Donnerstag, 11. Juli 2013

„Soldatenleben - ei - das heisst lustig sein"



Wie ich schon in meinen vergangenen Blogbeiträgen über die 800-Jahr-Feier der Stadt Dessau, die von Militär-Nostalgikern dominiert wurde, schrieb, siehe: http://barrynoa.blogspot.de/2013/07/800-jahre-dessau-militaristischer.html, waren dort Uniformen vergangener (vor 1918) Militär-"Herrlichkeit“ in Massen vertreten und da sah man sogar Kinder die in derartigen Uniformen der Kaiserzeit oder der Zeiten davor steckten. Natürlich machen Kindern Kostümierungen immer Spaß, aber Militäruniformen?

Militarismus
(gekürzt aus dem Kleinen politischen Wörterbuch)

Der Militarismus ist ein reaktionäres politisches System herrschender Ausbeuterklassen, das zur Unterdrückung der Volksmassen des eigenen Landes und zur Verwirklichung ihrer Expansionspolitik gegenüber anderen Ländern den militärischen Mitteln, vor allem den Krieg, die Hauptrolle in der Politik zuweist. Die wichtigste Machtgrundlage des militärischen Systems sind der reaktionäre Staat und seine bewaffneten Kräfte, die nach Ausrüstung und Zahl zu extremer Stärke entwickelt werden. Seine Klassengrundlage bilden die aggressivsten Kräfte des Monopolkapitals.
 
Der Militarismus bedeutet für die Volksmassen zusätzliche materielle Lasten (Preiserhöhungen, Steuern, Zölle usw.). Die gesamte Wirtschaft wird militarisiert und dadurch deformiert. Der Militarismus umklammert die Gesellschaft mit einem Netz militaristischer Macht- und Propagandainstitutionen, die jede demokratische Bewegung unterdrücken sollen, das gesellschaftliche Leben in seinem Interesse reglementieren und alle öffentlichen wie auch privaten Bereiche mit militaristischer Ideologie durchdringen (Anbetung der militärischen Gewalt als des angeblich bestmöglichen Mittels zur Lösung innen- und außenpolitischer Streitfragen, Glorifizierung des Krieges und des Obrigkeitsstaates, Diffamierung demokratischer Bestrebungen als antinational usw.).
 
Die Angehörigen der militaristischen Machtorgane werden durch ein System politisch-ideologischer Beeinflussung, oft auch durch körperliche Drangsalierungen oder durch willenstötenden Drill zum Kadavergehorsam erzogen und zur Führung von Eroberungskriegen sowie zur gewaltsamen Unterdrückung des eigenen Volkes, d.h. zum Handeln gegen ihre eigenen Interessen, gefugig gemacht. Der Militarismus zwingt der Gesellschaft ein System materieller und ideologischer Gewalt auf, er bedeutet ausgeprägten Antihumanismus und Antidemokratismus. Er fordert in hohem Maße die Kriegsgefahr.
 
Ausbeuterklassen bedienten sich zu allen Zeiten in mehr oder weniger ausgeprägtem Maße des Militarismus zur Aufrechterhaltung ihrer Herrschaft und zur Verwirklichung ihrer innen- und außenpolitischen Ziele.
 
Eine Glorifizierung des Militärs wie bei der 800-Jahr-Feier der Stadt Dessau im Jahre 2013 erinnert in fataler Weise an die Militärbegeisterung im Kaiserreich vor Ausbruch des 1. Weltkriegs und zu Anfang des 1. Weltkriegs. Auch da wurden Kinder in Soldatenuniformen gesteckt und dies waren mitunter genaue Uniformen, nur eben in klein. Den Militaristen und Kriegstreibern gelang es damals das Soldatenleben als ein Kinderspiel darzustellen - Drill, Elend und grausamer Tod wurden weitgehend ausgeblendet. Bestes Beispiel für diese Volksverdummung und Verdummung von Kindern waren die massenhaft hergestellten Postkarten mit verniedlichenden soldatischen Themen, wo Kinder in Uniformen dargestellt wurden, sei es in der Grafik oder der Fotografie, siehe dazu die 3 ersten obigen aus meiner Sammlung eingescannten Postkarten aus den Jahren 1913-1915. Die erste Postkarte stammt von Paul Heydel und trägt den sinnigen Titel "Jungdeutschland 1914 - Gefangenenbewachung", im vorderen Käfig eine Puppe als Russe mit Kosakenmütze, im hinteren Käfig eine englische und eine französische Soldatenpuppe. Die 4. Postkarte aus dem Jahre 1915 zeigt als gemaltes Bild einen im Schnee Wache schiebenden Soldaten, dies war nun schon eher Soldatenwirklichkeit. Makaber und bezeichnend für hohles militaristisches Pathos klingt dagegen der Sprich darunter:
 
„Soldatenleben - ei- das heisst lustig sein. Wenn andre Leute schlafen - so musst du wachen - musst Schildwach´ stehn - Patrouillen gehn.“

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