1945 war nicht nur Kriegsende, sondern es war auch erst einmal vorbei mit dem Fotografieren. Vater hatte als Soldat im Kriegseinsatz von 1939 bis 1945 eh keine Kamera im Feld. Er hätte sie in Rußland, wo er jahrelang kämpfen mußte, auch kaum gebrauchen können bei den eisigen Temperaturen im Winter, oft unter minus 40 Grad, und da ging es ihm ums Überleben und zum Fotografieren war den Soldaten die direkt an der Front waren sowieso nicht, das konnten dann die machen die in der Etappe waren und sich da ein schönes Leben machten. 1945 kam er in amerikanische Kriegsgefangenschaft und dies hieß, daß es mit persönlichem Besitz sowieso vorbei war.
Mutter hatte einen Fotoapparat bis 1945, zum Fotografieren kam sie aber in den Kriegsjahren auch so gut wie gar nicht und außerdem gab es kaum Filme und die Entwicklungslabors arbeiteten hauptsächlich für das Militär. Als in Dessau 1945 die Amerikaner einmarschierten, da mußte die Zivilbevölkerung alle Fotoapparate abgeben, wer dies nicht tat, der riskierte eine hohe Bestrafung. Als Dessau-Törtener mußte meine Mutter ihren Fotoapparat auf einem Sammelplatz in Törten abgeben, wo man übrigens auch alle Radios, Uhren, Goldringe und alles mögliche andere abgeben mußte. Da die Amis Hausdurchsuchungen nach diesem Termin machten, war es mehr als gefährlich dem nicht nachzukommen. Die Amis bedienten sich dann und sehr oft wanderten die abgenommenen Sachen wieder zu Deutschen zurück. So hatten die amerikanischen Soldaten sich deutsche Freundinnen in der kurzen Zeit ihrer Herrschaft in Dessau angelacht, die sie dann mit eben diesen Uhren, Goldringen und Fotoapparaten für ihre Liebesdienste beschenkten, dazu dann natürlich auch noch Lebensmittel und Genussmittel, wie Kaffee, Schokolade und Zigaretten aus den USA.
Mutters Fotoapparat war jedenfalls futsch und einen anderen bekam sie auch nicht bis 1951, wo sich meine Eltern einen Fotoapparat finanziell wieder leisten konnten, unsere liebe gute alte „Beltica“, die ich natürlich immer noch habe, aber im Digitalfoto-Zeitalter nicht mehr nutze. Toll dieser Klappmechanismus, der immer noch funktioniert, mit dem Lederbalg, den auch 60 Jahre nichts anhaben konnten, eben mehr als solide Arbeit wie man sie heutzutage absolut nicht mehr findet, oder kann man sich vorstellen, daß eine Kamera von heute nach 60 Jahren immer noch so wie am ersten Tag funktioniert? Die „Beltica“ stammte aus dem Belca-Werk in Dresden und war eine Kleinbildkamera.
Für Freunde historischer Fotografie habe ich mal, neben unserer „Beltica“, auch noch Zubehör und Prospektmaterial aus den 50er Jahren aus unserem Bestand eingescannt, so u.a. die Gebrauchsanleitung des damals sehr beliebten „Brillant-Blitzes“. Diese Blitzlichtbeutel faszinierten uns Kinder in den 50er Jahren besonders und wir nutzten sie auch so, nicht nur um Fotos zu machen. Um die Beutel war eine Zündschnur gewickelt, die man aufrollte und anzündete. Schaute man in den laut puffenden Beutel hinein, dann konnte es passieren, daß man sich die Augen verblitzte, das war dann natürlich ein Spaß bei solchem Spiel damit. Farbfilme wurden in der HO-Agfacolor-Kopieranstalt in Gotha entwickelt. Einen Preisprospekt und eine Rechnung, beides von 1959, habe ich ebenfalls eingescannt, dies auch für diejenigen Blogleser die sich für damalige Preise interessieren.
Schwarz-Weiss-Fotos machten die Fotogeschäfte und Fotolabore in Dessau. Eine meiner Tanten hatte ein solches Fotogeschäft mit angeschlossenem Labor, „Photo-Kentschke“ in der Dessau-Ziebigker Kornhausstraße, da ich dort als Kind des öfteren war, waren mir die Laborarbeiten die nötig sind um zu einem fertigen Bild zu kommen bekannt, bis hin zur Kenntnis der verschiedenen Schneidemaschinen zum Beschneiden der fertigen Papierfotos (Glattschnitt, Wellenschnitt, usw.). Meinen ersten Fotoapparat bekam ich im Alter von 8 Jahren, eine „Perfekta II“, eine sehr einfache 6x6-Rollfilm-Kamera, mehr über sie, siehe in meinem früheren Blogbeitrag: http://barrynoa.blogspot.com/2008/04/ein-altes-fotoalbum.html .
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