Dienstag, 5. Januar 2010

Der Winter und die deutsche Bourgeoisie







Ein Bekannter mailte mich gestern an und freute sich in seiner Email, daß es endlich „richtig“ Winter sei. Er jedenfalls freue sich und er lebe so richtig auf, besonders da er jetzt auch im Flachland dem Wintersport frönen könne. Und er vermisse „schöne“ Fotos von dieser „traumhaften“ Winterlandschaft in meinem Blog. Ich wäre doch sonst Ästhetiker! Hm! Na ja!

Also da vertrete ich eine ganz andere Meinung! Auch ein Leichentuch kann ästhetisch schön sein und klirrende Kälte und Schnee in Massen, dazu die dunkle Winterzeit, sind für mich nicht ästhetisch, dafür aber lebensfeindlich und bedrohlich. Nun lebt dieser mein Bekannter in gesicherten bürgerlichen Verhältnissen, ein Stadtmensch dazu, also Schneeschieben wie wir Vorortbewohner dies machen müssen, dies kennt er nicht. Ja und Pendler ist er auch nicht, muß also nicht wie mancher bei desolaten Verkehrsverhältnissen etwa 60 km weit zur Arbeit fahren. Ja und Hartz-IV-Empfänger ist er gleich gar nicht, der eventuell einen 1-Euro-Zwangsarbeitsjob ausüben muß, bei Kälte und Schnee auf den Bus wartend oder gar mit dem Fahrrad fahrend weil Ebbe in der Haushaltskasse herrscht. Ja so ein deutscher Wohlstandsbürger sieht die Welt mit ganz anderen Augen, zumal wenn er wie mein Bekannter sich einen Dreck um Obdachlose schert.

Nun da ist er beileibe keine Ausnahme, das entnatürlichte und moralisch entartete deutsche Wohlstandsbürgertum will bewußt kein Elend sehen, ja begrüßt noch Ungerechtigkeit und Elend. Wie anders ist es zu erklären, daß eine große Mehrheit bei der letzten Bundestagswahl die Parteien gewählt hat die vor 5 Jahren die schändlichen Hartz-Gesetze beschlossen haben, wie SPD und Grüne oder Parteien wie die CDU/CSU und FDP, die diese Gesetze begrüßten? Ja 5 Jahre gibt es diese Schandgesetze nun schon, ausgeheckt von einem Kriminellen namens Peter Hartz und bejubelt von den reaktionären bürgerlichen Kräften die dafür waren und sind, daß der Abstand zwischen arm und reich größer werde und Arbeitslose tüchtig schikaniert werden. Ja und setzen sich diese verkommenen bürgerlichen Schichten wenigstens für notleidende Tiere ein, wenn ihnen das Hartz-IV-Elend ihrer Mitbürger egal ist? Also ich sehe das kaum. Gerade heute sah ich einen Mann vor einer Würstchenbude ein halbes Brötchen in die Abfalltonne schmeissen, dies obwohl er einen kleinen hungrigen Rabenvogel wenige Meter entfernt auf einem Baum sitzen sah. Ja was geht einen deutschen Wohlstandsbürger ein wilder Vogel an, soll der doch verhungern, Hauptsache es geht einem selber gut!

Nun denn, lieber Joachim, hier hast Du ein paar Fotos, aufgenommen aus Fenstern meines Hauses. Ja und die Eiszapfen die Du dort siehst, die habe ich inzwischen abgemacht, damit sie mir nicht meine Dachrennen durchhauen wenn sie runtersausen sollten. Da pfeife ich auf Ästhetik! Ansonsten danke ich für Neujahrswünsche, aber viel verbindet mich leider nicht mit der Bourgeoisie zu denen Du Dich selbst zählst. Sorry! Ach so, ein Foto eines hungrigen Vogels habe ich auch noch in meiner heutigen Kolumne. Wie wäre es denn mit füttern? Ist doch nun wirklich nicht zu viel verlangt, oder?

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