Sonntag, 23. August 2020

Antirassisten der Tat in der Nazi-Zeit: Der Erbtruchseß von Alvensleben und seine Frau

In Ergänzung des Blogbeitrags:
 

                                                               von links nach rechts: 

Komtesse Rosemarie von Alvensleben, Erbtruchseß von Alvensleben, Graf Harald von Hardenberg, Frau von Alvensleben, geb. von Hardenberg

Foto von Dr. Walter Timmling, aufgenommen 1935


Daß es möglich war wirklich menschlich tätig zu sein, auch in der Zeit des Nationalsozialismus, zeigten der Erbtruchseß von Alvensleben und seine Frau. Während Kapitalisten wie Knorr, die jetzt mit der Umbenennung ihrer Zigeunersoße so tun als wenn sie sich gegen die Diskriminierung von Zigeunern einsetzen, die aber in den vergangenen hundert Jahren nichts, aber auch gar nichts, für Zigeuner getan haben, auch nicht als sie sahen, daß Zigeuner in Lager kamen wo sie umgebracht wurden, so waren der Erbtruchseß und seine Frau Menschen der Tat. 

Ich bekam Kunde von dem segensreichen Wirken der von Alvenleben durch meine Forschungen zu Dr. Walter Timmling, der ebenfalls Asyl auf dessen Schloß bekam, bevor er 1938 verhaftet wurde und bis 1945 inhaftiert war. 

Zu DDR-Zeiten bekam ich aus Erxleben auf meine Anfrage einen aufschlußreichen Bericht über Timmlings Aufenthalt auf Schloß Erxleben. Bezeichnend, daß ihn eine Augenzeugin als einen „halbverhungerten Menschen“ beschrieb. Zu DDR-Zeiten traute man einem deutschnationalen Adeligen, wie dem Erbtruchseß von Alvensleben, antifaschistische Samariterdienste nicht zu, deshalb der Verweis auf die Frau des Herrn von Alvensleben, die wohl all die Menschen (bis zu 150) aufnahm. Fakt ist aber, daß der Erbtruchseß Albrecht von Alvensleben und seine Frau aus dem KZ entlassene Zigeuner, Homosexuelle und verfemte Künstler bei sich aufnahm und sie so eine gewisse Zeit vor dem Zugriff der Gestapo bewahren konnte.

Wer nun meint, daß es ja nichts besonderes wäre, Leute aufzunehmen die sowieso aus dem KZ entlassen worden waren, der zeigt wie dumm er ist. Wer aus einem KZ entlassen wurde, stand unter ständiger Aufsicht der Behörden und schon kleinste angebliche Unregelmäßigkeiten genügten um wieder im KZ zu landen. Zigeuner traf es besonders hart, denn es war ihnen verboten zu hausieren und wovon sollten sie leben? Ruckzuck wurde ihnen Asozialität vorgeworfen und die Behörden vor Ort suchten geradezu krampfhaft nach Gründen um unliebsame Zigeuner wieder ins KZ zu bringen. 

Es war auch deshalb für die Familie von Alvensleben eine große Bürde die vielen Personen aufzunehmen, da vielen Lebensmittelkarten verwehrt waren und sie trotzdem ernährt werden mußten, was sehr schwierig war. Während die Knorrs den Wohlstand genossen, der durch Anpassung an das NS-Regime zufloß, hatten die von Alvensleben durch die Aufnahme von Verfemten Kummer und Sorgen, auch finanziell.  

Bekannt sind ja die indirekten Angriffe des SA-Hetzblattes „Der Stürmer“ gegen den Erbtruchseß von Alvensleben, wo von dem „dekadenten Herrn von A auf seinem Schloß“ geschrieben wurde, was aber den Herrn von Alvensleben nicht einschüchterte. 

Bezeichnend auch ein herzlicher Brief an die Frau von Walter Timmling, Charlotte Timmling, vom 13. Januar 1940 worin die Familie von Alvensleben den Timmlings ihre Solidarität bekundete, ein durchaus mutiger Brief, denn Walter Timmling saß da ja schon über zwei Jahre im Gefängnis. 

Natürlich muß man erwähnen, daß dem Erbtruchseß ein wenig Freiheiten gelassen wurde, weil in seiner Verwandtschaft ein hoher SS-Mann, der berüchtigte Ludolf von Alvensleben, war. Da wußten die örtlichen Nazi-Schergen nicht so recht, wie sie mit dem Erbtruchseß umgehen durften. Bekannt ist, daß Ludolf von Alvensleben das Treiben des Erbtruchseßes nicht interessierte, weder positiv, aber auch daß er sich nie  dagegen aussprach. Diese Haltung gab dem Erbtruchseß gewisse Freiräume, die anderen verwehrt waren.  

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