Hartz4-Plattform
keine Armut ! – kein Hunger ! – kein Verlust von Menschenwürde !
Bürgerinitiative für die Einführung des Bedingungslosen Grundeinkommens
sowie die Information und Unterstützung von Hartz IV-Betroffenen
Profitieren die kirchlichen Wohlfahrtsverbände Caritas und Diakonie von Hartz IV?
Brigitte Vallenthin sprach mit dem Vorsitzenden der Erwerbslosen-Initiative ARCA
Soziales Netzwerk e.V. aus Eschwege
Im Zusammenhang mit der Verhandlung der Verfassungswidrigkeit von Hartz IV am 20. Oktober 2009 vor dem Bundesverfassungsgericht hat die Hartz4-Plattform Kenntnis von einseitigen , regierungskonformen
Stellungnahmen gegenüber den Verfassungsrichtern erhalten. Zu einem in diesem Zusammenhang möglichen Interessenkonflikt der Wohlfahrtsverbände Caritas und Diakonie sprach Hartz4-Plattform-Sprecherin Brigitte Vallenthin mit dem Vorsitzenden der seit 11 Jahren bestehenden Erwerbslosen-Initiative „ARCA Soziales Netzwerk e .V.“ aus Eschwege , Thomas Kallay.
Brigitte Vallenthin: Uns haben die, die Regierungs-Linie einseitig unterstützenden
Stellungnahmen von Caritas und Diakonie zur Hartz IV-Verfassungsklage
außerordentlich erschrocken gemacht. Wie beurteilen Sie diese Position der Kirchen
gegenüber dem Bundesverfassungsgericht?
Thomas Kallay: Zunächst einmal ist es so, dass auch Caritas und Diakonie analog zur
Regierung steif und fest weiterhin behaupten, es ginge am 20. Oktober 2009 vor dem
Bundesverfassungsgericht "nur" um die Hartz-IV-Regelsätze für Kinder, obwohl es im
Verfahren 1 BvL 1/09, vorgelegt vom Landessozialgericht Hessen Az.: L 6 AS 336/07, eben
nicht nur um die Regelsätze für Kinder (§ 28 SGB II), sondern im Rahmen des § 20 SGB II
eben auch um den Hartz-IV-Eckregelsatz an sich, und damit auch um die Erwachsenen-
Regelsätze geht.
Dann darf man ja nicht vergessen, dass die Kirchen mit Diakonie und Caritas Altenheime und
andere Pflegeeinrichtungen betreiben, und dort bevorzugt examinierte Pflegekräfte einsetzen
sollen, die aufgrund von Arbeitslosigkeit Hartz-IV beziehen und als so genannte 1-Euro-
Jobber arbeiten müssen. Wie man weiß, zahlt der Staat denjenigen Arbeitgebern, die 1-Euro-
Jobber einsetzen, mehrere hundert Euro pro 1-Euro-Jobber, damit diese Arbeitgeber keine
Kosten durch die somit kostenlose Ausbeutung der Arbeitskraft ihrer 1-Euro-Jobber haben.
Speziell bei Diakonie und Caritas sollen zudem häufig examinierte Pflegekräfte als 1-Euro-
Jobber tätig sein, die 1-2 Jahre zuvor dort noch ganz regulär bezahlt worden sein sollen.
Gleiches soll für weitere Mitarbeiter solcher kirchlichen Einrichtungen gelten, z.B.
Reinigungskräfte, Hilfskräfte, Verwaltungsleute usw..
BV: Die Diakonie hat uns gegenüber um Verständnis für die Inanspruchnahme der
Hartz-IV-Mittel gebeten und dies mit zurückgehenden Kirchensteuereinnahmen
entschuldigt. Können Sie diese Haltung nachvollziehen?
TK: Nein. 1-Euro-Jobs sind Sklavenarbeit. Solche Zwangsarbeit ist nach dem Grundgesetz der
Bundesrepublik Deutschland hierzulande verboten, und das Grundgesetz - mal ganz
abgesehen von Moral und Anstand - gilt auch für die Kirchen. Wenn die Kirchen zudem
weniger Steuereinnahmen haben, sollten sie mal - gerade auch in Bezug auf Hartz-IV und 1-
Euro-Jobber - gründlich darüber nachdenken, warum die Menschen in diesem Land
scharenweise aus den Kirchen austreten. Denn: welche Kirche ist sozial und christlich
gesehen noch glaubhaft im Volk, wenn sie bundesweit (!) tausende Erwerbslose - darunter
viele gut ausgebildete Fachkräfte - für sich als 1-Euro-Lohnsklaven arbeiten lässt, anstatt
diese Leute anständig zu bezahlen – wie vor Hartz IV?
BV: Was würden Sie sagen, wenn Menschen, die die deutsche Geschichte vor 1949
und ihre unmittelbaren Folgen noch miterlebt haben, vor der Hartz IV-Entwicklung
warnen?
TK: Dass diese Leute recht haben, dass sie zu Recht warnen vor Ereignissen wie vor 1949,
über die heute in Deutschland niemand mehr reden will, weil die Parallelen zwischen den
damaligen unbeschreiblichen Ereignissen und dem heutigem Hartz-IV nebst Folgen zu deutlich
sind...
BV: Sehen Sie außer den unmittelbaren finanziellen Zuwendungen noch weitere Hartz-
IV-Vorteile für Caritas und Diakonie?
TK: Meiner Meinung nach sanieren die sich auf dem Rücken der 1-Euro-Jobber und dank der
Hilfe des Staates, der ihnen pro 1-Euro-Jobber viel Geld zahlt, womit die Arbeitskraft dieser
Leute ordentlich ausgebeutet wird. Sie ersetzen damit praktisch die ihnen entgangenen
Steuereinnahmen aufgrund Kirchenaustritten, anstatt drüber nachzudenken, was sie ändern
müssten, damit die Menschen Kirchenmitglieder bleiben. Der Fairness halber sei aber gesagt,
dass sich Kommunen und auch völlig reguläre Arbeitgeber auf gleiche Weise gesundstoßen,
denn Hartz-IV und die Regierung geben ihnen ja jede Möglichkeit dazu.
BV: Können Sie Beispiele für missbräuchliche Ausnutzung von qualifizierten 1€-
Jobbern nennen?
TK: Ja. Wir und zahllose andere Erwerbslosen-Inis in Deutschland hatten und haben
regelmäßig Fälle von Betroffenen auf dem Tisch, die genau das berichten - und die Kirchen
mit ihren "kirchlichen" Unternehmen sind bei weitem noch nicht einmal die einzigen, die auf
diese Art kostenlose Arbeitskraft ausbeuten, dafür kassieren und auch noch meinen, diese
Lohnsklaverei als gemeinnützig hinstellen zu dürfen.
BV: Könnte man in dem gesetzlichen System der 1€-Jobs nicht einen zusätzlichen
Konflikt mit dem Grundgesetz sehen?
TK: Sicherlich, denn das Grundgesetz verbietet Zwangsarbeit und durch diese hervorgerufene
Einschränkungen der persönlichen Freiheit in Deutschland - zumal, wenn, wie ja nun parallel
zu den Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht immer mehr ans Tageslicht tritt - Hartz-
IV, am Grundgesetz vorbei geschaffen, allein dem Zwecke dient, um - im Interesse und für
den Reichtum von Wenigen – aus Deutschland ein Niedrigstlohnland zu machen. Und wenn die
Betroffenen sich weigern, niedrigstentlohnt zu arbeiten, streicht man ihnen einfach die
Sozialleistungen. Das ist bei Hartz-IV ja schon vielen so widerfahren. Dass sich an solchen
Vergehen gegen das Grundgesetz unseres Landes und gegen die Menschenrechte sogar die
Kirchen beteiligen und obendrein noch davon profitieren, zeigt einmal mehr, was alles schon
in diesem Land in den Dutt gegangen ist...
„Die Stützen der Gesellschaft“, frei nach Georg Grosz von Claudia Ahlering, siehe auch: http://www.claudiaahlering.de/
Magnus Gottfried Lichtwer (1719 - 1783): Das Pferd und der Esel
Ein sattes Pferd ging von der Krippe
Und fiel vor Wollust auf die Streu,
Ein dürrer Esel stund dabei,
Kein Esel, sondern ein Gerippe.
Den redete der Hengst mit diesen Worten an:
„Wie geht es, guter Greis! du scheinst mir ziemlich hager,
Bist du nicht recht gesund? macht dich der Gram so mager?'
„Ach!" sprach das Müllertier, „das hat es nicht getan,
Der Hunger und das viele Tragen,
Des Treibers Fluchen, Stoßen, Schlagen,
Mit einem Wort, mein Freund, die Not ist schuld daran.
O käme nur der Tod, das Ende meiner Plagen!"
„Ob es dir schon so elend geht",
Erwiderte der Gaul, „so sollst du doch nicht klagen;
Ein Weiser trägt die Not, die nicht zu ändern steht,
Du leidest nicht allein, und kurz, was willst du machen?
Das Schicksal tut, was ihm gefällt,
Dem wird das Leben süß, und dem wird es vergällt,
Das Weinen nützt oft mehr als Lachen."
Da sprach das graue Tier: „Dein Bauch ist voll und satt,
Und deine Weisheit stammt aus dem gefüllten Magen."
——— Der hat gut predigen und von Verleugnung sagen,
Der selber keine Sorgen hat.
Arthur Fitger (1840 - 1909): 2. Korinther 8, Vers 91
Die Amtswohnung des neuen Herrn Pastor
Möbliert ein reicher alter Jungfernchor;
Eins, zwei, drei Möbelwagen fahren vor.
Fauteuil und Sofa, Esstisch und Buffet,
Bratofen, Fliegen-, Eisschrank, Ehebett,
Silber- und Porzellanservice komplett.
Kompott, Konserven haufenweis beschafft,
Der Mettwurst Anmut und des Schinkens Kraft,
In Fass und Flaschen edler Rebensaft —
Besonders fehl ein Christusangesicht,
In goldnem Rahmen überm Schreibtisch nicht,
Des dornumrankte Inschrift also spricht:
"Bedenk, dass unser Heiland Jesus Christ
Um deinetwillen arm geworden ist,
Und dass du reich durch seine Armut bist."
"In Christi Namen — Barmherzigkeit! Wir haben Hunger!" — "Einen Moment ... Jesus hat Gesagt: 'Gebt den Armen von eurem Überfluss!' Wenn Sie nur zehn Minuten warten wollen, dann werden Sie sehen, dass von diesem Überfluss nur die Knochen übrigbleiben — und die sind für den Hund."
Bildquelle: Piltz, Georg: Geschichte der europäischen Karikatur. -- Berlin : Deutscher Verlag d. Wiss., 1976. -- 328 S. : 310 Ill. ; 28 cm. -- S. 188
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