Sonntag, 26. April 2015

Die Kinder des Orpheus



Georges Callot´s (1857-1903) bekanntes Oelbild „Die Kinder des Orpheus“, zeigt, neben einem Knaben, eine im Gras liegende Schöne, die mit ihrem Gesang und ihrer Leier einen Schwan betört. Ob sie allerdings nahe an die Sangeskunst des Orpheus heran reicht, ist fraglich. Viel eher wollte der Maler wohl darstellen, daß der Schwan von der Nacktheit angezogen wurde und weniger von dem Gesang. Aber wie das im 19. Jahrhundert so üblich war, wurde das Ganze als antike mythologische Szene verkauft.

Über den unvergleichlichen Sänger Orpheus schrieb ich vor kurzem diesen Blogbeitrag:



Orpheus war ein Sohn der Muse Kalliope und des Flussgottes Oiagros, der zugleich auch König von Thrakien war. Apollon selbst schenkte Orpheus eine wundervoll geschwungene Leier. Wenn Orpheus dieses Instrument zusammen mit seiner Stimme erklingen ließ, kamen die Vögel in der Luft, die Fische im Wasser und selbst die Tiere des Waldes herbei, um andächtig zu lauschen. Die Gemahlin von Orpheus war die Naiade Eurydike, und sie liebten sich auf das Zärtlichste. Das Glück sollte jedoch nicht lange währen, denn kaum waren die Lieder der Hochzeit verstummt, da raffte der Tod Eurydike dahin.

Da fasste Orpheus einen mutigen Entschluss. Er wollte in das grausige Reich der Schatten hinabsteigen, um die Rückgabe von Eurydike zu erreichen.

So machte er sich auf und ging durch die Pforte der Unterwelt. Schaurig umschwebten den Eindringling die Schatten der Toten, er aber ließ sich durch die Schrecknisse des Orkus nicht beirren, bis er vor dem Thron von Hadesstand.

Dort nahm Orpheus seine Leier zur Hand und sang zum zarten Klange der Saiten sein ergreifendes Klagelied: "Oh, du Herrscher dieses Reiches, gönne mir Wahres zu reden und höre gnädig mein herzliches Verlangen! Ich kam nicht herab, den Tantalos und Cerberus zu schauen. Ich kam, um das Leben meiner verstorbenen Gemahlin zu gewinnen. Die Liebe zu ihr zerbricht mir das Herz, und ich kann nicht ohne sie sein. Darum höret mein Flehen und gebt sie frei. Schenkt ihr, der geliebten Gemahlin, von neuem das Leben."

Die blutlosen Schatten horchten dieser Klage, und sie weinten. Selbst Hades, der düstere Herrscher der Unterwelt war zum ersten Mal von Mitleid bewegt. Er rief nun den Schatten Eurydikes, der mit unsicheren Schritten näher kam.

"Nimm sie mit dir", sprach der Totengott, "aber bedenke dieses: Du darfst dich nicht umblicken, bevor du das Tor der Unterwelt durchschritten hast. Nur dann wird Eurydike dir gehören. Schaust du aber doch zurück, so wird dir die Gnade entzogen."

Von Angst und Liebe überwältigt, wagte Orpheus es leider doch, sich nach der Geliebten umzublicken. Da schwebte sie, die Augen traurig und voll Zärtlichkeit auf ihn gerichtet, zurück in die schaurige Tiefe. Verzweifelt streckte Orpheus die Arme aus, die Entschwindende zu ergreifen. Doch sie war seinen Blicken schon entschwunden. Nur ein letztes "Lebe Wohl!" hallte noch leise aus der Ferne.

Orpheus war starr vor Entsetzen, dann stürzte er zurück in die dunkle Unterwelt. Jetzt aber verweigerte ihm Charon, der Fährmann, die Fahrt über den schwarzen Fluss. Sieben Tage und Nächte saß Orpheus am Ufer, ohne Speis und Trank, und vergoss in Reue seine Tränen. Er flehte um die Gnade der unterirdischen Götter, doch nichts konnte sie erweichen.

Orpheus kehrte schuldbeladen in die einsamen Bergwälder von Thrakien zurück. Drei Jahre lebte er dort ganz allein, die Gesellschaft der Menschen verachtend. Und wenn er traurig seiner Lieder sang, rückten selbst die Bäume näher und näher. Auch die Tiere des Waldes und die munteren Vögel kamen herbei und lauschten den wundervollen Klängen.

Bekanntlich hatten, der Sage nach, Orpheus und Eurydike keine Kinder, das war ihnen versagt. Aber alle späteren Sänger, die sich in der Tradition des Orpheus sahen, die aber nie seine Meisterschaft erlangten, die nannten sich Kinder des Orpheus. In der Geschichte der Sangeskunst kam manch Sänger und manche Sängerin dem Gesang des Orpheus schon sehr nahe, aber gerade in den letzten Jahrzehnten entfernte man sich immer mehr von dieser hohen Sangeskunst, ja man pervertierte diese geradezu, da denke man nur an den minderwertigen abstoßenden Sprechgesang aus den US-amerikanischen Schwarzen-Ghettos, Hip-Hop und  Rap, der sich wie eine Seuche auch in Europa verbreitete.  
 

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