„Der Schulzwang ist ein Relikt der Diktatur“
Unsere Kinder „gedeihen jetzt wunderbar in dem freien Lernen“, sagt Dagmar Neubronner, die mit ihrer Familie aufgrund des deutschen Schulzwangs nach Frankreich geflohen ist: In Deutschland herrsche ein extremes Misstrauen gegen die eigenen Bürger, kritisiert sie – und verweist auf andere Länder.
Dagmar Neubronner im Gespräch mit Jürgen Liminski
Jürgen Liminski: Vor zehn Tagen erregte eine Meldung Aufsehen: Eine deutsche Familie erhielt in den USA politisches Asyl, weil sie ihre Kinder zu Hause unterrichten wollte, was in Deutschland verboten ist. Nun ist eine zweite Familie geflüchtet und hat Asyl beantragt, eine dritte Familie ist bereits vor einiger Zeit aus demselben Grund nach Frankreich übergesiedelt, es handelt sich um die Familie Neubronner. Die Mutter und auch Lehrerin der zwei Kinder ist nun am Telefon. Guten Morgen, Frau Neubronner!
Dagmar Neubronner: Guten Morgen!
Liminski: Frau Neubronner, Sie leben in Frankreich, können Sie dort ihre Kinder zu Hause unterrichten?
Neubronner: Ja, problemlos. In Frankreich wird sogar ein eigenes System von Fernbeschulung aufgebaut, um diese Kinder besonders gut zu fördern.
Liminski: Warum geht das in Deutschland nicht?
Neubronner: Das geht deswegen in Deutschland nicht, weil mit dem Reichsschulpflichtgesetz 1938 der einzigartige, sogenannte German Schulzwang eingeführt wurde, der hat nämlich dann aus der 1919 eingeführten Schulpflicht einen strengen Schulzwang gemacht, sodass die Kinder in Deutschland gegebenenfalls per Polizei der Schule zugeführt, und Sorgerecht entzogen werden und so weiter. Das ist dann in die Gesetzgebung der meisten Bundesländer leider so übernommen worden.
Liminski: Sie verweisen auf das Gesetz von 1938, wie sieht man das in anderen europäischen Ländern?
Neubronner: Das ist unterschiedlich, zum Teil haben sie schon immer Bildungsfreiheit. Das ist zum Beispiel England, Irland, Dänemark, Belgien, Frankreich. Die skandinavischen Länder haben die Bildungsfreiheit, also die Möglichkeit des freien Lernens ohne Schule in den 90er-Jahren, nach einigen Prozessen, da haben Eltern dann geklagt und so weiter, eingeführt. Und in Osteuropa führt seit dem Zerfall der Sowjetunion, ein Land nach dem anderen Bildungsfreiheit ein. Oft gehen dem Pilotstudien voraus, die belegen, wie vorteilhaft diese Bildungsmethode ist. Zum Teil, zum Beispiel in Russland, wird man sogar staatlich unterstützt wenn man das macht, sodass im Moment nur noch, einzig und allein in ganz Europa, Deutschland in isolierter Position an diesem antiquierten Schulzwang festhält.
Liminski: Bildungsfreiheit heißt „Homeschooling“?
Neubronner: Bildungsfreiheit heißt, die Möglichkeit die Art, wie Kinder gebildet werden oder sich bilden, frei zu wählen. Ob jetzt in einer staatlichen Schule, in einer Privatschule, in einer Fernschule, ganz zu Hause, auf Reisen oder wie auch immer.
Liminski: Wie unterrichten Sie und woher wissen Sie, dass Ihre Kinder auf demselben Wissensstand stehen wie andere, gleichaltrige Kinder? Wie steht es um Abschlüsse, Abiturzeugnis, überhaupt Zeugnisse?
Neubronner: Ja, das war am Anfang auch unsere größte Sorge. Inzwischen sind wir da völlig entspannt, unsere Kinder sind seit wir dieses freie Lernen durchführen, bei der Clonlara-School eingeschrieben, das ist so eine Betreuungsschule, die in 40 Ländern frei lernende Kinder betreut. Und unsere Kinder lernen inzwischen sehr eigenständig, sie nutzen die hervorragende Lernsoftware, die es dazu auch gibt im Internet. Zum Beispiel Rosetta Stone für Sprachen, Realmath.de für Mathe und so weiter, und es hilft uns völlig problemlos, also im Moment sind beide Kinder in Mathe zum Beispiel schon beim Stoff der nächsten Klasse, weil sie den Stoff von ihrem Jahrgang schon kurz nach Weihnachten durchgearbeitet hatten. Da haben sie zwei Wochen Ferien gemacht und dann machen sie weiter, also das ist überhaupt kein Problem.
Liminski: Haben Sie denn Vergleichsmöglichkeiten mit anderen Kindern?
Neubronner: Ja sicher, es sind ja im Internet sämtliche Lehrpläne zugänglich, man kann alle möglichen Testaufgaben durcharbeiten und wenn sie irgendwas können, dann können sie es, also das ist ja ganz klar.
Liminski: Wie steht es denn beim „Homeschooling“ um das Lernen sozialen Verhaltens? Immerhin fehlen die Gleichaltrigen, die dieses Lernen ermöglichen.
Neubronner: Ja, Kinder lernen ja soziales Verhalten nicht von anderen Kindern, sondern von uns Erwachsenen. Wir müssen ja die Vorbilder sein und ihnen zeigen, wie es geht, die Kinder wissen das ja noch nicht. Auch da haben wir uns inzwischen entspannt, nachdem wir uns da früher Sorgen gemacht haben. Sämtliche wissenschaftlichen Studien und alle Erfahrungen im Ausland zeigen, dass frei lernende Kinder dem Durchschnitt der Schulkinder, was ihre Sozialkompetenz angeht, um Längen voraus sind, also ganz deutlich. Inzwischen ist es sogar so, dass die Elite-Unis, Harvard, Cambridge und so weiter, bevorzugt Studenten aufnehmen, die als „Homeschooler“ gelernt haben, weil sie sagen, die sind nicht nur intelligent, das sind die anderen auch, aber sie haben auch eine gewisse Selbstständigkeit und soziale Reife, die den anderen fehlt, weil sie halt zwölf Jahre lang im Grunde nie selber bestimmen konnten, was sie machen, nie ihren Tag selber strukturieren konnten und so weiter.
Liminski: Zwei Familien sind in die USA geflüchtet, Frau Neubronner, die Motive sind da ganz unterschiedlich, aber auch religiöse Momente spielen eine Rolle. Schützt Schule die Kinder nicht auch vor ideologischer Vereinnahmung?
Neubronner: Ja, also erstens möchte ich dazu sagen, es sind ja nicht nur zwei Familien in die USA geflüchtet, sondern es flüchten dauernd Familien und es sind mittlerweile Hunderte, die aus diesem Grund ins Ausland gegangen sind. Und das sind alles super Familien, um die es mir wirklich leidtut für Deutschland und auch für meine Kinder. Was jetzt die ideologische Vereinnahmung angeht, in Deutschland herrscht diesbezüglich ein extremes Misstrauen gegen die eigenen Bürger, aber auch hier können wir uns eigentlich entspannen, wenn wir uns im Ausland umschauen. Die Gefahr von Indoktrinierung geht wenn überhaupt dann von ideologischen Kaderschulen aus, auch im Ausland, aber nicht von der Vielfalt der unterschiedlichen Werte, die einzelne Muttis und Papis vermitteln. Es ist ja nicht umsonst so, dass in allen Diktaturen der erste Griff immer auf die Kinder geht, die dann gleichgeschaltet werden, und zwar durch Anwesenheitszwang in Schulen. In Deutschland will ich natürlich jetzt nicht mit einer Diktatur vergleichen, aber dieser Schulzwang ist ein Relikt der Diktatur und das sollte Deutschland doch jetzt mal nachlassen.
Liminski: Wo spüren Sie diese Diktatur, wie Sie es nennen?
Neubronner: Nein, ich möchte jetzt nicht Deutschland als Diktatur hinstellen, aber es ist ein unguter Weg, und dieser Schulzwang ist ein diktatorisches Relikt. Uns erreichen täglich Anrufe von verzweifelten Eltern, die ihre Kinder gerne frei lernen lassen wollen und deswegen ins Ausland gehen oder die hier das tun möchten und dann Ärger mit dem Jugendamt bekommen, denen Sorgerecht entzogen wird, nur weil sie ihre Kinder frei lernen lassen. Das ist ein unglaublicher Vorgang, das wird uns im Ausland zum Teil überhaupt nicht geglaubt, wenn ich in Kanada bin, dann gucken die sich nur an und sagen, wir dachten die sind jetzt eine Demokratie, also wirklich, Dagmar, stimmt das? Die wollen das gar nicht glauben.
Liminski: Aber es sind ja doch Einzelfälle auch.
Neubronner: Nein, das sind keine Einzelfälle, das nimmt immer weiter zu, es gibt ein unseliges Gerichtsurteil des Bundesgerichtshofs von 2007, in dem freies Lernen und „Homeschooling“ mit einem Missbrauch des Sorgerechts gleichgesetzt wird, also in dem gesagt wird, es kann einen Missbrauch des Sorgerechts darstellen. Und in dem auch ein Jugendamt, was freies Lernen in Österreich ermöglicht hatte, ganz scharf gerügt wird und seitdem sind die deutschen Behörden ganz stark bemüht, sofort das Jugendamt einzuschalten und mit Sorgerechtsentzug zu drohen. Und das ist eine ganz furchtbare Entwicklung, denn diese Sorgerechtsgeschichten sind natürlich eigentlich für Jessica und Kevin, für verhungernde, misshandelte Kinder gedacht, und nicht für Kinder, die einem Bildungsweg folgen, der überall sonst erlaubt ist.
Liminski: Frau Neubronner, sind Sie auch aus religiösen Motiven geflüchtet?
Neubronner: Nein, wirklich nicht. Unsere Gründe... Also wir sind geflüchtet aus Deutschland, weil wir Sorgerechtsentzug befürchtet haben, wie er so oft vorgenommen wird, das wollten wir natürlich auf keinen Fall riskieren. Und warum unsere Kinder frei lernen, das liegt einfach daran, dass sie sich in der Schule nicht wohlgefühlt haben und wunderbar gedeihen jetzt in dem freien Lernen. Wir haben keinerlei ideologische Motive dabei und das ist übrigens bei den meisten Familien so. Nur die Familien, die sehr religiös sind, haben weniger Probleme damit, dann tapfer damit an die Öffentlichkeit zu gehen und vermischen dann natürlich auch einen gewissen missionarischen Eifer mit dem eigentlichen Anliegen. Aber ich kenne eigentlich überhaupt keine Familie, bei der nicht ursprünglich Probleme der Kinder in der Schule, zum Teil auch gesundheitliche Probleme und so weiter, der Anlass dafür waren, mit dem Freilernen anzufangen.
Liminski: Leben ohne Schule, aber mit Bildung, das war Dagmar Neubronner, Mutter einer – wie sie es nennen – Freilerner-Familie. Besten Dank für das Gespräch, Frau Neubronner!
Neubronner: Bitte, gern geschehen!
Dagmar Neubronner: Guten Morgen!
Liminski: Frau Neubronner, Sie leben in Frankreich, können Sie dort ihre Kinder zu Hause unterrichten?
Neubronner: Ja, problemlos. In Frankreich wird sogar ein eigenes System von Fernbeschulung aufgebaut, um diese Kinder besonders gut zu fördern.
Liminski: Warum geht das in Deutschland nicht?
Neubronner: Das geht deswegen in Deutschland nicht, weil mit dem Reichsschulpflichtgesetz 1938 der einzigartige, sogenannte German Schulzwang eingeführt wurde, der hat nämlich dann aus der 1919 eingeführten Schulpflicht einen strengen Schulzwang gemacht, sodass die Kinder in Deutschland gegebenenfalls per Polizei der Schule zugeführt, und Sorgerecht entzogen werden und so weiter. Das ist dann in die Gesetzgebung der meisten Bundesländer leider so übernommen worden.
Liminski: Sie verweisen auf das Gesetz von 1938, wie sieht man das in anderen europäischen Ländern?
Neubronner: Das ist unterschiedlich, zum Teil haben sie schon immer Bildungsfreiheit. Das ist zum Beispiel England, Irland, Dänemark, Belgien, Frankreich. Die skandinavischen Länder haben die Bildungsfreiheit, also die Möglichkeit des freien Lernens ohne Schule in den 90er-Jahren, nach einigen Prozessen, da haben Eltern dann geklagt und so weiter, eingeführt. Und in Osteuropa führt seit dem Zerfall der Sowjetunion, ein Land nach dem anderen Bildungsfreiheit ein. Oft gehen dem Pilotstudien voraus, die belegen, wie vorteilhaft diese Bildungsmethode ist. Zum Teil, zum Beispiel in Russland, wird man sogar staatlich unterstützt wenn man das macht, sodass im Moment nur noch, einzig und allein in ganz Europa, Deutschland in isolierter Position an diesem antiquierten Schulzwang festhält.
Liminski: Bildungsfreiheit heißt „Homeschooling“?
Neubronner: Bildungsfreiheit heißt, die Möglichkeit die Art, wie Kinder gebildet werden oder sich bilden, frei zu wählen. Ob jetzt in einer staatlichen Schule, in einer Privatschule, in einer Fernschule, ganz zu Hause, auf Reisen oder wie auch immer.
Liminski: Wie unterrichten Sie und woher wissen Sie, dass Ihre Kinder auf demselben Wissensstand stehen wie andere, gleichaltrige Kinder? Wie steht es um Abschlüsse, Abiturzeugnis, überhaupt Zeugnisse?
Neubronner: Ja, das war am Anfang auch unsere größte Sorge. Inzwischen sind wir da völlig entspannt, unsere Kinder sind seit wir dieses freie Lernen durchführen, bei der Clonlara-School eingeschrieben, das ist so eine Betreuungsschule, die in 40 Ländern frei lernende Kinder betreut. Und unsere Kinder lernen inzwischen sehr eigenständig, sie nutzen die hervorragende Lernsoftware, die es dazu auch gibt im Internet. Zum Beispiel Rosetta Stone für Sprachen, Realmath.de für Mathe und so weiter, und es hilft uns völlig problemlos, also im Moment sind beide Kinder in Mathe zum Beispiel schon beim Stoff der nächsten Klasse, weil sie den Stoff von ihrem Jahrgang schon kurz nach Weihnachten durchgearbeitet hatten. Da haben sie zwei Wochen Ferien gemacht und dann machen sie weiter, also das ist überhaupt kein Problem.
Liminski: Haben Sie denn Vergleichsmöglichkeiten mit anderen Kindern?
Neubronner: Ja sicher, es sind ja im Internet sämtliche Lehrpläne zugänglich, man kann alle möglichen Testaufgaben durcharbeiten und wenn sie irgendwas können, dann können sie es, also das ist ja ganz klar.
Liminski: Wie steht es denn beim „Homeschooling“ um das Lernen sozialen Verhaltens? Immerhin fehlen die Gleichaltrigen, die dieses Lernen ermöglichen.
Neubronner: Ja, Kinder lernen ja soziales Verhalten nicht von anderen Kindern, sondern von uns Erwachsenen. Wir müssen ja die Vorbilder sein und ihnen zeigen, wie es geht, die Kinder wissen das ja noch nicht. Auch da haben wir uns inzwischen entspannt, nachdem wir uns da früher Sorgen gemacht haben. Sämtliche wissenschaftlichen Studien und alle Erfahrungen im Ausland zeigen, dass frei lernende Kinder dem Durchschnitt der Schulkinder, was ihre Sozialkompetenz angeht, um Längen voraus sind, also ganz deutlich. Inzwischen ist es sogar so, dass die Elite-Unis, Harvard, Cambridge und so weiter, bevorzugt Studenten aufnehmen, die als „Homeschooler“ gelernt haben, weil sie sagen, die sind nicht nur intelligent, das sind die anderen auch, aber sie haben auch eine gewisse Selbstständigkeit und soziale Reife, die den anderen fehlt, weil sie halt zwölf Jahre lang im Grunde nie selber bestimmen konnten, was sie machen, nie ihren Tag selber strukturieren konnten und so weiter.
Liminski: Zwei Familien sind in die USA geflüchtet, Frau Neubronner, die Motive sind da ganz unterschiedlich, aber auch religiöse Momente spielen eine Rolle. Schützt Schule die Kinder nicht auch vor ideologischer Vereinnahmung?
Neubronner: Ja, also erstens möchte ich dazu sagen, es sind ja nicht nur zwei Familien in die USA geflüchtet, sondern es flüchten dauernd Familien und es sind mittlerweile Hunderte, die aus diesem Grund ins Ausland gegangen sind. Und das sind alles super Familien, um die es mir wirklich leidtut für Deutschland und auch für meine Kinder. Was jetzt die ideologische Vereinnahmung angeht, in Deutschland herrscht diesbezüglich ein extremes Misstrauen gegen die eigenen Bürger, aber auch hier können wir uns eigentlich entspannen, wenn wir uns im Ausland umschauen. Die Gefahr von Indoktrinierung geht wenn überhaupt dann von ideologischen Kaderschulen aus, auch im Ausland, aber nicht von der Vielfalt der unterschiedlichen Werte, die einzelne Muttis und Papis vermitteln. Es ist ja nicht umsonst so, dass in allen Diktaturen der erste Griff immer auf die Kinder geht, die dann gleichgeschaltet werden, und zwar durch Anwesenheitszwang in Schulen. In Deutschland will ich natürlich jetzt nicht mit einer Diktatur vergleichen, aber dieser Schulzwang ist ein Relikt der Diktatur und das sollte Deutschland doch jetzt mal nachlassen.
Liminski: Wo spüren Sie diese Diktatur, wie Sie es nennen?
Neubronner: Nein, ich möchte jetzt nicht Deutschland als Diktatur hinstellen, aber es ist ein unguter Weg, und dieser Schulzwang ist ein diktatorisches Relikt. Uns erreichen täglich Anrufe von verzweifelten Eltern, die ihre Kinder gerne frei lernen lassen wollen und deswegen ins Ausland gehen oder die hier das tun möchten und dann Ärger mit dem Jugendamt bekommen, denen Sorgerecht entzogen wird, nur weil sie ihre Kinder frei lernen lassen. Das ist ein unglaublicher Vorgang, das wird uns im Ausland zum Teil überhaupt nicht geglaubt, wenn ich in Kanada bin, dann gucken die sich nur an und sagen, wir dachten die sind jetzt eine Demokratie, also wirklich, Dagmar, stimmt das? Die wollen das gar nicht glauben.
Liminski: Aber es sind ja doch Einzelfälle auch.
Neubronner: Nein, das sind keine Einzelfälle, das nimmt immer weiter zu, es gibt ein unseliges Gerichtsurteil des Bundesgerichtshofs von 2007, in dem freies Lernen und „Homeschooling“ mit einem Missbrauch des Sorgerechts gleichgesetzt wird, also in dem gesagt wird, es kann einen Missbrauch des Sorgerechts darstellen. Und in dem auch ein Jugendamt, was freies Lernen in Österreich ermöglicht hatte, ganz scharf gerügt wird und seitdem sind die deutschen Behörden ganz stark bemüht, sofort das Jugendamt einzuschalten und mit Sorgerechtsentzug zu drohen. Und das ist eine ganz furchtbare Entwicklung, denn diese Sorgerechtsgeschichten sind natürlich eigentlich für Jessica und Kevin, für verhungernde, misshandelte Kinder gedacht, und nicht für Kinder, die einem Bildungsweg folgen, der überall sonst erlaubt ist.
Liminski: Frau Neubronner, sind Sie auch aus religiösen Motiven geflüchtet?
Neubronner: Nein, wirklich nicht. Unsere Gründe... Also wir sind geflüchtet aus Deutschland, weil wir Sorgerechtsentzug befürchtet haben, wie er so oft vorgenommen wird, das wollten wir natürlich auf keinen Fall riskieren. Und warum unsere Kinder frei lernen, das liegt einfach daran, dass sie sich in der Schule nicht wohlgefühlt haben und wunderbar gedeihen jetzt in dem freien Lernen. Wir haben keinerlei ideologische Motive dabei und das ist übrigens bei den meisten Familien so. Nur die Familien, die sehr religiös sind, haben weniger Probleme damit, dann tapfer damit an die Öffentlichkeit zu gehen und vermischen dann natürlich auch einen gewissen missionarischen Eifer mit dem eigentlichen Anliegen. Aber ich kenne eigentlich überhaupt keine Familie, bei der nicht ursprünglich Probleme der Kinder in der Schule, zum Teil auch gesundheitliche Probleme und so weiter, der Anlass dafür waren, mit dem Freilernen anzufangen.
Liminski: Leben ohne Schule, aber mit Bildung, das war Dagmar Neubronner, Mutter einer – wie sie es nennen – Freilerner-Familie. Besten Dank für das Gespräch, Frau Neubronner!
Neubronner: Bitte, gern geschehen!
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