Wenige wissen dies: Der in der DDR bekannte Theaterstücke-Schreiber, Hörspielautor und Filmautor Werner Bernhardy (27.6.1918 – 29.10.2002) war vor dem Krieg als Kostümbildner und Trickfilmzeichner für Werbefilme tätig und als er aus der Kriegsgefangenschaft kam, schrieb er 1948 ein Kinderbuch, wo er auch die Illustrationen selber machte, welches im amerikanischen Sektor von Berlin erschien. Dieses Buch besitze ich von Kindheit an: „Die Tauwetterreise“!
1952 war mein Vater im Ministerium für Handel und Versorgung in Berlin tätig und in diesem Jahr lernte er dort auch Werner Bernhardy kennen, der gerade anfing für die DEFA als Drehbuchautor zu schreiben. Obwohl ich erst 1 Jahr alt war, schenkte Bernhardy meinem Vater dieses Kinderbuch mit dem Bemerken, daß es für mich sei, wenn ich etwas älter wäre. „Die Tauwetterreise“ ist sehr amerikanisch geprägt, eben in der Zeit entstanden wo Bernhardy plante in Westberlin zu arbeiten und daher war dieses Buch in der DDR nicht angesagt, so daß Bernhardy im Osten damit nicht gerade Reklame machte. Da aber die DDR ihm über die DEFA bessere Arbeitsmöglichkeiten geboten hatte, wurde Bernhardy einer der bekanntesten Drehbuchautoren der DDR. Mehrfach wurde er ausgezeichnet, auch für sein Schaffen für das Fernsehen der DDR.
Werner Bernhardy war übrigens der Sohn des gleichnamigen bekannten Schauspielers der 30er und 40er Jahre (siehe Foto aus dem Film „Allotria“ von 1936, wo sein Vater den Barmann spielt), was aber in der DDR nicht thematisiert wurde. Großen Erfolg errang Bernhardy mit der Fernsehserie „Dolles Familienalbum“, siehe DVD-Cover, mit der beliebten Schauspielerin Agnes Kraus.
Es ist nun nicht so, daß ich deshalb das Buch „Die Tauwetterreise“ so liebe, weil ich es von Kindheit an besitze und schon als Kleinkind mir die Bilder darin mit Vergnügen angeschaut habe, nein, auch heute noch gefällt es mir objektiv betrachtet außerordentlich. Die Zeichnungen Bernhardys sind wundervoll und er hätte auch, wie ein Hannes Hegen oder ein Rolf Kauka, einer der ganz großen Comiczeichner werden können. Schade, daß dieses Talent damals keiner gesehen hat!
Anrührend die Geschichte eines kleinen Eisbären, dem es aus dem kalten Norden in die Zivilisation verschlägt. Jeder Pinselstrich sitzt bei Bernhardy und wenn es nur die Sonne ist, der er mit nur wenigen Strichen einen so freundlichen Charakter verleiht. 1948 erschien das Kinderbuch in Westberlin, zu der Zeit als der kalte Krieg zwischen Ost und West einen Höhepunkt erreicht hatte und gerade die Luftbrücke Westberlin von der Luft aus versorgte. Zu diesem Zeitpunkt war ein Kinderbuch in Westberlin natürlich angesagt, wo ein kleiner Eisbär in einen „Rosinenbomber“ steigt (Zeichnung auf dem letzten Scan), der auch noch „Arche Noah“ heißt! Die Arche des Noah in der Bibel, einzige Überlebensmöglichkeit damals, wie auch die „Rosinenbomber“ damals für die Westberliner! Neben ein paar Scans aus dem Buch „Die Tauwetterreise", auch noch ein Foto (ganz oben) von Werner Bernhardy aus späteren Jahren.
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