Daß Dessau neben seiner kulturvollen Seite auch eine weniger schöne Seite, nämlich eine militaristische Seite, hatte, dies ist bekannt. Man kann dies gut an zwei Persönlichkeiten Dessaus festmachen, einmal dem militaristischen Fürsten Leopold, einem alten preußischen Militär, der eine unheilvolle militaristische Tradition in Anhalt begründete und auch sonst ein übler Geselle war, grobschlächtig und wenige kulturvoll, und dem Fürsten Franz, Inbegriff des fortschrittlichen und kulturvollen Herrschers. Während die Nazis Leopold hochjubelten, ehrten die fortschrittlichen Menschen immer Franz. Es ist schon übel, daß ausgerechnet Leopold in letzter Zeit wieder in Dessau geehrt wird, so wurde ein großes Fest gar nach ihm benannt. Es fehlt bloß noch, daß die unseligen Militär-und Kriegervereine der Zeit vor 1945 wieder auferstehen, wundern würde einen das nicht, bei dem Hang vieler Deutscher zu Uniformen, Zucht und Ordnung und militärischem Drill.
Es war tatsächlich so, daß in der Kaiserzeit und der Weimarer Zeit diese Kriegervereine in Dessau großen Zuspruch hatten, auch was die Mitgliederzahlen anlangte, dagegen waren fortschrittliche Vereine, wie der Naturfreunde-Verein oder der Gartenbau-Verein, in der Minderheit. Der größte Kriegerverein Dessaus, war der 1885 gegründete "Militär- und Kriegerverein Herzog Friedrich von Anhalt", siehe Abzeichen aus der Kaiserzeit (1. Foto). Daß die Nazis, wo sie ansonsten alle möglichen anderen Vereine verboten, diesen Kriegerverein beließen, zeigt das Abzeichen auf dem 2. Foto in der Mitte, welches ein Abzeichen zu den Feierlichkeiten zum 50jähriges Bestehen des "Militär- und Kriegervereins Herzog Friedrich von Anhalt", Dessau am 12.5.1935 ist. Typisch, daß der bei den Nazis so beliebte Fürst Leopold das Abzeichen ziert und nicht der Namensgeber des Vereins, der Herzog Friedrich. Daß auch ein sächsischer Militärverein in Dessau präsent war, zeigt das Fahnenweihe-Abzeichen links daneben (Fahnenweihe des Militärvereins „Sachsen“, Dessau, 3. Juli 1927), rechts daneben ein Pappabzeichen "II. Mitteldeutscher Marine-Tag Dessau", 11. u. 12.9.1926. Zwar waren die Marine-Vereine kein reinen Militärvereine, aber dennoch stark militaristisch auf die Kriegsmarine ausgerichtet.
Daß auch von Dessau noch nicht eingemeindete Orte ihre eigenen Kriegervereine hatten, dies zeigt das Pappabzeichen zum 60jährigen Bestehen des Kriegervereins Törten, siehe 3. Foto. Wie stark militaristisch ausgerichtet auch die Weimarer Republik war, zeigt das 4. Foto mit diversen Pappabzeichen zu Regimentstreffen, Fahnenweihen etc. (letzteres Abzeichen allerdings schon in der NS-Zeit), die immer ein großes gesellschaftliches Ereignis waren. Kein Wunder also, daß die Anhalter schon 1932 mehrheitlich die kriegslüsternen Nazis wählten, auf diesem militaristischen Nährboden. Pazifistische und fortschrittliche humanistische Vereinigungen, die es auch in Dessau gab, waren dagegen in verschwindender Minderzahl. Auf diese militaristische Grundeinstellung der Bevölkerung konnte auch die DDR aufbauen: Kasernierte Volkspolizei, NVA (Wiedereinführung wehrmachtsähnlicher Uniformen, Wiedereinführung des preußischen Stechschritts), Kampfgruppen, GST, vormilitärischer Unterricht in der Schule. Während wenige aufrechte junge Männer den Dienst an der Waffe in der DDR ablehnten, sich als Bausoldat schikanieren ließen, machten mit Freude am Militarismus und aus Karrieregründen viele Typen den Dienst über die Pflichtzeit hinaus bei der NVA.
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