Niemals darf ein solcher Anblick ’normal‘ gelten; zwei so wunderbare Geschöpfe verbringen ihr ganzes Sein in einem derartigen Gefängnis und wir sollen es als ‚artgerecht‘ hinnehmen? Übrigens: auch auf diesem Stall prangt ein Gütesiegel!
Wie in der Gruft, ein anderer Vergleich fällt nicht ein.
Von RespekTiere e.V. (gekürzt):
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Gebannt, in mich gekehrt, stehe ich irgendwo im oberösterreichischen Innviertel vor einem Stall und habe Mühe die Fassung zu behalten. Ja, es gibt schlimmere Anblicke, es ist mir völlig bewusst, als den des mit traurigen Augen nach mir schielenden Stieres, aber trotzdem berüht mich sein Schicksal auf eine ganz und gar niederschmetternde Art und Weise. Denn so sehr ich mich dagegen auch wehren möchte, im Innersten weiß ich es: niemand wird sich je seiner erbarmen, kein Gesetz kümmert eine solche Haltung. Sie ist rechtens, auch wenn das Recht in diesem Falle gegen den Verstand geht. Gegen das Leben selbst.
Das hier ist nämlich keine Tierquälerei, nicht im Sinne des ‚besten Tierschutzgesetzes der Welt‘. Ja, wir haben alles schon erlebt, Ketten, Nasenring, Hornanbindung, Beinfesseln, usw.; und ja, all diese Maßnahmen sind wohl Ausgeburten eines kranken Geistes, hochgradig absurd, pervers. Aber zu obigen Foto gibt es einen Unterschied: man kann dagegen vorgehen, kann anprangern, kann die Pein abstellen, beenden. Das wird uns hier nicht gelingen; weil unsere Gesellschaft eine solche Haltung nicht als ‚Tierqual‘ erkennt. Und dieses Faktum alleine ist das wirklich Erschütternde des Momentes…
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Gibt es etwas Beschämenderes als den Gedanken, wir sind zu einer herzlosen, gefühlskalten Gemeinschaft mutiert, welche tierliches Leid beharrlich ignoriert, und damit einen Fortschritt im Umgang mit dem Mitgeschöpf geradezu torpediert? Warum lässt unsere Gesellschaft etwas Derartiges zu? Warum gibt sie zwar vor, auf einem ach so menschlichen Weg zu sein, heftet sich ‚Humanität‘ in sämtlichen Bereichen an die längst zerschlissenen Fahnen einer verlorenen Barmherzigkeit, andererseits aber schafft sie es nicht, den Schwächsten der Schwachen auch nur einen Hauch von Rechten zuzugestehen?
Warum lässt sie zu, dass wir, Mensch, dermaßen mit den uns so hilflos Ausgelieferten verfahren? Dass wir, die wir sie beschützen sollten, zu deren schlimmsten Albtraum geworden sind, zu nimmersatten Parasiten an der Nährnadel des Lebens? Wie Figuren schieben wir sie dorthin, wo wir sie ge- und verbrauchen; auf einem Schlachtfeld ohne jede Ehre waten wir in Blut, die eine, unsere, Seite übermächtig, die andere, die, wo die Tiere ob unserer Grausamkeit in Schrecken erstarrt sind, ohnmächtig.
Wir, die Hirten, wir, der Schöpfung höchster Stufe. Vielleicht stimmt das auch so, zumindest mit den Augen der Wissenschaft betrachtet, das anthropozentrische Weltbild mit der Muttermilch aufgesogen. Man kann, mag, soll über eine derartig hochtrabende Feststellung streiten, an einer anderen, angelehnten, umso niederschmetternderen, jedoch besteht dann überhaupt kein Grund zum Disput: die vermeintlich höchste Stufe der Evolution ist nämlich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit viel eher deren tiefster Fall. Ein Fall ins Bodenlose. Die Dornenkrone der Schöpfung.
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Der Anblick dieses Stieres in einem insgesamt eigentlich gar nicht so üblen Stall, er hat mich mitten ins Herz getroffen. Den Boden unter den Füßen weggezogen. Vielleicht gerade darum, um den Kreis zu schließen, weil das Furchtbare hier nicht so direkt auf uns einprasselt. Es ist ein hintergründiges, nur auf den zweiten Blick erkennbares.
Aber bitte betrachtet dieses Wesen, wie es da in seinem Gefängnis liegt, in einem kaum körpergroßen Loch, auf purem Beton-Spaltenboden. Aufstehen und sich niederlegen, darauf sind seine Möglichkeiten beschränkt. Will er sich drehen, wird’s schon schwierig. Eingesperrt, entwürdigt, gedemütigt. Schmerz ist es, der aus seinen Augen spricht. Seelenschmerz, und körperlicher noch dazu. Und gerade weil einen derartigen Anblick dennoch so viele Menschen als „normal“ empfinden, löst er in mir etwas Ungeahntes aus, eine Regung, die kaum in Worte zu fassen ist.
2019 steht auf dem Kalender, vergessen wir es nicht. Das 3. Jahrtausend nach Christus. Und wieweit haben wir in all der Zeit, in der wir auf diesem Planten wüten, die Tierhaltung revolutioniert, „humaner“ gemacht? Das hier vor den eigenen Augen ist es, was wir geschafft haben, das ist das schändliche Ergebnis. Nach tausenden von Jahren des Zusammenlebens, der Domestikation. Weiter sind wir nicht gekommen. Die Wahrheit ist eine bittere; wir haben uns in Bezug auf unseren Umgang mit den Tieren keinen Deut von der Barbarei entfernt. Unfassbar traurig.
Es wird Zeit zu neuen Ufern aufzubrechen. Keine Verzögerung mehr, kein Glaube an Worte, die doch nie erfüllt werden. Lasst uns gemeinsam die Stimme erheben, einen Wind entfachen, zum Orkan gesteigert! JETZT ist der beste Zeitpunkt, die größte Schande der Menschheit auszutilgen. JETZT helfen wir den Tieren, JETZT lassen wir keine Ausreden mehr zu, JETZT beenden wir unser Schweigen. Keine Stunde ist besser dafür geeignet als das JETZT!!!
Und wenn unsere Stimme alleine nicht genügt, dann, wenn keine andere Wahl bleibt, weil weder der Gesetzgeber die nötigen Schritte einleitet, noch die Behörde ihre Arbeit tut, wenn die Tierhalter und all jene, welche am Leid der Tiere ihr blutiges Geld verdienen, sich gegen uns stellen – und das wird passieren, passiert doch schon seit Jahren – dann zerren wir die TäterInnen unbarmherzig wie sie selber sind an die Öffentlichkeit, und stellen sie an den sozialen Pranger! Zumindest das sind wir ihren Opfern schuldig.
Denn das Schweigen ist ein belangloses nicht; es ist der Bruder der Unmenschlichkeit, zusammen sind sie eine Glut, vom Bösen entfacht, welche den letzten Funken von Ehre in uns erstickt. Lassen wir es nicht zu. Nicht länger. Schweigen zu einer Untat, von der man weiß, ist die allgemeinste Art der Mitschuld!
Wissen Sie, was es ausmacht, dass gerade dieses Bild für mich persönlich ein derart erschütterndes ist? Weil es in seiner Veröffentlichung keine Konsequenzen mit sich bringen wird, weil der Tierhalter unantastbar bleibt. Weil das Gesetz eine solche Haltung billigt, ihr keinerlei Tierqual unterstellt. Weil viel zu viele Menschen dahinter nicht den Wahnsinn erkennen, welchen wir tagtäglich über die Tiere ergießen. Weil Mütter mit ihren Kindern vor diesem Stall stehen, und von Tierliebe sprechen, dabei nicht die Enge, nicht die Ohnmacht sehen; weil sie nicht das Flehen und Bitten in den Augen der Gequälten bemerken, viel lieber den Kopf senken, und den Blickkontakt vermeiden. Würden sie alle sich nur einen Augenblick Zeit nehmen und das eingepferchte Individuum als das annehmen, was es ist – nämlich ein Teil der Schöpfung, der genau wie wir nur in Frieden leben möchte, der genau wie wir fühlt und genau wie wir zum Leiden fähig ist – dann könnten, müssten alle Dämme brechen.
Ganzer Text, siehe hier: https://wolodja51.wordpress.com/2019/07/17/wie-lange-noch-ein-appell/comment-page-1/#comment-11767
B.N.:
Gerade heute hat mir ein Bekannter am Telefon von seinen Erlebnissen in den bayerischen Alpen berichtet, wo er Urlaub auf dem Bauernhof gemacht hatte. Dieser Bauer hatte ein paar Kühe und einen Bullen, die Kühe wurden im Frühjahr zurecht gemacht, ihnen wurden kitschige Blumenkränze auf die Hörner gesetzt und sie bekamen Glocken um und dann kam der Almauftrieb unter vielen hunderten Touristen mit Blasmusik, Läuten der Glocken und Segnungen der Kirchenpaffen. Das deutsche Pack, was zuschaute, war voll des Lobes über diese „Idylle“ und alle waren sich einig, so sollte Viehhaltung stattfinden. Ja, waren diese Typen, darunter auch etliche aus Tierschutzvereinen, blind und schwerhörig? Hörten sie nicht das Wehklagen des Bullen, der mitbekam, daß seine Herde raus durfte und er als einzigstes Tier allein zurück bleiben mußte, zurück bleiben mußte in seinem engen Verlies? Tagelang wehklagte dieser Bulle und das mit Recht über diese Schändlichkeit.
Auf Nachfrage beim Bauern, bekam mein Bekannter zur Antwort, daß Bullen nicht auf die Alm kämen, das wäre schon immer so, da zu gefährlich für die Senner dort oben und für die Touristen, welche die Almen besuchen.
All diese Touristen und Wanderer sind des Lobes voll über die prachtvollen Kühe und sie loben die „gute“ Tierhaltung. Es ist widerlich, daß dieses Pack nie danach fragt, wo denn eigentlich die Kälbchen sind, denn ohne ein geborenes Kälbchen gibt auch die beste Almkuh keine Milch. Danach wird nicht gefragt! Zur Antwort käme dann nämlich, daß die ins Dorf kämen in Kälberaufzuchtställe, eingepfercht, getrennt von den Müttern.
Als ich heute das Foto des Bullen oben in seinem engen Verlies sah, da mußte ich sofort an die heutige Geschichte meines Bekannten denken und meine Abscheu gegenüber Bauern steigert sich immer mehr. Ich wünsche jedem Viehbauern das was diese Kreaturen ihren Tieren antun und den den Almauftrieb bejubelnden Touristen wünsche ich das Gegenteil vom Besten.
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