Samstag, 30. Mai 2020

Fehldiagnose eines Gutachters bei "Bares für Rares"

Das kommt schon vor, daß ein Gutachter sich irrt. Bei Gerichtsverfahren ist das keine Seltenheit, obwohl dort oft das Wohl und Wehe eines Angeklagten davon abhängt. 

Weniger schlimm ist ein Fehlurteil bei der Sendung „Bares für Rares“, obwohl dort ja nicht der Gutachter allein sich mit dem Objekt beschäftigt, den die Zuschauer zu sehen bekommen, denn hinter den Kulissen wird jedes Objekt von mehreren Experten vor der Sendung unter die Lupe genommen. Es wird natürlich die Illusion erzeugt, als wenn der Gutachter das Objekt zum ersten mal gesehen hätte und er allein die Expertise abgibt. Das ist selbstverständlich nicht der Fall.


die Jugendstilschale

In der gestrigen Sendung bot eine Dame ein wundervolle Jugendstilschale aus Porzellan an und über Gutachter Albert Meier konnte man nur mit dem Kopf schütteln. Es ging schon damit los, daß er behauptete, der Entwerfer wäre Ernst Wallis gewesen, der lebte von 1837 bis 1900. Die Schale wurde aber erst nach 1900 entworfen, wie Meier sogar richtig sagte, da vor 1900 noch nicht so ein typischer Jugendstil entworfen wurde. Richtig ist, daß die Schale von der Fa. Ernst Wallis verlegt wurde und dies aber nach dem Tode von Wallis und dies frühestens 1905. Der Entwerfer ist mir auch unbekannt, aber keinesfalls war es Ernst Wallis, denn der war kein Künstler, sondern nur ein Kaufmann. 

Die Dame meinte, daß sie diese nicht unter 200 Euro weggeben wolle, was sehr niedrig angegeben war, da solche reinen Jugendstilobjekte mit so einem wundervollen Motiv - ein schönes Mädchen auf Seerosen - sehr beliebt sind. Und aus meiner jahrelangen Praxis und auch bei der derzeitigen Beobachtung des Marktes, weiß ich, daß sich die Leute um so ein Objekt reißen und ein Händler um die 300 Euro zahlt und so ein Objekt für mindestens 400 Euro verkaufen kann. 


Gutachter Albert Meier

Meier muß einen Blackout gehabt haben, als er rum nörgelte, daß der Goldrand ein wenig berieben sei und ein kleiner Chip vorhanden wäre, wobei es ein Wunder war, daß die Blütenblätter der Seerose und die filigranen Finger des Mächens völlig intakt waren, was ja das wichtigste ist. 


die wundervoll geformten Finger und Seerosenblüte

Meier schätzte das Objakt auf läppische 100 bis 150 Euro ein, wie gesagt, nicht Händlerankaufspreis, sondern Wert! Damit lag er völlig daneben. Die Dame nahm das Objekt wieder mit, was schade war, denn ich wette, daß die Händler ebenso begeistert gewesen wären wie ich, und mindestens 300 Euro, wenn nicht entschieden mehr, geboten hätten.

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