Samstag, 25. Juli 2020

Sowjetische Sommerfreiheit: Vitali Tjulenew: "Sommer", 1971


Es ist mal wieder Hochsommer und damit Badezeit. Nicht nur in der DDR war das Badengehen die Hauptbeschäftigung der Kinder und Jugendlichen im Sommer, sondern auch in der Sowjetunion. Es wurde hauptsächlich in der freien Natur gebadet, nicht wie jetzt in Badeanstalten wo man Eintritt bezahlen muß und wo alles reglementiert ist und FKK schon gar nicht möglich ist. 

FKK für Erwachsene gab es, im Gegensatz zur DDR, in der Sowjetunion nicht, das war in der SU ein Vorrecht der Kinder und Jugendlichen. Es ist also keine künstlerische Marotte des sowjetischen Malers, den in den See springenden Jungen nackt zu malen, denn widernatürliche Prüderie wie er jetzt herrscht gab es im Sozialismus nicht. Sozialismus bedeutete immer auch zu der natürlichen Körperlichkeit zu stehen, bedeutete Fortschritt. Darum ist obiges Bild nicht nur ein reines Sommerbild, sondern auch ein sozialistisches Bild. 

Großartig auch die vielen Schwalben, Sinnbilder der Freiheit. Sogar die sind in der heutigen kapitalistischen Gesellschaft selten geworden, da die Hausbesitzer immer spießbürgerlicher werden, ihre Häuser „verhübschen“, dämmen und dergleichen Unsinn mehr und damit z.B. Schwalben das Lebensrecht entziehen. Auch in Kuhställen werden Schwalben nicht mehr geduldet - auf der ganzen Linie Niedergang und kapitalistische Unnatur. 

Vitali Tjulenew (28.2.1937 - 25.8.1997), sowjetischer Maler, Grafiker, Geehrter Künstler der RSFSR, Mitglied der Leningrader Organisation der Künstlervereinigung der RSFSR)

Das Hauptthema seiner Arbeiten war die allmähliche Reifung aus den Eindrücken von Kindheit und Jugend, aus frühen jungenhaften Hobbys, die bereits im Erwachsenenalter zu einem unausweichlichen Verlangen nach Kommunikation mit der Natur wurden. 

In den Werken von Vitali Tjulenew wird die traditionelle natürliche Kunst Ende der 1960er Jahre durch Kompositionen ersetzt, die von Bildern aus der Vergangenheit, aus der Kindheit und Jugend bewohnt sind und entgegen den Gesetzen von Zeit und Raum in der Bildebene vereint sind. Ihre Auswahl und Bearbeitung hängt von der Wahrnehmung der Welt durch den Autor und dem poetischen Flair ab. Ab 1971 taucht in einigen Gemälden des Künstlers ein neuer lyrischer Held auf - ein Teenager von poetischer Natur, der damit beauftragt ist, die Position des Autors in seinen "Zeitwanderungen" im Raum der Leinwand darzustellen. Diese Technik wird in den Werken "Sommer" (1971): obiges Bild, "Tauben", "Auf dem Floß", "Straße der Kindheit" (alle 1972), "Erste Gedichte" (1973), "Weiße Nacht" (1974) und anderen verwendet.

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