Wie an jedem 7. März eines Jahres, gedenken anständige Dessauer der Zerstörung ihrer Stadt durch angloamerikanische Bomber, besonders der Toten und der für immer geschädigten, die dieses Kriegsverbrechen überlebten. Auch die nach 1945 geborenen Bürger litten noch Jahrzehnte unter den Folgen, die bis heute nicht geheilt sind, denn das alte geschichtsträchtige Dessau versank in Schutt und Asche und auch der jahrzehntelange mühevolle Neuaufbau der Stadt vermochte nicht die alte Schönheit der Stadt auch nur annähernd wieder herzustellen.
Dessau, Juni 1945, Fotografie von Henri Cartier-Bresson
Dessau am 7. März 1945 ( Auszug aus: http://www.nikoklausnitzer.de/luftkrieg/luftdt.html )
"Der 7. März 1945 und das brennende Dessau ist mir immer gegenwärtig. Diese völlige Zerstörung einer Stadt, der Häuser, Wohnungen und Menschen war schrecklich. Ich bin aus dem Keller meiner Schwester in der Wasserwerkstraße während des Angriffs herausgekommen und sah von einer Erhebung in der Nähe das Inferno. Der Grundriss der Stadt war in Flammen zu sehen, er spiegelte sich im Wolkenhimmel wider. Und überall schreiende und fliehende Menschen. Es war ein grauenhafter Anblick. […]
Arbeiterveteranin Maria Rentmeister-Rettmann" (Olaf Gröhler "Einsatz Nummer 1027 - der Luftangriff auf Dessau am 7.März 1945")
So oder so ähnlich muss es gewesen sein. Es war ein grausamer Anblick, eine Stadt sterben zu sehen. Der Angriff auf Dessau, bekannt unter dem Decknamen "Einsatz Nummer 1027", war einer der sinnlosesten Angriffe in der Geschichte des Luftkrieges. So hoffte man, von Seiten der Briten, dass der Faschismus nach dieser Attacke in eine tiefe Krise stürzen würde. So war es schließlich auch kein Wunder, dass sich die Begründungen für die Angriffe auf Dresden, Chemnitz und Dessau in ihren Grundprinzipien sehr ähnelten. So geriet Dessau im Frühjahr 1945 ins Visier des britischen Bomber Command, weil es eine nahezu unberührte Stadt in Mitteldeutschland war, an der man mit neuen Bomben und neuer Technik experimentieren konnte.
Die offizielle Angriffsbegründung für Dessau lautete: "Mit diesem Angriff sollten die Versorgungsgrundlinien des Gegners unterbrochen werden und dazu beigetragen werden, seine Fluchtbewegung aus Berlin zu desorganisieren."(ebenda S. 5)
Der Angriff auf Dessau stand keineswegs in rüstungsindustriellen Zusammenhängen. Er sollte nur zur Unterstützung der Terrorangriffe dienen, die schon seit Anfang Februar auf deutsche Städte geflogen wurden. Die Entscheidung, Dessau anzugreifen, fiel am 7. März 1945. Bereits um 10.40 Uhr erhielten die 1., 3., 6. und 8. Bomber Group den Vorbefehl, sich auf einen Nachtangriff auf Dessau vorzubereiten. Um 11.05 Uhr wurde dieser Vorbefehl bereits bestätigt. Der vorausblickende Wetterbericht vom Mittag für die Nacht über Dessau prophezeite klare Sicht. Nachdem um 14.30 Uhr die Besatzungen der Bomber Group zusammengefasst wurden, ließ man jedes Flugzeug mit 2154 Gallonen (entsprechen 9788 Litern)Treibstoff betanken. Der Befehl für den Angriff auf Dessau kam von Mc Ewens. Er hat auch die Stadt Dessau für den Brandangriff ausgewählt. Das Verhältnis von Spreng- und Brandbomben betrug 45 : 55. Für diese Mission wurden vom Bomber Command 520 Lancaster und 6 Mosquitos gestellt. Der Angriff auf Dessau stand im engen Zusammenhang mit Angriffen auf Hamburg, Heide, Berlin, Frankfurt am Main und Münster. Zwischen 21.45 Uhr und 22.15 Uhr sollten alle Angriffe erfolgen. Der Beginn wurde bei Dessau auf 22.00 Uhr festgelegt, die Dauer sollte 12 Minuten nicht überschreiten. Zwischen 16.45 Uhr und 17.15 Uhr starteten die Bombenflugzeuge von ostenglischen Flugplätzen. Der Deckname dieser Operation lautete "Shad", was so viel wie Maifisch bedeutet. Der Angriff wurde durch die deutsche Luftverteidigung erheblich erschwert. Bereits 19.28 Uhr wurden die britischen Flugzeuge durch die Luftabwehr erfasst und ins Visier genommen. So verloren die Briten vor den Bombardierungen schon 18 Lancasters. Ab 20.20 Uhr leisteten die Deutschen erhebliche Gegenwehr. Mit 200 Flugzeugen der 13. Jagdgruppe wurden einige britische Bomber vom Himmel geholt. Letztendlich starteten vom Norden aus circa 500 Bomber den Direktanflug auf Dessau. Zunächst wurden Staniolstreifen abgeworfen, um die deutsche Radarabwehr zu schwächen. Bereits um 21.49 fielen die ersten Luftminen. Der eigentliche Angriff begann aber erst 21.56 Uhr mit dem Markierungsverfahren. So wurden rote Himmelsmarkierungen abgeworfen, die im Herabfallen grüne Funken ausstießen. Trotzdem war das Ausleuchtungs- und Markierungsverfahren ein totaler Misserfolg. Zum einen, weil das Wetter nur ein Blindmarkieren zuließ und zweitens, weil durch Scheinmarkierungen der Deutschen die britischen Leuchtzonen und Angriffspunkte verschoben wurden. Der einzige Vorteil der Briten bestand darin, dass die deutsche Luftabwehr den Angriffen kaum etwas entgegen zu setzen hatte. Als 22.04 Uhr die Wolkendecke aufriss trat eine Wende im Luftkampf ein. Die Stadt war durch mehrere lodernde Feuer und den Flussverlauf der Elbe nun deutlich zu erkennen. So ist es auch kein Wunder, dass der Angriff auf 45 Minuten ausgedehnt wurde. In dieser Zeit wurden 744 Tonnen Sprengbomben und 949 Tonnen Brandbomben auf die Stadt geworfen. Nach den Angriffen schickte man noch eine Mosquito zur "Sirenentour" über Dessau. Es sollte die deutsche Bevölkerung noch einmal verängstigen und in ihre Keller zurücktreiben und damit die Lösch- und Aufräumarbeiten behindern.
Insgesamt fanden in der Zeit vom 20.08.1940 bis zum 07.03.1945 18 Luftangriffe auf Dessau statt. Die Angriffe hinterließen 3.4 Millionen Kubikmeter Trümmer, was einem Zerstörungsgrad von 80% entspricht.
Bisherige Beiträge dazu:
http://barrynoa.blogspot.de/2009/03/das-bombeninferno-des-7-marz-1945-in.html
http://barrynoa.blogspot.de/2009/03/nachtrag-zum-bombeninferno-des-7-marz.html
http://barrynoa.blogspot.de/2010/07/dessau-torten-fotos-vom-bombeninferno.html
http://barrynoa.blogspot.de/2012/03/erinnerung-den-bombenterror-des-7marz.html
http://barrynoa.blogspot.de/2013/03/dessauer-trauertag-7-marz-1945.html
http://barrynoa.blogspot.de/2014/03/7-marz-1945-85ige-zerstorung-der-stadt.html
http://axel-hausmann.de/sites_berichte/einsatz%201027.htm
http://wetterschaf.blogspot.de/2014/03/69-jahre-sind-vergangen.html
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