Montag, 12. Mai 2008

Dessaus Desinteresse an dem Brunnen von Prof. Paul Peterich auf dem Albrechtsplatz






Daß in Dessau besonders viel im Argen liegt was die Stadtgestaltung anlangt, vergleicht man mal Dessau mit anderen deutschen Städten, dies ist bekannt. Zu 85 % durch das angloamerikanische Bombeninferno am 8. März 1945 zerstört, tat die Stadtverwaltung unter Führung der SED besonders ab Mitte der 60er Jahre auch nur wenig um die wenigen historischen Bauten zu retten! Zwar hatte die DDR kaum Geld und Kapazitäten für den Denkmalschutz, aber es gab leider auch genügend offiziellen Vandalismus, man denke da nur an die spektakuläre Zerstörung des Schwedenhauses oder die Abholzungsorgien die ein Grünflächenchef namens Keller anordnete und wo unter anderem der bis dato schöne Stadtpark zum Opfer fiel. Seit dieser Zeit ist der Stadtpark eben keine Oase in der Innenstadt mehr, sondern nur noch ein Torso früherer Zeit. Wer nun annahm dies würde sich nach der Wende ändern, der sah sich getäuscht. Ganz im Gegenteil! Anstatt nun den großen Platz vor der Scheibe Nord für einen Park zu nutzen um den zusammen geschrumpften Stadtpark zu verlängern, da setzte man diesen unförmigen Klotz des Rathauscenters dahin, sowohl das Rathaus und die umliegenden Wohnbauten ästhetisch erdrückend. Auch wenn es um Gestaltungen wie den Marktplatz ging, kamen von der Stadt Ergebnisse heraus die kein Niveau hatten. Der sogenannte Boulevard auf dem Rathausplatz verdient diesen Namen nun wirklich nicht. Was nun diesen neuen Brunnen auf dem Marktplatz betrifft, da kann man nur sagen: kein Bezug zu Dessau und sinnentleert.

Andere Städte handeln da anders, so die Stadt Bad Schwartau. Dort stand bis 1943 ein Brunnen des berühmten Bildhauers Prof. Paul Peterich auf einem zentralen Platz. Die Nazis hatten diesen damals zu Kriegszwecken eingeschmolzen. Aus heimatkundlicher Verbundenheit und Traditionsbewußtsein ließ die Stadt Bad Schwartau diesen Brunnen mit seinen schönen Bronzefiguren neu gießen. Begeistert nahm die Bevölkerung diesen Brunnen an. Und Dessau? Auf dem Albrechtsplatz in Dessau stand auch ein Brunnen mit einer Bronzefigur von Prof. Paul Peterich. Als diese nach 1900 in Dessau aufgestellt wurde, war dies ein großes Erlebnis und Dessau rühmte sich damals eine Arbeit dieses großen Bildhauers zu besitzen. Der Brunnen war eine Arbeit im Jugendstil, d.h. rankende schwingende Formen des Brunnens und darauf ein Knabe mit einem Fisch, der sogenannte Fischerjunge. Um 1900 wurden zwei gleiche Brunnen des selben Entwurfs gegossen, eine kam nach Dessau, die andere nach Oldenburg. Der Oldenburger Brunnen steht noch immer in Oldenburg, wird dort von der Stadt gehegt und geachtet, in Dessau dagegen scheint man kein Interesse an alten Relikten der Stadtgestaltung zu haben und einen Peterich-Brunnen zu haben, wenngleich dieser auch nur mehr ein Nachguß sein könnte, da ja das Original vernichtet wurde. Es ist nun ein leichtes den Brunnen nachzugießen, da ja das Exemplar in Oldenburg für die genauen Maße genommen werden kann. Doch nichts rührt sich! Von den Kulturverantwortlichen der Stadt Dessau kommt diesbezüglich nichts, kein Interesse an alter Dessauer Kunst?

Zu DDR-Zeiten mangelte es am Geld und an den Kapazitäten, dies weiß ich aus eigener Erfahrung. Ich war viele Jahre lang berufener Bürger der Stadtverordnetenversammlung für Kultur, weiß daher, daß man sich bemühte, die Bürger einbezog, eben durch Ehrenämter wie die eines berufenen Bürgers, der die Stadtverordneten beraten durfte. Aber jetzt? Wo bleibt da das Mitspracherecht der Bürger? Wo werden einheimische Künstler gefördert? Fehlanzeige! Ich kann eher eine Grafik nach Japan verkaufen als je einen Auftrag oder eine Förderung der Stadt Dessau zu bekommen. Anderen Dessauer Künstlern geht es nicht viel anders. Das Desinteresse der Stadtverwaltung an seinen Dessauer Künstlern spricht Bände. Erst vor ein paar Wochen bekam ich eine Anfrage aus einer Stadt in NRW die sich für meine Grafik interessierten, von der Stadt Dessau hat sich seit der Wende nie jemand bei mir mal gemeldet. Ganz anders zu DDR-Zeiten, die Betreuung durch das damalige Kreiskulturkabinett unter Leitung von Waltraut Kroker war bestens. Frau Kroker war wie eine fürsorgliche Patin zu den Dessauer Künstlern und Laienschaffenden. Auch die damalige Direktorin der Staatlichen Gemäldegalerie Schloß Georgium Ingrid Ehlert förderte die Dessauer Künstler wo es nur ging. Trotz knappen Budgets kaufte sie sogar für die Gemäldegalerie Schloß Georgium zwei Bilder von mir an, dies obwohl ich Ende der 70er Jahre noch künstlerisch in den Anfängen steckte.

Obige Scans zeigen den berühmten Bildhauer Prof. Paul Peterich auf einer alten Fotografie um 1900, darunter sein wohl berühmtestes Werk, den träumenden Knaben, welcher in der Nationalgalerie Berlin steht, darunter eine alte Abbildung des Peterich-Brunnens wie er damals auf dem Albrechtsplatz in Dessau stand, sowie der jetzige gleiche Peterich-Brunnen wie er derzeit in Oldenburg steht, in der Vergrößerung die Brunnenfigur des Fischerjungen. Alle Abbildungen, außer dem alten Dessauer Foto, habe ich dem Buch "Professor Paul Peterich, Leben und Werk" von Georg Harders, entnommen, herausgegeben vom Gemeinnützigen Bürgerverein Bad Schwartau von 1950 e.V., wo dieses Buch Interessenten bestellen können.

Nachfolgende Angaben zu Paul Peterich auszugsweise aus dem Internet-Lexikon Wikipedia:

Paul Friedrich Gustav Peterich (*1.2.1864 in Bad Schwartau; † 22.9.1937 in Rotterdam) war ein deutscher Bildhauer.
Paul Peterich wurde als Sohn eines Drechslermeisters in Bad Schwartau geboren und erlernte nach Abschluss der Schule bis 1881 das Handwerk des Drechslers.
1884 erhielt er vom Großherzog von Oldenburg ein Stipendium zum Besuch der Kunstgewerbeschule in Hamburg und der Kunstakademie in Berlin. Als Künstler bekannt wurde Paul Peterich, als er 1887 den Wettbewerb zur Gestaltung des Carl-Maria-von Weber-Denkmals in Eutin und 1890 den Wettbewerb zur Gestaltung des Reventlou-Beseler-Denkmals gewann. Zudem erhielt er 1894 den Auftrag zur Erstellung des Chemnitz-Bellmann-Denkmals'.
Nach Reisen durch Europa, insbesondere nach Italien, und seiner Heirat 1899 wurde er 1905 vom Großherzog von Oldenburg nach Rastede bei Oldenburg berufen. Dort erhielt er den Titel des Professors. 1907 zog er in die Nähe von Florenz, wo er insbesondere Marmorskulpturen schuf. Nach Beginn des 1. Weltkriegs 1914 zog er in die Künstlerkolonie Hellerau/Dresden. 1922 ging er nach seiner Scheidung und zweiter Eheschließung nach Capri und 1927 nach Florenz. 1934 zog Paul Peterich nach den Niederlanden wo er 1937 starb.

Die Brunnenplastik "Im Spiel der Wellen" wurde 1912 in Bad Schwartau aufgestellt. Die Plastik zeigt Triton und Nereide. Es war ein Geschenk Paul Peterichs an seine Heimatstadt. Die Skulptur wurde 1943 eingeschmolzen. Sie wurde nach Erstellung einer Rekonstruktion nachgegossen und 1997 wieder auf dem Marktplatz aufgestellt .


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