Sonntag, 7. Juli 2013

800 Jahre Dessau: Fürst Leopold I. - das große Vorbild der anhaltischen Nazis

Daß den anhaltischen Nazis der „Alte Dessauer“ (Fürst Leopold I. von Anhalt-Dessau, 1676-1747) früher das größte anhaltische Vorbild gewesen war und sie ihn über alle Maßen ehrten, scheint verständlich, denn er war wie sie autoritär und militaristisch und auch sonst ganz nach ihrem Geschmack. Daß er so autoritär war, daß sein Sohn, Kronprinz Friedrich, sogar desertierte, was die Todesstrafe hätte bedeuten können, wenn nicht der preußische König Leopold bat doch seinen Sohn in Gnaden wieder aufzunehmen (Friedrich wurde auf der Flucht geschnappt), dies konnte natürlich für die Nazis kein Hinderungsgrund sein, war für sie Desertation doch ebenfalls ein großes Verbrechen - man desertierte nicht und war der Dienst in der Armee auch noch so schikanös! Auch, daß Leopold im Gegensatz zu seinem Nachfolger Fürst Franz, wenig kulturvoll und ein Grobian war, störte sie nicht, waren die meisten Nazis doch von gleichem Schlage und gerade diese Grobheit Leopolds imponierte den Nazis. Da die Nazis auch mit dem Kleinadel nicht viel im Sinn hatten, war auch die Enteignung sämtlicher anhalt-dessauischer Güter des Adels durch Leopold kein Hinderungsgrund (Leopold „kaufte“ durch massiven Druck alle adeligen Güter und Großbauerngüter auf, so daß er der größte Landbesitzer seines Fürstentums wurde, ein Fürst wo es keinen Landadel unter ihm mehr gab.) Daß Leopold ein großer preußischer General war, das gefiel natürlich den Nazis außerordentlich, egal ob die in die Armee gepreßten einfachen Soldaten ein Leben voller Unterdrückung führen mußten, während Leopold ein fideles Leben führte („So leben wir, so leben wir alle Tage“). Auch daß Leopold ein Mörder war, war für die Nazis kein Hinderungsgrund ihn zu ehren. Dazu muß man folgendes wissen:

Weihnachten 1697: Anna Luise Föse, seine bürgerliche Geliebte, die er später heiratete, unterhielt sich am Fenster ihres Vaterhauses mit einem jungen Mann. Es war ein Verwandter der Familie Föse, der Doktor der Medizin Johann Heinrich Grätz. Als Leopold die beiden im Gespräch sah, bekam er eifersüchtige Wut und er stürmte auf den Doktor zu.
Dieser ergriff vor dem waffenschwingenden Leopold die Flucht in das Fösesche Haus. Der verfolgte ihn in mehrere Räume, bis er ihn im letzten Zimmer stellte und heimtückisch niederstach. Johann Heinrich Grätz war unbewaffnet und er wurde am 1. Januar 1698 unter großer Anteilnahme der Dessauer Bevölkerung beerdigt. Leopold selbst, der diesen Mord in krankhafter Eifersucht verübte, wurde als Fürst deshalb nie zur Rechenschaft gezogen.

Daß Leopold bei den Nazis hoch geehrt wurde, wie kein zweiter Anhaltiner, zeigen die nachfolgenden Abzeichen und der Buchumschlag (verfassungsfeindliche Symbole wurden entfernt!):

1. Abzeichen:

Mitteldeutsches NS-Treffen in Dessau - Der Alte Dessauer - am 2. und 3.7. 1932

2. Abzeichen:

50jähriges Bestehen des Militär-.u.-Kriegervereins Herzog Friedrich von Anhalt-Dessau, 11. und 12.5.1935

3. Buchumschlag:

Dessau, Chronik der Gauhauptstadt Dessau, herausgegeben vom Oberbürgermeister der Gauhauptstadt Dessau im Hermann Weise Verlag, Berlin, 1940

Daß im Jahre 2013 die Stadt Dessau diesen Leopold ebenfalls ehrt, zeigt wie wenig man die Dessauer Geschichte kennt. Oder stört man sich bewußt nicht daran einen Mörder und Militaristen zu ehren?
 


 

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