Samstag, 13. August 2011

Gedanken anläßlich des 50. Jahrestags des Mauerbaus des sozialfaschistischen DDR-Regimes


Heute jährt sich zum 50. mal der Tag des Mauerbaus. An diesen Tag kann ich mich insofern erinnern, da meine Oma Martha aus Westdeutschland bei uns zu dieser Zeit in Dessau zu Besuch war und sie an diesem Tag mächtige Angst hatte, daß sie im Osten zwangsweise bleiben könnte. Das war allerdings nicht der Fall, Westdeutsche mit einem bundesdeutschen Pass und einem Besuchsvisum für die DDR konnten wie eh und je zurück. Das war aber an diesem ersten Mauerbautag gar nicht so klar, in all der Aufregung. Ausgerechnet an diesem Tag war meine Oma zu einem „Gespräch“ in den Treffpunkt der Nationalen Front geladen. Diese Einladungen an westdeutsche Besucher der DDR waren eine Frechheit, aber bis Mitte der 60er Jahre Pflicht für Besucher aus Westdeutschland die ein paar Wochen in der DDR weilten. Was diese Typen eigentlich von meiner Oma wollten, dies wissen wir bis heute nicht. Auf jeden Fall ging Oma Martha immer voller Aufregung zu so einem Zwangsgespräch. Ging man nicht hin, so gefährdete man die Einreise im nächsten Jahr und das wollte Oma nicht riskieren, denn diese jährlichen Urlaube bei uns waren die einzigste Möglichkeit ihren Sohn (meinen Vater), meine Mutter und mich, als Enkel, zu sehen. Wie sie uns berichtete, wollten diese Typen wissen, wie sie in Westdeutschland lebte. Da sie sehr einfach, als Flüchtling aus Pommern, in einem niedersächsischen Dorf von karger Rente lebte, konnten sie wohl nichts interessantes erfahren. Schwachsinn, diese Gespräche!

Ich selbst habe die Mauer nicht als sehr störend empfunden, da ich nicht von Anhalt weg wollte. Eher war es all die Jahrzehnte das einengende des sozialfaschistischen SED-und Stasiregimes und daß man als Nichtgenosse beruflich diskriminiert wurde, was sich bis in die heutige Zeit fortsetzt (dadurch viel niedrigere Rente als wenn man mit dem roten Strom opportunistisch mit geschwommen wäre). Man hätte mitmarschieren sollen, zum 1. Mai, wie die vielen angepaßten DDR-Bürger (siehe Foto Nr. 1 von der 1. Mai - Demonstration in Dessau 1972). Mir hatte es allerdings schon gelangt, daß man als Schüler und Auszubildender dazu gezwungen wurde an diesem Tag durch die Stadt zu latschen und das Regime hochleben zu lassen. Widerlich das Ganze, zumal man stundenlang vorher an Stellplätzen stehen mußte, ehe los marschiert wurde. Wenn man Pech hatte, dann wurde einem noch eine Fahne in die Hand gedrückt, die man die ganze Zeit tragen mußte. Ab 1972, als Erwachsener, war Schluß für mich mit diesem Mumpitz. Ich marschierte bis zum Ende der DDR nie mehr mit. In Betrieben, wo ich auch in der DDR-Zeit angestellt war, wurde dies immer sehr negativ gesehen. Die angepaßten Typen, die all dies mitmachten, wie Marschieren zum 1. Mai, Mitglied der Kampfgruppen oder der Zivilverteidigung sein und ähnlicher widerlicher Organisationen, die bekamen natürlich bessere Arbeitsstellen und hatten mehr Geld auf dem Gehaltsstreifen. Einige Jahre gab es sogenannte Jahresendprämie in etlichen Betrieben. Die bekam ich nie, denn um diese zu bekommen mußte man im Betrieb auch gesellschaftlich tätig sein, was ich nicht machte.

Abstoßend auch die Militarisierung im DDR-System. Gelöbnisse mit Vereidigung der NVA-Soldaten fanden jahrelang auf öffentlichen Plätzen statt, siehe Foto 2 und 3. Die Nazizeit ließ im Geiste schön grüßen!

Ebenso abstoßend die Aufnahmerituale in die SED. Als Bildreporter bei der Liberaldemokratischen Zeitung mußte ich dort des öfteren fotografieren, nun nicht wegen der Aufnahme in die SED, sondern wenn dort Leute wie die ehemaligen Verfolgten des Naziregimes Nagel und Pippig Reden hielten, siehe Fotos Nr. 4 und 5 (Nagel am Rednerpult und Pippig überreicht jungen SED-Genossen die Parteibücher) oder mal ein anderer Prominenter sprach, z.B. ein sowjetischer Konsul 1974 (ein Georgier) wie auf dem Foto Nr. 6. Zum Glück gab es derlei halbreligiöse Weihe in der Liberaldemokratischen Partei nicht, in die ich 1973 eintrat. Man wurde Mitglied und fertig und Verpflichtungen gab es auch keine, außer dem Bezahlen des Monatsbeitrages. Zu Versammlungen konnte man gehen, mußte aber nicht, und so verbrachte man lieber seine knappe Freizeit anders als in irgendwelchen sinnlosen Versammlungen zu sitzen.

Eine üble Sache war auch die „Singebewegung“. Während Jugendliche mit Rückgrat sich an westlicher Musik orientierten und sich für die freiheitlichen Songs der 68er Bewegung oder der Libertinage („Street fighting man“, I`m free) begeisterten, traten die absoluten DDR-Hardliner unter den Jugendlichen in sogenannte „Singeklubs“ ein und sangen dort pseudorote Lieder, siehe Foto Nr. 7 (ein Auftritt des Dessauer Singeklubs „Freundschaft“). Wer dort mitsang und damit für den sozialfaschistischen Staat agitierte, der hatte beruflich später keine Sorgen, denn dies waren die dem Regime genehmen Jugendlichen und die wurden bis zum Gehtnichtmehr gefördert.

Was nun die praktische immer wieder propagierte deutsch-sowjetische Freundschaft anlangte, so stand diese nur auf dem Papier. Die in Dessau stationierten Sowjetsoldaten wurden von den eigenen Chefs daran gehindert Freundschaften zu Dessauern zu pflegen. Es gab nur wenige offizielle Treffen und von sowjetischer Seite kamen da nur auserwählte Soldaten in den Genuß mal aus der Kaserne zu kommen, so wie zu dem Freundschaftstreffen während einer Woche des sowjetischen Films in der Dessauer Kino-Bar der Fortschritt-Lichtspiele. Aber frei sprechen war unmöglich, denn auf sowjetischer Seite war ein Politoffizier anwesend und auf deutscher der Sekretär für Agitation und Propaganda der SED-Kreisleitung Dr. Hartung und die Kreisfilmstellenleiterin Lissy Abdank, siehe Foto Nr. 8.

Apropos SED-Kreisleitung! Diese Herrschaften zeigten sich öfter bei gesellschaftlichen Anlässen dem Volk, so wie auf dem letzten Foto bei der Eröffnung des Dessauer Bauernmarktes, ca. 1980. Der Herr im hellen Mantel am Zaun ist Karl Hertel, der war lange Zeit der 1. Sekretär der SED-Kreisleitung und damit hatte er mehr zu sagen in Dessau als die Oberbürgermeisterin. Was ich von diesem Typ persönlich halte, darauf kann sich ein jeder seinen Reim drauf machen, der meinen Beitrag über meinen Vater gelesen hat und die damalige Ablehnung dieses Herrn, daß mein Vater sein todkranke Mutter, meine Oma, im Westen besuchen durfte, siehe: http://barrynoa.blogspot.com/2010/10/deutschtumelei-sogar-beim-blutplasma.html (Auszug unten)!

All dieses Establishment der DDR auf unterer Ebene hat den Bürgern mehr die DDR vermiest als die Mauer als solches, jedenfalls habe ich dies so empfunden. Eines muß allerdings klar gestellt werden, wenn von „Roten“ die Rede ist, dann handelt es sich fast immer nicht um wirkliche Sozialisten oder Kommunisten, die SED war weder sozialistisch, geschweige denn kommunistisch, sondern sie war eine zutiefst sozialfaschistisch entartete Partei, besonders ab den 60er Jahren. Während Stalin noch ein einheitliches neutrales Deutschland anstrebte, so verließ sein Nachfolger Chruschtschow diesen Kurs. Albanien und China, obwohl beide sozialistisch, sprachen sich unter Enver Hoxha und Mao Tse-tung immer für die Einheit Deutschlands aus. Auch dies war ein Grund, weshalb die DDR die politische Linie dieser Länder ideologisch bekämpfte.

Auszug aus dem Blogbeitrag „Deutschtümelei“:

Bis 1989 unterstützte die Mehrheit der DDR-Bürger das sozialfaschistische SED-Regime. Die Zivilcourage der Masse der Bürger von 1989 kam ziemlich spät, jahrzehntelang stützten die opportunistischen kleinbürgerlichen Ostdeutschen das SED-System und die kleinen Büttel auf der unteren Ebene waren oft eilfertigere Hardliner als die Spitze um Honecker. Bestes Beispiel war der Beschluß der Regierung der DDR, daß auch Nichtrentner bei dringenden Familienangelegenheiten in den Westen reisen dürfen, ein durchaus humanes Anliegen der Staatsoberen, welches allerdings bei den kleinen Bütteln unten immer wieder sabotiert wurde. Als meine liebe Oma, die in Westdeutschland wohnte, sehr schwer krank wurde und die Ärzte des Krankenhauses uns ein umfangreiches Attest sendeten, daß Oma Martha nur noch kurze Zeit zu leben hätte, da war das Gesetz gerade ein paar Wochen alt, daß mein Vater als Sohn hätte zu ihr fahren dürfen. Mein Vater stellte den Antrag sofort, statt aber die Reisegenehmigung zu bekommen, wurde er zur SED-Kreisleitung bestellt, zum damaligen Chef, einem Typen namens Karl Hertel. Statt meinem Vater sein Bedauern über die Krankheit der Mutter auszudrücken, hielt er meinem Vater eine Standpauke, daß er als Wirtschaftsfunktionär so einen Besuchsantrag nicht zu stellen hätte, auch wenn ihm das gesetzlich zustände und machte meinen Vater herunter, drohte mit beruflichen Konsequenzen (die dann später auch eintraten). Der lange Arm der SED-Kreisleitung reichte weit, mein Vater bekam keinen Reisepaß für den Besuch seiner Mutter. Wir waren zuhause geschockt, da immer dringlichere Anrufe aus dem Krankenhaus kamen, daß Oma immerzu nach ihrem Sohn rief, denn sie spürte den nahenden Tod. Vater sah nur einen Ausweg, eine Eingabe bei Honecker in dessen Bürgerbüro. Von dort kam grünes Licht, aber die Typen der SED-Kreisleitung nahmen es mehr als übel, daß mein Vater sich über Dessau beschwert hatte. Vater durfte fahren, aber ehe die Stempel etc. unter den Papieren waren, da war Oma gestorben, ohne daß sie ihren Sohn noch einmal gesehen hatte, was sie sich so sehnlich gewünscht hatte. Vater durfte eine Woche dort bleiben und es blieb ihm nichts anderes übrig als nur noch die Beerdigung zu organisieren.

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