Dienstag, 16. November 2010

Die Türkenpfeife von Pfeffel



1814 erschienen bei Friedrich Campe in Nürnberg etliche Bilderbogen als Radierungen, die dem Volk die Literatur oder die Bibel bildlich nahe bringen sollten. Eine dieser Serien war „Deutsche Classiker“, wovon ich den Lesern des B.N.-Blogs ein Blatt aus meiner Grafiksammlung heute vorstellen möchte. Es ist die Radierung „Die Türkenpfeife von Pfeffel“ mit den zwei ersten Strophen des bekannten Gedichtes von Gottlieb Konrad Pfeffel (1736-1809). Ich bringe allerdings noch das gesamte Gedicht um die Gesamtaussage nicht zu schmälern. Schaut man sich unter der Lupe die Türkenpfeife auf der Radierung des Grafikers Johann Michael Voltz (1784-1858) genau an, dann sieht man, daß es sich bei der Türkenpfeife um eine tönerne Tschibukpfeife handelt. Einen solchen Pfeifenkopf habe ich mal eingescannt und ich denke, daß beides zusammen, sowohl Radierung wie auch die Pfeife, das Gedicht Pfeffels anschaulicher machen lassen, als wenn man es nur so lesen würden.

Gott grüß' euch Alter, schmeckt das Pfeifchen?
Weißt her! - Ein Blumenkopf
Von rothem Thon mit goldnem Reifchen:
Was wollt ihr für den Kopf?

O Herr, den Kopf kann ich nicht lassen,
Er kommt vom bravsten Mann,
Der ihn, Gott weiß es, einem Bassen,
Bey Belgrad abgewann.

Da, Herr, da gab es rechte Beute,
Es lebe Prinz Eugen!
Wie Grummet sah man unsre Leute
Der Türken Glieder mähn.

Ein andermal von euren Thaten!
Hier, Alter, seyd kein Tropf:
Nehmt diesen doppelten Dukaten
Für euren Pfeifenkopf.

Ich bin ein armer Kerl, und lebe
Von meinem Gnadensold,
Doch, Herr! den Pfeifenkopf, den gebe
Ich nicht um alles Gold.

Hört nur: Einst jagten wir Husaren,
Den Feind nach Herzenslust,
Da schoß ein Hund von Janitscharen
Den Hauptmann in die Brust.

Ich hob ihn flugs auf meinen Schimmel,
Er hätt' es auch gethan,
Und trug ihn sanft aus dem Getümmel
Zu einem Edelmann.

Ich pflegte sein. Vor seinem Ende
Reicht er mir all sein Geld,
Und diesen Kopf, drückt mir die Hände,
Und blieb im Tod noch Held.

Das Geld must du dem Wirthe schenken,
Der dreymal Plündrung litt,
So dacht' ich, und zum Angedenken,
Nahm ich die Pfeife mit.

Ich trug auf allen meinen Zügen,
Sie wie ein Heiligthum,
Wir mochten weichen oder siegen
Im Stiefel mit herum.

Vor Prag verlohr ich auf der Streife
Das Bein durch einen Schuß,
Da griff ich erst nach meiner Pfeife,
Und dann nach meinem Fuß.

Ihr rührt mich, Alter, bis zu Zähren,
O sagt, wie hieß der Mann?
Damit mein Herz auch ihn verehren
Und ihn beneiden kann.

Man hieß ihn nur den tapfern Walter,
Dort lag sein Gut am Rhein.
Das war mein Ahne, lieber Alter,
Und jenes Gut ist mein!

Kommt, Freund! Ihr sollt bey mir nun leben,
Vergesset eure Noth,
Kommt, trinkt mit mir von Walters Reben
Und eßt von Walters Brod.

Nun top! Ihr seyd sein wahrer Erbe,
Ich ziehe morgen ein,
Und euer Lohn soll wenn ich sterbe
Die Türkenpfeife seyn!

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