Donnerstag, 2. Juli 2009

Der nördliche Dessauer Georgengarten - die Anlagen des Streithegers und rund um den Plansee















„Der Streitwerder, der sich auf der anderen Seite von der Wallwitzburg bis zum Elbpavillon an dem Ufer der Elbe hinzieht, war früher von mehreren Wäldern durchzogen. Hier hat die Dessau-Wörlitzer Landschaftskunst wohl ihren erhabensten Ausdruck gefunden. Majestätische Eichenriesen, ohne jede Beeinträchtigung durch Unterholz und sonstige Verwaldung der weiten grünen Auenflächen, im Osten die dichtbebuschte abschließende Wand der Hügelkette des Beckerbruchs und im Westen der Blick auf das silberfarbene Band des Elbestromes lassen in diesem Teil der Anlage alles Spielerische der Zeit zurück, um einen großartigen Naturraum wirken zu lassen, der in seiner Neuartigkeit schon an den Gartenkünstler Lenné denken lässt.

Wohl an keiner Stelle in Wörlitz wird durch eine ähnliche Anlage wirklich das menschliche Gefühl getroffen wie hier, wo man glauben möchte, in der vom Strom durchzogenen Eichen-und Auenlandschaft eine schmerzliche Hirtenklage zu hören. Diese größere Naturverbundenheit des Georgiums und des Beckerbruchs gegenüber Wörlitz sollte uns mahnen, auch diese großzügige Anlage stärker als bisher zu pflegen und zu erhalten.“
Dr. Julie Harksen
In Heft 7 der Schriftenreihe „Zwischen Wörlitz und Mosigkau“, Rat der Stadt Dessau, 1972


Zwei Persönlichkeiten sind es, die meiner Meinung nach, die unbestritten größten Kenner des Dessau-Wörlitzer Gartenreiches in der Neuzeit waren: Dr. Julie Harksen (1898-1980) und Dr. Ehrhard Hirsch (1928-jetzt). Ich hatte das Glück beiden auch persönlich begegnet zu sein. Dr. Julie Harksen traf ich des öfteren in der Dessauer Gemäldegalerie Schloß Georgium. Sie war eine sehr stille zierliche Person die bei allen Dessauer Kunstfreunden ein hohes Ansehen genoß. Großartig wie sie in all ihren Schriften über das Dessau-Wörlitzer Gartenreich die künstlerischen Intensionen der Schöpfer des Gartenreiches nachvollziehen konnte. Ihre Detailkenntnis der Bauten und gärtnerischen Anlagen war legendär. Wie kein Zweiter erkannte sie die hohe Bedeutung des Parkes Georgium und wies mit Recht immer wieder darauf hin, daß er dem Wörlitzer Park ebenbürtig ist, wenn nicht sogar diesem überlegen.

Mein heutiges Bild-Posting behandelt einen weiteren Teil des Dessauer Georgengartens, den sogenannten Streitheger oder Streitwerder bis hin zu den vorgelagerten Teilen der Wallwitzburg. Der Streitheger war früher mal eine Insel, die im Laufe der Zeit angelandet wurde. Die Reste des alten Elbarmes der die Insel vom Festland trennte wurde vor ca. 100 Jahren zugeschüttet, aber nach jedem Hochwasser füllt sich die vorhandene Niederung wieder und der alte Elbarm wird wieder sichtbar. Dieses Schauspiel konnte ich in früheren Jahren sehr oft beobachten, besonders rechterhand vom Leopoldshafen in der Bruchlandschaft. Den Namen Streitheger oder Streitwerder bekam diese Landschaft weil die damalige Insel ehemals anhalt-zerbstisches Gebiet war und nach der Anlandung von Anhalt-Dessau beansprucht wurde. Dessau siegte in diesem langen Streit. Der Name „Streit“ hielt sich bis heute.

Mein Weg vorgestern führte mich von eben diesem Leopoldshafen den Wall entlang. Linkerhand stößt man auf die zwischen vier Silberpappeln liegende Steinfigur der Kleopatra. Wie bekannt wählte diese den Freitod mit Hilfe einer Giftschlange. Eben diese Szene wird in der Plastik gezeigt. Nach etlichen hunderten Metern gelangt man an den Plansee. Einige künstlich aufgeschüttete Hügel erwecken den Eindruck alter germanischer Siedlungslandschaft. Besonders reizvoll finde ich den Blick vom Ufer des Plansees hin zum Fürstensitz, einem antikisierenden offenen Bau. An einem Findlingsruhesitz vorbei schlängelt sich der Weg am Plansee entlang. Drei kleine Inseln liegen im Plansee, der früher eine Wiese war, eine davon ist nur mit Bäumen bewachsen, eine weitere mit großen Findlingssteinen besetzt und auf der dritten befindet sich eine interessante Steinfigur, der ruhende Hermaphrodit. Dieser Zwitter, entstanden aus einem Akt zwischen den Göttern Hermes und Aphrodite, liegt halb auf dem Bauch und streckt sein Hinterteil dem Betrachter entgegen. Zu DDR-Zeiten war ich auf der Insel, da konnte man noch trockenen Fußes diese Insel betreten. Jetzt ist dies nur noch mit einem Schlauchboot oder Kanu möglich. Deshalb kann ich leider in meinem Blog kein Foto der Plastik anbieten. Als ich damals das Foto von dem Hermaphroditen machte, machte ich dies auf Umkehrfilm, das heißt es entstand ein Dia. Mal sehen, vielleicht bringe ich dieses Dia mal zu einer Fotowerkstatt die Dias in normale Fotos umwandelt und werde dann selbstverständlich dieses Foto in meinem Blog vorstellen.

Vom Fürstensitz aus hat man einen wunderbaren Blick auf den Plansee und rückwärts auf einen großen sumpfigen See mit der Steinfigur eines Amors. Diese Figur steht direkt neben den Gewächshausanlagen der ehemaligen Stadtgärtnerei Dessau. Den Abschluß der Fotoimpressionen bietet der sogenannte Vordere Sitz, dieser verbindet den nördlichen Georgengarten mit seinem mittleren Teil.

Auch diesen Spaziergang hatte ich schon einmal zu DDR-Zeiten in meinen Wandertipps besprochen. Wer diesen Bericht nachlesen möchte, dem empfehle ich den alten Scan aus den „Dessauer Informationen“ aufzumachen. Da findet er auch ein schwarz/weisses Foto von „Fleschen´s Sitz“, ein Ruhesitz den ich diesmal nicht fotografiert hatte weil ich einfach vergessen hatte ihn aufzusuchen.

http://barrynoa.blogspot.com/2008/04/bn-und-die-dessauer-informationen.html

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