Samstag, 9. Januar 2010

Sören Kierkegaard







Da ja bei den Lesern meine Kolumne mit Texten Sören Kierkegaards gut angekommen ist, siehe http://barrynoa.blogspot.com/2010/01/zum-neuen-jahr.html , möchte ich heute noch ein paar Zitate von ihm nachschieben. Anbei ein Porträt aus der Lebenszeit von Kierkegaard und ein avantgardistisches des zeitgenössischen amerikanischen Aktionskünstlers Kalan Sherrard. Wenn ich auch ansonsten Aktionskunst für bürgerlichen Kunstmüll ansehe welcher unter dem Motto von des Kaisers neuen Kleidern veranstaltet wird, so finde ich Sherrards Porträt Kierkegaards trotz infantiler Gestaltung insofern gut, da der anarchistische freiheitliche Geist Kierkegaards endlich mal hervor gehoben wird. Ansonsten wird ja Kierkegaard heutzutage hauptsächlich von konservativen Kräften vereinnahmt und kaum von fortschrittlichen.


Sören Kierkegaard:


Gegen Halbheit


Unzweifelhaft besser als die gleichgültige Beibehaltung des Christennamens und zugleich ein Zeichen von echtem Leben wäre es, wenn in unserer Zeit ein paar Menschen sich selber offen eingestehen wollten, daß es ihnen lieber wäre, das Christentum wäre überhaupt nicht in die Welt gekommen oder sie selber wären keine Christen geworden. Doch muß dieses Bekenntnis ohne Hohn, ohne Spott und ohne Zorn abgelegt werden. Wozu sollte das auch frommen? Vor etwas, was man nicht in sich selber hineinzuzwingen vermag, kann man recht gut Ehrfurcht haben. Christus selber sagt, er habe Gefallen an dem Jüngling gefunden, der sich gleichwohl nicht entschließen konnte, sein Hab und Gut den Armen zu geben. Ein Christ wurde der junge Mann nicht, und trotzdem fand Christus Gefallen an ihm. Also lieber Aufrichtigkeit als Halbheit.
Das Christentum ist nämlich eine herrliche Anschauung, in der man sterben kann; es ist der einzige wahre Trost, und der Augenblick des Todes ist die dem Christentum gemäßeste Lage. Vielleicht will deshalb selbst der Gleichgültige das Christentum nicht aufgeben. Vielmehr, so wie man in eine Sterbekasse einzahlt, um hernach die Unkosten bestreiten zu können, verwahrt man sich das Christentum bis zuletzt auf: Christ ist man, und trotzdem wird man es erst im Augenblick des Todes.


Coincidentia oppositorum


Das macht überhaupt in allem Menschlichen die Unvollkommenheit aus, daß einem erst durch den Gegensatz das Erstrebte zu eigen wird. Nicht will ich von der Mannigfaltigkeit der Formen sprechen, die dem Psychologen genug zu schaffen machen kann: der Melancholiker hat meist eine starke Neigung zum Komischen, der genusssüchtige Mann ist oft der größte Liebhaber des Idyllischen, der Ausschweifende ist oft der größte Moralist, und der Zweifler oft der religiöseste Mensch; - nur daran möchte ich erinnern, dass wir erst durch die Sünde die Seligkeit schauen.


Sinn des Lebens?


Worin besteht überhaupt die Bedeutung dieses Lebens? Teilt man die Menschen in zwei große Klassen, so kann man sagen: die eine arbeitet, um zu leben; die andre hat dies nicht nötig. Aber zu arbeiten, um leben zu können, das kann ja nicht die Bedeutung des Lebens sein: denn es liegt doch ein Widerspruch darin, daß die unablässige Herbeischaffung der Bedingungen die Antwort auf die Frage sein soll nach der Bedeutung dessen, was dadurch bedingt wird. Das Leben der übrigen hat im allgemeinen auch keine Bedeutung, außer der einen, die Bedingungen desselben zu verzehren. Will man sagen, daß die Bedeutung des Lebens diese ist: einmal zu sterben, so scheint das gleichfalls ein Widerspruch.


Wahre Lächerlichkeit


In der prächtigen Schlosskirche tritt ein stattlicher Hofprediger, der Auserwählte des gebildeten Publikums, vor einen auserwählten Kreis von Vornehmen und Gebildeten und predigt gerührt über die Worte des Apostels: Gott erwählte das Niedere und Verachtete. Und da ist keiner, der lacht.


Ernst und Ewigkeit


Die meisten Menschen glauben, es sei ernst, ein Amt zu bekommen, aufzupassen, ob nun bald ein höheres Amt frei wird, um das sie sich bewerben könnten, und wie sie dann umziehen wollen, und was sie dann tun wollen, um sich einzurichten. Sie glauben, es sei Ernst, in Vornehme Gesellschaften zu gehen, sie bereiten sich auf ein Essen bei Seiner Exzellenz mehr vor als auf das Abendmahl, und wenn man sie unterwegs sieht, dann sehen sie so ernst aus, daß es ein Grauen ist. Seht, alles das kann ich gut verstehen, das einzige, was ich nicht verstehen kann, ist, daß, wenn dies Ernst ist, die Ewigkeit dann lauter Jux werden muß. Denn in der Ewigkeit gibt es weder Avancement noch Beförderung, auch gibt es da keinen Umzugstag oder Essen bei Exzellenzen.


Geld & Nichts


Von Nichts kann man nicht leben, hört man oft, besonders vom Pfarrer. Und gerade die Pfarrer bringen es zuwege: das Christentum existiert nicht, - aber sie leben davon.

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