Samstag, 5. Dezember 2015

Dr. Gunter Bleibohm: Über geheuchelte Betroffenheiten, die sich als Verlogenheiten erweisen

“Warum braucht mein Hund keinen Gott, keinen Glauben, keine Kirchen? Er ist den Göttern näher, als es der Mensch je sein wird.”

Dr. Gunter Bleibohm
 
 


 

Dr. Gunter Bleibohm von pro jure animalis (http://www.pro-iure-animalis.de):


Über geheuchelte Betroffenheiten, die sich als Verlogenheiten erweisen

Manche Ereignisse treibt die Betroffenheits- und Heuchelmaschinerie auf zuvor nie erreichte Drehzahlen. Zumeist besteht der Energieinput für die kollektive Erschütterung, Erregung und landesweite „geschockt sein“ in einem Flugzeugabsturz, einem Attentat, einem besonderen Todesfall oder auch schon mal in dem Tod eines jüngeren Eisbären im örtlichen Zoo. Die vermeintliche Fassungslosigkeit des Geschehenen wird durch mehrere tausend Blumensträuße, Stofftiere, Bilder, Briefe und Kondolenzschreiben ausgedrückt, die man tränenreich, zutiefst erschüttert und endlos traurig, an bestimmten Punkten in der Öffentlichkeit demonstrativ mit versteinertem Gesicht niederlegt. Ein Erinnerungsfoto von der Trauergeste tut dem stillen Gedenken keinen Abbruch.

Eine Steigerung und besonderes Gewicht erfährt die ganze Trauerarie durch Lichterketten von zahllosen Kerzenhaltern, die sich einträchtig und, zumindest für den Moment friedlichst gestimmt, bei Einbruch der Dunkelheit dort zusammenfinden, wo man sie auch pressewirksam sieht. Gelegentlich – als das non plus ultra der Betroffenheit und Verbundenheit mit den Opfern – folgt ein Trauermarsch der aktuellen Politdarsteller, von Leibwächtern sorgfältig vom Restpöbel abgeschirmt und medial perfekt für das staunende Fernsehpublikum inszeniert. Die Neo-Voodoo Gemeinde, vereint im christlichen Gutmenschwahn, feiert sich selbst in Gefühlsseligkeit und in eine Sentimentalitätstrance hinein.

Nun gibt es allerdings zwei entscheidende Bemerkungen zu dieser Betroffenheitsmystik.

Zum einen ist der Mehrzahl der Teilnehmer weder ein Opfer noch dessen Familie bekannt, so dass eine tiefe Trauer mangels Bezug obsolet ist. Kenntnisnahme und Konsequenz aus dem betreffenden Ereignis wäre ausreichend und sachgerechter, dem Rationalisten angemessener.

Zum anderen aber – und hier ist die Grenze, an der die Betroffenheit in Verlogenheit umschlägt – sind solche Ereignisse keine Einzelfälle und finden permanent o h n e jegliche Anteilnahme hiesiger Schauspieler weltweit statt. Dies gilt für Flugzeugabstürze gleichermaßen wie für die blutigsten Anschläge, für Erdbebentote und Tsunamiverschollene.

Behält man gar das ganze Leben der Erde im Blick und löst sich von der so gern geglaubten anthropozentrischen Auserwähltheit, dann wäre der Trauer kein Ende, würde der Millionen ermordeter Tiere, die genau wie der Mensch ihr einmaliges, unwiederbringliches Leben lieben und es nur zum Fraß gerade für diese Menschheit verlieren, gedacht.

Die Heuchelmenschen , dieses Konglomerat der Angepassten, missbraucht das Ereignis als Selbstbestätigung eigener anthropozentrischer Größe und benutzt die Transformation einer Betroffenheitslüge zur Selbsterhöhung des vermeintlichen eigenen Wertes durch die partielle Lüge von menschlichen Mitgefühl. Ekelhaft, widerlich, abstoßend!

 
 

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