Montag, 2. März 2020

Zum Tode von Ernesto Cardenal


Der Befreiungstheologe und Dichter, Ernesto Cardenal, ist, wie heute bekannt wurde, im Alter von 95 Jahren am gestrigen 1. März 2020 gestorben. 

1986 brachte der Ostberliner Union Verlag das großformatige Buch „Lateinamerikanische Psalmen“ von ihm heraus. Das Buch erschien in einer streng limitierten und numerierten Auflage von 100 Exemplaren mit 9 Originalradierungen von Winfried Wolk (alle 9 Radierungen von ihm handsigniert). Mein Exemplar trägt die Nummer 35. Ich kaufte es im Dezember 1989 für einen sündhaft teuren Preis. Es war die Zeit, wo man schon um die DDR-Mark bangte und Sachwerte kaufte.

Der mit zahlreichen Preisen geehrte Cardenal war bis ins hohe Alter als Schriftsteller aktiv. Als Vertreter der Befreiungstheologie setzte er sich gegen soziale Mißstände und Ungerechtigkeiten ein. Cardenal nannte sich selbst "Sandinist, Marxist und Christ".


1925 geboren, wurde er nach dem Sturz des Diktators Somoza durch die linksgerichteten Sandinisten 1979 zum Kultusminister Nicaraguas ernannt. Das Amt übte er bis 1987 aus.

Cardenal gelangte als Vertreter der sandinistischen Revolution und als Dichter zu großer internationaler Berühmtheit. Seine Lesereisen führten Cardenal ("Gesänge des Universums", "Das Evangelium der Bauern von Solentiname") bis zuletzt auch immer wieder nach Deutschland.

Wegen seiner Mitwirkung in der sandinistischen Regierung geriet Cardenal mit der
katholischen Kirche in Konflikt. 1985 verbot ihm der damalige Papst Johannes Paul II. die Ausübung des priesterlichen Dienstes.


Mit Nicaraguas Präsident Daniel Ortega und dessen Sandinistischer Befreiungsfront (FSLN) hatte Cardenal schon in den neunziger Jahren gebrochen. Cardenal warf Ortega einen autoritären Führungsstil und Korruption vor. Er verglich ihn später mit Adolf Hitler und sprach von "Staatsterrorismus". 

Cardenals Psalmen sind nicht zu vergleichen mit den alttestamentarischen Psalmen, die reaktionär schon damals waren. Aus dem Buch, Psalm 4 von Ernesto Cardenal, ein Psalm der mir schon immer gefiel:

Wie lange wollt ihr, Machthaber, in eurer Verblendung beharren?
Wann hört ihr auf, mit Schlagworten um euch zu werfen und Propagandaphrasen zu dreschen?"


Fotos des großfomatigen Buches auf meinem alten englischen Klubsessel aufgenommen. Man kann sehen, wie groß dieses Buch ist:









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