere Bücher Wittkops nach 1945 waren u.a. „Unterm karibischen Mond“, Roman (1955, Desch) und „Ruf der Eule“, Roman (1960, Desch).

Mir gefiel „Frevel der Venus“ deshalb so gut, da ich als Freund der Kunst der Antike, das Anliegen des Buches gut getroffen fand. Das Christentum wird Staatsreligion und die alten Götter, die in dem Buch als leibhaftige Akteure agieren, wissen nun nicht was zu tun ist, wohin mit ihnen. Sie beklagen natürlich den Frevel der Bilderstürmer, die keinen Sinn für Kunst und Schönheit haben und alles niederreißen was nur irgendwie mit den alten Kulten in Zusammenhang gebracht werden kann. Daß so ein Verhalten bis heute anhält und auch eine Demokratie, wie die unsere, vor diesem Vandalismus nicht gefeit ist, sieht man an der Bilderstürmerei alter DDR-Kunst, bestes Beispiel die Vernichtung des Wandbildes von Erhard Großmann „Ein Sommertag“ in Neubrandenburg, siehe dazu meinen Blogbeitrag: http://barrynoa.blogspot.de/2014/09/erhard-gromanns-bild-ein-sommertag-1974.html.

Aus „Frevel der Venus“, Seite 42, der abgesetzte Gott Merkur:
 
„Will man die Welt verändern, so fürchte man die laute Horde nicht, man muß sich unverschämt ins drangvolle Getriebe wagen."
 



 

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