Montag, 23. Februar 2009

B.N. und "Das Magazin"





Das „Magazin“ gehörte für den kulturinteressierten Bürger der DDR einfach zum Leben dazu. Wer das „Magazin“ nicht las, der war entweder ein 150%iger SED-Genosse dem das Journal zu weltoffen und dekadent war oder er war ein puritanischer Evangelikaler oder erzkonservativer Katholik dem die Aktfotos schwere Seelenpein bereiteten oder er war schlicht und einfach ein Kulturbanause der sowieso keine Literatur in die Hand nahm, der lieber seine Zeit in einer Kneipe verbrachte und der bestenfalls die „Fußballwoche“ las.

Was mir am „Magazin“ gefiel, dies war neben der Weltoffenheit und den erotischen Themen und Fotos, daß es über Jahrzehnte hinweg den gleichen Heftaufbau hatte. Dies führte dazu, daß es einem zu einer vertrauten Gefährtin wurde, die beständig war, auf die man sich verlassen konnte. So zeichnete z.B. jahrzehntelang Werner Klemke das Titelbild und immer war darauf ein Kater zu sehen. Es machte einfach Spaß zu schauen wo Klemke den Kater mal wieder untergebracht hatte. Die Titelbilder waren kleine Kunstwerke und fast immer mit erotischem Flair, siehe z.B. den eingescannten Heftumschlag aus dem Jahre 1976. Diese Art von Erotik war nicht ordinär, sondern andeutend hintergründig. So hießen z.B. in Mitteldeutschland die dort gezeichneten Wasserpflanzen Bumskeulen. Klemke verband also diesen Begriff mit seinem erotischen Humor und es entstand ein Bild über welches man einfach schmunzeln musste. Und das libertäre an der damaligen Zeit war, daß diese Erotik keine P18-Erotik war die Kindern und Jugendlichen vorenthalten wurde, wie dies jetzt in der prüden Bundesrepublik der Fall ist, sondern ob für ganz alt oder ganz jung, diese „Magazin“-Erotik war eben nicht altersgebunden. Dies traf auch auf das Aktfoto zu welches in jedem Heft zu finden war. Auch da wartete jung und alt geradezu darauf was wohl im neuen „Magazin“ für ein Foto drin sei. Ich erinnere mich noch gut daran, wie sogar in der Pause auf dem Schulhof fachmännisch über die vergangenen Aktfotos diskutiert wurde. Das muß so in der 5.-6. Klasse gewesen sein, also wir waren so 11-12 Jahre alt. Die DDR hatte ja sowieso ein freieres Verhältnis zur Nacktheit. Da war es nur natürlich wenn bei einer Klassenfahrt die gesamte Klasse FKK machte, den Lehrer eingeschlossen und der Besuch einer Aktfotoausstellung war mal ein Aufsatzthema von mir, dies erregte weder Schüler noch Lehrer. Diese ungezwungene Freiheit betraf aber nur Freikörperkultur und künstlerische Aktfotografie – Pornografie dagegen war verpönt und sogar verboten.

Zu den immer wiederkehrenden Beiträgen im „Magazin“ gehörten die Rubriken „Liebe, Phantasie und Kochkunst“ wo raffinierte Rezepte die man auch tatsächlich nachmachen konnte in literarischer Form serviert wurden. In jedem Heft gab es auch die beliebten Kontaktanzeigen und dies immer unter dem Logo der verliebten beiden Eulen. Ein fester Bestandteil jeden Heftes war auch Herbert Sandbergs „Frecher Zeichenstift“. Dies interessierte mich nun immer sehr, wurden doch in dieser Reihe fast alle namhaften Karikaturisten der Welt vorgestellt. Die Rubriken „Abgehörtes“ und „Ausgelesenes“ gehörten ebenfalls zum Standardprogramm des „Magazins“. Sie behandelten interessante Neuerscheinungen bei Schallplatten und Büchern.

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