Montag, 22. September 2014

Kurs halten mit alten "Kursbüchern"

Als Kind freute ich mich, wenn in den Westpaketen meiner lieben Oma Martha Schokolade und Micky-Maus-Hefte drin waren. In den 70er Jahren, als junger Mann, da freute ich mich, wenn mir westdeutsche Bekannte auch Pakete schickten und ich wünschte mir da besonders geistige Nahrung. Besonders die „Kursbücher“ (Herausgeber: Hans Magnus Enzensberger und Karl Markus Michel) hatten es mir angetan, eröffneten sie doch Horizonte, die in der DDR so gut wie nicht bekannt waren.

Die „Kursbücher“, die durch den Zoll kamen, die verschlang ich geradezu, sie gaben mir „Kurs“, eigentlich bis heute! Wer einmal die Schriften der fortschrittlichen Denker Enzensberger, Borneman, Firestone, Marcuse, Illich, usw., je gelesen hat, der läßt sich nicht mehr so leicht von autoritären und reaktionären Denkweisen im linken Mäntelchen verführen. Was allerdings mehr als schlimm ist, das ist, daß viele der damaligen westdeutschen Fortschrittlichen, sich in den 80er Jahren und danach von der Befreiungsideologie lossagten, sich reaktionären bürgerlichen Denkweisen anschlossen und Parteien beitraten, wie der SPD oder den Grünen, und dort das bekämpften, was sie früher propagiert hatten. Es war ihnen das Hemd näher als der Rock. Sie erkannten, daß sie bürgerliche Karrieren nur mit bürgerlicher Ideologie und in bürgerlichen Parteien machen konnten. Egoisten die sie waren, warfen sie ihre Ideale über Bord und verkauften sich den Klassenfeinden, die solche Lumpen gern aufnahmen, konnten sie doch dadurch mit der Behauptung punkten, daß diese Linken angeblich erkannt hätten, daß sie früher auf dem falschen Dampfer waren, sozusagen als blinder Passagier, was dann als Jugendsünde abgetan wurde.

Bis in höchste Ämter schafften es diese Typen, da denke man nur an Joschka Fischer (früher „Gruppe Revolutionärer Kampf“, dann Grünenchef und Bundesaußenminister, jetzt Lobbyist für Siemens, BMW und RWE), Jürgen Trittin (früher „Kommunistischer Bund“ und andere revolutionäre Gruppen, später Bundesumweltminister und Grünenchef), Ulla Schmidt (früher aktiv im „Kommunistischen Bund Westdeutschland“ - 1976 Kandidatin für den KBW für den Bundestag - dann SPD-Mitglied und Bundesgesundheitsministerin), Antje Vollmer (früher „Liga gegen den Imperialismus“ der maoistischen KPD/Aufbau Organisation, dann Studium der Theologie und evangelische Pastorin, lange Jahre Bundestags-Vizepräsidentin).

Hier die Liste der zwischen 1965 und 1975 erschienen „Kursbücher“:


Scans der Werbung aus dem Kursbuch Nr. 34 aus dem Jahre 1973. Es war mein erstes „Kursbuch“, welches ich bekam (allerdings erst 1974). Beeindruckt hatte mich da besonders der Beitrag von Shulamith Firestone: "Nieder mit der Kindheit!" den ich noch immer für einen der wichtigsten Beiträge zur Entlarvung des bürgerlichen Unterdrückungscharakters halte.
 




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