Die Statue des Gomateshwara wurde während der Herrschaft des Ganga Königs, Rachamalla, vom Bildhauer Arishtanemi errichtet. Der Tempel zu Gomateswara befindet sich auf einem Hügel in einer Höhe von 3000 Meter über dem Meeresspiegel. Es gibt viele kleinere Statuen von „Jain Tirthankaras“ (von den Jainas als Lehrer verehrt), siehe Foto:
Vegetarismus und Tierschutz
in der Religion der Jainas
Mahavira und die “Ahimsa”
Quelle: http://www.tierrechte-tv.de
Im Gegensatz zum Buddhismus und Hinduismus besteht in Europa über die dritte indische Hochreligion, den Jainismus, fast völlige Unkenntnis. Das ist insbesondere bei Vegetariern bedauerlich, weil keine andere Religion den ethisch motivierten Vegetarismus seit Jahrtausenden bis in die Gegenwart so geschlossen und in kaum zu überbietender Konsequenz im täglichen Leben vertritt wie die Jaina-Religion.
Der Jainismus gehört zu den ältesten heute auf der Erde existierenden Religionen. Seine Ursprünge reichen wahrscheinlich bis in die vorarische Zeit Indiens zurück. Von den legendären “Tirthankaras” (Furtbereiter, d. h. Kirchengründer) sind nur die beiden letzten, Parshva ( um 750 v. Chr.) und Mahavira (um 500 v. Chr., also etwa zur Zeit Buddhas) historisch erfaßt. Mahavira ist der eigentliche Erneuerer dieser Religion, die - vor allem in Konkurrenz zu ihrer “Schwester-Religion”, dem Buddhismus - erhebliche Bedeutung für die geistige und kulturelle Entwicklung Indiens erlangt hatte. Während der Buddhismus jedoch später fast völlig aus Indien verdrängt wurde, dafür aber außerhalb Indiens sich zu einer Weltreligion entwickelte, konnte sich der Jainismus in Indien soweit behaupten, daß er dort auch heute (um 1973) noch mehr als 2,5 Millionen Anhänger hat.
Das höchste Gebot ist für die Jainas - und zwar allen Lebewesen gegenüber - die “Ahimsa”, das Nichtverletzen. Mahavira begründete das anschaulich mit den Worten:
“Geradeso wie ich Leid und Furcht empfinde, wenn ich mit einem Stock bedroht, geschlagen oder getötet werde, ja wenn mir auch nur ein Haar ausgerissen wird - ebenso empfinden alle anderen höheren und niederen Lebewesen Leid und Furcht, wenn sie mit einem Stock bedroht, geschlagen oder getötet werden, ja wenn ihnen auch nur ein Haar aus- gerissen wird. Wenn man das erkannt hat, so steht es fest, daß weder ein höheres noch ein niederes Wesen bedroht, geschlagen oder getötet werden darf.”
Die Einstellung der Jainas zu den Tieren wird - ähnlich wie bei den Buddhisten und Hindus - durch den Glauben an Karma und Reinkarnation geprägt. Hiernach finden moralisch gute und böse Taten zwangsläufig ihre Vergeltung in künftigen Wiederverkörperungen, was auch als Tier möglich ist. Durch Karma und Reinkarnation sind alle Lebewesen über ihren Tod hinaus in einer untrennbaren Schicksalsgemeinschaft miteinander verbunden.
Da nach dem Karma-Gesetz jede böse Tat der Feind des Täters ist, sagte Mahavira:
“Ob man Wesen durch eigenes Tun tötet oder sie durch andere töten läßt oder dem zustimmt, der sie tötet - stets fördert man das, was einem feind ist.”
Die Jaina-Mönche versuchen, die Ahimsa selbst kleinsten Lebewesen gegenüber derart genau zu befolgen, daß ihr Verhalten schon fast groteske Formen annimmt. So tragen sie vor dem Mund Tücher, um das Einatmen und damit Verletzen von Lebewesen zu verhindern. Die Nahrungsaufnahme ist ihnen nur zur Tageszeit erlaubt, weil bei Dunkelheit die Gefahr besteht, mit der Nahrung auch Lebewesen aufzunehmen. Dementsprechend ist es ihnen auch verboten, bei Dunkelheit auszugehen, weil sonst Tiere zertreten werden könnten. Am Tage führen sie einen kleinen Besen mit sich, um den Weg freizufegen, wodurch auch versehentliches Verletzen von Lebewesen vermieden werden soll.
Wegen der strikten Befolgung des Ahimsa-Gebotes kommen für die Jainas viele Berufe, z. B. in der Landwirtschaft, vor allem aber Schlächter, Jäger, Fischer u. dgl., nicht in Betracht. Sie betätigen sich deshalb vorzugsweise in kaufmännischen Berufen, insbesondere im Bankgewerbe, und haben dadurch auch heute noch einen verhältnismäßig großen Einfluß im indischen Wirtschaftsleben.
Aufgrund des Ahimsa-Gebotes sind die Jainas ausnahmslos Vegetarier. Ahimsa ohne Vegetarismus ist für sie - anders als für manche Buddhisten und Hindus - nicht vorstellbar. In einer Veröffentlichung der Jainas heißt es dazu:
“Wenn jemand seinen Körper durch das Fleisch anderer
Lebewesen mästet, so ist seine Verehrung der Ahimsa in Wahrheit Scheinheiligkeit.”
Die strikte Ablehnung des Fleischessens ist sehr umfassend (und daher auch konsequent) geregelt:
“Speisen, die man sich angeeignet hat, indem man Lebewesen Gewalt antat, diese isst der rechte Mönch weder selbst, noch stimmt er zu, wenn ein anderer sie isst.” (Mahavira)
Die Jaina-Mönche halten es - im Gegensatz zu den buddhistischen Mönchen - auch dann für eine Sünde, Fleisch zu essen, wenn dieses ungewollt in ihre Almosenschüsseln gelangt ist. Die Speisevorschriften der Jainas gehen heute soweit, dass bei ihnen niemand kochen darf, der Lederschuhe trägt, weil die Ledererzeugung im Regelfall die Tötung der Tiere voraussetzt.
Da nach dem Glauben der Jainas selbst Pflanzen Seelen haben, ergibt sich für sie das Problem, dass sie zu ihrer Ernährung beseelte Wesen töten oder töten lassen müssen. Manche Jainas rechtfertigen das mit der Erklärung, dass die Pflanzen nicht gleich stark beseelt seien, sondern dass die verschiedenen Pflanzenarten eine unterschiedliche Anzahl von Seelen-Monaden hätten. Beispielsweise sollen in Erbsen und Reis weniger Monaden sein als in Knollen und Wurzeln, so dass der fromme Jaina eher die essen dürfe. Auf jeden Fall verdienen nach Ansicht vieler Jainas die Tiere als höhere Lebewesen eine größere Schonung als die Pflanzen, wenn das Ahimsa-Gebot gegenüber allen Lebewesen aus Ernährungsgründen nicht vollständig zu befolgen sei.
In der indischen Geschichte haben die Jainas immer wieder versucht, auf die jeweiligen Machthaber in ihrem Sinne einzuwirken. Nach Meinung der Jainas geht bereits der Vegetarismus des Kaisers Ashoka (272-231 v. Chr.) und seine berühmten Felsenedikte zum Tierschutz auf ihren Einfluß zurück. In welchem Maße das zutrifft, kann hier nicht beurteilt werden, zumal Ashoka wohl stärker buddhistischen Anschauungen zuneigte.
Aus einer späteren Zeit liegen jedoch eindeutige Zeugnisse vor: Nach seiner Bekehrung zum Jainismus im 12. Jh. nach Chr. entsagte König Kumarapala von Gujarat dem Fleischgenuß und der Jagd. Er verbot in seinem Reich das Schlachten von Tieren und das Essen von Fleisch. Diese Maßnahmen wurden auf das strengste durchgeführt. Die Schlächter mussten ihr Gewerbe aufgeben, wofür sie durch einen Beitrag in Höhe eines Dreijahres-Einkommens entschädigt wurden. Die Brahmanen mussten die Tieropfer durch Getreide- spenden ersetzen. Als Sühne für seinen früheren Fleischverzehr ließ der König zahlreiche Tempel errichten.
Aus neuerer Zeit weiß man, dass Ghandi zweifellos - auch wenn das orthodoxe Hindus bestreiten - zumindest in seiner Jugend unter dem Einfluß der Jainas stand. Bevor er zum Studium nach England ging, ließ ihn seine Mutter durch einen Jaina-Mönch das Gelübde ablegen, im Abendland u. a. auf den Verzehr von Fleisch zu verzichten.
Wissenschaftler (Dutt, Dumont, teilweise auch von Glasenapp) sind der Ansicht, dass der Vegetarismus ohne die Jainas in Indien wahrscheinlich erfolglos geblieben wäre.
Besucher Indiens sind - sofern sie sich dafür überhaupt interessieren - immer wieder beeindruckt von den sog. “Panjrapols”, das sind Tierkranken- häuser bzw. -heime, die von den Jainas unterhalten werden. Obgleich diese Tierasyle nicht immer unseren hygenischen Maßstäben und Vorstellungen moderner Tierpflege entsprechen, muß man doch das Bemühen anerkennen, mit bescheidenen Mitteln in einer Umgebung kaum vorstellbaren Elends notleidenden Tieren Obdach und Fürsorge zu gewähren.
Bereits um 1870, als in Europa Tierheime noch weitgehend unbekannt waren, wird z. B. aus Ahmadabad/Indien von einem Tierhospital der Jainas berichtet, in dem folgende Tiere betreut wurden: 265 Kühe und Ochsen, 130 Büffel, 5 blinde Kälber, 894 Ziegen, 20 Pferde, 7 Katzen, 2 Affen, 274 Hühner, 290 Enten, 2000 Tauben, 50 Papageien, 25 Sperlinge, 5 Gabelweihe und 33 andere Vögel. Die Tiere wurden entweder von ihren Besitzern in das Asyl einge- liefert oder aber von Privatpersonen gekauft, die ein gutes Werk tun wollten, indem sie das Schlachten der Tiere verhinderten. Ohnehin pflegen die Jainas bei festlichen Gelegenheiten den Fleischern zur Schlachtung bestimmte Tiere abzu- kaufen und in Freiheit zu setzen. Bei Tiermärkten erscheint zuweilen auch ein Angestellter des Panjrapols, um nach Maßgabe der vorhandenen Mittel Tiere vor dem Tode zu retten. Die Tiere werden zumeist in den Heimen verpflegt, für die Rinder stehen Weideplätze zur Verfügung.
Ein anderes für die Jainas charakteristisches Beispiel ist die Vogel-Klinik in Delhi, die für ganz Asien einzigartig sein dürfte. Sie verfügt über 100 “Betten”- Käfige und einen winzigen Operationssaal. Das Personal der Klinik besteht aus zwei Ärzten und zwei Pflegern. Die meisten kranken und verletzten Vögel, in der Regel Tauben, sammeln die Jainas auf den Straßen der Stadt auf. Sobald ein Tier geheilt oder sich von seinen Leiden erholt hat, wird es freigelassen. Der Unterhalt dieser Klinik wird durch Spenden ermöglicht. Bei der Finanzierung derartiger Tierheime kommt den Jainas der Umstand zugute, daß viele ihrer Anhänger in gutverdienenden Berufen tätig sind. Auch sei erwähnt, daß bei Verstößen gegen die Jaina-Regeln Geldbußen zugunsten der Tierasyle verhängt werden können.
In diesem Zusammenhang wird gelegentlich den Jainas von nicht immer wohlmeinender Seite vorgeworfen, daß sie ihren Tierschutz unter Zurückstellung der Menschen und deshalb ohne genügende Beachtung menschlichen Elends betreiben würden. Dieser Vorwurf kann im Einzelfall zuweilen berechtigt sein, für die Jainas im allgemeinen trifft er sicherlich nicht zu. Denn es würde dem Jaina-Glauben eindeutig widersprechen, Menschen bei gleicher Bedürftigkeit weniger Mitgefühl als Tieren entgegenzubringen. Das kommt auch in einer Bitte des Jaina-Heiligen Amitagati (um 1000 n. Chr.) zum Ausdruck:
“Daß für alle Wesen Liebe ich empfinde,
Mitgefühl mit denen, die voll Leid auf Erden,
Daß mich stete Nachsicht Irrenden verbinde,
Herr, das wolle geben, Herr so laß mich werden.”