Freitag, 9. Mai 2008

B.N. im anhaltweb und in memoriam Lothar Alisch




Per Zufall entdeckte ich beim googlen oben eingescannte Notiz im Anhaltweb die schon aus dem Jahre 2006 stammt. Hatte gar nicht gewußt, daß ich da bezüglich meiner Wituland-Forschungen erwähnt wurde. Auch mehr zufällig schaute ich mal im Internet-Lexikon Wikipedia unter dem Stichwort "Dessau" was da so drin steht. Habe mich natürlich ein wenig gefreut, daß auch ich da bei den "Persönlichkeiten" der Stadt Dessau mit aufgeführt werde. Traurig machte mich der Eintrag über den Politiker und Pfarrer Lothar Alisch, mit dem ich als Kind befreundet war (siehe sein Eintrag als Kind in mein damaliges Poesiealbum). Lothar ging auch in die Ziebigker Friedensschule. Sein Vater ein Offizier im 2. Weltkrieg erzog den kleinen Lothar ziemlich streng im militärischen Sinne -
da das Gesellschaftssystem 1945 gewechselt hatte, eben im sozialistisch militärischen Sinne. Leider hatte die DDR die preußische Militärdisziplin ungebrochen von vor 1945 übernommen, so daß dieser Schwenk aus der historischen Entfernung gar nicht so absurd erscheint. Jedenfalls wurde Lothar von klein auf erzogen ein im Sinne des SED-Regimes 100%iger Schüler und Junger Pionier zu sein. Es gab nun solche und solche 100%igen, Lothar zählte zu denen die ein guter Mensch waren, ein Pawel Kortschagin aus "Wie der Stahl gehärtet wurde" im kleinen, also auch das moralische Ethos des frühen Sozialismus lebend, was als Ideal den Kindern vermittelt wurde, welches ja eigentlich positiv ist, was aber leider im Laufe der Zeit immer mehr zu Lippenbekenntnissen und Heuchelei einer neuen Nomenklatura egoistischer Opportunisten verkam.

In den frühen Anfangsjahren der Pionierorganisation war es ehrenvoll jeden Tag eine gute Tat zu vollbringen, es gab die sogenannten Timur-Trupps, die z.B. Leuten im Garten halfen, die Altstoffe sammelten um mit dem Geld internationale Solidaritätsprojekte zu unterstützen, die alten Leuten über die Straße halfen und dergleichen Dinge mehr. Eine gute Sache, die dann aber später unter Honecker verschwand. Lothar Alisch bekam als Jungpionier per Kungelei seines Vaters mit der Schulleitung den Posten eines Freundschafts-Pionierleiters. Wenn auch vollkommen undemokratisch dazu gemacht, so war er dennoch ein sehr guter junger Pionierleiter, der auch persönlich half so oft es nur ging. So sah er mal als kleiner Junge, als er zufällig bei uns vorbei kam, wie wir einen mächtigen Berg Kohlen vor der Tür liegen hatten. Ohne Zögern und ohne Aufforderung sprach er meine Mutter an, die er dort sich abmühen sah und meinte: "Frau Nowack, ich helfe Ihnen!" Dann half er beim Reinschaufeln der Kohlen, dies stundenlang bis alle Kohlen im Keller waren. Eine Belohnung nahm er nicht, er tat dies als seine persönliche gute Tat als überzeugter Junger Pionier. Da muß er so 9 bis 10 Jahre jung gewesen sein.

Ich verlor ihn dann aus den Augen, hörte nur, daß er an einer Elite-Offiziershochschule angenommen war und sehr viel später dann, daß er dort eine politische Kehrtwende vollzogen hatte, von der NVA deshalb entlassen wurde, er dann Theologie studierte, er Pfarrer wurde und noch zu DDR-Zeiten in der Friedensbewegung aktiv war, er ein Bürgerrechtler wurde, der aktiv an der Wende beteiligt war. Wie ich nun durch den Eintrag bei Wikipedia erfuhr ist Lothar Alisch schon lange tot. Wie zu lesen ist, verstarb er im Jahre 2000 in Berlin-Buch. Mir und meiner Mutter bleibt er in Erinnerung als ein guter Junge der uneigenützig den Menschen half.

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