Freitag, 18. Januar 2013

Mühevolle Perlenstickerei um 1900




Auf einer Handarbeitsseite mit einer Anleitung zur Perlenstickerei ist folgendes zu lesen: „Das Auffädeln von Perlen ist nicht wirklich schwierig, aber Perlenstickerei ist bis heute ein echtes Kunsthandwerk.“ (http://www.helpster.de/perlen-eine-anleitung-zum-sticken-mit-perlen_118507#zur-anleitung).

Es ist ein Wahnsinn, was es für eine Arbeit macht und wieviele Stunden man an einer größeren solchen Handarbeit sitzt ehe sie fertig ist. Je winziger die Perlen, desto mehr Arbeit hat man und man braucht gute Augen um überhaupt so etwas machen zu können. 

Weshalb ich über dieses Thema schreibe, hat den Grund, daß ich durch meinen gestrigen Artikel über deutsche Touristen die in einem armen Land Perlstickarbeiten beim Kauf im Preis runter handelten (http://barrynoa.blogspot.de/2013/01/armer-beamter-bittet-um-milde-gabe.html), mal darüber nachdachte, was so eine Handarbeit doch für eine Mühe macht. 

Diese deutschen Touristen haben garantiert noch nicht solche Handarbeiten gemacht, kennen die Mühe nicht und die vielen Arbeitsstunden. Und schon gar nicht sind sie in der Verlegenheit durch ihrer Hände Arbeit etwas zu schaffen und dann zu verkaufen um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Kein Wunder, denn wenn es Beamte oder Angestellte im öffentlichen Dienst waren, dann sind sie sowieso vom normalen Volk abgehoben, welches im harten Wettbewerb steht und täglich Existenzsorgen in einem kapitalistischen System hat. 

Um 1900 mußten viele arme Frauen in Deutschland in Heimarbeit auch sich durch Perlenstickerei ernähren. Es war ebenfalls ein kümmerlicher Lohn den sie für ihre Arbeit erhielten, und einen 8-Stunden-Tag, 6 Wochen Urlaub und ein 13. Monatsgehalt wie unsere Beamten und Angestellten jetzt im öffentlichen Dienst bekommen, die gab es natürlich auch nicht. 12 Stunden Arbeit am Tag war die Regel sowieso, auch für Fabrikarbeiter um 1900. Dies weiß ich von meinem Urgroßvater genauestens. Der arbeitete in der damaligen Central-Werkstatt in Dessau, jeden Tag von 6-18 Uhr, Samstag eingeschlossen. 

Und die Perlenstickerinnen mußten ihre ganze Familie mit einspannen, das heißt selbstverständlich mußten alle Kinder nach der Schule bis zum Abend mitarbeiten. Feine Damen konnte sich dann die wunderbaren Täschchen kaufen, welche die Perlenstickerinnen hauptsächlich fertigten. Damals kostete so ein Täschchen um die 18 Reichsmark, ca. 4 Reichsmark bekam eine Stickerin davon, der Rest ging an den Manufakturbetreiber, an den Hersteller der Metallmontur und den Händler. 

Im Antikhandel  Neumann in Dessau (http://antikhandelneumann.npage.de) ist derzeit so ein Täschchen käuflich zu erwerben, siehe obige Fotos der Vorder-und Rückseite, ein wunderbares Stück, feinstens gemacht und bei den Perlen konnte ich keine Fehlstelle sehen, also die Perlenstickerin hat genauestens nach der Vorlage gearbeitet. Hätte sie Fehlstellen darin gehabt, so hätte es Abzüge vom Lohn gegeben.   

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