Montag, 25. Juli 2011

Altes: Leckerer "Weinbrand Edel" und lockeres Jugendleben


2009 schrieb ich zwei Beiträge über den von mir in meiner Jugend so geliebten und gern besuchten Dessau-Ziebigker Jugendklub und das freie Leben dort, siehe: http://barrynoa.blogspot.com/2009/09/bn-und-der-klub-der-werktatigen-dessau.html und http://barrynoa.blogspot.com/2009/11/altes-der-ziebigker-jugendklub.html. Der Leiter des Jugendklubs war in den ersten Jahren ein Vornamensvetter von mir, mit Spitznamen Naui, der auch in meiner damaligen Straße auf dem Ziebigker Knarrberg wohnte. In jungen Jahren imponierte mir dessen Lebensstil und ich setzte einiges daran auch zu seinen privaten Partys eingeladen zu werden, die legendär waren. Sogar mein Vater mußte sich für mich einsetzen, daß ich überhaupt in den Jugendklub durfte, denn ich war, so glaube ich, damals erst 13, aber knapp vor 14 Jahren. Naui lehnte meinen Aufenthalt im Jugendklub erst ab, wahrscheinlich aus Altersgründen, aber auch weil er gern den großen Boß spielte, der bestimmte was lief. Ich löcherte Vater so lange, bis der auch mal in den Klub der Werktätigen Dessau-Ziebigk ging, der ja der Träger des Jugendklubs war, und dort mit dem Naui Tischtennis spielte. Mit chinesischen Zigaretten, eine Seltenheit damals, da nicht im Handel erhältlich, sollte er Naui gnädig stimmen, daß ich in den Jugendklub gehen durfte. Es klappte, Vater spielte mit Naui Tischtennis und dabei schenkte er ihm eine Schachtel chinesische Zigaretten und ab sofort konnte ich mich ins frohe Jugendleben stürzen. Die chinesischen Zigaretten waren extrem stark, dies hörte ich Naui später noch öfter erwähnen. Vater hatte aus Gaudi diese starken Zigaretten genommen, weil er den etwas großmäuligen Jugendklub-Boss in Verlegenheit bringen wollte, der mit seinen jungen Jahren schon Kettenraucher war und der damit prahlte.

Über das Jugendleben dort schrieb ich ja ausführlich schon in den oben angeführten früheren Blogbeiträgen. Wer es damals nicht las, na dann bitte lesen! Eventuell kann auch einiges richtig gestellt werden, weil viele heutige Bundesbürger meinen, in solchen Klubs hätte man rote Lieder gesungen und DDR-Fahnen geschwungen.

Jugendklubchef Naui hatte Eltern, die ihr Haus nach bunten Zeitschriften aus dem Westen gestaltet hatten, also im Garten einen Swimmingpool, was Mitte der 60er Jahre in der DDR kaum jemand hatte und zu diesem Swimmingpool kam man über eine Terrasse an die sich eine ganz tolle Bar anschloß. Diese Bar hatten diese Leute wie die Privatbar im Hause von Katarina Valente gestaltet, die mal in einer Westillustrierten so abgebildet war. Einfach toll! Und in diesem Umfeld lud Naui zu privaten Partys ein wenn seine Eltern in Urlaub waren oder einfach mal nur übers Wochenende weg waren. Es war sagenhaft, an die 30 Gäste, meistens Jugendliche, kamen zu Nauis Partys. Im Wasser schwammen runde Polystyrol-Tabletts auf denen Gläser standen und die Gäste konnten sowohl in der Bar und am Ufer sitzen, als auch in den Pool steigen, dies meistens in FKK-Manier, was bei heutigen Jugendlichen kaum noch der Fall sein dürfte, bei den unnatürlichen Moralvorstellungen heutzutage. Wir Jugendlichen tranken einfache Sachen, wie Bier, Cola, Brause und billige Spirituosen, Naui und sein engerer Kreis guten Weinbrand und als es den wunderbaren Weinbrand-Edel gab, nur noch diesen. Dieser Weinbrand war wirklich im wahrsten Sinne des Wortes edel, denn ab und an erhielt ich auch ein Glas. Schon das Etikett gefiel mir und der Geschmack war spitzenmäßig.

Ich hatte es bedauert, daß dieses edle Getränk nach der Wende vom Markt verschwand. Unverständlich! Ich freute mich als ich dieser Tage mal wieder ein Etikett von Weinbrand-Edel im Netz entdeckte. Ist das Etikettendesign nicht toll, die roten Trauben und dazu das schwungvolle „Edel“ im Kontrast das Reife ausdrückende „Weinbrand“ in alten Lettern? Die Goldmedaille von der Leipziger Messe war verdient und gehörte mit Recht auf das Etikett. Allein durch das Wiedersehen mit diesem alten Etikett kommt diese alte Zeit mit dem freien Jugendleben im Ziebigker Jugendklub wieder in meine Erinnerung. Vielleicht erinnert sich der eine oder andere ältere Leser der ehemaligen DDR auch an den Weinbrand-Edel und an alte Zeiten, die natürlich nicht immer so rosig waren, denn das SED-Gesindel setzte alles daran Freiräume möglichst nicht zuzulassen, aber die Jugend damals schuf sich selbst ihre Freiräume und den pseudoroten Mief machten jedenfalls meine Freunde nicht mit. Es gab natürlich genügend andere Jugendliche die den sozialistischen Mainstream mitmachten und statt in diesen etwas verrufenen Klub zu gehen auf die rote Pauke bei anderen Freizeitaktivitäten hauten, später gar in die SED eintraten und bei der Nationalen Volksarmee länger dienten als gesetzlich vorgeschrieben war. Diese Typen gab es zum Glück in unserem Klub nicht.

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